Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

Bild:
<< vorherige Seite

verwundet; Das Weib ist von Anbeginn der Welt der Sünde Zunder gewesen/ und wird auch jederzeit ein unersättlicher Hunger alles Bösen verbleiben: Wenn die berühmten Helden Mithridates, Hercules, Alcibiades, Pyrrhus, Menelaus, und Marcus Antonius annoch am Leben/ würden sie alle gar willig gestehen/ daß der Weiber Buhlschafft ihr Untergang gewesen wäre: Ein müssiges Gemüthe/ welches mit unkeuschen Gedancken umgehet/ wircket selten was Gutes: Der Weinstock träget dreyerley Trauben/ die erste ist die Wollust/ die andere die Trunckenheit/ und die Dritte die Unreinigkeit/ das ist/ die Erste leschet den Durst/ die andere erwecket die Frölichkeit/ und die Dritte gebiehret die Unsinnigkeit/ das allerärgste aber / so aus unseren unersättlichen Begierden alleine entstehet/ ist die verderbte Natur/ das unzeitige Alter/ der blöde Magen/ das schwache Gehirne/ und die verdunckelten Augen. Denn die Unzucht ziehet nichts/ als geschwächte Nerven / geschwächte Kräffte/ und geschwächte Stärcke nach sich/ und von der man ohne Verletzung des Gewissens/ ohne Gefahr des Leibes/ ohne Nachklang eines bösen Nahmens/ und ohne Verdamnüs der Seelen/ nicht wohl zu kommen vermag. Man findet Mühlen von solcher subtiler Art/ daß sie mit wenig Wasser mahlen: Etliche der Weibesbilder sind in ihren Begierden so zart/ so lüstern und vergifftet/ daß sie nicht alleine wie ein Glaß zerspringen/ sondern auch wohl ehermahls die vortrefflichsten Gemüther in einem Augenblicke/ in einer Stunde / und in einem Tage um ihren Stand/ Ehre und Hoheit bringen/ und dadurch in die gröste Verachtung setzen.

Ovidius sagt/ die Liebe ist etwas/ und man weiß nicht/ was: Sie wird gezeuget / und man weiß nicht/ wo: Sie erfreuet sich/ und man weiß nicht/ wie: Sie tödtet/ und man weiß nicht/ warum; wenn man sie aber genauer betrachtet/ so ist ihr Eingeweide eine Gluth/ ihre Blüthe ein Gifft/ und ihre Frucht eine Schmach. Wie derohalben alle Dinge vergänglich und flüchtig: Also ist auch diese Freude/ die fleischliche Liebe/ und die Venus nicht allein hinfällig/ sondern auch schädlich/ nachtheilig/ ungewiß und flüchtig; Denn wer sich ihren süssen Stricken nicht bald entziehet/ der verwundet sich beydes an dem Leibe/ und an der Seele. Dahero Sie auch der Poete gleichsam mit lebendigen Farben folgender massen entwirfft:

Ich fühle Feuer/ Brand/ und Flammen /

Der Schönheit Zeichen hilfft mich nicht /

Der Zunder meiner Liebes-Ammen

erhitzet mir das Angesicht /

Die Brüste regen sich /

ich ächtze nach der Lufft /

mein Hertze fühlet manchen Stich /

der mich zur Liebe rufft.

Ich herrsche zwar von Ost bis Norden /

Der Sud und West gehorchen mir /

Doch bin ich selbst verliebet worden /

in einer Schönheit seltner Zier /

Die bringt durch Marck und Bein

sie lässet ihren Brand

auch heiß in meinen Adern seyn

durch ihre starcke Hand.

verwundet; Das Weib ist von Anbeginn der Welt der Sünde Zunder gewesen/ und wird auch jederzeit ein unersättlicher Hunger alles Bösen verbleiben: Wenn die berühmten Helden Mithridates, Hercules, Alcibiades, Pyrrhus, Menelaus, und Marcus Antonius annoch am Leben/ würden sie alle gar willig gestehen/ daß der Weiber Buhlschafft ihr Untergang gewesen wäre: Ein müssiges Gemüthe/ welches mit unkeuschen Gedancken umgehet/ wircket selten was Gutes: Der Weinstock träget dreyerley Trauben/ die erste ist die Wollust/ die andere die Trunckenheit/ und die Dritte die Unreinigkeit/ das ist/ die Erste leschet den Durst/ die andere erwecket die Frölichkeit/ und die Dritte gebiehret die Unsinnigkeit/ das allerärgste aber / so aus unseren unersättlichen Begierden alleine entstehet/ ist die verderbte Natur/ das unzeitige Alter/ der blöde Magen/ das schwache Gehirne/ und die verdunckelten Augen. Denn die Unzucht ziehet nichts/ als geschwächte Nerven / geschwächte Kräffte/ und geschwächte Stärcke nach sich/ und von der man ohne Verletzung des Gewissens/ ohne Gefahr des Leibes/ ohne Nachklang eines bösen Nahmens/ und ohne Verdamnüs der Seelen/ nicht wohl zu kommen vermag. Man findet Mühlen von solcher subtiler Art/ daß sie mit wenig Wasser mahlen: Etliche der Weibesbilder sind in ihren Begierden so zart/ so lüstern und vergifftet/ daß sie nicht alleine wie ein Glaß zerspringen/ sondern auch wohl ehermahls die vortrefflichsten Gemüther in einem Augenblicke/ in einer Stunde / und in einem Tage um ihren Stand/ Ehre und Hoheit bringen/ und dadurch in die gröste Verachtung setzen.

Ovidius sagt/ die Liebe ist etwas/ und man weiß nicht/ was: Sie wird gezeuget / und man weiß nicht/ wo: Sie erfreuet sich/ und man weiß nicht/ wie: Sie tödtet/ und man weiß nicht/ warum; wenn man sie aber genauer betrachtet/ so ist ihr Eingeweide eine Gluth/ ihre Blüthe ein Gifft/ und ihre Frucht eine Schmach. Wie derohalben alle Dinge vergänglich und flüchtig: Also ist auch diese Freude/ die fleischliche Liebe/ und die Venus nicht allein hinfällig/ sondern auch schädlich/ nachtheilig/ ungewiß und flüchtig; Denn wer sich ihren süssen Stricken nicht bald entziehet/ der verwundet sich beydes an dem Leibe/ und an der Seele. Dahero Sie auch der Poete gleichsam mit lebendigen Farben folgender massen entwirfft:

Ich fühle Feuer/ Brand/ und Flammen /

Der Schönheit Zeichen hilfft mich nicht /

Der Zunder meiner Liebes-Ammen

erhitzet mir das Angesicht /

Die Brüste regen sich /

ich ächtze nach der Lufft /

mein Hertze fühlet manchen Stich /

der mich zur Liebe rufft.

Ich herrsche zwar von Ost bis Norden /

Der Sud und West gehorchen mir /

Doch bin ich selbst verliebet worden /

in einer Schönheit seltner Zier /

Die bringt durch Marck und Bein

sie lässet ihren Brand

auch heiß in meinen Adern seyn

durch ihre starcke Hand.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0194" n="170"/>
verwundet; Das Weib ist                      von Anbeginn der Welt der Sünde Zunder gewesen/ und wird auch jederzeit ein                      unersättlicher Hunger alles Bösen verbleiben: Wenn die berühmten Helden                      Mithridates, Hercules, Alcibiades, Pyrrhus, Menelaus, und Marcus Antonius annoch                      am Leben/ würden sie alle gar willig gestehen/ daß der Weiber Buhlschafft ihr                      Untergang gewesen wäre: Ein müssiges Gemüthe/ welches mit unkeuschen Gedancken                      umgehet/ wircket selten was Gutes: Der Weinstock träget dreyerley Trauben/ die                      erste ist die Wollust/ die andere die Trunckenheit/ und die Dritte die                      Unreinigkeit/ das ist/ die Erste leschet den Durst/ die andere erwecket die                      Frölichkeit/ und die Dritte gebiehret die Unsinnigkeit/ das allerärgste aber /                      so aus unseren unersättlichen Begierden alleine entstehet/ ist die verderbte                      Natur/ das unzeitige Alter/ der blöde Magen/ das schwache Gehirne/ und die                      verdunckelten Augen. Denn die Unzucht ziehet nichts/ als geschwächte Nerven /                      geschwächte Kräffte/ und geschwächte Stärcke nach sich/ und von der man ohne                      Verletzung des Gewissens/ ohne Gefahr des Leibes/ ohne Nachklang eines bösen                      Nahmens/ und ohne Verdamnüs der Seelen/ nicht wohl zu kommen vermag. Man                      findet Mühlen von solcher subtiler Art/ daß sie mit wenig Wasser mahlen:                      Etliche der Weibesbilder sind in ihren Begierden so zart/ so lüstern und                      vergifftet/ daß sie nicht alleine wie ein Glaß zerspringen/ sondern auch wohl                      ehermahls die vortrefflichsten Gemüther in einem Augenblicke/ in einer Stunde /                      und in einem Tage um ihren Stand/ Ehre und Hoheit bringen/ und dadurch in die                      gröste Verachtung setzen.</p>
        <p>Ovidius sagt/ die Liebe ist etwas/ und man weiß nicht/ was: Sie wird gezeuget                     / und man weiß nicht/ wo: Sie erfreuet sich/ und man weiß nicht/ wie: Sie                      tödtet/ und man weiß nicht/ warum; wenn man sie aber genauer betrachtet/ so                      ist ihr Eingeweide eine Gluth/ ihre Blüthe ein Gifft/ und ihre Frucht eine                      Schmach. Wie derohalben alle Dinge vergänglich und flüchtig: Also ist auch diese                      Freude/ die fleischliche Liebe/ und die Venus nicht allein hinfällig/ sondern                      auch schädlich/ nachtheilig/ ungewiß und flüchtig; Denn wer sich ihren süssen                      Stricken nicht bald entziehet/ der verwundet sich beydes an dem Leibe/ und an                      der Seele. Dahero Sie auch der Poete gleichsam mit lebendigen Farben folgender                      massen entwirfft:</p>
        <p>Ich fühle Feuer/ Brand/ und Flammen /</p>
        <p>Der Schönheit Zeichen hilfft mich nicht /</p>
        <p>Der Zunder meiner Liebes-Ammen</p>
        <p>erhitzet mir das Angesicht /</p>
        <p>Die Brüste regen sich /</p>
        <p>ich ächtze nach der Lufft /</p>
        <p>mein Hertze fühlet manchen Stich /</p>
        <p>der mich zur Liebe rufft.</p>
        <p>Ich herrsche zwar von Ost bis Norden /</p>
        <p>Der Sud und West gehorchen mir /</p>
        <p>Doch bin ich selbst verliebet worden /</p>
        <p>in einer Schönheit seltner Zier /</p>
        <p>Die bringt durch Marck und Bein</p>
        <p>sie lässet ihren Brand</p>
        <p>auch heiß in meinen Adern seyn</p>
        <p>durch ihre starcke Hand.</p>
      </div>
      <div>
</div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0194] verwundet; Das Weib ist von Anbeginn der Welt der Sünde Zunder gewesen/ und wird auch jederzeit ein unersättlicher Hunger alles Bösen verbleiben: Wenn die berühmten Helden Mithridates, Hercules, Alcibiades, Pyrrhus, Menelaus, und Marcus Antonius annoch am Leben/ würden sie alle gar willig gestehen/ daß der Weiber Buhlschafft ihr Untergang gewesen wäre: Ein müssiges Gemüthe/ welches mit unkeuschen Gedancken umgehet/ wircket selten was Gutes: Der Weinstock träget dreyerley Trauben/ die erste ist die Wollust/ die andere die Trunckenheit/ und die Dritte die Unreinigkeit/ das ist/ die Erste leschet den Durst/ die andere erwecket die Frölichkeit/ und die Dritte gebiehret die Unsinnigkeit/ das allerärgste aber / so aus unseren unersättlichen Begierden alleine entstehet/ ist die verderbte Natur/ das unzeitige Alter/ der blöde Magen/ das schwache Gehirne/ und die verdunckelten Augen. Denn die Unzucht ziehet nichts/ als geschwächte Nerven / geschwächte Kräffte/ und geschwächte Stärcke nach sich/ und von der man ohne Verletzung des Gewissens/ ohne Gefahr des Leibes/ ohne Nachklang eines bösen Nahmens/ und ohne Verdamnüs der Seelen/ nicht wohl zu kommen vermag. Man findet Mühlen von solcher subtiler Art/ daß sie mit wenig Wasser mahlen: Etliche der Weibesbilder sind in ihren Begierden so zart/ so lüstern und vergifftet/ daß sie nicht alleine wie ein Glaß zerspringen/ sondern auch wohl ehermahls die vortrefflichsten Gemüther in einem Augenblicke/ in einer Stunde / und in einem Tage um ihren Stand/ Ehre und Hoheit bringen/ und dadurch in die gröste Verachtung setzen. Ovidius sagt/ die Liebe ist etwas/ und man weiß nicht/ was: Sie wird gezeuget / und man weiß nicht/ wo: Sie erfreuet sich/ und man weiß nicht/ wie: Sie tödtet/ und man weiß nicht/ warum; wenn man sie aber genauer betrachtet/ so ist ihr Eingeweide eine Gluth/ ihre Blüthe ein Gifft/ und ihre Frucht eine Schmach. Wie derohalben alle Dinge vergänglich und flüchtig: Also ist auch diese Freude/ die fleischliche Liebe/ und die Venus nicht allein hinfällig/ sondern auch schädlich/ nachtheilig/ ungewiß und flüchtig; Denn wer sich ihren süssen Stricken nicht bald entziehet/ der verwundet sich beydes an dem Leibe/ und an der Seele. Dahero Sie auch der Poete gleichsam mit lebendigen Farben folgender massen entwirfft: Ich fühle Feuer/ Brand/ und Flammen / Der Schönheit Zeichen hilfft mich nicht / Der Zunder meiner Liebes-Ammen erhitzet mir das Angesicht / Die Brüste regen sich / ich ächtze nach der Lufft / mein Hertze fühlet manchen Stich / der mich zur Liebe rufft. Ich herrsche zwar von Ost bis Norden / Der Sud und West gehorchen mir / Doch bin ich selbst verliebet worden / in einer Schönheit seltner Zier / Die bringt durch Marck und Bein sie lässet ihren Brand auch heiß in meinen Adern seyn durch ihre starcke Hand.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/194
Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/194>, abgerufen am 24.11.2024.