[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.gehen zweene Officirer von der Guardia zu Fuß/ nebenst einem Troupp Piquenierer/ etzliche Trommelschläger / und Pfeiffer/ welche stets March schlagen. Denn folget der Herold/ und auf ihn wieder so viel Piquenierer/ oder Andere mit kurtzen Wehren/ schließen umb ihn / wo er abkündiget/ einen Creyß/ und wann man die Artickel des Turniers verlesen/ rühret man wieder die Spiele/ und marchiret so dann wieder an den Orth/ wohin Ordre zu gehen ertheilet. Dahero so gehet derselbe/ wann zum Turnier-Platze die Mantenitoren aufziehen/ vorher/ giebet es im Judicier-Hause an/ und verrichtet in übrigen/ was Ihme zu thun oblieget. Aus welchen allen man nun siehet/ wie nicht allein die Alten auf Tugend und Erbarkeit gegalten / sondern auch dieselbe mit Ehre belohnet/ und die Laster mit Schanden bestrafft. Denn Im Werck/ und in der That obsiegen ist Edler dann mit Worten kriegen / Zweymahl man die gestillet findet / Die man nach beyden überwindet. Adels Mißbrauch. Heutiges Tages aber werden ihrer viel von Adel gefunden/ die dergleichen scharffe Gesetze weder wissen/ oder da sie solche gleich lesen/ für verächtlich/ lächerlich/ und nichtig halten. Diejenigen sind nicht weniger Adels/ welche durch ihre Tugenden der Posterität den Adel erwerben/ als die/ so solchen von ihren Eltern am Geblüte ererbet haben. Darumb heist es: Frommheit/ weise/ klug/ und milde / dienet zu des Adels Schilde. Dahero so ist auch Adel ohne Verstand nichts als ein Schatten und Schein / Verstand aber ohne Adel macht auch Adel. Viel wollen für Edel gehalten seyn / und ist doch nichts als Unedles an Ihnen. Und gleichwie die Indianer nur die für Edel achten/ welche große und lange Nägel an den Fingern: Also vermeinen auch offtermahls Etliche/ als daß Fressen und Sauffen/ Huren/ Buben/ Balgen / Betriegen/ Trotzen/ Pralen/ und Stutzen/ die Eigenschafft eines von Geburth Edlen sey. Wann nun deme also/ so dürffte das Wort Turnier sich nur auff obige Laster/ und nicht vielmehr auff einen Turnier/ das ist/ unverdrossenen / tummelhafftigen/ wackern und frischen Kerl/ der sich in ritterlichen Thaten wohl geübet hat/ beziehen. Was Adel sey. Wenn der Adler siehet/ daß seine Jungen groß/ so läst er sie in die Sonner schauen/ vermögen sie das zu thun/ so behält er sie/ als seiner Art; thun sie es aber nicht/ so stöst er sie aus den Nesten: Die vor und nachgehenden adelichen Auffzüge geben uns auch vom Adelichen Leben und Tugenden zu reden Anlaß. Der rechte Adel bestehet in der Tugend/ und hat seinen Ursprung von herrlichen und berühmten Thaten. Vor Alters waren nur die von Adel/ welche sich entweder im Kriege/ oder andern rühmlichen Verrichtungen weißlich erwiesen. Heutiges Tages sind die insonderheit edel/ so vom Stamme edel gebohren/ es mag zuweilen die Tugend stecken wo sie will. Die Welt gebraucht zum öfftern ihren Verstand zum Bösen/ und will das Böse dardurch gut machen/ indem sie sich aber dasselbe zu vollziehen unterstehet/ so findet sie mehr Böses als Gutes: Der meiste Theil der Menschen will ehrlich seyn/ da doch vielmahls Einer und der Ander nicht weis was ehrlich ist. Alldieweiln man gehen zweene Officirer von der Guardia zu Fuß/ nebenst einem Troupp Piquenierer/ etzliche Trommelschläger / und Pfeiffer/ welche stets March schlagen. Denn folget der Herold/ und auf ihn wieder so viel Piquenierer/ oder Andere mit kurtzen Wehren/ schließen umb ihn / wo er abkündiget/ einen Creyß/ und wann man die Artickel des Turniers verlesen/ rühret man wieder die Spiele/ und marchiret so dann wieder an den Orth/ wohin Ordre zu gehen ertheilet. Dahero so gehet derselbe/ wann zum Turnier-Platze die Mantenitoren aufziehen/ vorher/ giebet es im Judicier-Hause an/ und verrichtet in übrigen/ was Ihme zu thun oblieget. Aus welchen allen man nun siehet/ wie nicht allein die Alten auf Tugend und Erbarkeit gegalten / sondern auch dieselbe mit Ehre belohnet/ und die Laster mit Schanden bestrafft. Denn Im Werck/ und in der That obsiegen ist Edler dann mit Worten kriegen / Zweymahl man die gestillet findet / Die man nach beyden überwindet. Adels Mißbrauch. Heutiges Tages aber werden ihrer viel von Adel gefunden/ die dergleichen scharffe Gesetze weder wissen/ oder da sie solche gleich lesen/ für verächtlich/ lächerlich/ und nichtig halten. Diejenigen sind nicht weniger Adels/ welche durch ihre Tugenden der Posterität den Adel erwerben/ als die/ so solchen von ihren Eltern am Geblüte ererbet haben. Darumb heist es: Frommheit/ weise/ klug/ und milde / dienet zu des Adels Schilde. Dahero so ist auch Adel ohne Verstand nichts als ein Schatten und Schein / Verstand aber ohne Adel macht auch Adel. Viel wollen für Edel gehalten seyn / und ist doch nichts als Unedles an Ihnen. Und gleichwie die Indianer nur die für Edel achten/ welche große und lange Nägel an den Fingern: Also vermeinen auch offtermahls Etliche/ als daß Fressen und Sauffen/ Huren/ Buben/ Balgen / Betriegen/ Trotzen/ Pralen/ und Stutzen/ die Eigenschafft eines von Geburth Edlen sey. Wann nun deme also/ so dürffte das Wort Turnier sich nur auff obige Laster/ und nicht vielmehr auff einen Turnier/ das ist/ unverdrossenen / tummelhafftigen/ wackern und frischen Kerl/ der sich in ritterlichen Thaten wohl geübet hat/ beziehen. Was Adel sey. Wenn der Adler siehet/ daß seine Jungen groß/ so läst er sie in die Sonner schauen/ vermögen sie das zu thun/ so behält er sie/ als seiner Art; thun sie es aber nicht/ so stöst er sie aus den Nesten: Die vor und nachgehenden adelichen Auffzüge geben uns auch vom Adelichen Leben und Tugenden zu reden Anlaß. Der rechte Adel bestehet in der Tugend/ und hat seinen Ursprung von herrlichen und berühmten Thaten. Vor Alters waren nur die von Adel/ welche sich entweder im Kriege/ oder andern rühmlichen Verrichtungen weißlich erwiesen. Heutiges Tages sind die insonderheit edel/ so vom Stamme edel gebohren/ es mag zuweilen die Tugend stecken wo sie will. Die Welt gebraucht zum öfftern ihren Verstand zum Bösen/ und will das Böse dardurch gut machen/ indem sie sich aber dasselbe zu vollziehen unterstehet/ so findet sie mehr Böses als Gutes: Der meiste Theil der Menschen will ehrlich seyn/ da doch vielmahls Einer und der Ander nicht weis was ehrlich ist. 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Denn</p> <p>Im Werck/ und in der That obsiegen</p> <p>ist Edler dann mit Worten kriegen /</p> <p>Zweymahl man die gestillet findet /</p> <p>Die man nach beyden überwindet.</p> <p><note place="right">Adels Mißbrauch.</note> Heutiges Tages aber werden ihrer viel von Adel gefunden/ die dergleichen scharffe Gesetze weder wissen/ oder da sie solche gleich lesen/ für verächtlich/ lächerlich/ und nichtig halten. Diejenigen sind nicht weniger Adels/ welche durch ihre Tugenden der Posterität den Adel erwerben/ als die/ so solchen von ihren Eltern am Geblüte ererbet haben. Darumb heist es:</p> <p>Frommheit/ weise/ klug/ und milde /</p> <p>dienet zu des Adels Schilde.</p> <p>Dahero so ist auch Adel ohne Verstand nichts als ein Schatten und Schein / Verstand aber ohne Adel macht auch Adel. Viel wollen für Edel gehalten seyn / und ist doch nichts als Unedles an Ihnen. Und gleichwie die Indianer nur die für Edel achten/ welche große und lange Nägel an den Fingern: Also vermeinen auch offtermahls Etliche/ als daß Fressen und Sauffen/ Huren/ Buben/ Balgen / Betriegen/ Trotzen/ Pralen/ und Stutzen/ die Eigenschafft eines von Geburth Edlen sey. Wann nun deme also/ so dürffte das Wort Turnier sich nur auff obige Laster/ und nicht vielmehr auff einen Turnier/ das ist/ unverdrossenen / tummelhafftigen/ wackern und frischen Kerl/ der sich in ritterlichen Thaten wohl geübet hat/ beziehen.</p> <p><note place="right">Was Adel sey.</note> Wenn der Adler siehet/ daß seine Jungen groß/ so läst er sie in die Sonner schauen/ vermögen sie das zu thun/ so behält er sie/ als seiner Art; thun sie es aber nicht/ so stöst er sie aus den Nesten: Die vor und nachgehenden adelichen Auffzüge geben uns auch vom Adelichen Leben und Tugenden zu reden Anlaß. Der rechte Adel bestehet in der Tugend/ und hat seinen Ursprung von herrlichen und berühmten Thaten. Vor Alters waren nur die von Adel/ welche sich entweder im Kriege/ oder andern rühmlichen Verrichtungen weißlich erwiesen. Heutiges Tages sind die insonderheit edel/ so vom Stamme edel gebohren/ es mag zuweilen die Tugend stecken wo sie will. Die Welt gebraucht zum öfftern ihren Verstand zum Bösen/ und will das Böse dardurch gut machen/ indem sie sich aber dasselbe zu vollziehen unterstehet/ so findet sie mehr Böses als Gutes: Der meiste Theil der Menschen will ehrlich seyn/ da doch vielmahls Einer und der Ander nicht weis was ehrlich ist. Alldieweiln man </p> </div> </body> </text> </TEI> [43/0051]
gehen zweene Officirer von der Guardia zu Fuß/ nebenst einem Troupp Piquenierer/ etzliche Trommelschläger / und Pfeiffer/ welche stets March schlagen. Denn folget der Herold/ und auf ihn wieder so viel Piquenierer/ oder Andere mit kurtzen Wehren/ schließen umb ihn / wo er abkündiget/ einen Creyß/ und wann man die Artickel des Turniers verlesen/ rühret man wieder die Spiele/ und marchiret so dann wieder an den Orth/ wohin Ordre zu gehen ertheilet. Dahero so gehet derselbe/ wann zum Turnier-Platze die Mantenitoren aufziehen/ vorher/ giebet es im Judicier-Hause an/ und verrichtet in übrigen/ was Ihme zu thun oblieget. Aus welchen allen man nun siehet/ wie nicht allein die Alten auf Tugend und Erbarkeit gegalten / sondern auch dieselbe mit Ehre belohnet/ und die Laster mit Schanden bestrafft. Denn
Im Werck/ und in der That obsiegen
ist Edler dann mit Worten kriegen /
Zweymahl man die gestillet findet /
Die man nach beyden überwindet.
Heutiges Tages aber werden ihrer viel von Adel gefunden/ die dergleichen scharffe Gesetze weder wissen/ oder da sie solche gleich lesen/ für verächtlich/ lächerlich/ und nichtig halten. Diejenigen sind nicht weniger Adels/ welche durch ihre Tugenden der Posterität den Adel erwerben/ als die/ so solchen von ihren Eltern am Geblüte ererbet haben. Darumb heist es:
Adels Mißbrauch. Frommheit/ weise/ klug/ und milde /
dienet zu des Adels Schilde.
Dahero so ist auch Adel ohne Verstand nichts als ein Schatten und Schein / Verstand aber ohne Adel macht auch Adel. Viel wollen für Edel gehalten seyn / und ist doch nichts als Unedles an Ihnen. Und gleichwie die Indianer nur die für Edel achten/ welche große und lange Nägel an den Fingern: Also vermeinen auch offtermahls Etliche/ als daß Fressen und Sauffen/ Huren/ Buben/ Balgen / Betriegen/ Trotzen/ Pralen/ und Stutzen/ die Eigenschafft eines von Geburth Edlen sey. Wann nun deme also/ so dürffte das Wort Turnier sich nur auff obige Laster/ und nicht vielmehr auff einen Turnier/ das ist/ unverdrossenen / tummelhafftigen/ wackern und frischen Kerl/ der sich in ritterlichen Thaten wohl geübet hat/ beziehen.
Wenn der Adler siehet/ daß seine Jungen groß/ so läst er sie in die Sonner schauen/ vermögen sie das zu thun/ so behält er sie/ als seiner Art; thun sie es aber nicht/ so stöst er sie aus den Nesten: Die vor und nachgehenden adelichen Auffzüge geben uns auch vom Adelichen Leben und Tugenden zu reden Anlaß. Der rechte Adel bestehet in der Tugend/ und hat seinen Ursprung von herrlichen und berühmten Thaten. Vor Alters waren nur die von Adel/ welche sich entweder im Kriege/ oder andern rühmlichen Verrichtungen weißlich erwiesen. Heutiges Tages sind die insonderheit edel/ so vom Stamme edel gebohren/ es mag zuweilen die Tugend stecken wo sie will. Die Welt gebraucht zum öfftern ihren Verstand zum Bösen/ und will das Böse dardurch gut machen/ indem sie sich aber dasselbe zu vollziehen unterstehet/ so findet sie mehr Böses als Gutes: Der meiste Theil der Menschen will ehrlich seyn/ da doch vielmahls Einer und der Ander nicht weis was ehrlich ist. Alldieweiln man
Was Adel sey.
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