[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.Ninyas mit ungebührlicher Liebe entbrannte/ trug dieser für der mütterlichen Blutschande einen Abscheu/ und befahl sie zu tödten: Sie ließ sich annoch für ihrem Tode zu Babylon ein stattliches Begräbnis aufrichten/ mit dieser Uberschrisfft: Sepulchrum Semiramidis. Si quis Rex Pecuniae indiguerit, is recluso hoc Monumento sumat, quantum volet: das ist: Welcher König Geld von nöthen/ der mache dieses Grab auf/ und nehme so viel / als er bedarff. Als aber dieses nach der Zeit de Perser König Darius Hystaspis las/ befahl er aus Geitz dasselbe zu eröffnen/ woselbst er aber kein Geld/ sondern diese eingehauene Buchstaben funde: Plutarchus in moralibus. Nisi malus fuisses homo, & Pecuniae insatiabilis, nunquam sane Sepulchra mortuorum violasses: Daferne du nicht ein gottloser und geitziger Mensch wärest/ würdest du der Verstorbenen Gräber unangetastet gelassen haben. Geringe Personen werden öfters in hohen Stand gefetzet. Bey dieser tapfferen Semiramis, welche auch am Helden-Muthe / und damahliger Kriegs-Erfahrenheit alle Assyrische Könige übertraff/ hat man insonderheit zu beobachten/ wie zuweilen geringe Personen aus dem Staube der Erniedrigung zu den grössesten Ehren sind gebracht worden. Denn diese war ein Findling/ und wurde von den Vogeln/ welche sie mit den Flügeln AElianus de var. Histor. Diodorus Siculus. bedeckten / und mit der jenigen geronnenen Milch/ so sie den Hirten aus den Milch-Näppen entwendeten/ ernehret. Nachdem sie aber letzlich die Hirten gefunden / verehreten sie dieselbe dem Königlichen Land-Voigt/ welcher weil er keine Kinder hatte/ sie an Tochter-Statt annahm/ Semiramis nennete/ und sie hernachmahls heyrathete/ wie sie aber einsmahls König Ninus erblickte/ und sich ihrer Schönheit wegen in ihr verliebte/ entführte er sie ihrem Mann/ und nahm sie zur Gemahlin: Bey ihrer erlangten Orosius. Königlichen Hoheit verordnete sie unter andern ein Gesetz/ daß zwischen den Kindern und Eltern/ desgleichen unter den nechsten Anverwandten der Beyschlaff zugelassen seyn solte/ allermassen sie sich dann zum ersten Verschnittene. der Verschnittenen bedienet haben soll/ wie man folgendes von Jhr schreibet: Claudianus in Eutrop. l. I. v. 339. Hos fecere manus, seu prima Semiramis astu, Assyriis mentita Virum, ne vocis acutae Mollities, levesq[unleserliches Material] geneae se prodere possent, Hos sibi conjunxit similes: Seu Parthica ferre Luxuries vetuit nasci lanuginis umbram, Servatoq; diu puerili flore coegit Arte retardatam veneri servire Juventam. Die sind von Menschen-Hand: Es sey gleich/ daß mit List von der Semiramis es erst erfunden ist / Die bey den Syrern sich in einen Mann verstellet / und solche die ihr gleich/ sich darum zugesellet / Damit die zarte Stimm/ der Wangen Rosen-blüht ihr Weibliches Geschlecht nicht aller Welt verrieht: So hat der Parther auch dergleichen ausgekieset / an den Verschnittenen die geile Brunst gebüsset / und also durch die Kunst erhalten seine Lust mit einem Bilde/ das der Venus dienen must. Ninyas mit ungebührlicher Liebe entbrannte/ trug dieser für der mütterlichen Blutschande einen Abscheu/ und befahl sie zu tödten: Sie ließ sich annoch für ihrem Tode zu Babylon ein stattliches Begräbnis aufrichten/ mit dieser Uberschrisfft: Sepulchrum Semiramidis. Si quis Rex Pecuniae indiguerit, is recluso hoc Monumento sumat, quantum volet: das ist: Welcher König Geld von nöthen/ der mache dieses Grab auf/ und nehme so viel / als er bedarff. Als aber dieses nach der Zeit de Perser König Darius Hystaspis las/ befahl er aus Geitz dasselbe zu eröffnen/ woselbst er aber kein Geld/ sondern diese eingehauene Buchstaben funde: Plutarchus in moralibus. Nisi malus fuisses homo, & Pecuniae insatiabilis, nunquam sanè Sepulchra mortuorum violasses: Daferne du nicht ein gottloser und geitziger Mensch wärest/ würdest du der Verstorbenen Gräber unangetastet gelassen haben. Geringe Personen werden öfters in hohen Stand gefetzet. Bey dieser tapfferen Semìramis, welche auch am Helden-Muthe / und damahliger Kriegs-Erfahrenheit alle Assyrische Könige übertraff/ hat man insonderheit zu beobachten/ wie zuweilen geringe Personen aus dem Staube der Erniedrigung zu den grössesten Ehren sind gebracht worden. Denn diese war ein Findling/ und wurde von den Vogeln/ welche sie mit den Flügeln AElianus de var. Histor. Diodorus Siculus. bedeckten / und mit der jenigen geronnenen Milch/ so sie den Hirten aus den Milch-Näppen entwendeten/ ernehret. Nachdem sie aber letzlich die Hirten gefunden / verehreten sie dieselbe dem Königlichen Land-Voigt/ welcher weil er keine Kinder hatte/ sie an Tochter-Statt annahm/ Semiramis nennete/ und sie hernachmahls heyrathete/ wie sie aber einsmahls König Ninus erblickte/ und sich ihrer Schönheit wegen in ihr verliebte/ entführte er sie ihrem Mann/ und nahm sie zur Gemahlin: Bey ihrer erlangten Orosius. Königlichen Hoheit verordnete sie unter andern ein Gesetz/ daß zwischen den Kindern und Eltern/ desgleichen unter den nechsten Anverwandten der Beyschlaff zugelassen seyn solte/ allermassen sie sich dann zum ersten Verschnittene. der Verschnittenen bedienet haben soll/ wie man folgendes von Jhr schreibet: Claudianus in Eutrop. l. I. v. 339. Hos fecere manus, seu prima Semiramis astu, Assyriis mentita Virum, nè vocis acutae Mollities, levesq[unleserliches Material] geneae se prodere possent, Hos sibi conjunxit similes: Seu Parthica ferre Luxuries vetuit nasci lanuginis umbram, Servatoq; diu puerili flore coëgit Arte retardatam veneri servire Juventam. Die sind von Menschen-Hand: Es sey gleich/ daß mit List von der Semiramis es erst erfunden ist / Die bey den Syrern sich in einen Mann verstellet / und solche die ihr gleich/ sich darum zugesellet / Damit die zarte Stimm/ der Wangen Rosen-blüht ihr Weibliches Geschlecht nicht aller Welt verrieht: So hat der Parther auch dergleichen ausgekieset / an den Verschnittenen die geile Brunst gebüsset / und also durch die Kunst erhalten seine Lust mit einem Bilde/ das der Venus dienen must. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0077" n="65"/> Ninyas mit ungebührlicher Liebe entbrannte/ trug dieser für der mütterlichen Blutschande einen Abscheu/ und befahl sie zu tödten: Sie ließ sich annoch für ihrem Tode zu Babylon ein stattliches Begräbnis aufrichten/ mit dieser Uberschrisfft:</p> <p><note place="right">Sepulchrum Semiramidis.</note> Si quis Rex Pecuniae indiguerit, is recluso hoc Monumento sumat, quantum volet: das ist:</p> <p>Welcher König Geld von nöthen/ der mache dieses Grab auf/ und nehme so viel / als er bedarff.</p> <p>Als aber dieses nach der Zeit de Perser König Darius Hystaspis las/ befahl er aus Geitz dasselbe zu eröffnen/ woselbst er aber kein Geld/ sondern diese eingehauene Buchstaben funde:</p> <p><note place="right">Plutarchus in moralibus.</note> Nisi malus fuisses homo, & Pecuniae insatiabilis, nunquam sanè Sepulchra mortuorum violasses:</p> <p>Daferne du nicht ein gottloser und geitziger Mensch wärest/ würdest du der Verstorbenen Gräber unangetastet gelassen haben.</p> <p><note place="right">Geringe Personen werden öfters in hohen Stand gefetzet.</note> Bey dieser tapfferen Semìramis, welche auch am Helden-Muthe / und damahliger Kriegs-Erfahrenheit alle Assyrische Könige übertraff/ hat man insonderheit zu beobachten/ wie zuweilen geringe Personen aus dem Staube der Erniedrigung zu den grössesten Ehren sind gebracht worden. Denn diese war ein Findling/ und wurde von den Vogeln/ welche sie mit den Flügeln <note place="right">AElianus de var. Histor. Diodorus Siculus.</note> bedeckten / und mit der jenigen geronnenen Milch/ so sie den Hirten aus den Milch-Näppen entwendeten/ ernehret. Nachdem sie aber letzlich die Hirten gefunden / verehreten sie dieselbe dem Königlichen Land-Voigt/ welcher weil er keine Kinder hatte/ sie an Tochter-Statt annahm/ Semiramis nennete/ und sie hernachmahls heyrathete/ wie sie aber einsmahls König Ninus erblickte/ und sich ihrer Schönheit wegen in ihr verliebte/ entführte er sie ihrem Mann/ und nahm sie zur Gemahlin: Bey ihrer erlangten <note place="right">Orosius.</note> Königlichen Hoheit verordnete sie unter andern ein Gesetz/ daß zwischen den Kindern und Eltern/ desgleichen unter den nechsten Anverwandten der Beyschlaff zugelassen seyn solte/ allermassen sie sich dann zum ersten <note place="right">Verschnittene.</note> der Verschnittenen bedienet haben soll/ wie man folgendes von Jhr schreibet:</p> <p><note place="right">Claudianus in Eutrop. l. I. v. 339.</note> Hos fecere manus, seu prima Semiramis astu,</p> <p>Assyriis mentita Virum, nè vocis acutae</p> <p>Mollities, levesq<gap reason="illegible"/> geneae se prodere possent,</p> <p>Hos sibi conjunxit similes: Seu Parthica ferre</p> <p>Luxuries vetuit nasci lanuginis umbram,</p> <p>Servatoq; diu puerili flore coëgit</p> <p>Arte retardatam veneri servire Juventam.</p> <p>Die sind von Menschen-Hand: Es sey gleich/ daß mit List</p> <p>von der Semiramis es erst erfunden ist /</p> <p>Die bey den Syrern sich in einen Mann verstellet /</p> <p>und solche die ihr gleich/ sich darum zugesellet /</p> <p>Damit die zarte Stimm/ der Wangen Rosen-blüht</p> <p>ihr Weibliches Geschlecht nicht aller Welt verrieht:</p> <p>So hat der Parther auch dergleichen ausgekieset /</p> <p>an den Verschnittenen die geile Brunst gebüsset /</p> <p>und also durch die Kunst erhalten seine Lust</p> <p>mit einem Bilde/ das der Venus dienen must.</p> </div> </body> </text> </TEI> [65/0077]
Ninyas mit ungebührlicher Liebe entbrannte/ trug dieser für der mütterlichen Blutschande einen Abscheu/ und befahl sie zu tödten: Sie ließ sich annoch für ihrem Tode zu Babylon ein stattliches Begräbnis aufrichten/ mit dieser Uberschrisfft:
Si quis Rex Pecuniae indiguerit, is recluso hoc Monumento sumat, quantum volet: das ist:
Sepulchrum Semiramidis. Welcher König Geld von nöthen/ der mache dieses Grab auf/ und nehme so viel / als er bedarff.
Als aber dieses nach der Zeit de Perser König Darius Hystaspis las/ befahl er aus Geitz dasselbe zu eröffnen/ woselbst er aber kein Geld/ sondern diese eingehauene Buchstaben funde:
Nisi malus fuisses homo, & Pecuniae insatiabilis, nunquam sanè Sepulchra mortuorum violasses:
Plutarchus in moralibus. Daferne du nicht ein gottloser und geitziger Mensch wärest/ würdest du der Verstorbenen Gräber unangetastet gelassen haben.
Bey dieser tapfferen Semìramis, welche auch am Helden-Muthe / und damahliger Kriegs-Erfahrenheit alle Assyrische Könige übertraff/ hat man insonderheit zu beobachten/ wie zuweilen geringe Personen aus dem Staube der Erniedrigung zu den grössesten Ehren sind gebracht worden. Denn diese war ein Findling/ und wurde von den Vogeln/ welche sie mit den Flügeln bedeckten / und mit der jenigen geronnenen Milch/ so sie den Hirten aus den Milch-Näppen entwendeten/ ernehret. Nachdem sie aber letzlich die Hirten gefunden / verehreten sie dieselbe dem Königlichen Land-Voigt/ welcher weil er keine Kinder hatte/ sie an Tochter-Statt annahm/ Semiramis nennete/ und sie hernachmahls heyrathete/ wie sie aber einsmahls König Ninus erblickte/ und sich ihrer Schönheit wegen in ihr verliebte/ entführte er sie ihrem Mann/ und nahm sie zur Gemahlin: Bey ihrer erlangten Königlichen Hoheit verordnete sie unter andern ein Gesetz/ daß zwischen den Kindern und Eltern/ desgleichen unter den nechsten Anverwandten der Beyschlaff zugelassen seyn solte/ allermassen sie sich dann zum ersten der Verschnittenen bedienet haben soll/ wie man folgendes von Jhr schreibet:
Geringe Personen werden öfters in hohen Stand gefetzet.
AElianus de var. Histor. Diodorus Siculus.
Orosius.
Verschnittene. Hos fecere manus, seu prima Semiramis astu,
Claudianus in Eutrop. l. I. v. 339. Assyriis mentita Virum, nè vocis acutae
Mollities, levesq_ geneae se prodere possent,
Hos sibi conjunxit similes: Seu Parthica ferre
Luxuries vetuit nasci lanuginis umbram,
Servatoq; diu puerili flore coëgit
Arte retardatam veneri servire Juventam.
Die sind von Menschen-Hand: Es sey gleich/ daß mit List
von der Semiramis es erst erfunden ist /
Die bey den Syrern sich in einen Mann verstellet /
und solche die ihr gleich/ sich darum zugesellet /
Damit die zarte Stimm/ der Wangen Rosen-blüht
ihr Weibliches Geschlecht nicht aller Welt verrieht:
So hat der Parther auch dergleichen ausgekieset /
an den Verschnittenen die geile Brunst gebüsset /
und also durch die Kunst erhalten seine Lust
mit einem Bilde/ das der Venus dienen must.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/77 |
Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/77>, abgerufen am 17.02.2025. |