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Social-politische Blätter. 2. Lieferung. Berlin, 3. Februar 1873.

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Zur Unterhaltung und Belehrung. 47
[Beginn Spaltensatz] au. Wir lieben das Vaterland, wir beten es an, wir haben
beschlossen, ihm zu dienen. indem wir allen seinen Kindern dienen."

Wir sehen aus den Aeußerungen Blanc's, daß er durchaus
keinerlei Klassenherrschaft anstrebte, daß er sogar für die
Aufhebung der Klassenherrschaft verlangte, daß die besitzenden
Klassen ebenfalls zur Erkenntniß gelangen sollten, was ihnen
nütze sei für die Dauer. Lassalle schrieb ja ebenfalls seinen
"Bastiat=Schulze" für den deutschen Arbeiterstand und für die
deutsche Bourgeoisie.

Unsere Ansichten werden wir demnächst klar legen, bemerken
aber jetzt schon, daß die Bourgeoisie im Laufe der Zeit immer
trotziger auf ihren Besitz werden wird, daß Louis Blanc besser
als Lassalle, Lassalle aber besser als die gegenwärtigen Socialisten
mit der Bourgeoisie und für dieselbe an der Lösung der socialen
Frage arbeiten konnten -- die herrschende Gesellschaft nahm da-
mals keine Vernunft an, der zur schwindelnden Höhe kletternde
Capitalismus nimmt erst recht jetzt, wo sein Weizen ersichtlich
blüht, keine Lehre an.

Daß aber die herrschende Gesellschaft durch den Socialis-
mus gehoben wird, daß der Bourgeois dadurch zum Men-
schen
gemacht wird, daß ist sicher -- so gewinnt durch
den Socialismus, wenn man den materiellen und den moralischen
Gehalt zusammen in die Waagschaale wirft selbst der Millionär
der heutigen Gesellschaft in einem socialistischen Staate, wo er
arbeiten muß.

Wir werden uns über diesen Gegenstand, wie gesagt, noch
näher aussprechen.



Babeuf.

Babeuf war 1762 in St. Quentin geboren. Schon im
Beginne der Revolution schrieb er mit kühner und gewandter
Feder für die Principien der entschiedensten Demokratie, was
ihm eine Untersuchung zuzog, von der er nur durch Marat's
Verwendung befreit ward. Nach mehreren anderen Untersuchun-
gen, die ebenfalls kein nachtheiliges Ergebniß für ihn hatten,
erhielt er eine Stelle in der Commune von Paris. Nach dem
Sturze Robespierre's stand er zuerst auf der Seite der Sieger;
ruhiges Nachdenken veranlaßten ihn aber, sich gegen dieselben
zu erklären, so daß er in Haft gebracht ward. Jm Gefängniß
erwachte sein Haß gegen die Gegner Robespierre's, von denen er
offenbar wenig Gutes genossen, immer gewaltiger. Hier
verbündete er sich mit mehreren der kühnsten Republikaner und
zog die Jdee einer Verschwörung im Sinne der vollständigen
Gleichheit in sich groß. Kaum aus dem Gefängnisse entlassen,
bildete er nun mit seiner Kühnheit und Gewandtheit den Mittel-
punkt für die neue Verbindung. Babeuf ist entschieden ein
ebenso kühner als geistreicher Mann gewesen. Er war der Erste, der
die Schwäche der reinen Demokratie in einer Zeit erkannte, wo
die Masse anfing einzusehen, daß mit der bloßen politischen
Freiheit wenig für sie gewonnen sei. Ausgerüstet mit unendlicher
Thätigkeit, mit siegender Beredsamkeit und mit dem festen Glauben
an die Richtigkeit seiner Grundsätze, versuchte er zur Durchfüh-
rung derselben eine Vereinigung von gleichgesinnten Männern
zu schaffen. Zunächst hielt er Vorträge über das wahre Princip
der Gesellschaft. Rasch strömte die Menge hinzu, in kurzer
Zeit fanden sich gegen zweitausend zusammen und bildeten einen
Verein, welcher öffentlich den Namen, "Gesellschaft des Pantheon"
führte, der aber den geheimen Namen "Gesellschaft der Gleichen"
gehabt hat. "Gesellschaft des Pantheon" nannte sich der
Verein deshalb, weil er seine Sitzungen in der Nähe des
Pantheons=Gebäudes hielt, wo sich das Paris der Reichen von
dem des Volkes, der Vorstädte des Südens und Ostens scheidet.
Die Verbindung ward täglich immer mächtiger und das Volk
eilte einer That entgegen. Jndessen konnte die wachsende Ge-
fahr der Regierung nicht entgehen; Babeuf ward von der Polizei
aufgesucht; es gelang ihm jedoch, sich zu verbergen, und nach
wie vor blieb er an der Spitze jener Verbindung und ihres
Organs, das den Titel: "Der Volkstribun" hatte. Die Re-
gierung griff nun zu einem bestimmteren Mittel. Die Ver-
sammlungen wurden geschlossen und die Theilnahme an denselben
untersagt. Babeuf betrieb jetzt die Sache auf eigene Faust und
berief einige der entschiedensten Männer der Partei zu sich, die
[Spaltenumbruch] sich als geheimes und beständiges Jnsurrections=Comit e erklärten
und die Masse zu organisiren begannen. Die Hauptführer
waren neben Babeuf selbst, Darth e, Silvain Mar e chal ( ein
bekannter Gelehrter ) und Buonarotti, der bei Entdeckung
der Verbindung Babeuf versprach, die Geschichte derselben zu
veröffentlichen, und dies auch gethan hat.

Das Jnsurrections=Comit e umgab sich mit neunzig Ver-
tretern aus den Provinzen, die eine geheime National=Versamm-
lung bildeten, und bewirkte dann eine Vereinigung mit den
Resten der älteren republikanischen Partei, die ehemals Robespierre
als Stützpunkt gedient hatte. Man einigte sich über ein Pro-
gramm, wonach zunächst die Forderungen der reinen Republikaner
durchgesetzt und dann die Durchführung des communistischen
Programms vorbereitet werden sollte. Die Grundzüge dieses
Programms waren folgende: Alle Güter gehören dem Volk;
dieses allein ist der Eigenthümer. Jeder hat ein Recht auf eine
glückliche Existenz, aber darum auch die Pflicht der Arbeit,
welche jedoch nicht mehr der Willkür des Einzelnen überlassen,
sondern durch Gesetze geregelt wird, die geeignet sind, die Lust
an ihr und den Wetteifer in ihr zu fördern. Jn Uebernahme
der unangenehmen Arbeiten wechseln die Bürger ab. Allen steht
ein Recht auf Alles zu, die vollkommenste Gleichheit der Ge-
nüsse wird eingeführt und die oberste Gewalt sorgt dafür, daß
Jeder in einem mäßigen Wohlstande leben könne, was umsomehr
möglich ist, als die Folge der allgemeinen Arbeit Ueberfluß ist.
Die anderen Punkte sind weniger wichtig und nur für den ver-
ständlich, der sich in die Anschauungen jener Epoche hineindenken
kann. Eine bestimmte ökonomische Vorstellung vom Capital und
seiner Bedeutung hatte man damals nicht. Das wichtigste in
dem ganzen System war, daß die Arbeit in den Vordergrund
des Güterlebens gestellt und damit dem Socialismus die Wege
gezeigt wurden.

Als das Comit e der neuen Revolution glaubte, seine Grund-
sätze hinlänglich ausgebildet zu haben, und die Vereinigung mit
den reinen Demokraten sicher genug geknüpft schien, dachte man
daran, die ganze Masse des Volkes für die Erhebung zu ge-
winnen. Es wurde ein Manifest erlassen, welches die Grund-
lehren Babeuf's enthielt, und das zugleich den Wünschen der
reinen Demokraten genügte.

Dieses Manifest wurde im April 1796 verbreitet, an die
Mauern geschlagen, unter dem Volke vertheilt und erregte viel
Aufsehen. Babeuf war an einem sicheren Orte gegen alle Nach-
forschungen geschützt. Die Versammlungen, gehalten in den
dunklen Straßen der Vorstädte St. Antoine und St Marceau,
wohin selbst die Polizei kaum zu dringen wagte, blieben unent-
deckt; schon zählte nach Buonarotti's Angabe die Verbindung
16,000 Mitglieder; die Artillerie des Forts von Vincennes,
die Jnvaliden, das Sicherheitscorps, die Grenadiere des gesetz-
gebenden Körpers waren entschieden gewonnen; dazu konnte man
sicher auf die ganze Masse von Arbeitern zählen, die bei einer
Revolution selten etwas verlieren können. Schon waren unter den
Truppen im allgemeinen Symptome der Auflösung, die Massen
wurden nach den 12 Vierteln von Paris in drei Hauptcorps
ihren Führern untergeordnet; bestimmte Abtheilungen erhielten
die Anweisung, sich bereit zu halten, um zur bestimmten Stunde
sich einzelner Punkte zu bemächtigen; ja, einige gewonnene Polizei-
Officiere hatten gelobt, die Leiter der Regierung beim Ausbruch
der Revolution selbst zu erdolchen. Da traf diese Verschwörung
die alte Strafe aller ähnlichen geheimen, von den heutigen
Socialisten bekämpften Verbindungen; sie ward verrathen. Ein
Agent der Verbindung, Namens Grisel, verkaufte das Geheim-
niß an die Regierung. Das Regierungsmitglied Barras erbot
sich, um das Complot genauer kennen zu lernen, zur Theilnahme
an demselben, und so gelang es am 10. März die Hauptführer,
65 an der Zahl festzunehmen, als sie beisammen waren, um den
Ausbruch der Revolution festzustellen. Die wichtigsten Papiere
fielen in die Hände der Regierung. Die Verbindung war jetzt
haupt= und rathlos. Es zeigte sich ferner, daß die Zeit für eine
solche Bewegung noch kein Verständniß hatte, denn das Volk
blieb nach der Jnhaftirung der Führer theilnahmslos. Dennoch
fürchtete man einen Ausbruch und verlegte den Gerichtshof von
Paris nach Vendome, das stark mit Truppen besetzt wurde.
Bon den 65 Angeklagten wurden Babeuf und Darth e zum Tode,
sieben Andere, worunter Buonarotti, zur Deportation verurtheilt,
der Rest entlassen. Als Babeuf und Darth e ihr Urtheil vor
dem Geschwornengericht vernahmen, zogen sie ihre Dolche und
durchbohrten sich gegenseitig mit wiederholten Stößen Die
[Ende Spaltensatz]

Zur Unterhaltung und Belehrung. 47
[Beginn Spaltensatz] au. Wir lieben das Vaterland, wir beten es an, wir haben
beschlossen, ihm zu dienen. indem wir allen seinen Kindern dienen.“

Wir sehen aus den Aeußerungen Blanc's, daß er durchaus
keinerlei Klassenherrschaft anstrebte, daß er sogar für die
Aufhebung der Klassenherrschaft verlangte, daß die besitzenden
Klassen ebenfalls zur Erkenntniß gelangen sollten, was ihnen
nütze sei für die Dauer. Lassalle schrieb ja ebenfalls seinen
„Bastiat=Schulze“ für den deutschen Arbeiterstand und für die
deutsche Bourgeoisie.

Unsere Ansichten werden wir demnächst klar legen, bemerken
aber jetzt schon, daß die Bourgeoisie im Laufe der Zeit immer
trotziger auf ihren Besitz werden wird, daß Louis Blanc besser
als Lassalle, Lassalle aber besser als die gegenwärtigen Socialisten
mit der Bourgeoisie und für dieselbe an der Lösung der socialen
Frage arbeiten konnten — die herrschende Gesellschaft nahm da-
mals keine Vernunft an, der zur schwindelnden Höhe kletternde
Capitalismus nimmt erst recht jetzt, wo sein Weizen ersichtlich
blüht, keine Lehre an.

Daß aber die herrschende Gesellschaft durch den Socialis-
mus gehoben wird, daß der Bourgeois dadurch zum Men-
schen
gemacht wird, daß ist sicher — so gewinnt durch
den Socialismus, wenn man den materiellen und den moralischen
Gehalt zusammen in die Waagschaale wirft selbst der Millionär
der heutigen Gesellschaft in einem socialistischen Staate, wo er
arbeiten muß.

Wir werden uns über diesen Gegenstand, wie gesagt, noch
näher aussprechen.



Babeuf.

Babeuf war 1762 in St. Quentin geboren. Schon im
Beginne der Revolution schrieb er mit kühner und gewandter
Feder für die Principien der entschiedensten Demokratie, was
ihm eine Untersuchung zuzog, von der er nur durch Marat's
Verwendung befreit ward. Nach mehreren anderen Untersuchun-
gen, die ebenfalls kein nachtheiliges Ergebniß für ihn hatten,
erhielt er eine Stelle in der Commune von Paris. Nach dem
Sturze Robespierre's stand er zuerst auf der Seite der Sieger;
ruhiges Nachdenken veranlaßten ihn aber, sich gegen dieselben
zu erklären, so daß er in Haft gebracht ward. Jm Gefängniß
erwachte sein Haß gegen die Gegner Robespierre's, von denen er
offenbar wenig Gutes genossen, immer gewaltiger. Hier
verbündete er sich mit mehreren der kühnsten Republikaner und
zog die Jdee einer Verschwörung im Sinne der vollständigen
Gleichheit in sich groß. Kaum aus dem Gefängnisse entlassen,
bildete er nun mit seiner Kühnheit und Gewandtheit den Mittel-
punkt für die neue Verbindung. Babeuf ist entschieden ein
ebenso kühner als geistreicher Mann gewesen. Er war der Erste, der
die Schwäche der reinen Demokratie in einer Zeit erkannte, wo
die Masse anfing einzusehen, daß mit der bloßen politischen
Freiheit wenig für sie gewonnen sei. Ausgerüstet mit unendlicher
Thätigkeit, mit siegender Beredsamkeit und mit dem festen Glauben
an die Richtigkeit seiner Grundsätze, versuchte er zur Durchfüh-
rung derselben eine Vereinigung von gleichgesinnten Männern
zu schaffen. Zunächst hielt er Vorträge über das wahre Princip
der Gesellschaft. Rasch strömte die Menge hinzu, in kurzer
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Verein, welcher öffentlich den Namen, „Gesellschaft des Pantheon“
führte, der aber den geheimen Namen „Gesellschaft der Gleichen“
gehabt hat. „Gesellschaft des Pantheon“ nannte sich der
Verein deshalb, weil er seine Sitzungen in der Nähe des
Pantheons=Gebäudes hielt, wo sich das Paris der Reichen von
dem des Volkes, der Vorstädte des Südens und Ostens scheidet.
Die Verbindung ward täglich immer mächtiger und das Volk
eilte einer That entgegen. Jndessen konnte die wachsende Ge-
fahr der Regierung nicht entgehen; Babeuf ward von der Polizei
aufgesucht; es gelang ihm jedoch, sich zu verbergen, und nach
wie vor blieb er an der Spitze jener Verbindung und ihres
Organs, das den Titel: „Der Volkstribun“ hatte. Die Re-
gierung griff nun zu einem bestimmteren Mittel. Die Ver-
sammlungen wurden geschlossen und die Theilnahme an denselben
untersagt. Babeuf betrieb jetzt die Sache auf eigene Faust und
berief einige der entschiedensten Männer der Partei zu sich, die
[Spaltenumbruch] sich als geheimes und beständiges Jnsurrections=Comit é erklärten
und die Masse zu organisiren begannen. Die Hauptführer
waren neben Babeuf selbst, Darth é, Silvain Mar é chal ( ein
bekannter Gelehrter ) und Buonarotti, der bei Entdeckung
der Verbindung Babeuf versprach, die Geschichte derselben zu
veröffentlichen, und dies auch gethan hat.

Das Jnsurrections=Comit é umgab sich mit neunzig Ver-
tretern aus den Provinzen, die eine geheime National=Versamm-
lung bildeten, und bewirkte dann eine Vereinigung mit den
Resten der älteren republikanischen Partei, die ehemals Robespierre
als Stützpunkt gedient hatte. Man einigte sich über ein Pro-
gramm, wonach zunächst die Forderungen der reinen Republikaner
durchgesetzt und dann die Durchführung des communistischen
Programms vorbereitet werden sollte. Die Grundzüge dieses
Programms waren folgende: Alle Güter gehören dem Volk;
dieses allein ist der Eigenthümer. Jeder hat ein Recht auf eine
glückliche Existenz, aber darum auch die Pflicht der Arbeit,
welche jedoch nicht mehr der Willkür des Einzelnen überlassen,
sondern durch Gesetze geregelt wird, die geeignet sind, die Lust
an ihr und den Wetteifer in ihr zu fördern. Jn Uebernahme
der unangenehmen Arbeiten wechseln die Bürger ab. Allen steht
ein Recht auf Alles zu, die vollkommenste Gleichheit der Ge-
nüsse wird eingeführt und die oberste Gewalt sorgt dafür, daß
Jeder in einem mäßigen Wohlstande leben könne, was umsomehr
möglich ist, als die Folge der allgemeinen Arbeit Ueberfluß ist.
Die anderen Punkte sind weniger wichtig und nur für den ver-
ständlich, der sich in die Anschauungen jener Epoche hineindenken
kann. Eine bestimmte ökonomische Vorstellung vom Capital und
seiner Bedeutung hatte man damals nicht. Das wichtigste in
dem ganzen System war, daß die Arbeit in den Vordergrund
des Güterlebens gestellt und damit dem Socialismus die Wege
gezeigt wurden.

Als das Comit é der neuen Revolution glaubte, seine Grund-
sätze hinlänglich ausgebildet zu haben, und die Vereinigung mit
den reinen Demokraten sicher genug geknüpft schien, dachte man
daran, die ganze Masse des Volkes für die Erhebung zu ge-
winnen. Es wurde ein Manifest erlassen, welches die Grund-
lehren Babeuf's enthielt, und das zugleich den Wünschen der
reinen Demokraten genügte.

Dieses Manifest wurde im April 1796 verbreitet, an die
Mauern geschlagen, unter dem Volke vertheilt und erregte viel
Aufsehen. Babeuf war an einem sicheren Orte gegen alle Nach-
forschungen geschützt. Die Versammlungen, gehalten in den
dunklen Straßen der Vorstädte St. Antoine und St Marceau,
wohin selbst die Polizei kaum zu dringen wagte, blieben unent-
deckt; schon zählte nach Buonarotti's Angabe die Verbindung
16,000 Mitglieder; die Artillerie des Forts von Vincennes,
die Jnvaliden, das Sicherheitscorps, die Grenadiere des gesetz-
gebenden Körpers waren entschieden gewonnen; dazu konnte man
sicher auf die ganze Masse von Arbeitern zählen, die bei einer
Revolution selten etwas verlieren können. Schon waren unter den
Truppen im allgemeinen Symptome der Auflösung, die Massen
wurden nach den 12 Vierteln von Paris in drei Hauptcorps
ihren Führern untergeordnet; bestimmte Abtheilungen erhielten
die Anweisung, sich bereit zu halten, um zur bestimmten Stunde
sich einzelner Punkte zu bemächtigen; ja, einige gewonnene Polizei-
Officiere hatten gelobt, die Leiter der Regierung beim Ausbruch
der Revolution selbst zu erdolchen. Da traf diese Verschwörung
die alte Strafe aller ähnlichen geheimen, von den heutigen
Socialisten bekämpften Verbindungen; sie ward verrathen. Ein
Agent der Verbindung, Namens Grisel, verkaufte das Geheim-
niß an die Regierung. Das Regierungsmitglied Barras erbot
sich, um das Complot genauer kennen zu lernen, zur Theilnahme
an demselben, und so gelang es am 10. März die Hauptführer,
65 an der Zahl festzunehmen, als sie beisammen waren, um den
Ausbruch der Revolution festzustellen. Die wichtigsten Papiere
fielen in die Hände der Regierung. Die Verbindung war jetzt
haupt= und rathlos. Es zeigte sich ferner, daß die Zeit für eine
solche Bewegung noch kein Verständniß hatte, denn das Volk
blieb nach der Jnhaftirung der Führer theilnahmslos. Dennoch
fürchtete man einen Ausbruch und verlegte den Gerichtshof von
Paris nach Vendome, das stark mit Truppen besetzt wurde.
Bon den 65 Angeklagten wurden Babeuf und Darth é zum Tode,
sieben Andere, worunter Buonarotti, zur Deportation verurtheilt,
der Rest entlassen. Als Babeuf und Darth é ihr Urtheil vor
dem Geschwornengericht vernahmen, zogen sie ihre Dolche und
durchbohrten sich gegenseitig mit wiederholten Stößen Die
[Ende Spaltensatz]

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[47/0023] Zur Unterhaltung und Belehrung. 47 au. Wir lieben das Vaterland, wir beten es an, wir haben beschlossen, ihm zu dienen. indem wir allen seinen Kindern dienen.“ Wir sehen aus den Aeußerungen Blanc's, daß er durchaus keinerlei Klassenherrschaft anstrebte, daß er sogar für die Aufhebung der Klassenherrschaft verlangte, daß die besitzenden Klassen ebenfalls zur Erkenntniß gelangen sollten, was ihnen nütze sei für die Dauer. Lassalle schrieb ja ebenfalls seinen „Bastiat=Schulze“ für den deutschen Arbeiterstand und für die deutsche Bourgeoisie. Unsere Ansichten werden wir demnächst klar legen, bemerken aber jetzt schon, daß die Bourgeoisie im Laufe der Zeit immer trotziger auf ihren Besitz werden wird, daß Louis Blanc besser als Lassalle, Lassalle aber besser als die gegenwärtigen Socialisten mit der Bourgeoisie und für dieselbe an der Lösung der socialen Frage arbeiten konnten — die herrschende Gesellschaft nahm da- mals keine Vernunft an, der zur schwindelnden Höhe kletternde Capitalismus nimmt erst recht jetzt, wo sein Weizen ersichtlich blüht, keine Lehre an. Daß aber die herrschende Gesellschaft durch den Socialis- mus gehoben wird, daß der Bourgeois dadurch zum Men- schen gemacht wird, daß ist sicher — so gewinnt durch den Socialismus, wenn man den materiellen und den moralischen Gehalt zusammen in die Waagschaale wirft selbst der Millionär der heutigen Gesellschaft in einem socialistischen Staate, wo er arbeiten muß. Wir werden uns über diesen Gegenstand, wie gesagt, noch näher aussprechen. Babeuf. Babeuf war 1762 in St. Quentin geboren. Schon im Beginne der Revolution schrieb er mit kühner und gewandter Feder für die Principien der entschiedensten Demokratie, was ihm eine Untersuchung zuzog, von der er nur durch Marat's Verwendung befreit ward. Nach mehreren anderen Untersuchun- gen, die ebenfalls kein nachtheiliges Ergebniß für ihn hatten, erhielt er eine Stelle in der Commune von Paris. Nach dem Sturze Robespierre's stand er zuerst auf der Seite der Sieger; ruhiges Nachdenken veranlaßten ihn aber, sich gegen dieselben zu erklären, so daß er in Haft gebracht ward. Jm Gefängniß erwachte sein Haß gegen die Gegner Robespierre's, von denen er offenbar wenig Gutes genossen, immer gewaltiger. Hier verbündete er sich mit mehreren der kühnsten Republikaner und zog die Jdee einer Verschwörung im Sinne der vollständigen Gleichheit in sich groß. Kaum aus dem Gefängnisse entlassen, bildete er nun mit seiner Kühnheit und Gewandtheit den Mittel- punkt für die neue Verbindung. Babeuf ist entschieden ein ebenso kühner als geistreicher Mann gewesen. Er war der Erste, der die Schwäche der reinen Demokratie in einer Zeit erkannte, wo die Masse anfing einzusehen, daß mit der bloßen politischen Freiheit wenig für sie gewonnen sei. Ausgerüstet mit unendlicher Thätigkeit, mit siegender Beredsamkeit und mit dem festen Glauben an die Richtigkeit seiner Grundsätze, versuchte er zur Durchfüh- rung derselben eine Vereinigung von gleichgesinnten Männern zu schaffen. Zunächst hielt er Vorträge über das wahre Princip der Gesellschaft. Rasch strömte die Menge hinzu, in kurzer Zeit fanden sich gegen zweitausend zusammen und bildeten einen Verein, welcher öffentlich den Namen, „Gesellschaft des Pantheon“ führte, der aber den geheimen Namen „Gesellschaft der Gleichen“ gehabt hat. „Gesellschaft des Pantheon“ nannte sich der Verein deshalb, weil er seine Sitzungen in der Nähe des Pantheons=Gebäudes hielt, wo sich das Paris der Reichen von dem des Volkes, der Vorstädte des Südens und Ostens scheidet. Die Verbindung ward täglich immer mächtiger und das Volk eilte einer That entgegen. Jndessen konnte die wachsende Ge- fahr der Regierung nicht entgehen; Babeuf ward von der Polizei aufgesucht; es gelang ihm jedoch, sich zu verbergen, und nach wie vor blieb er an der Spitze jener Verbindung und ihres Organs, das den Titel: „Der Volkstribun“ hatte. Die Re- gierung griff nun zu einem bestimmteren Mittel. Die Ver- sammlungen wurden geschlossen und die Theilnahme an denselben untersagt. Babeuf betrieb jetzt die Sache auf eigene Faust und berief einige der entschiedensten Männer der Partei zu sich, die sich als geheimes und beständiges Jnsurrections=Comit é erklärten und die Masse zu organisiren begannen. Die Hauptführer waren neben Babeuf selbst, Darth é, Silvain Mar é chal ( ein bekannter Gelehrter ) und Buonarotti, der bei Entdeckung der Verbindung Babeuf versprach, die Geschichte derselben zu veröffentlichen, und dies auch gethan hat. Das Jnsurrections=Comit é umgab sich mit neunzig Ver- tretern aus den Provinzen, die eine geheime National=Versamm- lung bildeten, und bewirkte dann eine Vereinigung mit den Resten der älteren republikanischen Partei, die ehemals Robespierre als Stützpunkt gedient hatte. Man einigte sich über ein Pro- gramm, wonach zunächst die Forderungen der reinen Republikaner durchgesetzt und dann die Durchführung des communistischen Programms vorbereitet werden sollte. Die Grundzüge dieses Programms waren folgende: Alle Güter gehören dem Volk; dieses allein ist der Eigenthümer. Jeder hat ein Recht auf eine glückliche Existenz, aber darum auch die Pflicht der Arbeit, welche jedoch nicht mehr der Willkür des Einzelnen überlassen, sondern durch Gesetze geregelt wird, die geeignet sind, die Lust an ihr und den Wetteifer in ihr zu fördern. Jn Uebernahme der unangenehmen Arbeiten wechseln die Bürger ab. Allen steht ein Recht auf Alles zu, die vollkommenste Gleichheit der Ge- nüsse wird eingeführt und die oberste Gewalt sorgt dafür, daß Jeder in einem mäßigen Wohlstande leben könne, was umsomehr möglich ist, als die Folge der allgemeinen Arbeit Ueberfluß ist. Die anderen Punkte sind weniger wichtig und nur für den ver- ständlich, der sich in die Anschauungen jener Epoche hineindenken kann. Eine bestimmte ökonomische Vorstellung vom Capital und seiner Bedeutung hatte man damals nicht. Das wichtigste in dem ganzen System war, daß die Arbeit in den Vordergrund des Güterlebens gestellt und damit dem Socialismus die Wege gezeigt wurden. Als das Comit é der neuen Revolution glaubte, seine Grund- sätze hinlänglich ausgebildet zu haben, und die Vereinigung mit den reinen Demokraten sicher genug geknüpft schien, dachte man daran, die ganze Masse des Volkes für die Erhebung zu ge- winnen. Es wurde ein Manifest erlassen, welches die Grund- lehren Babeuf's enthielt, und das zugleich den Wünschen der reinen Demokraten genügte. Dieses Manifest wurde im April 1796 verbreitet, an die Mauern geschlagen, unter dem Volke vertheilt und erregte viel Aufsehen. Babeuf war an einem sicheren Orte gegen alle Nach- forschungen geschützt. Die Versammlungen, gehalten in den dunklen Straßen der Vorstädte St. Antoine und St Marceau, wohin selbst die Polizei kaum zu dringen wagte, blieben unent- deckt; schon zählte nach Buonarotti's Angabe die Verbindung 16,000 Mitglieder; die Artillerie des Forts von Vincennes, die Jnvaliden, das Sicherheitscorps, die Grenadiere des gesetz- gebenden Körpers waren entschieden gewonnen; dazu konnte man sicher auf die ganze Masse von Arbeitern zählen, die bei einer Revolution selten etwas verlieren können. Schon waren unter den Truppen im allgemeinen Symptome der Auflösung, die Massen wurden nach den 12 Vierteln von Paris in drei Hauptcorps ihren Führern untergeordnet; bestimmte Abtheilungen erhielten die Anweisung, sich bereit zu halten, um zur bestimmten Stunde sich einzelner Punkte zu bemächtigen; ja, einige gewonnene Polizei- Officiere hatten gelobt, die Leiter der Regierung beim Ausbruch der Revolution selbst zu erdolchen. Da traf diese Verschwörung die alte Strafe aller ähnlichen geheimen, von den heutigen Socialisten bekämpften Verbindungen; sie ward verrathen. Ein Agent der Verbindung, Namens Grisel, verkaufte das Geheim- niß an die Regierung. Das Regierungsmitglied Barras erbot sich, um das Complot genauer kennen zu lernen, zur Theilnahme an demselben, und so gelang es am 10. März die Hauptführer, 65 an der Zahl festzunehmen, als sie beisammen waren, um den Ausbruch der Revolution festzustellen. Die wichtigsten Papiere fielen in die Hände der Regierung. Die Verbindung war jetzt haupt= und rathlos. Es zeigte sich ferner, daß die Zeit für eine solche Bewegung noch kein Verständniß hatte, denn das Volk blieb nach der Jnhaftirung der Führer theilnahmslos. Dennoch fürchtete man einen Ausbruch und verlegte den Gerichtshof von Paris nach Vendome, das stark mit Truppen besetzt wurde. Bon den 65 Angeklagten wurden Babeuf und Darth é zum Tode, sieben Andere, worunter Buonarotti, zur Deportation verurtheilt, der Rest entlassen. Als Babeuf und Darth é ihr Urtheil vor dem Geschwornengericht vernahmen, zogen sie ihre Dolche und durchbohrten sich gegenseitig mit wiederholten Stößen Die

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Zitationshilfe: Social-politische Blätter. 2. Lieferung. Berlin, 3. Februar 1873, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social02_1873/23>, abgerufen am 24.11.2024.