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Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 11. Lieferung, Nr. 1. Berlin, 7. November 1874.

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Zur Unterhaltung und Belehrung. 294
[Beginn Spaltensatz] men zu haben, etwas leisten; der Andere braucht dies
nicht. 2 ) Wenn der Eine stirbt, ist das Einkommen zu
Ende; wenn der Andere stirbt, bleibt das Einkommen. Es
kann, als begründet auf ein außerhalb der Person stehen-
des Vermögen, mit diesem vererbt werden.

Zunächst ist klar, daß nach dem oben aufgestellten
Grundsatz der Besteuerung, Einer um so mehr Steuern zu
zahlen hat, je größer sein Einkommen ist; denn um so mehr
Vortheile hat er von der durch den Staat geschützten und
zusammengehaltenen gesellschaftlichen Organisation. Da ein
Procent von 1000 Thalern eine zehnmal größere Summe
ist, als 1 Procent von 100 Thalern, so ist derjenige, der
1000 Thaler Einkommen hat, zehnmal stärker besteuert als
derjenige, der 100 Thaler Einkommen hat.

Es taucht aber die Frage auf: Kann derjenige, wel-
cher 1000 Thlr. Einkommen als Arbeitslohn hat, demje-
nigen gleichgestellt werden, der 1000 Thlr. Einkommen
durch Zinsen hat!

Aus der Grundregel, die wir aufgestellt haben, läßt
sich auch hierfür die Antwort schöpfen. Wenn der Vor-
theil, den Einer durch die gesellschaftlichen Einrichtungen
hat, entscheidend ist, so ist, wegen größeren Vortheils, der-
jenige, der ohne Arbeit ein bestimmtes Einkommen hat, und
dessen Einkommen einen bleibenden, von seiner persönlichen
Existenz unabhängigen Bestand hat, höher zu besteuern, als
derjenige, der ein gleich hohes Einkommen nur durch seine
Arbeit hat, und dessen Einkommen daher an seine persön-
liche Existenz gebunden ist.

Daß der Unternehmergewinn nicht zum Arbeitslohn
gerechnet werden kann, sondern einem außerhalb der Per-
son vorhandenen Vermögen entspringt, steht außer Zweifel;
denn wenn man auch anerkennt, daß der in demselben mög-
licherweise mit enthaltene, für die "Leitung" zu berechnende
"geistige Arbeitslohn" wirklicher Arbeitslohn ist, so steht
dem entgegen, daß derselbe bei jeder größeren Unterneh-
mung ein fast verschwindend kleines Element ist, daher
praktisch außer Berechnung bleiben kann. Jn wieweit hin-
gegen das Risiko hier, beim Unternehmergewinn, in Be-
tracht gezogen werden könnte, dies zu untersuchen, würde
uns für heute zu weit führen.

Aus dem bisherigen ergiebt sich:

[Spaltenumbruch]

Der Forderung, daß einer um so mehr steuern soll,
je mehr er Vortheile durch die gesellschaftlichen Einrichtun-
gen genießt, wird dadurch genügt, daß ein und derselbe
Procentsatz eine um so höhere Steuersumme ergiebt, je
größer das Einkommen ist. Es sind jedoch mindestens
zwei Arten von Einkommen zu unterscheiden: ersiens solche,
die der Hauptsache nach auf einem Vermögen beruhen,
zweitens solche, die der Hauptsache nach an die Person ge-
bunden sind. Erstere, als weit vortheilhaster, sind mit
einem erheblich höheren ( vielleicht mit einem doppelt so
hohen ) Procentsatz zu belegen, wie letztere.

So weit haben wir aus unserem obersten Grundsatz
die einfache Einkommensteuer entwickelt. Allein es fragt
sich, ob dieselbe, genau betrachtet, nicht doch unserm Grund-
satz gegenüber etwas Ungenügendes hat. Es hat Jemand
jährlich 200 Thlr. Einkommen; ein Anderer 1200 Thlr.
Kann letzterer Angesichts der großen Vortheile, die er dem
Ersteren gegenüber hat, nicht sehr wohl vom Hundert einen
Thaler abgeben, wo jener nur einen Viertelthaler abgiebt?
Ersterer spürt es sicherlich viel mehr, wenn er von 200 Thlrn.
im Ganzen einen halben Thaler abgeben muß, als der
Andere, wenn er von 1200 Thlrn. drei Thaler abzugeben
hat. Letzterer kann sehr gut -- nach dem von uns oben
beispielsweise angenommenen Progressivsatz, wonach der
Procentsatz selbst immer um 1 / 4 steigt, -- im Ganzen
12 Thlr. abgeben. Oder mit anderen Worten: Je größer
ein Einkommen, desto mehr unnöthige Bedürfnisse, desto
mehr Launen und Grillen kann Einer befriedigen. Ja,
wenn ein Einkommen sehr groß ist, so kann Einer vermöge
seines Geldes Hunderte oder Tausende von Menschen seinen
Wünschen und Gelüsten dienstbar machen. Je größer ein
Einkommen, desto vielseitiger nicht nur die Genüsse, son-
dern der Einfluß, die gesellschaftliche Macht, desto ange-
nehmer oder erhöhter die ganze Lebensstellung. Es ist
daher am Platze, daß das größere Einkommen nicht nur
schlechthin, sondern auch verhältnißmäßig höher besteuert
werde, als das kleinere; oder kurz gesagt: die progressive
Einkommensteuer allein entspricht vollständig dem Gundsatze,
daß einer um so mehr steuere, je mehr Vortheile er durch
die menschliche Gesellschaft hat; er soll vollständig nach
Maßgabe dieser Vortheile besteuert werden.

[Ende Spaltensatz]

Reise nach Jkarien
von Cabet.
( Fortsetzung. )
[Beginn Spaltensatz]

Man urtheile von meinem Erstaunen, von meiner Ver-
wirrung, als ich dort Fran Diname und Fräulein Dina fand,
die Korilla herbeigeholt hatte. Und Dina erschien erschien mir
jetzt reizender denn je! Und um das Maaß noch voller zu
machen, sah ich, wie sie auf mich zukam und mit der unbeschreib-
lichen Stimme sagte: Lord William, Sie sind blaß; was fehlt
Jhnen? sind Sie unwohl nach dem gestrigen Spazierritte?

Und Eugen schaute mich viel öfter an wie sonst, er drehte
zwar den Kopf weg, doch gleichsam unwillkürlich fiel sein for-
schender Blick auf mich... Als ich wieder nach Dina sah, stand
[Spaltenumbruch] sie neben Walmor und sprach mit ungewohnter Wärme; das
verdroß mich! Jetzt war mein Mißgeschick vollendet: ich merkte
in dieser Sekunde, ich sei -- eifersüchtig...

Nach einiger Zeit sagte der Großvater, ich hätte ja im
Museum die Statuen Jkar's und Chloramida's mir genau an-
gesehen, und würde gewiß gern Geschichtliches über diese Perso-
nen vernehmen. Korilla, willst Du die Erzählung anfangen?
fragte er seine Enkelin. -- Korilla nöthigte nachher Dina, die
Geschichte Jkars vorzutragen. Während letztere sprach, stürmte
und wetterte es mir im Busen. Diese Stimme, diese Anmuth;
[Ende Spaltensatz]

Zur Unterhaltung und Belehrung. 294
[Beginn Spaltensatz] men zu haben, etwas leisten; der Andere braucht dies
nicht. 2 ) Wenn der Eine stirbt, ist das Einkommen zu
Ende; wenn der Andere stirbt, bleibt das Einkommen. Es
kann, als begründet auf ein außerhalb der Person stehen-
des Vermögen, mit diesem vererbt werden.

Zunächst ist klar, daß nach dem oben aufgestellten
Grundsatz der Besteuerung, Einer um so mehr Steuern zu
zahlen hat, je größer sein Einkommen ist; denn um so mehr
Vortheile hat er von der durch den Staat geschützten und
zusammengehaltenen gesellschaftlichen Organisation. Da ein
Procent von 1000 Thalern eine zehnmal größere Summe
ist, als 1 Procent von 100 Thalern, so ist derjenige, der
1000 Thaler Einkommen hat, zehnmal stärker besteuert als
derjenige, der 100 Thaler Einkommen hat.

Es taucht aber die Frage auf: Kann derjenige, wel-
cher 1000 Thlr. Einkommen als Arbeitslohn hat, demje-
nigen gleichgestellt werden, der 1000 Thlr. Einkommen
durch Zinsen hat!

Aus der Grundregel, die wir aufgestellt haben, läßt
sich auch hierfür die Antwort schöpfen. Wenn der Vor-
theil, den Einer durch die gesellschaftlichen Einrichtungen
hat, entscheidend ist, so ist, wegen größeren Vortheils, der-
jenige, der ohne Arbeit ein bestimmtes Einkommen hat, und
dessen Einkommen einen bleibenden, von seiner persönlichen
Existenz unabhängigen Bestand hat, höher zu besteuern, als
derjenige, der ein gleich hohes Einkommen nur durch seine
Arbeit hat, und dessen Einkommen daher an seine persön-
liche Existenz gebunden ist.

Daß der Unternehmergewinn nicht zum Arbeitslohn
gerechnet werden kann, sondern einem außerhalb der Per-
son vorhandenen Vermögen entspringt, steht außer Zweifel;
denn wenn man auch anerkennt, daß der in demselben mög-
licherweise mit enthaltene, für die „Leitung“ zu berechnende
„geistige Arbeitslohn“ wirklicher Arbeitslohn ist, so steht
dem entgegen, daß derselbe bei jeder größeren Unterneh-
mung ein fast verschwindend kleines Element ist, daher
praktisch außer Berechnung bleiben kann. Jn wieweit hin-
gegen das Risiko hier, beim Unternehmergewinn, in Be-
tracht gezogen werden könnte, dies zu untersuchen, würde
uns für heute zu weit führen.

Aus dem bisherigen ergiebt sich:

[Spaltenumbruch]

Der Forderung, daß einer um so mehr steuern soll,
je mehr er Vortheile durch die gesellschaftlichen Einrichtun-
gen genießt, wird dadurch genügt, daß ein und derselbe
Procentsatz eine um so höhere Steuersumme ergiebt, je
größer das Einkommen ist. Es sind jedoch mindestens
zwei Arten von Einkommen zu unterscheiden: ersiens solche,
die der Hauptsache nach auf einem Vermögen beruhen,
zweitens solche, die der Hauptsache nach an die Person ge-
bunden sind. Erstere, als weit vortheilhaster, sind mit
einem erheblich höheren ( vielleicht mit einem doppelt so
hohen ) Procentsatz zu belegen, wie letztere.

So weit haben wir aus unserem obersten Grundsatz
die einfache Einkommensteuer entwickelt. Allein es fragt
sich, ob dieselbe, genau betrachtet, nicht doch unserm Grund-
satz gegenüber etwas Ungenügendes hat. Es hat Jemand
jährlich 200 Thlr. Einkommen; ein Anderer 1200 Thlr.
Kann letzterer Angesichts der großen Vortheile, die er dem
Ersteren gegenüber hat, nicht sehr wohl vom Hundert einen
Thaler abgeben, wo jener nur einen Viertelthaler abgiebt?
Ersterer spürt es sicherlich viel mehr, wenn er von 200 Thlrn.
im Ganzen einen halben Thaler abgeben muß, als der
Andere, wenn er von 1200 Thlrn. drei Thaler abzugeben
hat. Letzterer kann sehr gut — nach dem von uns oben
beispielsweise angenommenen Progressivsatz, wonach der
Procentsatz selbst immer um 1 / 4 steigt, — im Ganzen
12 Thlr. abgeben. Oder mit anderen Worten: Je größer
ein Einkommen, desto mehr unnöthige Bedürfnisse, desto
mehr Launen und Grillen kann Einer befriedigen. Ja,
wenn ein Einkommen sehr groß ist, so kann Einer vermöge
seines Geldes Hunderte oder Tausende von Menschen seinen
Wünschen und Gelüsten dienstbar machen. Je größer ein
Einkommen, desto vielseitiger nicht nur die Genüsse, son-
dern der Einfluß, die gesellschaftliche Macht, desto ange-
nehmer oder erhöhter die ganze Lebensstellung. Es ist
daher am Platze, daß das größere Einkommen nicht nur
schlechthin, sondern auch verhältnißmäßig höher besteuert
werde, als das kleinere; oder kurz gesagt: die progressive
Einkommensteuer allein entspricht vollständig dem Gundsatze,
daß einer um so mehr steuere, je mehr Vortheile er durch
die menschliche Gesellschaft hat; er soll vollständig nach
Maßgabe dieser Vortheile besteuert werden.

[Ende Spaltensatz]

Reise nach Jkarien
von Cabet.
( Fortsetzung. )
[Beginn Spaltensatz]

Man urtheile von meinem Erstaunen, von meiner Ver-
wirrung, als ich dort Fran Diname und Fräulein Dina fand,
die Korilla herbeigeholt hatte. Und Dina erschien erschien mir
jetzt reizender denn je! Und um das Maaß noch voller zu
machen, sah ich, wie sie auf mich zukam und mit der unbeschreib-
lichen Stimme sagte: Lord William, Sie sind blaß; was fehlt
Jhnen? sind Sie unwohl nach dem gestrigen Spazierritte?

Und Eugen schaute mich viel öfter an wie sonst, er drehte
zwar den Kopf weg, doch gleichsam unwillkürlich fiel sein for-
schender Blick auf mich... Als ich wieder nach Dina sah, stand
[Spaltenumbruch] sie neben Walmor und sprach mit ungewohnter Wärme; das
verdroß mich! Jetzt war mein Mißgeschick vollendet: ich merkte
in dieser Sekunde, ich sei — eifersüchtig...

Nach einiger Zeit sagte der Großvater, ich hätte ja im
Museum die Statuen Jkar's und Chloramida's mir genau an-
gesehen, und würde gewiß gern Geschichtliches über diese Perso-
nen vernehmen. Korilla, willst Du die Erzählung anfangen?
fragte er seine Enkelin. — Korilla nöthigte nachher Dina, die
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und wetterte es mir im Busen. Diese Stimme, diese Anmuth;
[Ende Spaltensatz]

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Daß der Unternehmergewinn nicht zum Arbeitslohn gerechnet werden kann, sondern einem außerhalb der Per- son vorhandenen Vermögen entspringt, steht außer Zweifel; denn wenn man auch anerkennt, daß der in demselben mög- licherweise mit enthaltene, für die „Leitung“ zu berechnende „geistige Arbeitslohn“ wirklicher Arbeitslohn ist, so steht dem entgegen, daß derselbe bei jeder größeren Unterneh- mung ein fast verschwindend kleines Element ist, daher praktisch außer Berechnung bleiben kann. Jn wieweit hin- gegen das Risiko hier, beim Unternehmergewinn, in Be- tracht gezogen werden könnte, dies zu untersuchen, würde uns für heute zu weit führen. Aus dem bisherigen ergiebt sich: Der Forderung, daß einer um so mehr steuern soll, je mehr er Vortheile durch die gesellschaftlichen Einrichtun- gen genießt, wird dadurch genügt, daß ein und derselbe Procentsatz eine um so höhere Steuersumme ergiebt, je größer das Einkommen ist. Es sind jedoch mindestens zwei Arten von Einkommen zu unterscheiden: ersiens solche, die der Hauptsache nach auf einem Vermögen beruhen, zweitens solche, die der Hauptsache nach an die Person ge- bunden sind. Erstere, als weit vortheilhaster, sind mit einem erheblich höheren ( vielleicht mit einem doppelt so hohen ) Procentsatz zu belegen, wie letztere. So weit haben wir aus unserem obersten Grundsatz die einfache Einkommensteuer entwickelt. Allein es fragt sich, ob dieselbe, genau betrachtet, nicht doch unserm Grund- satz gegenüber etwas Ungenügendes hat. Es hat Jemand jährlich 200 Thlr. Einkommen; ein Anderer 1200 Thlr. Kann letzterer Angesichts der großen Vortheile, die er dem Ersteren gegenüber hat, nicht sehr wohl vom Hundert einen Thaler abgeben, wo jener nur einen Viertelthaler abgiebt? Ersterer spürt es sicherlich viel mehr, wenn er von 200 Thlrn. im Ganzen einen halben Thaler abgeben muß, als der Andere, wenn er von 1200 Thlrn. drei Thaler abzugeben hat. 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Zitationshilfe: Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 11. Lieferung, Nr. 1. Berlin, 7. November 1874, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social1101_1874/2>, abgerufen am 23.11.2024.