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Sonntags-Blatt. Nr. 9. Berlin, 1. März 1868.

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[Beginn Spaltensatz] um die Welt kennen zu lernen und eine Beschäftigung zu ergreifen,
die seinen Wünschen und seinen Fähigkeiten am meisten zusagte. Sein
Aufenthalt in London war indessen nur von kurzer Dauer; er verließ
diese große Stadt und wandte sich nach Dover. Allein auch hier
duldete es ihn nicht lange, und ein unbestimmter Drang trieb ihn,
das Seeleben zu versuchen. Es ist ungewiß, wie lange er sich dem
Seewesen widmete, und was ihn veranlaßte, zu seiner ursprünglichen
Beschäftigung zurückzukehren. Sicher ist, daß er sich in seinem zwei-
undzwanzigsten Lebensjahre zu Sandwich niederließ, woselbst er die
Bekanntschaft einer jungen Dame Namens Mary Lambert, der Tochter
eines Accise=Einnehmers, machte, die er auch bald darauf als seine
Frau heimführte. Leider sollte aber sein eheliches Glück nicht lange
dauern. Seine geliebte Mary starb ihm, nachdem er ein Jahr mit
ihr in der glücklichsten Ehe verlebt hatte. Nach dem Tode seiner
Frau ging er wieder nach London; aber auch diesmal vermochte ihn
diese Weltstadt nicht zu fesseln. So kehrte er denn nach seinem Ge-
burtsorte Thetford zurück und nahm daselbst die Stelle eines Accise-
beamten an, die er auch bis zum Jahre 1774 behielt. Schon im
Jahre 1768 war er von Thetford nach Lewes in der Grafschaft
Sussex übergesiedelt und hatte daselbst eine gewisse Miß Oliver kennen
gelernt, die ihn so zu fesseln wußte, daß er sich mit ihr verheirathete.
[Spaltenumbruch] Allein seine zweite Ehe war eine sehr unglückliche, weßhalb auch bald
eine Trennung derselben stattfand. Ueber die eigentlichen Gründe der
Scheidung ist nichts Genaueres bekannt geworden. Thomas Paine
nahm in Lewes eine sehr geachtete Stellung ein, indem ihn seine
Fähigkeiten und gesellschaftlichen Talente in die höchsten Kreise der
Gesellschaft einführten. Durch verschiedene Flugschriften und Zeitungs-
Artikel, in denen er namentlich in scharfer und freimüthiger Weise
das englische Steuer= und Zollwesen behandelt hatte, ward er rühm-
lichst in weiteren Kreisen bekannt, obschon seine literarische Thätigkeit
ihn mit seinen amtlichen Vorgesetzten bald in Konflikt brachte. Ben-
jamin Franklin, welcher um jene Zeit in Sachen der nordamerikani-
schen Kolonien in England anwesend war, wurde auf Thomas Paine
aufmerksam; er lernte ihn persönlich kennen und bestimmte ihn leicht,
nach Amerika auszuwandern. Franklins Empfehlungen waren es auch
gewesen, die Paine im Jahre 1775 nach Philadelphia geführt hatten
und ihn mit den hervorragendsten Männern der nordamerikanischen
Freiheitsbestrebungen bekannt machten. Der scharfe Blick des Erfin-
ders des Blitzableiters hatte in Thomas Paine schnell einen un-
gewöhnlichen Geist erkannt, den er sogleich für die Sache der Kolo-
nien zu gewinnen suchte, und den er, wie wir bereits wissen, auch
wirklich dafür gewann.     ( Fortsetzung folgt. )

[Ende Spaltensatz]

Lose Blätter.
[Beginn Spaltensatz]

M. Das Giftthal auf der Jnsel Java. So unentbehrlich die Kohlen-
säure für das Pflanzenleben ist, so ist sie doch ein Gift für die Thiere,
und eben deßhalb darf die Luft nur eine geringe Menge davon enthalten.
Wäre ihr Gehalt bedeutend größer, als er ist, so könnte die Luft von den
Thieren nicht ohne Schaden für ihre Gesundheit eingeathmet werden.
Andererseits aber würden die Pflanzen aus der Luftmischung nicht die
hinreichende Menge von Kohlensäure aufsaugen können, wenn nicht die
Millionen Blätter, welche ein einziger Baum nach allen Richtungen in
die Luft hinausstreckt, sie in den Stand setzen würden, ihrem Bedürfnisse
zu genügen, ohne den Thieren schädlich zu werden. So enthält ein
einziges Blatt
unseres Fliederstrauchs gegen 400,000 Poren,
welche zur Tageszeit fortwährend Kohlensäure einsaugen, und an einer
einzigen Eiche hat man schon7 1 / 2 Millionen Blätter gezählt!

Das merkwürdigste Beispiel einer mit Kohlensäure überladenen Luft
bietet das berüchtigte Giftthal auf der Jnsel Java. Ein Reisender schil-
dert dasselbe folgendermaßen:

"Wir nahmen zwei Hunde und einiges Geflügel mit, um in dem gif-
rigen Thal Versuche damit anzustellen. Am Fuße des Berges stiegen wir
ab und klommen etwa fünfhundert Schritte weit hinan, indem wir uns
am Gestrüpp festhielten. Wenige Schritte von dem Thal entfernt empfan-
den wir einen starken, widrigen und erstickenden Geruch, der aber, als wir
bis zum Rande vorgedrungen, verschwand. Das Thal enthält ungefähr
tausend Schritt im Umfang, es ist länglich, und dreißig bis vierzig Fuß
tief. Der Boden ist ganz flach, besteht aus einem harten Sande, ohne
Pflanzenwuchs,
und ist mit einzelnen großen Flußkieseln bedeckt.

"Ueberall sah man Gerippe von Tigern, wilden Schweinen, Hirschen,
Pfauen und Vögeln aller Art. Es wurde nun berathschlagt, ob wir in
das Thal hinabstiegen; aber an der Stelle, wo wir uns befanden, war
dies schwierig, da ein einziger falscher Schritt uns in die Ewigkeit beför-
dert hätte und offenbar kein Beistand möglich war. Wir zündeten un-
sere Cigarren an und drangen mit Hülfe eines Bambus bis auf acht-
zehn Fuß von der Sohle der Vertiefung vor. Ein äußerst widriger Ge-
ruch drang uns entgegen, ohne indeß das Athmen zu erschweren. Nun
befestigten wir einen der Hunde am Ende eines achtzehn Fuß langen Bam-
bus und schoben ihn hinab. Jn etwa vierzehn Sekunden fiel er auf den
Rücken, ohne ein Glied zu rühren oder sich umzusehen, doch fuhr er noch
eine Viertelstunde fort zu athmen. Hierauf schickten wir den zweiten Hund
hinein, der freiwillig bis zu der Stelle ging, wo sein Leidensgefährte lag.
Hier stand er ganz still, fiel dann nach zehn Minuten vorn über und
athmete ebenfalls noch sieben Minuten. Ein Vogel, den wir nahmen,
starb in anderthalb Minuten; ein anderer, den wir hinein warfen, war
todt, bevor er noch den Boden berührte.

"Während dieser Versuche wurden wir von einem starken Regenschauer
überrascht. Aber das schreckliche Schauspiel vor unseren Augen hielt uns
in solcher Spannung, daß wir wenig darauf achteten, durchnäßt zu
werden. Auf der entgegengesetzten Seite lag, nahe an einem großen Stein,
das Gerippe eines Menschen, welcher, auf dem Rücken liegend und die
rechte Hand unter dem Kopf, hier umgekommen sein mußte. Seine Ge-
beine waren von dem Wetter gebleicht und weiß wie Elfenbein. Gern
hätte ich das Skelett gehabt; aber jeder Versuch, es zu erreichen, wäre
Wahnsinn gewesen."



M. Eine Heirath auf Wechsel. Zu Kilkenny in den Vereinigten
Staaten von Nordamerika versprach ein Schneider Namens Sullivan einem
jungen Mädchen, dasselbe vierzehn Tage nach dem Tode seiner Frau zu
[Spaltenumbruch] heirathen. Als Bürgschaft stellte er einen Wechsel folgenden Jnhalts aus:
"Vierzehn Tage nach dem Tode meiner Frau verpflichte ich mich, Fräulein
Elise Morand, oder auf ihre Ordre diejenige Dame zu heirathen, die mir
diesen Wechsel im Werth einer Summe von sechszig Pfund Sterling
präsentiren wird."

Die Jnhaberin des Wechsels verstarb aber bald nach Ausstellung des-
selben und vermachte ihn einer Freundin, die ebenfalls noch vor dem Tode der
Schneiderfrau das Zeitliche segnete. Das Papier gerieth in den Besitz
einer Cousine der Ersteren, welche die Einlösung forderte. Die Heirath
fand wirklich statt, und die beiden Gatten sollen ganz glücklich mit ein-
ander leben.



M. Wasserspendende Bäume. Auf der Jnsel Ferro giebt es Bäume,
welche Menschen und Vieh mit Wasser versorgen. Sie sind von mittlerer
Höhe und haben lange, stets grüne Blätter. An den Wipfeln dieser
Quellenbäume gewahrt man stets einen Nebelstreifen, der die Blätter der-
maßen mit Wasser tränkt, daß sie ununterbrochen ein klares und frisches
Wasser herabtröpfeln. Da die wenigen Quellen der Jnsel fast unzugänglich
sind, so sind die dortigen Bewohner auf das Wasser dieser Bäume an-
gewiesen, das die Natur ihnen zum Ersatz gegeben.



M. Das erste schwedische Schauspiel, eine Darstellung aus der Lei-
densgeschichte des Erlösers, fand unter der Regierung Johanns II. statt.
Der Darsteller des Kriegsknechts, welcher die Seite des Gekreuzigten
scheinbar zu durchstechen hatte, stieß, vom Feuer der Action hingerissen,
die Lanze in das Herz des Unglücklichen, der vom Kreuz herabfiel und ein
junges Mädchen, welches die Jungfrau Maria repräsentirte, erdrückte.
König Johann, erzürnt über die heillose That, stürzte auf die Bühne und
spaltete mit seinem Schwert den Kopf des Schuldigen. Die wüthenden
Zuschauer, empört über die grausame Strenge des Königs, brachten nun
ihrerseits den Kopf des Letzteren den Manen des Kriegsknechts als Sühn-
opfer dar.



M. Eine Anleihe Richards II. Als derselbe die Stadt Shrewsbury
besuchte, schoß ihm Sir Reginald de Milton, der Ahnherr des berühmten
Dichters, die damals bedeutende Summe von vierzig Mark vor. Darauf
stellte Richard ihm ein gnädiges Handschreiben aus, und einundzwanzig
Jahre später eine feierliche Anerkennung der Dienstleistung seines "Treuen
und Geliebten", nebst der Zusicherung, das Kapital zu nächsten Ostern treu
und redlich zurück zu erhalten.



Briefkasten.

H. B. in Berlin: Mit Dank erhalten. -- C. V. in Düsseldorf:
Nächstens Antwort. -- F. S. in Stuttgart: Ad I. Ja. Ad II.
Nächstens Bescheid. -- P. D. in Danzig: Bis zum Geburtstag dürfte
es kaum möglich sein. -- S. in B.: Antwort brieflich.

[Ende Spaltensatz]

Zur Besprechung die Redaktion betreffender Angelegenheiten ist der Redakteur dieses Blattes jeden Montag und Dienstag von
12 bis 2 Uhr in dem Redaktionsbureau, Potsdamerstraße Nr. 20, anwesend, wohin auch alle Zusendungen erbeten werden.



Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. -- Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

[Beginn Spaltensatz] um die Welt kennen zu lernen und eine Beschäftigung zu ergreifen,
die seinen Wünschen und seinen Fähigkeiten am meisten zusagte. Sein
Aufenthalt in London war indessen nur von kurzer Dauer; er verließ
diese große Stadt und wandte sich nach Dover. Allein auch hier
duldete es ihn nicht lange, und ein unbestimmter Drang trieb ihn,
das Seeleben zu versuchen. Es ist ungewiß, wie lange er sich dem
Seewesen widmete, und was ihn veranlaßte, zu seiner ursprünglichen
Beschäftigung zurückzukehren. Sicher ist, daß er sich in seinem zwei-
undzwanzigsten Lebensjahre zu Sandwich niederließ, woselbst er die
Bekanntschaft einer jungen Dame Namens Mary Lambert, der Tochter
eines Accise=Einnehmers, machte, die er auch bald darauf als seine
Frau heimführte. Leider sollte aber sein eheliches Glück nicht lange
dauern. Seine geliebte Mary starb ihm, nachdem er ein Jahr mit
ihr in der glücklichsten Ehe verlebt hatte. Nach dem Tode seiner
Frau ging er wieder nach London; aber auch diesmal vermochte ihn
diese Weltstadt nicht zu fesseln. So kehrte er denn nach seinem Ge-
burtsorte Thetford zurück und nahm daselbst die Stelle eines Accise-
beamten an, die er auch bis zum Jahre 1774 behielt. Schon im
Jahre 1768 war er von Thetford nach Lewes in der Grafschaft
Sussex übergesiedelt und hatte daselbst eine gewisse Miß Oliver kennen
gelernt, die ihn so zu fesseln wußte, daß er sich mit ihr verheirathete.
[Spaltenumbruch] Allein seine zweite Ehe war eine sehr unglückliche, weßhalb auch bald
eine Trennung derselben stattfand. Ueber die eigentlichen Gründe der
Scheidung ist nichts Genaueres bekannt geworden. Thomas Paine
nahm in Lewes eine sehr geachtete Stellung ein, indem ihn seine
Fähigkeiten und gesellschaftlichen Talente in die höchsten Kreise der
Gesellschaft einführten. Durch verschiedene Flugschriften und Zeitungs-
Artikel, in denen er namentlich in scharfer und freimüthiger Weise
das englische Steuer= und Zollwesen behandelt hatte, ward er rühm-
lichst in weiteren Kreisen bekannt, obschon seine literarische Thätigkeit
ihn mit seinen amtlichen Vorgesetzten bald in Konflikt brachte. Ben-
jamin Franklin, welcher um jene Zeit in Sachen der nordamerikani-
schen Kolonien in England anwesend war, wurde auf Thomas Paine
aufmerksam; er lernte ihn persönlich kennen und bestimmte ihn leicht,
nach Amerika auszuwandern. Franklins Empfehlungen waren es auch
gewesen, die Paine im Jahre 1775 nach Philadelphia geführt hatten
und ihn mit den hervorragendsten Männern der nordamerikanischen
Freiheitsbestrebungen bekannt machten. Der scharfe Blick des Erfin-
ders des Blitzableiters hatte in Thomas Paine schnell einen un-
gewöhnlichen Geist erkannt, den er sogleich für die Sache der Kolo-
nien zu gewinnen suchte, und den er, wie wir bereits wissen, auch
wirklich dafür gewann.     ( Fortsetzung folgt. )

[Ende Spaltensatz]

Lose Blätter.
[Beginn Spaltensatz]

M. Das Giftthal auf der Jnsel Java. So unentbehrlich die Kohlen-
säure für das Pflanzenleben ist, so ist sie doch ein Gift für die Thiere,
und eben deßhalb darf die Luft nur eine geringe Menge davon enthalten.
Wäre ihr Gehalt bedeutend größer, als er ist, so könnte die Luft von den
Thieren nicht ohne Schaden für ihre Gesundheit eingeathmet werden.
Andererseits aber würden die Pflanzen aus der Luftmischung nicht die
hinreichende Menge von Kohlensäure aufsaugen können, wenn nicht die
Millionen Blätter, welche ein einziger Baum nach allen Richtungen in
die Luft hinausstreckt, sie in den Stand setzen würden, ihrem Bedürfnisse
zu genügen, ohne den Thieren schädlich zu werden. So enthält ein
einziges Blatt
unseres Fliederstrauchs gegen 400,000 Poren,
welche zur Tageszeit fortwährend Kohlensäure einsaugen, und an einer
einzigen Eiche hat man schon7 1 / 2 Millionen Blätter gezählt!

Das merkwürdigste Beispiel einer mit Kohlensäure überladenen Luft
bietet das berüchtigte Giftthal auf der Jnsel Java. Ein Reisender schil-
dert dasselbe folgendermaßen:

„Wir nahmen zwei Hunde und einiges Geflügel mit, um in dem gif-
rigen Thal Versuche damit anzustellen. Am Fuße des Berges stiegen wir
ab und klommen etwa fünfhundert Schritte weit hinan, indem wir uns
am Gestrüpp festhielten. Wenige Schritte von dem Thal entfernt empfan-
den wir einen starken, widrigen und erstickenden Geruch, der aber, als wir
bis zum Rande vorgedrungen, verschwand. Das Thal enthält ungefähr
tausend Schritt im Umfang, es ist länglich, und dreißig bis vierzig Fuß
tief. Der Boden ist ganz flach, besteht aus einem harten Sande, ohne
Pflanzenwuchs,
und ist mit einzelnen großen Flußkieseln bedeckt.

„Ueberall sah man Gerippe von Tigern, wilden Schweinen, Hirschen,
Pfauen und Vögeln aller Art. Es wurde nun berathschlagt, ob wir in
das Thal hinabstiegen; aber an der Stelle, wo wir uns befanden, war
dies schwierig, da ein einziger falscher Schritt uns in die Ewigkeit beför-
dert hätte und offenbar kein Beistand möglich war. Wir zündeten un-
sere Cigarren an und drangen mit Hülfe eines Bambus bis auf acht-
zehn Fuß von der Sohle der Vertiefung vor. Ein äußerst widriger Ge-
ruch drang uns entgegen, ohne indeß das Athmen zu erschweren. Nun
befestigten wir einen der Hunde am Ende eines achtzehn Fuß langen Bam-
bus und schoben ihn hinab. Jn etwa vierzehn Sekunden fiel er auf den
Rücken, ohne ein Glied zu rühren oder sich umzusehen, doch fuhr er noch
eine Viertelstunde fort zu athmen. Hierauf schickten wir den zweiten Hund
hinein, der freiwillig bis zu der Stelle ging, wo sein Leidensgefährte lag.
Hier stand er ganz still, fiel dann nach zehn Minuten vorn über und
athmete ebenfalls noch sieben Minuten. Ein Vogel, den wir nahmen,
starb in anderthalb Minuten; ein anderer, den wir hinein warfen, war
todt, bevor er noch den Boden berührte.

„Während dieser Versuche wurden wir von einem starken Regenschauer
überrascht. Aber das schreckliche Schauspiel vor unseren Augen hielt uns
in solcher Spannung, daß wir wenig darauf achteten, durchnäßt zu
werden. Auf der entgegengesetzten Seite lag, nahe an einem großen Stein,
das Gerippe eines Menschen, welcher, auf dem Rücken liegend und die
rechte Hand unter dem Kopf, hier umgekommen sein mußte. Seine Ge-
beine waren von dem Wetter gebleicht und weiß wie Elfenbein. Gern
hätte ich das Skelett gehabt; aber jeder Versuch, es zu erreichen, wäre
Wahnsinn gewesen.“



M. Eine Heirath auf Wechsel. Zu Kilkenny in den Vereinigten
Staaten von Nordamerika versprach ein Schneider Namens Sullivan einem
jungen Mädchen, dasselbe vierzehn Tage nach dem Tode seiner Frau zu
[Spaltenumbruch] heirathen. Als Bürgschaft stellte er einen Wechsel folgenden Jnhalts aus:
„Vierzehn Tage nach dem Tode meiner Frau verpflichte ich mich, Fräulein
Elise Morand, oder auf ihre Ordre diejenige Dame zu heirathen, die mir
diesen Wechsel im Werth einer Summe von sechszig Pfund Sterling
präsentiren wird.“

Die Jnhaberin des Wechsels verstarb aber bald nach Ausstellung des-
selben und vermachte ihn einer Freundin, die ebenfalls noch vor dem Tode der
Schneiderfrau das Zeitliche segnete. Das Papier gerieth in den Besitz
einer Cousine der Ersteren, welche die Einlösung forderte. Die Heirath
fand wirklich statt, und die beiden Gatten sollen ganz glücklich mit ein-
ander leben.



M. Wasserspendende Bäume. Auf der Jnsel Ferro giebt es Bäume,
welche Menschen und Vieh mit Wasser versorgen. Sie sind von mittlerer
Höhe und haben lange, stets grüne Blätter. An den Wipfeln dieser
Quellenbäume gewahrt man stets einen Nebelstreifen, der die Blätter der-
maßen mit Wasser tränkt, daß sie ununterbrochen ein klares und frisches
Wasser herabtröpfeln. Da die wenigen Quellen der Jnsel fast unzugänglich
sind, so sind die dortigen Bewohner auf das Wasser dieser Bäume an-
gewiesen, das die Natur ihnen zum Ersatz gegeben.



M. Das erste schwedische Schauspiel, eine Darstellung aus der Lei-
densgeschichte des Erlösers, fand unter der Regierung Johanns II. statt.
Der Darsteller des Kriegsknechts, welcher die Seite des Gekreuzigten
scheinbar zu durchstechen hatte, stieß, vom Feuer der Action hingerissen,
die Lanze in das Herz des Unglücklichen, der vom Kreuz herabfiel und ein
junges Mädchen, welches die Jungfrau Maria repräsentirte, erdrückte.
König Johann, erzürnt über die heillose That, stürzte auf die Bühne und
spaltete mit seinem Schwert den Kopf des Schuldigen. Die wüthenden
Zuschauer, empört über die grausame Strenge des Königs, brachten nun
ihrerseits den Kopf des Letzteren den Manen des Kriegsknechts als Sühn-
opfer dar.



M. Eine Anleihe Richards II. Als derselbe die Stadt Shrewsbury
besuchte, schoß ihm Sir Reginald de Milton, der Ahnherr des berühmten
Dichters, die damals bedeutende Summe von vierzig Mark vor. Darauf
stellte Richard ihm ein gnädiges Handschreiben aus, und einundzwanzig
Jahre später eine feierliche Anerkennung der Dienstleistung seines „Treuen
und Geliebten“, nebst der Zusicherung, das Kapital zu nächsten Ostern treu
und redlich zurück zu erhalten.



Briefkasten.

H. B. in Berlin: Mit Dank erhalten. — C. V. in Düsseldorf:
Nächstens Antwort. — F. S. in Stuttgart: Ad I. Ja. Ad II.
Nächstens Bescheid. — P. D. in Danzig: Bis zum Geburtstag dürfte
es kaum möglich sein. — S. in B.: Antwort brieflich.

[Ende Spaltensatz]

☞ Zur Besprechung die Redaktion betreffender Angelegenheiten ist der Redakteur dieses Blattes jeden Montag und Dienstag von
12 bis 2 Uhr in dem Redaktionsbureau, Potsdamerstraße Nr. 20, anwesend, wohin auch alle Zusendungen erbeten werden.



Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. — Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

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wirklich dafür gewann.  <space dim="horizontal"/>   ( Fortsetzung folgt. ) <note type="editorial">Ausgabe 10, die (vermutlich) die unmittelbar folgende Fortsetzung des Artikels enthält, fehlt. <ref target="nn_sonntagsblatt11_1868#Paine2">Ausgabe 11</ref>, die einen weiteren Fortsetzungsteil enthält, ist vorhanden.</note></p>
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[72/0008] 72 um die Welt kennen zu lernen und eine Beschäftigung zu ergreifen, die seinen Wünschen und seinen Fähigkeiten am meisten zusagte. Sein Aufenthalt in London war indessen nur von kurzer Dauer; er verließ diese große Stadt und wandte sich nach Dover. Allein auch hier duldete es ihn nicht lange, und ein unbestimmter Drang trieb ihn, das Seeleben zu versuchen. Es ist ungewiß, wie lange er sich dem Seewesen widmete, und was ihn veranlaßte, zu seiner ursprünglichen Beschäftigung zurückzukehren. Sicher ist, daß er sich in seinem zwei- undzwanzigsten Lebensjahre zu Sandwich niederließ, woselbst er die Bekanntschaft einer jungen Dame Namens Mary Lambert, der Tochter eines Accise=Einnehmers, machte, die er auch bald darauf als seine Frau heimführte. Leider sollte aber sein eheliches Glück nicht lange dauern. Seine geliebte Mary starb ihm, nachdem er ein Jahr mit ihr in der glücklichsten Ehe verlebt hatte. Nach dem Tode seiner Frau ging er wieder nach London; aber auch diesmal vermochte ihn diese Weltstadt nicht zu fesseln. So kehrte er denn nach seinem Ge- burtsorte Thetford zurück und nahm daselbst die Stelle eines Accise- beamten an, die er auch bis zum Jahre 1774 behielt. Schon im Jahre 1768 war er von Thetford nach Lewes in der Grafschaft Sussex übergesiedelt und hatte daselbst eine gewisse Miß Oliver kennen gelernt, die ihn so zu fesseln wußte, daß er sich mit ihr verheirathete. Allein seine zweite Ehe war eine sehr unglückliche, weßhalb auch bald eine Trennung derselben stattfand. Ueber die eigentlichen Gründe der Scheidung ist nichts Genaueres bekannt geworden. Thomas Paine nahm in Lewes eine sehr geachtete Stellung ein, indem ihn seine Fähigkeiten und gesellschaftlichen Talente in die höchsten Kreise der Gesellschaft einführten. Durch verschiedene Flugschriften und Zeitungs- Artikel, in denen er namentlich in scharfer und freimüthiger Weise das englische Steuer= und Zollwesen behandelt hatte, ward er rühm- lichst in weiteren Kreisen bekannt, obschon seine literarische Thätigkeit ihn mit seinen amtlichen Vorgesetzten bald in Konflikt brachte. Ben- jamin Franklin, welcher um jene Zeit in Sachen der nordamerikani- schen Kolonien in England anwesend war, wurde auf Thomas Paine aufmerksam; er lernte ihn persönlich kennen und bestimmte ihn leicht, nach Amerika auszuwandern. Franklins Empfehlungen waren es auch gewesen, die Paine im Jahre 1775 nach Philadelphia geführt hatten und ihn mit den hervorragendsten Männern der nordamerikanischen Freiheitsbestrebungen bekannt machten. Der scharfe Blick des Erfin- ders des Blitzableiters hatte in Thomas Paine schnell einen un- gewöhnlichen Geist erkannt, den er sogleich für die Sache der Kolo- nien zu gewinnen suchte, und den er, wie wir bereits wissen, auch wirklich dafür gewann. ( Fortsetzung folgt. ) Lose Blätter. M. Das Giftthal auf der Jnsel Java. So unentbehrlich die Kohlen- säure für das Pflanzenleben ist, so ist sie doch ein Gift für die Thiere, und eben deßhalb darf die Luft nur eine geringe Menge davon enthalten. Wäre ihr Gehalt bedeutend größer, als er ist, so könnte die Luft von den Thieren nicht ohne Schaden für ihre Gesundheit eingeathmet werden. Andererseits aber würden die Pflanzen aus der Luftmischung nicht die hinreichende Menge von Kohlensäure aufsaugen können, wenn nicht die Millionen Blätter, welche ein einziger Baum nach allen Richtungen in die Luft hinausstreckt, sie in den Stand setzen würden, ihrem Bedürfnisse zu genügen, ohne den Thieren schädlich zu werden. So enthält ein einziges Blatt unseres Fliederstrauchs gegen 400,000 Poren, welche zur Tageszeit fortwährend Kohlensäure einsaugen, und an einer einzigen Eiche hat man schon7 1 / 2 Millionen Blätter gezählt! Das merkwürdigste Beispiel einer mit Kohlensäure überladenen Luft bietet das berüchtigte Giftthal auf der Jnsel Java. Ein Reisender schil- dert dasselbe folgendermaßen: „Wir nahmen zwei Hunde und einiges Geflügel mit, um in dem gif- rigen Thal Versuche damit anzustellen. Am Fuße des Berges stiegen wir ab und klommen etwa fünfhundert Schritte weit hinan, indem wir uns am Gestrüpp festhielten. Wenige Schritte von dem Thal entfernt empfan- den wir einen starken, widrigen und erstickenden Geruch, der aber, als wir bis zum Rande vorgedrungen, verschwand. Das Thal enthält ungefähr tausend Schritt im Umfang, es ist länglich, und dreißig bis vierzig Fuß tief. Der Boden ist ganz flach, besteht aus einem harten Sande, ohne Pflanzenwuchs, und ist mit einzelnen großen Flußkieseln bedeckt. „Ueberall sah man Gerippe von Tigern, wilden Schweinen, Hirschen, Pfauen und Vögeln aller Art. Es wurde nun berathschlagt, ob wir in das Thal hinabstiegen; aber an der Stelle, wo wir uns befanden, war dies schwierig, da ein einziger falscher Schritt uns in die Ewigkeit beför- dert hätte und offenbar kein Beistand möglich war. Wir zündeten un- sere Cigarren an und drangen mit Hülfe eines Bambus bis auf acht- zehn Fuß von der Sohle der Vertiefung vor. Ein äußerst widriger Ge- ruch drang uns entgegen, ohne indeß das Athmen zu erschweren. Nun befestigten wir einen der Hunde am Ende eines achtzehn Fuß langen Bam- bus und schoben ihn hinab. Jn etwa vierzehn Sekunden fiel er auf den Rücken, ohne ein Glied zu rühren oder sich umzusehen, doch fuhr er noch eine Viertelstunde fort zu athmen. Hierauf schickten wir den zweiten Hund hinein, der freiwillig bis zu der Stelle ging, wo sein Leidensgefährte lag. Hier stand er ganz still, fiel dann nach zehn Minuten vorn über und athmete ebenfalls noch sieben Minuten. Ein Vogel, den wir nahmen, starb in anderthalb Minuten; ein anderer, den wir hinein warfen, war todt, bevor er noch den Boden berührte. „Während dieser Versuche wurden wir von einem starken Regenschauer überrascht. Aber das schreckliche Schauspiel vor unseren Augen hielt uns in solcher Spannung, daß wir wenig darauf achteten, durchnäßt zu werden. Auf der entgegengesetzten Seite lag, nahe an einem großen Stein, das Gerippe eines Menschen, welcher, auf dem Rücken liegend und die rechte Hand unter dem Kopf, hier umgekommen sein mußte. Seine Ge- beine waren von dem Wetter gebleicht und weiß wie Elfenbein. Gern hätte ich das Skelett gehabt; aber jeder Versuch, es zu erreichen, wäre Wahnsinn gewesen.“ M. Eine Heirath auf Wechsel. Zu Kilkenny in den Vereinigten Staaten von Nordamerika versprach ein Schneider Namens Sullivan einem jungen Mädchen, dasselbe vierzehn Tage nach dem Tode seiner Frau zu heirathen. Als Bürgschaft stellte er einen Wechsel folgenden Jnhalts aus: „Vierzehn Tage nach dem Tode meiner Frau verpflichte ich mich, Fräulein Elise Morand, oder auf ihre Ordre diejenige Dame zu heirathen, die mir diesen Wechsel im Werth einer Summe von sechszig Pfund Sterling präsentiren wird.“ Die Jnhaberin des Wechsels verstarb aber bald nach Ausstellung des- selben und vermachte ihn einer Freundin, die ebenfalls noch vor dem Tode der Schneiderfrau das Zeitliche segnete. Das Papier gerieth in den Besitz einer Cousine der Ersteren, welche die Einlösung forderte. Die Heirath fand wirklich statt, und die beiden Gatten sollen ganz glücklich mit ein- ander leben. M. Wasserspendende Bäume. Auf der Jnsel Ferro giebt es Bäume, welche Menschen und Vieh mit Wasser versorgen. Sie sind von mittlerer Höhe und haben lange, stets grüne Blätter. An den Wipfeln dieser Quellenbäume gewahrt man stets einen Nebelstreifen, der die Blätter der- maßen mit Wasser tränkt, daß sie ununterbrochen ein klares und frisches Wasser herabtröpfeln. Da die wenigen Quellen der Jnsel fast unzugänglich sind, so sind die dortigen Bewohner auf das Wasser dieser Bäume an- gewiesen, das die Natur ihnen zum Ersatz gegeben. M. Das erste schwedische Schauspiel, eine Darstellung aus der Lei- densgeschichte des Erlösers, fand unter der Regierung Johanns II. statt. Der Darsteller des Kriegsknechts, welcher die Seite des Gekreuzigten scheinbar zu durchstechen hatte, stieß, vom Feuer der Action hingerissen, die Lanze in das Herz des Unglücklichen, der vom Kreuz herabfiel und ein junges Mädchen, welches die Jungfrau Maria repräsentirte, erdrückte. König Johann, erzürnt über die heillose That, stürzte auf die Bühne und spaltete mit seinem Schwert den Kopf des Schuldigen. Die wüthenden Zuschauer, empört über die grausame Strenge des Königs, brachten nun ihrerseits den Kopf des Letzteren den Manen des Kriegsknechts als Sühn- opfer dar. M. Eine Anleihe Richards II. Als derselbe die Stadt Shrewsbury besuchte, schoß ihm Sir Reginald de Milton, der Ahnherr des berühmten Dichters, die damals bedeutende Summe von vierzig Mark vor. Darauf stellte Richard ihm ein gnädiges Handschreiben aus, und einundzwanzig Jahre später eine feierliche Anerkennung der Dienstleistung seines „Treuen und Geliebten“, nebst der Zusicherung, das Kapital zu nächsten Ostern treu und redlich zurück zu erhalten. Briefkasten. H. B. in Berlin: Mit Dank erhalten. — C. V. in Düsseldorf: Nächstens Antwort. — F. S. in Stuttgart: Ad I. Ja. Ad II. Nächstens Bescheid. — P. D. in Danzig: Bis zum Geburtstag dürfte es kaum möglich sein. — S. in B.: Antwort brieflich. ☞ Zur Besprechung die Redaktion betreffender Angelegenheiten ist der Redakteur dieses Blattes jeden Montag und Dienstag von 12 bis 2 Uhr in dem Redaktionsbureau, Potsdamerstraße Nr. 20, anwesend, wohin auch alle Zusendungen erbeten werden. Druck und Verlag von Franz Duncker in Berlin. — Verantwortlicher Redakteur: Ernst Dohm in Berlin.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Sonntags-Blatt. Nr. 9. Berlin, 1. März 1868, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_sonntagsblatt09_1868/8>, abgerufen am 02.06.2024.