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Sonntags-Blatt. Nr. 21. Berlin, 24. Mai 1868.

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[Beginn Spaltensatz] unter dem frohen Aufathmen des englischen Volks auf den Thron
von England.

Jhre erste That war die Wiederherstellung der protestantischen
Lehre, und sie krönte das englische Reformationswerk im Jahre 1563,
indem sie mit der Verkündigung der neununddreißig Artikel die Kon-
stituirung der anglikanischen Episkopalkirche vollendete.



Der Mächtigen Schwäche.
Leicht schaffen lassen sich Jnstitutionen,
Edikte leicht verleihen sich von Thronen.
Gesetze -- wie so schnell sind sie geschrieben!
Einflüsse hier und dort, wie leicht zu üben!
Verordnen läßt sich Dieses bald und Jenes,
Beschließen so viel Großes sich und Schönes.
Jn Einem nur erreichen auf der Erde
Die Mächt'gen nicht des Weltenschöpfers: Werde!
Das Ein' ist dies: was sie geschaffen haben,
Mit Geisteskraft und Leben zu begaben.
Das hat ein Andrer sich vorausgenommen.
Der Frühling kommt -- wann's ihm gefällt zu kommen!
J. T.


Das Shakespeare=Jubiläum zu Stratford.
( Schluß. )

Am folgenden Tage geschah das Unerhörte. Joe Smith erschien im
Garten des Mr. Fitz=Patrick mit Axt und Säge. Um sieben Uhr Morgens
that er den ersten Hieb in den Maulbeerbaum William Shakespeare's.
Die Splitter flogen umher, die Rinde platzte, und ein knirschender Ton
begleitete den ersten Hieb, als das Eisen in das Mark des Stammes fuhr
-- es klang wie ein Klagelaut, von dem die Vögel in den Zweigen
angstvoll emporgeschreckt wurden. Joe hatte noch einen Gesellen mit-
gebracht; der zog an dem langen Strick, den er um die Zweige des Baumes
geschlungen, und während Joe den Stamm mit Axt und Säge bearbeitete,
riß der Bursche an dem Seil. Der Maulbeerbaum neigte sich unter diesen
Doppelangriffen. Draußen vor dem Gitter des Gartens standen ein
Dutzend Leute aus der Nachbarschaft und sahen stumm auf dieses Kanni-
balenwerk. Noch stießen die Zweige an das Fenster der ehemaligen
Studirstube Shakespeare's; sie deckten die Scheiben ganz zu, denn der
Baum begann nach vorn zu sinken; noch einmal schwang Joe seine Axt,
noch einmal zog der Bursche das Seil straff, und mit lautem Krachen
sank der Maulbeerbaum zu Boden, ringsum seine gebrochenen Aeste
streuend und die Erde im Sturz aufwühlend. Jn demselben Augenblick
wurde auch das Fenster wieder ganz sichtbar, und man gewahrte dort das
rothe Gesicht des Mr. Fitz=Patrick, der, wie zum Hohn, dicke Tabakswolken
aus seiner holländischen Thonpfeife in die Morgenluft blies und gleich
einem Pascha auf das Zerstörungswerk ungerührt und gleichgültig blickte.
Die Zuschauer aber wurden plötzlich lebendig. Sie liefen schnell von dem
Gitter fort und in die Stadt. Die Kunde, der Maulbeerbaum Shake-
speare 's sei gefallen, pflanzte sich wie ein Lauffeuer durch die Stadt. Eine
Viertelstunde später erschienen Menschenknäuel auf dem Markt, an den
Ecken der Hauptstraße; alle diese Leute schrieen und lärmten. Sie waren
zum großen Theil mit Knitteln und Stangen bewaffnet, Weiber hatten
Körbe, in welchen Gemüseabfälle lagen; die jederzeit kampfbereite Straßen-
jugend erschien mit alten Töpfen und Theerpinseln. Alle diese Vorbereitun-
gen hatten keinen andern Zweck, als den Sturm auf das Haus des Pfar-
rers zu unterstützen, dem man eine derbe Züchtigung angedeihen lassen
wollte. Mr. Brummel eilte zwar unter die Aufgeregten, aber es ge-
lang ihm nicht, den Tumult zu beschwichtigen, der durch einige jugend-
liche Shakespeareverehrer, welche so eben von London gekommen und
noch erfüllt von Garricks Richard III. waren, immer stärker ange-
facht wurde. "Zu Fitz=Patrick! Zu Fitz=Patrick!" brüllte die Menge.
"Hurrah für William!" "Nieder mit dem Baumschänder!" Da wahr-
scheinlich der Sheriff mit den Constablern bald erscheinen mußte, hielten
die Leiter der Bewegung es für gerathen, ihren Coup so schnell als
möglich auszuführen. Sie gaben das Zeichen zum Vorwärtsdringen, und
im Nu wälzte sich die Menge nach dem Shakespearehause. Mr. Fitz-
Patrick, der wie ein Feldherr in einer Festung zu sitzen glaubte, wurde
durch das herannahende Getöse in einige Aufregung gebracht. Er wähnte
Anfangs, es komme ein Haufen nichtsnutziger Jungen herbei, und ergriff
einen Kantschu, um sich durch dieses bekannte Jnstrument Respekt zu ver-
schaffen. Als er aber die große Masse erblickte, welche, aus Leuten jeden
Ranges, Alters und Geschlechts bestehend, sich gleich einer Lawine durch
die Gasse wälzte, verlor er seinen Gleichmuth und begann auf Rettung zu
denken. Die Avantgarde der Stratfordianer hatte jedoch schon den Garten
erreicht, drang durch das Gitter in denselben und brüllte vor Zorn, als
sie den gefällten Baum erblickte. Unglücklicherweise befand Joe mit dem
Gehülfen sich im Garten, und es war begreiflich, daß er zunächst für die
Sünden seines Herrn büßen mußte. Unter einem Hagel von Hieben trieb
[Spaltenumbruch] man ihn durch den geschändeten Garten. Es war dies ein Glück für den
Pfarrer, der in Folge des Aufenthalts der Menge bei Joe Zeit gewann,
in das Hintergebäude zu flüchten. Nachdem jedoch die Wüthenden den
unglücklichen Gärtner und seinen Gehülfen gehörig abgebläut hatten,
stürmten sie in das Haus. Vielleicht wäre der Pfarrer noch schlechter
davongekommen, hätte nicht die Scheu vor dem Ort die Erzürnten einiger-
maßen beruhigt und sanfter gemacht; sie schonten das Eigenthum des
Pfarrers und begnügten sich, das Haus zu umstellen und einige zwanzig Leute
abzuordnen, welche den Baumfrevler suchen und ihn der Masse überliefern
sollten. Während dies Rachewerk begonnen wurde, heulte, pfiff und
schimpfte die Versammlung. Die Häscher drangen von Zimmer zu Zimmer,
ohne den Pfarrer zu finden. Zum zweiten Mal rettete ihn ein Aufent-
halt. Die Stratfordianer fanden die Haushälterin Mr. Fitz=Patricks in
einem der Hinterzimmer und nahmen sie ins Verhör. Die Vorsteherin des
Hauswesens war jedoch eine sehr resolute Dame. Sie ließ sich nicht so
leicht schrecken, sondern schimpfte äußerst wacker und setzte die Eindringlinge
dergestalt in Verwirrung, daß Mr. Fitz=Patrick Zeit gewann, aus dem
Hinterfenster zu steigen und über den Hof auf das Feld zu flüchten. Kaum
war er aber hier angekommen, als die das Haus umstehende Menge ihn
gewahrte. Sofort begann die Jagd. Der Pfarrer eilte über das Feld,
einige schnellfüßige Verfolger hinter ihm her; schon war er fast eine Beute
seiner Jäger, als plötzlich der Sheriff mit sechs Constablern erschien. Bei
seinem Anblick lief die Menge auseinander, und einige der Tumultuanten
nahmen noch ein halb Dutzend Hiebe mit, welche die Constabler ihnen
aufzählten. Der Pfarrer benutzte die Ankunft dieses Hülfskorps und machte
sich eilends davon zu seinem Küster, in dessen Wohnung er sich verbarg.
Der Sheriff nahte mit seinen Leuten dem Shakespearehause. Er be-
schwichtigte die Menge durch den Hinweis auf das Gesetz, nach welchem
jeder Engländer König in seinem Hause sei. "Aber er hat den Maul-
beerbaum Williams umgehauen!" schrie man ihm zu. "Das that er,
meine Freunde, und das ist ein großes Unrecht; aber leider hatte er
dazu vollkommen die Macht. Er kann dieses Gebäude niederbrennen,
denn es ist sein Eigenthum". Die Stratfordianer murrten verlegen. Das
Gesetz war auf Seiten Mr. Fitz=Patricks. "Nun, Meister Sheriff", sagte
ein junger Mann vortretend, "wir geloben Euch, nach Hause zu gehen,
wenn Jhr uns versprecht, daß Mr. Fitz=Patrick nie wieder auf die Kanzel
treten darf". "Dazu habe ich kein Recht", sagte der Sheriff; "aber da
die Gemeinde ihre Pfarrer zu wählen hat, so wählt ihn nicht wieder,
wenn seine Zeit um ist". "Hört Jhr's, Leute von Stratford?" rief der
junge Enthusiast. "Nie wieder wird ein Fitz=Patrick Pfarrer in Stratford,
weil Einer dieses Namens den Maulbeerbaum Shakespeare's umhauen
ließ". "Nie wieder! Nie wieder!" heulte die Menge. "Und jetzt noch ein
Wort", sagte der junge Mann. "Diesen gefällten Baum wollen wir zum
Andenken mitnehmen; er soll im Rathhause aufgestellt werden". "Master
Sheriff", ließ sich eine klagende Stimme vernehmen, "das Holz ist mein.
Jch hab's von Mr. Fitz=Patrick geschenkt erhalten und es ist bereits ver-
kauft ". Es war der geprügelte Joe, der also jammerte. Nur die An-
wesenheit des Sheriffs hielt die Menge ab, eine neue Attaque auf Joe zu
wagen. "Wir müssen das Holz des Baumes haben!" rief der Sprecher.
"Auch daran habt Jhr kein Recht", sagte gelassen der Sheriff. " Fitz-
Patrick war der Eigenthümer des Baumes; er konnte damit machen, was er
wollte". "Wie hoch wollt Jhr bezahlt sein, Joe?" riefen ein Dutzend
Stimmen. Da trat Bill Borry aus der Menge. "Niemand kann den
Baum kaufen, denn ich habe ihn gestern schon dem Joe abgehandelt. Das
Holz ist mein, und ich werde mir mein Recht nicht nehmen lassen". Joe
zog ein wüthendes Gesicht. Trotz seiner Einfalt übersah er doch sogleich,
daß ihm ein schöner Vortheil entschwunden sei, denn die enthusiasmirten
Stratfordianer hätten sicherlich das Fünffache bezahlt; als aber Bill Borry
dem Sheriff seine Rechte auf den gefällten Baum auseinandergesetzt hatte,
ward schnell zu Gunsten des Tischlers entschieden. "Und nun", rief Bill,
"Jhr Leute von Stratford, hört meinen Plan. Dieser Baum, dieses
schöne, geheiligte Holz, soll nicht in den Ofen wandern -- nein, von heut
über acht Tage an werden in meiner Werkstatt Dosen, Theebüchsen,
Schreibzeuge, Tabaksstopfer und allerlei solche Dinge, aus dem Holz von
Williams Maulbeerbaum gefertigt, zum Verkauf stehen; dadurch wird der
Baum vertheilt an Alle, die unsern Shakespeare ehren, und die schwarze
That Master Fitz=Patricks hat doch einen Nutzen". Ein donnerndes
Hurrah erschallte, dann verlief sich die Menge. Mr. Fitz=Patrick wagte
jedoch nicht wieder in das Wohnhaus zurückzukehren; er blieb bei seinem
Küster und nahm schon in den nächsten Tagen seinen Abschied. Nie
wieder hat einer seiner Nachkommen eine Stellung in Stratford erhalten.
Bill Borry hatte richtig gerechnet. Die aus dem Holz gefertigten Sachen
fanden reißenden Absatz und trugen dem pfiffigen Tischler eine bedeutende
Summe Geldes ein; also hatte der große Shakespeare ihm zu seinem
Glück verholfen.

Den Vätern der Stadt ließ die glückliche Spekulation keine Ruhe. Auch
sie wollten durchaus von dem Vorfall Nutzen ziehen. Dazu kam, daß man
in London doch gewaltig die Nase rümpfte über des Pfarrers Austreibung.
Die Synode begann Schritte gegen den nachlässigen Magistrat zu thun,
der nicht im Stande war, einer Meuterei vorzubeugen. Diesen Schritten
ward Einhalt gethan durch die Vermittlung Garricks. Der große Mime
stand zu den ersten Persönlichkeiten in naher Beziehung, und so ward
die Sache denn in Güte beigelegt, wobei Mr. Fitz=Patrick am schlechtesten
fort kam. Diese Vermittlung Garricks brachte den spekulativen Mr.
Brummel auf eine Jdee, welche günstige Folgen für Stratford und für
die Verehrung Shakespeare's nach sich gezogen hat. Mr. Brummel fand
es nämlich an der Zeit, in der Sitzung des Magistrats den Antrag zu
stellen: Jn Anbetracht dessen, daß Stratford die Geburtsstadt des großen
Shakespeare sei, werde es Pflicht der Vertreter dieser Stadt, dem sehr
ehrenwerthen Herrn David Garrick, dem Verkörperer der poetischen
Gebilde des Dichters, dem großen Künstler, dem Schützer der Einwohner
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] unter dem frohen Aufathmen des englischen Volks auf den Thron
von England.

Jhre erste That war die Wiederherstellung der protestantischen
Lehre, und sie krönte das englische Reformationswerk im Jahre 1563,
indem sie mit der Verkündigung der neununddreißig Artikel die Kon-
stituirung der anglikanischen Episkopalkirche vollendete.



Der Mächtigen Schwäche.
Leicht schaffen lassen sich Jnstitutionen,
Edikte leicht verleihen sich von Thronen.
Gesetze — wie so schnell sind sie geschrieben!
Einflüsse hier und dort, wie leicht zu üben!
Verordnen läßt sich Dieses bald und Jenes,
Beschließen so viel Großes sich und Schönes.
Jn Einem nur erreichen auf der Erde
Die Mächt'gen nicht des Weltenschöpfers: Werde!
Das Ein' ist dies: was sie geschaffen haben,
Mit Geisteskraft und Leben zu begaben.
Das hat ein Andrer sich vorausgenommen.
Der Frühling kommt — wann's ihm gefällt zu kommen!
J. T.


Das Shakespeare=Jubiläum zu Stratford.
( Schluß. )

Am folgenden Tage geschah das Unerhörte. Joe Smith erschien im
Garten des Mr. Fitz=Patrick mit Axt und Säge. Um sieben Uhr Morgens
that er den ersten Hieb in den Maulbeerbaum William Shakespeare's.
Die Splitter flogen umher, die Rinde platzte, und ein knirschender Ton
begleitete den ersten Hieb, als das Eisen in das Mark des Stammes fuhr
— es klang wie ein Klagelaut, von dem die Vögel in den Zweigen
angstvoll emporgeschreckt wurden. Joe hatte noch einen Gesellen mit-
gebracht; der zog an dem langen Strick, den er um die Zweige des Baumes
geschlungen, und während Joe den Stamm mit Axt und Säge bearbeitete,
riß der Bursche an dem Seil. Der Maulbeerbaum neigte sich unter diesen
Doppelangriffen. Draußen vor dem Gitter des Gartens standen ein
Dutzend Leute aus der Nachbarschaft und sahen stumm auf dieses Kanni-
balenwerk. Noch stießen die Zweige an das Fenster der ehemaligen
Studirstube Shakespeare's; sie deckten die Scheiben ganz zu, denn der
Baum begann nach vorn zu sinken; noch einmal schwang Joe seine Axt,
noch einmal zog der Bursche das Seil straff, und mit lautem Krachen
sank der Maulbeerbaum zu Boden, ringsum seine gebrochenen Aeste
streuend und die Erde im Sturz aufwühlend. Jn demselben Augenblick
wurde auch das Fenster wieder ganz sichtbar, und man gewahrte dort das
rothe Gesicht des Mr. Fitz=Patrick, der, wie zum Hohn, dicke Tabakswolken
aus seiner holländischen Thonpfeife in die Morgenluft blies und gleich
einem Pascha auf das Zerstörungswerk ungerührt und gleichgültig blickte.
Die Zuschauer aber wurden plötzlich lebendig. Sie liefen schnell von dem
Gitter fort und in die Stadt. Die Kunde, der Maulbeerbaum Shake-
speare 's sei gefallen, pflanzte sich wie ein Lauffeuer durch die Stadt. Eine
Viertelstunde später erschienen Menschenknäuel auf dem Markt, an den
Ecken der Hauptstraße; alle diese Leute schrieen und lärmten. Sie waren
zum großen Theil mit Knitteln und Stangen bewaffnet, Weiber hatten
Körbe, in welchen Gemüseabfälle lagen; die jederzeit kampfbereite Straßen-
jugend erschien mit alten Töpfen und Theerpinseln. Alle diese Vorbereitun-
gen hatten keinen andern Zweck, als den Sturm auf das Haus des Pfar-
rers zu unterstützen, dem man eine derbe Züchtigung angedeihen lassen
wollte. Mr. Brummel eilte zwar unter die Aufgeregten, aber es ge-
lang ihm nicht, den Tumult zu beschwichtigen, der durch einige jugend-
liche Shakespeareverehrer, welche so eben von London gekommen und
noch erfüllt von Garricks Richard III. waren, immer stärker ange-
facht wurde. „Zu Fitz=Patrick! Zu Fitz=Patrick!“ brüllte die Menge.
„Hurrah für William!“ „Nieder mit dem Baumschänder!“ Da wahr-
scheinlich der Sheriff mit den Constablern bald erscheinen mußte, hielten
die Leiter der Bewegung es für gerathen, ihren Coup so schnell als
möglich auszuführen. Sie gaben das Zeichen zum Vorwärtsdringen, und
im Nu wälzte sich die Menge nach dem Shakespearehause. Mr. Fitz-
Patrick, der wie ein Feldherr in einer Festung zu sitzen glaubte, wurde
durch das herannahende Getöse in einige Aufregung gebracht. Er wähnte
Anfangs, es komme ein Haufen nichtsnutziger Jungen herbei, und ergriff
einen Kantschu, um sich durch dieses bekannte Jnstrument Respekt zu ver-
schaffen. Als er aber die große Masse erblickte, welche, aus Leuten jeden
Ranges, Alters und Geschlechts bestehend, sich gleich einer Lawine durch
die Gasse wälzte, verlor er seinen Gleichmuth und begann auf Rettung zu
denken. Die Avantgarde der Stratfordianer hatte jedoch schon den Garten
erreicht, drang durch das Gitter in denselben und brüllte vor Zorn, als
sie den gefällten Baum erblickte. Unglücklicherweise befand Joe mit dem
Gehülfen sich im Garten, und es war begreiflich, daß er zunächst für die
Sünden seines Herrn büßen mußte. Unter einem Hagel von Hieben trieb
[Spaltenumbruch] man ihn durch den geschändeten Garten. Es war dies ein Glück für den
Pfarrer, der in Folge des Aufenthalts der Menge bei Joe Zeit gewann,
in das Hintergebäude zu flüchten. Nachdem jedoch die Wüthenden den
unglücklichen Gärtner und seinen Gehülfen gehörig abgebläut hatten,
stürmten sie in das Haus. Vielleicht wäre der Pfarrer noch schlechter
davongekommen, hätte nicht die Scheu vor dem Ort die Erzürnten einiger-
maßen beruhigt und sanfter gemacht; sie schonten das Eigenthum des
Pfarrers und begnügten sich, das Haus zu umstellen und einige zwanzig Leute
abzuordnen, welche den Baumfrevler suchen und ihn der Masse überliefern
sollten. Während dies Rachewerk begonnen wurde, heulte, pfiff und
schimpfte die Versammlung. Die Häscher drangen von Zimmer zu Zimmer,
ohne den Pfarrer zu finden. Zum zweiten Mal rettete ihn ein Aufent-
halt. Die Stratfordianer fanden die Haushälterin Mr. Fitz=Patricks in
einem der Hinterzimmer und nahmen sie ins Verhör. Die Vorsteherin des
Hauswesens war jedoch eine sehr resolute Dame. Sie ließ sich nicht so
leicht schrecken, sondern schimpfte äußerst wacker und setzte die Eindringlinge
dergestalt in Verwirrung, daß Mr. Fitz=Patrick Zeit gewann, aus dem
Hinterfenster zu steigen und über den Hof auf das Feld zu flüchten. Kaum
war er aber hier angekommen, als die das Haus umstehende Menge ihn
gewahrte. Sofort begann die Jagd. Der Pfarrer eilte über das Feld,
einige schnellfüßige Verfolger hinter ihm her; schon war er fast eine Beute
seiner Jäger, als plötzlich der Sheriff mit sechs Constablern erschien. Bei
seinem Anblick lief die Menge auseinander, und einige der Tumultuanten
nahmen noch ein halb Dutzend Hiebe mit, welche die Constabler ihnen
aufzählten. Der Pfarrer benutzte die Ankunft dieses Hülfskorps und machte
sich eilends davon zu seinem Küster, in dessen Wohnung er sich verbarg.
Der Sheriff nahte mit seinen Leuten dem Shakespearehause. Er be-
schwichtigte die Menge durch den Hinweis auf das Gesetz, nach welchem
jeder Engländer König in seinem Hause sei. „Aber er hat den Maul-
beerbaum Williams umgehauen!“ schrie man ihm zu. „Das that er,
meine Freunde, und das ist ein großes Unrecht; aber leider hatte er
dazu vollkommen die Macht. Er kann dieses Gebäude niederbrennen,
denn es ist sein Eigenthum“. Die Stratfordianer murrten verlegen. Das
Gesetz war auf Seiten Mr. Fitz=Patricks. „Nun, Meister Sheriff“, sagte
ein junger Mann vortretend, „wir geloben Euch, nach Hause zu gehen,
wenn Jhr uns versprecht, daß Mr. Fitz=Patrick nie wieder auf die Kanzel
treten darf“. „Dazu habe ich kein Recht“, sagte der Sheriff; „aber da
die Gemeinde ihre Pfarrer zu wählen hat, so wählt ihn nicht wieder,
wenn seine Zeit um ist“. „Hört Jhr's, Leute von Stratford?“ rief der
junge Enthusiast. „Nie wieder wird ein Fitz=Patrick Pfarrer in Stratford,
weil Einer dieses Namens den Maulbeerbaum Shakespeare's umhauen
ließ“. „Nie wieder! Nie wieder!“ heulte die Menge. „Und jetzt noch ein
Wort“, sagte der junge Mann. „Diesen gefällten Baum wollen wir zum
Andenken mitnehmen; er soll im Rathhause aufgestellt werden“. „Master
Sheriff“, ließ sich eine klagende Stimme vernehmen, „das Holz ist mein.
Jch hab's von Mr. Fitz=Patrick geschenkt erhalten und es ist bereits ver-
kauft “. Es war der geprügelte Joe, der also jammerte. Nur die An-
wesenheit des Sheriffs hielt die Menge ab, eine neue Attaque auf Joe zu
wagen. „Wir müssen das Holz des Baumes haben!“ rief der Sprecher.
„Auch daran habt Jhr kein Recht“, sagte gelassen der Sheriff. „ Fitz-
Patrick war der Eigenthümer des Baumes; er konnte damit machen, was er
wollte“. „Wie hoch wollt Jhr bezahlt sein, Joe?“ riefen ein Dutzend
Stimmen. Da trat Bill Borry aus der Menge. „Niemand kann den
Baum kaufen, denn ich habe ihn gestern schon dem Joe abgehandelt. Das
Holz ist mein, und ich werde mir mein Recht nicht nehmen lassen“. Joe
zog ein wüthendes Gesicht. Trotz seiner Einfalt übersah er doch sogleich,
daß ihm ein schöner Vortheil entschwunden sei, denn die enthusiasmirten
Stratfordianer hätten sicherlich das Fünffache bezahlt; als aber Bill Borry
dem Sheriff seine Rechte auf den gefällten Baum auseinandergesetzt hatte,
ward schnell zu Gunsten des Tischlers entschieden. „Und nun“, rief Bill,
„Jhr Leute von Stratford, hört meinen Plan. Dieser Baum, dieses
schöne, geheiligte Holz, soll nicht in den Ofen wandern — nein, von heut
über acht Tage an werden in meiner Werkstatt Dosen, Theebüchsen,
Schreibzeuge, Tabaksstopfer und allerlei solche Dinge, aus dem Holz von
Williams Maulbeerbaum gefertigt, zum Verkauf stehen; dadurch wird der
Baum vertheilt an Alle, die unsern Shakespeare ehren, und die schwarze
That Master Fitz=Patricks hat doch einen Nutzen“. Ein donnerndes
Hurrah erschallte, dann verlief sich die Menge. Mr. Fitz=Patrick wagte
jedoch nicht wieder in das Wohnhaus zurückzukehren; er blieb bei seinem
Küster und nahm schon in den nächsten Tagen seinen Abschied. Nie
wieder hat einer seiner Nachkommen eine Stellung in Stratford erhalten.
Bill Borry hatte richtig gerechnet. Die aus dem Holz gefertigten Sachen
fanden reißenden Absatz und trugen dem pfiffigen Tischler eine bedeutende
Summe Geldes ein; also hatte der große Shakespeare ihm zu seinem
Glück verholfen.

Den Vätern der Stadt ließ die glückliche Spekulation keine Ruhe. Auch
sie wollten durchaus von dem Vorfall Nutzen ziehen. Dazu kam, daß man
in London doch gewaltig die Nase rümpfte über des Pfarrers Austreibung.
Die Synode begann Schritte gegen den nachlässigen Magistrat zu thun,
der nicht im Stande war, einer Meuterei vorzubeugen. Diesen Schritten
ward Einhalt gethan durch die Vermittlung Garricks. Der große Mime
stand zu den ersten Persönlichkeiten in naher Beziehung, und so ward
die Sache denn in Güte beigelegt, wobei Mr. Fitz=Patrick am schlechtesten
fort kam. Diese Vermittlung Garricks brachte den spekulativen Mr.
Brummel auf eine Jdee, welche günstige Folgen für Stratford und für
die Verehrung Shakespeare's nach sich gezogen hat. Mr. Brummel fand
es nämlich an der Zeit, in der Sitzung des Magistrats den Antrag zu
stellen: Jn Anbetracht dessen, daß Stratford die Geburtsstadt des großen
Shakespeare sei, werde es Pflicht der Vertreter dieser Stadt, dem sehr
ehrenwerthen Herrn David Garrick, dem Verkörperer der poetischen
Gebilde des Dichters, dem großen Künstler, dem Schützer der Einwohner
[Ende Spaltensatz]

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[165/0005] 165 unter dem frohen Aufathmen des englischen Volks auf den Thron von England. Jhre erste That war die Wiederherstellung der protestantischen Lehre, und sie krönte das englische Reformationswerk im Jahre 1563, indem sie mit der Verkündigung der neununddreißig Artikel die Kon- stituirung der anglikanischen Episkopalkirche vollendete. Der Mächtigen Schwäche. Leicht schaffen lassen sich Jnstitutionen, Edikte leicht verleihen sich von Thronen. Gesetze — wie so schnell sind sie geschrieben! Einflüsse hier und dort, wie leicht zu üben! Verordnen läßt sich Dieses bald und Jenes, Beschließen so viel Großes sich und Schönes. Jn Einem nur erreichen auf der Erde Die Mächt'gen nicht des Weltenschöpfers: Werde! Das Ein' ist dies: was sie geschaffen haben, Mit Geisteskraft und Leben zu begaben. Das hat ein Andrer sich vorausgenommen. Der Frühling kommt — wann's ihm gefällt zu kommen! J. T. Das Shakespeare=Jubiläum zu Stratford. ( Schluß. ) Am folgenden Tage geschah das Unerhörte. Joe Smith erschien im Garten des Mr. Fitz=Patrick mit Axt und Säge. Um sieben Uhr Morgens that er den ersten Hieb in den Maulbeerbaum William Shakespeare's. Die Splitter flogen umher, die Rinde platzte, und ein knirschender Ton begleitete den ersten Hieb, als das Eisen in das Mark des Stammes fuhr — es klang wie ein Klagelaut, von dem die Vögel in den Zweigen angstvoll emporgeschreckt wurden. Joe hatte noch einen Gesellen mit- gebracht; der zog an dem langen Strick, den er um die Zweige des Baumes geschlungen, und während Joe den Stamm mit Axt und Säge bearbeitete, riß der Bursche an dem Seil. Der Maulbeerbaum neigte sich unter diesen Doppelangriffen. Draußen vor dem Gitter des Gartens standen ein Dutzend Leute aus der Nachbarschaft und sahen stumm auf dieses Kanni- balenwerk. Noch stießen die Zweige an das Fenster der ehemaligen Studirstube Shakespeare's; sie deckten die Scheiben ganz zu, denn der Baum begann nach vorn zu sinken; noch einmal schwang Joe seine Axt, noch einmal zog der Bursche das Seil straff, und mit lautem Krachen sank der Maulbeerbaum zu Boden, ringsum seine gebrochenen Aeste streuend und die Erde im Sturz aufwühlend. Jn demselben Augenblick wurde auch das Fenster wieder ganz sichtbar, und man gewahrte dort das rothe Gesicht des Mr. Fitz=Patrick, der, wie zum Hohn, dicke Tabakswolken aus seiner holländischen Thonpfeife in die Morgenluft blies und gleich einem Pascha auf das Zerstörungswerk ungerührt und gleichgültig blickte. Die Zuschauer aber wurden plötzlich lebendig. Sie liefen schnell von dem Gitter fort und in die Stadt. Die Kunde, der Maulbeerbaum Shake- speare 's sei gefallen, pflanzte sich wie ein Lauffeuer durch die Stadt. Eine Viertelstunde später erschienen Menschenknäuel auf dem Markt, an den Ecken der Hauptstraße; alle diese Leute schrieen und lärmten. Sie waren zum großen Theil mit Knitteln und Stangen bewaffnet, Weiber hatten Körbe, in welchen Gemüseabfälle lagen; die jederzeit kampfbereite Straßen- jugend erschien mit alten Töpfen und Theerpinseln. Alle diese Vorbereitun- gen hatten keinen andern Zweck, als den Sturm auf das Haus des Pfar- rers zu unterstützen, dem man eine derbe Züchtigung angedeihen lassen wollte. Mr. Brummel eilte zwar unter die Aufgeregten, aber es ge- lang ihm nicht, den Tumult zu beschwichtigen, der durch einige jugend- liche Shakespeareverehrer, welche so eben von London gekommen und noch erfüllt von Garricks Richard III. waren, immer stärker ange- facht wurde. „Zu Fitz=Patrick! Zu Fitz=Patrick!“ brüllte die Menge. „Hurrah für William!“ „Nieder mit dem Baumschänder!“ Da wahr- scheinlich der Sheriff mit den Constablern bald erscheinen mußte, hielten die Leiter der Bewegung es für gerathen, ihren Coup so schnell als möglich auszuführen. Sie gaben das Zeichen zum Vorwärtsdringen, und im Nu wälzte sich die Menge nach dem Shakespearehause. Mr. Fitz- Patrick, der wie ein Feldherr in einer Festung zu sitzen glaubte, wurde durch das herannahende Getöse in einige Aufregung gebracht. Er wähnte Anfangs, es komme ein Haufen nichtsnutziger Jungen herbei, und ergriff einen Kantschu, um sich durch dieses bekannte Jnstrument Respekt zu ver- schaffen. Als er aber die große Masse erblickte, welche, aus Leuten jeden Ranges, Alters und Geschlechts bestehend, sich gleich einer Lawine durch die Gasse wälzte, verlor er seinen Gleichmuth und begann auf Rettung zu denken. Die Avantgarde der Stratfordianer hatte jedoch schon den Garten erreicht, drang durch das Gitter in denselben und brüllte vor Zorn, als sie den gefällten Baum erblickte. Unglücklicherweise befand Joe mit dem Gehülfen sich im Garten, und es war begreiflich, daß er zunächst für die Sünden seines Herrn büßen mußte. Unter einem Hagel von Hieben trieb man ihn durch den geschändeten Garten. Es war dies ein Glück für den Pfarrer, der in Folge des Aufenthalts der Menge bei Joe Zeit gewann, in das Hintergebäude zu flüchten. Nachdem jedoch die Wüthenden den unglücklichen Gärtner und seinen Gehülfen gehörig abgebläut hatten, stürmten sie in das Haus. Vielleicht wäre der Pfarrer noch schlechter davongekommen, hätte nicht die Scheu vor dem Ort die Erzürnten einiger- maßen beruhigt und sanfter gemacht; sie schonten das Eigenthum des Pfarrers und begnügten sich, das Haus zu umstellen und einige zwanzig Leute abzuordnen, welche den Baumfrevler suchen und ihn der Masse überliefern sollten. Während dies Rachewerk begonnen wurde, heulte, pfiff und schimpfte die Versammlung. Die Häscher drangen von Zimmer zu Zimmer, ohne den Pfarrer zu finden. Zum zweiten Mal rettete ihn ein Aufent- halt. Die Stratfordianer fanden die Haushälterin Mr. Fitz=Patricks in einem der Hinterzimmer und nahmen sie ins Verhör. Die Vorsteherin des Hauswesens war jedoch eine sehr resolute Dame. Sie ließ sich nicht so leicht schrecken, sondern schimpfte äußerst wacker und setzte die Eindringlinge dergestalt in Verwirrung, daß Mr. Fitz=Patrick Zeit gewann, aus dem Hinterfenster zu steigen und über den Hof auf das Feld zu flüchten. Kaum war er aber hier angekommen, als die das Haus umstehende Menge ihn gewahrte. Sofort begann die Jagd. Der Pfarrer eilte über das Feld, einige schnellfüßige Verfolger hinter ihm her; schon war er fast eine Beute seiner Jäger, als plötzlich der Sheriff mit sechs Constablern erschien. Bei seinem Anblick lief die Menge auseinander, und einige der Tumultuanten nahmen noch ein halb Dutzend Hiebe mit, welche die Constabler ihnen aufzählten. Der Pfarrer benutzte die Ankunft dieses Hülfskorps und machte sich eilends davon zu seinem Küster, in dessen Wohnung er sich verbarg. Der Sheriff nahte mit seinen Leuten dem Shakespearehause. Er be- schwichtigte die Menge durch den Hinweis auf das Gesetz, nach welchem jeder Engländer König in seinem Hause sei. „Aber er hat den Maul- beerbaum Williams umgehauen!“ schrie man ihm zu. „Das that er, meine Freunde, und das ist ein großes Unrecht; aber leider hatte er dazu vollkommen die Macht. Er kann dieses Gebäude niederbrennen, denn es ist sein Eigenthum“. Die Stratfordianer murrten verlegen. Das Gesetz war auf Seiten Mr. Fitz=Patricks. „Nun, Meister Sheriff“, sagte ein junger Mann vortretend, „wir geloben Euch, nach Hause zu gehen, wenn Jhr uns versprecht, daß Mr. Fitz=Patrick nie wieder auf die Kanzel treten darf“. „Dazu habe ich kein Recht“, sagte der Sheriff; „aber da die Gemeinde ihre Pfarrer zu wählen hat, so wählt ihn nicht wieder, wenn seine Zeit um ist“. „Hört Jhr's, Leute von Stratford?“ rief der junge Enthusiast. „Nie wieder wird ein Fitz=Patrick Pfarrer in Stratford, weil Einer dieses Namens den Maulbeerbaum Shakespeare's umhauen ließ“. „Nie wieder! Nie wieder!“ heulte die Menge. „Und jetzt noch ein Wort“, sagte der junge Mann. „Diesen gefällten Baum wollen wir zum Andenken mitnehmen; er soll im Rathhause aufgestellt werden“. „Master Sheriff“, ließ sich eine klagende Stimme vernehmen, „das Holz ist mein. Jch hab's von Mr. Fitz=Patrick geschenkt erhalten und es ist bereits ver- kauft “. Es war der geprügelte Joe, der also jammerte. 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Dieser Baum, dieses schöne, geheiligte Holz, soll nicht in den Ofen wandern — nein, von heut über acht Tage an werden in meiner Werkstatt Dosen, Theebüchsen, Schreibzeuge, Tabaksstopfer und allerlei solche Dinge, aus dem Holz von Williams Maulbeerbaum gefertigt, zum Verkauf stehen; dadurch wird der Baum vertheilt an Alle, die unsern Shakespeare ehren, und die schwarze That Master Fitz=Patricks hat doch einen Nutzen“. Ein donnerndes Hurrah erschallte, dann verlief sich die Menge. Mr. Fitz=Patrick wagte jedoch nicht wieder in das Wohnhaus zurückzukehren; er blieb bei seinem Küster und nahm schon in den nächsten Tagen seinen Abschied. Nie wieder hat einer seiner Nachkommen eine Stellung in Stratford erhalten. Bill Borry hatte richtig gerechnet. Die aus dem Holz gefertigten Sachen fanden reißenden Absatz und trugen dem pfiffigen Tischler eine bedeutende Summe Geldes ein; also hatte der große Shakespeare ihm zu seinem Glück verholfen. Den Vätern der Stadt ließ die glückliche Spekulation keine Ruhe. Auch sie wollten durchaus von dem Vorfall Nutzen ziehen. Dazu kam, daß man in London doch gewaltig die Nase rümpfte über des Pfarrers Austreibung. Die Synode begann Schritte gegen den nachlässigen Magistrat zu thun, der nicht im Stande war, einer Meuterei vorzubeugen. Diesen Schritten ward Einhalt gethan durch die Vermittlung Garricks. Der große Mime stand zu den ersten Persönlichkeiten in naher Beziehung, und so ward die Sache denn in Güte beigelegt, wobei Mr. Fitz=Patrick am schlechtesten fort kam. Diese Vermittlung Garricks brachte den spekulativen Mr. Brummel auf eine Jdee, welche günstige Folgen für Stratford und für die Verehrung Shakespeare's nach sich gezogen hat. Mr. Brummel fand es nämlich an der Zeit, in der Sitzung des Magistrats den Antrag zu stellen: Jn Anbetracht dessen, daß Stratford die Geburtsstadt des großen Shakespeare sei, werde es Pflicht der Vertreter dieser Stadt, dem sehr ehrenwerthen Herrn David Garrick, dem Verkörperer der poetischen Gebilde des Dichters, dem großen Künstler, dem Schützer der Einwohner

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Zitationshilfe: Sonntags-Blatt. Nr. 21. Berlin, 24. Mai 1868, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_sonntagsblatt21_1868/5>, abgerufen am 16.07.2024.