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Sonntags-Blatt. Nr. 33. Berlin, 16. August 1868.

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[Beginn Spaltensatz] gaben und Anleihen festgestellt werden sollte. Die von den loyalsten
Gefühlen beseelten Gemeinen beschlossen aber gleichzeitig die Be-
willigung einer ansehnlichen Summe, ohne indeß diesen Beschluß
sofort zum definitiven Gesetz zu erheben. Die Freude des Königs
über die Geneigtheit des Unterhauses, seinen Wünschen zu willfahren,
war so groß, daß er seinen ursprünglichen Widerwillen gegen die Par-
lamente für besiegt erklärte. Jn einem Kabinetsrath am 6. April
1628 that er folgende sehr charakteristische Aeußerung; "Als ich auf
den Thron stirg, liebte ich die Parlamente; nachher habe ich, ich
weiß nicht wie,
einen Widerwillen gegen sie bekommen; jetzt finde
ich mich wieder, wie ich im Anfang war: ich liebe sie, und ich werde
mich freuen, mich offen wit meinem Volk wieder zu vereinigen".
Der König liebte eben die Parlamente so lange, als sie auf seine
Wünsche einzugehen sich geneigt zeigten; machten sie aber nur Miene,
sich seinen absolutistischen Neigungen zu widersetzen, so verwandelte
sich sofort "die Milch der frommen Denkungsart in gährend Drachen-
gift ". Das Unterhaus nahm die Erklärung des Königs von seiner
Zufriedenheit und der Gunst, die er dem Parlament in allen Dingen
zu zeigen bereit sei, mit lebhaftem Beifall und mit Genugthuung auf,
wies aber den Hinweis des Staatssekretairs Cook, daß der Herzog
von Buckingham großen Antheil an der gnädigen Entschließung des
Königs habe, mit Würde zurück. "Jch wünsche", rief John Elliot
aus, "daß eine solche Einmengung nie wieder vorkomme! Wir wollen
den Dienst des Königs besorgen; wir werden ihm hoffentlich so nützlich
werden, daß wir keines Helfers bedürfen, um seine Zuneigung zu
gewinnen!"

Da das Unterhaus vor der definitiven Genehmigung der Sub-
sidien=Bill zunächst mit dem Oberhaus in Verbindung trat, um in
einer neuen Feststellung der Rechte der Nation eine größere Sicher-
heit derselben herbeizuführen, so ließ der König, dessen konstitu-
tionelle Regungen sehr schnell verschwunden waren, das Haus auf-
fordern, daß es die Erhebung der Subsidien=Bill zum Gesetz beschleu-
nigen möge. Die Aufforderung war von einer Erklärung des Mi-
nisters begleitet, welche nur zu sehr geeignet war, das Vertrauen der
Gemeinen in die Aufrichtigkeit des Königs aufs Neue zu vermindern.
Die Peers, weniger einsichtsvoll und für Karls Pläne zugänglicher
als die unerschrockenen Gemeinen, unternahmen einen schwächlichen
Vermittlungsversuch, indem sie dem Unterhause zumutheten, sich mit
einer allgemeinen Anerkennung der Magna charta und der späteren
Gesetze durch den König zu begnügen. Der König selbst, der wohl
fühlte, daß er den mißtrauischen Gemeinen etwas entgegenkommen
müsse, berief eine außerordentliche Sitzung beider Häuser des Parla-
ments auf den 28. April 1628 und erklärte in derselben feierlich, daß
er die Magna charta und die alten Statuten als unverletzlich an-
sehe. Er forderte das Parlament auf, für die Aufrechterhaltung
seiner Rechte auf sein "königliches Wort" zu zählen, in dem es eine
größere Garantie finden könnte, als irgend ein neues Gesetz zu ge-
währen im Stande sei.

Die Gemeinen hielten indeß das Königswort Karls für kein so
zuverlässiges Fundament mehr, um demselben die konstitutionellen Rechte
und Freiheiten der Bürger anzuvertrauen. Unerschütterlich allen
Drohungen und Versprechungen des Königs gegenüber, bestanden sie
auf einer wiederholten Feststellung und Sanktion der alten Gesetze.
So kam denn am 8. Mai 1628 jene berühmte Bill zu Stande,
welche unter dem Namen der Petition der Rechte die durch die Magna
charta
und die späteren Gesetze der Nation gewährten Freiheiten und
Rechte von Neuem in feierlicher Weise feststellt, und die als die Grund-
lage der gegenwärtigen englischen Verfassung betrachtet werden kann.
Es war darin ausgesprochen, daß Niemand willkürlich ohne Angabe
des Grundes verhaftet werden dürfe; daß Jeder von seinem natür-
lichen Gerichtshof gerichtet werden müsse und Ausnahmegerichte un-
gesetzlich seien; daß Niemand verpflichtet sei, Steuern ohne vorherige
Bewilligung des Parlaments zu zahlen; daß auch das Land ferner
nicht mehr mit Einquartierung belästigt werden dürfe. Das Ober-
haus versuchte, eingeschüchtert durch die Botschaften des Königs einer-
seits und durch die feste Haltung des Unterhauses andererseits, die
Bedeutung der Bill, deren Verwerfung es nicht wagte, durch ein
vermittelndes Amendement zu schwächen. An der Festigkeit des Unter-
hauses scheiterte aber dieser neue Versuch, durch eine Hinterthür dem
Absolutismus Eingang in die englische Verfassung zu verschaffen, und
das Oberhaus wagte der ausgesprochenen öffentlichen Meinung gegen-
über nicht, an seinem zweideutigen Zusatz festzuhalten.

Die von beiden Häusern genehmigte Bill gelangte nun an den
König, und wieder trat die Nothwendigkeit der [unleserliches Material - 12 Zeichen fehlen]Entscheidung in
ernstester Weise an ihn heran. Er suchte derselben auszuweichen, in-
dem er eine mehrdeutige Antwort ertheilte, welche die Sanktionirung
der Bill vermied; aber die Ruhe und Würde, mit der die Gemeinen
an dem einmal gefaßten Beschluß festhielten, besiegte endlich den
Widerstand des Königs.

Noch war die Subsidien=Bill nicht zum Gesetz erhoben, und ihre
definitive Genehmigung hing von der Sanktion der petition of rights
[Spaltenumbruch] ab; jetzt aber erhoben die Gemeinen auch Anklage gegen den ver-
derblichen Rathgeber des Königs, den Herzog von Buckingham, den
sie in einer Protestation für einen Landesverräther erklärten. Der
König gab nach, um das Geld zu erhalten und seinen Günstling zu
retten. So erklärte er denn am 7. Juni 1628 in feierlicher Sitzung
beider Häuser vom Thron herab die petition of rights zum Gesetz
mit jener althergebrachten Formel der englischen Könige: " Soit droit
comme il est desire
" ( es möge Gesetz sein, wie es gewünscht wird ) .
Jubel und Händeklatschen der Mitglieder des Parlaments antwortete
dem König, Freudenfeuer und Glockengeläut in allen Theilen der
Monarchie bezeugten die Freude der Nation über die Gewährung
ihrer Wünsche. Die petition of rights wurde mit der Erklärung
des Königs durch den Druck veröffentlicht und in das Protokoll der
Gerichtshöfe von Westminster eingetragen. Die Subsidien=Bill wurde
nun zum Gesetz erhoben; die Gemeinen glaubten indeß mit der
Sanktion der petition of rights sich nicht begnügen zu dürfen.
Vorsichtig gemacht durch das schwankende Benehmen des Königs und
von jenem Mißtrauen erfüllt, welches der auch nur einmal ausgeübte
Mißbrauch der Gewalt nothwendig erzeugt, bestanden sie auf der
praktischen Anwendung der so eben anerkannten Grundsätze. Nach
ihrer Meinung war die Entfernung Buckinghams durchaus noth-
wendig, der als der Ursprung aller Uebel betrachtet wurde und gegen
dessen willkürliche Verwaltung die Remonstration gerichtet war,
welche sofort nach Erledigung der Subsidien=Bill beschlossen wurde.
Wie berechtigt das Mißtrauen der Gemeinen aber war, davon zeugte
die königliche Antwort, die ihnen vorwarf, daß sie von Staats-
angelegenheiten nichts verständen. Jn derselben Woche wurde eine
neue Remonstration entworfen, welche die Einstellung der ungesetz-
lichen Erhebung des Pfund= und Tonnengeldes forderte und die Er-
klärung enthielt, daß die Einfuhrzölle wie jede andere Steuer nur in
Kraft eines durch die Zustimmung des Parlaments zu Stande ge-
brachten Gesetzes erhoben werden sollten. Der König, der schon längst
den Wunsch hatte, sich der hartnäckigen Volksvertreter zu entledigen,
aber zu keiner neuen Auflösung zu schreiten wagte, da er nicht erwar-
ten konnte, daß die Neuwahlen gefügigere Männer in das Haus der
Gemeinen senden würden, kam der Ueberreichung dieser zweiten Re-
monstration dadurch zuvor, daß er am 20. Juni das Parlament
vertagte.

Er bemühte sich indeß, durch versöhnliche Maßregeln die öffentliche
Meinung zu beschwichtigen und für sich zu stimmen, namentlich durch
Verschärfung der Strafgesetze gegen die Papisten, welche dem Volk
verhaßt waren, und durch Unterdrückung der Predigten vom leidenden
Gehorsam. Gleichzeitig rüstete der Günstling eine große Flotte aus,
um die von Richelieu belagerte Hugenottenfestung Rochelle zu be-
freien. Mitten in weitaussehenden Entwürfen für Englands Welt-
stellung, durch die er die Nation von den inneren Angelegenheiten
abzulenken hoffte, wurde der Herzog von Buckingham, der jetzt fester
als je in dem Vertrauen des Königs stand, von einem politischen
Fanatiker, Namens Fenton, in seinem Palast erstochen. Durch die
Freude des Volks über den Tod seines Günstlings erbittert, verfolgte
Karl wieder eifriger seine Pläne nach unumschränkter Herrschaft, da-
durch am meisten an den Tag legend, daß nicht äußere Einflüsse,
sondern seine eigensten Neigungen auf die Gründung einer absolu-
tistischen Regierung in England gerichtet waren. Von versöhnlichen
Schritten war nicht mehr die Rede. Nicht nur daß er, den ausdrück-
lichen Bestimmungen der petition of rights entgegen, das Pfund-
und Tonnengeld mit großer Strenge eintreiben ließ und ungesetzliche
Verhaftungen anbefahl, er verhöhnte das vertagte Parlament nament-
lich dadurch, daß er Männer, die wegen ihrer Gesinnungen und ihrer
Handlungen vom Parlament bestraft worden waren, begnadigte und
sogar zu hohen Würden beförderte. Einer der eifrigsten Gegner des
Parlaments, der am leidenschaftlichsten die unumschränkte göttliche
Macht der Krone verfochten, der Bischof von Bath, wurde zu der
hohen Würde eines Bischofs von London erhoben.

Jndeß mehrten sich die Schwierigkeiten, da inzwischen auch die
auswärtigen Verhältnisse sich sehr ungünstig gestaltet hatten. Die
Expedition nach Frankreich hatte keinen Erfolg, und Rochelle war in
die Hände Richelieu's gefallen. Jn London weigerten sich die Kauf-
leute, das Pfund= und Tonnengeld zu zahlen, und erfüllten das ganze
Land mit Beschwerden über die deßhalb Seitens der Schatzkammer
über ihre Güter verhängte Konfiskation. So versammelte denn der
König aufs Neue das Parlament, dessen Verhandlungen er diesmal
um so ruhiger entgegensehen zu können glaubte, als Buckingham, der
Gegenstand des allgemeinen Hasses, nicht mehr war. Ueberdies war
es Karl gelungen, durch Anwendung eines früher nicht selten ge-
brauchten Mittels, durch das Mittel der Bestechung, einige Führer der
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gabteste, der kühne und geniale Thomas Wentworth, der dieselbe
Energie, die er bisher als Vorkämpfer der Volksfreiheit entfaltet, den
Plänen des Königs dienstbar machte.

Das Parlament beschäftigte sich sogleich nach seinem Zusammen-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] gaben und Anleihen festgestellt werden sollte. Die von den loyalsten
Gefühlen beseelten Gemeinen beschlossen aber gleichzeitig die Be-
willigung einer ansehnlichen Summe, ohne indeß diesen Beschluß
sofort zum definitiven Gesetz zu erheben. Die Freude des Königs
über die Geneigtheit des Unterhauses, seinen Wünschen zu willfahren,
war so groß, daß er seinen ursprünglichen Widerwillen gegen die Par-
lamente für besiegt erklärte. Jn einem Kabinetsrath am 6. April
1628 that er folgende sehr charakteristische Aeußerung; „Als ich auf
den Thron stirg, liebte ich die Parlamente; nachher habe ich, ich
weiß nicht wie,
einen Widerwillen gegen sie bekommen; jetzt finde
ich mich wieder, wie ich im Anfang war: ich liebe sie, und ich werde
mich freuen, mich offen wit meinem Volk wieder zu vereinigen“.
Der König liebte eben die Parlamente so lange, als sie auf seine
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sich seinen absolutistischen Neigungen zu widersetzen, so verwandelte
sich sofort „die Milch der frommen Denkungsart in gährend Drachen-
gift “. Das Unterhaus nahm die Erklärung des Königs von seiner
Zufriedenheit und der Gunst, die er dem Parlament in allen Dingen
zu zeigen bereit sei, mit lebhaftem Beifall und mit Genugthuung auf,
wies aber den Hinweis des Staatssekretairs Cook, daß der Herzog
von Buckingham großen Antheil an der gnädigen Entschließung des
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aus, „daß eine solche Einmengung nie wieder vorkomme! Wir wollen
den Dienst des Königs besorgen; wir werden ihm hoffentlich so nützlich
werden, daß wir keines Helfers bedürfen, um seine Zuneigung zu
gewinnen!“

Da das Unterhaus vor der definitiven Genehmigung der Sub-
sidien=Bill zunächst mit dem Oberhaus in Verbindung trat, um in
einer neuen Feststellung der Rechte der Nation eine größere Sicher-
heit derselben herbeizuführen, so ließ der König, dessen konstitu-
tionelle Regungen sehr schnell verschwunden waren, das Haus auf-
fordern, daß es die Erhebung der Subsidien=Bill zum Gesetz beschleu-
nigen möge. Die Aufforderung war von einer Erklärung des Mi-
nisters begleitet, welche nur zu sehr geeignet war, das Vertrauen der
Gemeinen in die Aufrichtigkeit des Königs aufs Neue zu vermindern.
Die Peers, weniger einsichtsvoll und für Karls Pläne zugänglicher
als die unerschrockenen Gemeinen, unternahmen einen schwächlichen
Vermittlungsversuch, indem sie dem Unterhause zumutheten, sich mit
einer allgemeinen Anerkennung der Magna charta und der späteren
Gesetze durch den König zu begnügen. Der König selbst, der wohl
fühlte, daß er den mißtrauischen Gemeinen etwas entgegenkommen
müsse, berief eine außerordentliche Sitzung beider Häuser des Parla-
ments auf den 28. April 1628 und erklärte in derselben feierlich, daß
er die Magna charta und die alten Statuten als unverletzlich an-
sehe. Er forderte das Parlament auf, für die Aufrechterhaltung
seiner Rechte auf sein „königliches Wort“ zu zählen, in dem es eine
größere Garantie finden könnte, als irgend ein neues Gesetz zu ge-
währen im Stande sei.

Die Gemeinen hielten indeß das Königswort Karls für kein so
zuverlässiges Fundament mehr, um demselben die konstitutionellen Rechte
und Freiheiten der Bürger anzuvertrauen. Unerschütterlich allen
Drohungen und Versprechungen des Königs gegenüber, bestanden sie
auf einer wiederholten Feststellung und Sanktion der alten Gesetze.
So kam denn am 8. Mai 1628 jene berühmte Bill zu Stande,
welche unter dem Namen der Petition der Rechte die durch die Magna
charta
und die späteren Gesetze der Nation gewährten Freiheiten und
Rechte von Neuem in feierlicher Weise feststellt, und die als die Grund-
lage der gegenwärtigen englischen Verfassung betrachtet werden kann.
Es war darin ausgesprochen, daß Niemand willkürlich ohne Angabe
des Grundes verhaftet werden dürfe; daß Jeder von seinem natür-
lichen Gerichtshof gerichtet werden müsse und Ausnahmegerichte un-
gesetzlich seien; daß Niemand verpflichtet sei, Steuern ohne vorherige
Bewilligung des Parlaments zu zahlen; daß auch das Land ferner
nicht mehr mit Einquartierung belästigt werden dürfe. Das Ober-
haus versuchte, eingeschüchtert durch die Botschaften des Königs einer-
seits und durch die feste Haltung des Unterhauses andererseits, die
Bedeutung der Bill, deren Verwerfung es nicht wagte, durch ein
vermittelndes Amendement zu schwächen. An der Festigkeit des Unter-
hauses scheiterte aber dieser neue Versuch, durch eine Hinterthür dem
Absolutismus Eingang in die englische Verfassung zu verschaffen, und
das Oberhaus wagte der ausgesprochenen öffentlichen Meinung gegen-
über nicht, an seinem zweideutigen Zusatz festzuhalten.

Die von beiden Häusern genehmigte Bill gelangte nun an den
König, und wieder trat die Nothwendigkeit der [unleserliches Material – 12 Zeichen fehlen]Entscheidung in
ernstester Weise an ihn heran. Er suchte derselben auszuweichen, in-
dem er eine mehrdeutige Antwort ertheilte, welche die Sanktionirung
der Bill vermied; aber die Ruhe und Würde, mit der die Gemeinen
an dem einmal gefaßten Beschluß festhielten, besiegte endlich den
Widerstand des Königs.

Noch war die Subsidien=Bill nicht zum Gesetz erhoben, und ihre
definitive Genehmigung hing von der Sanktion der petition of rights
[Spaltenumbruch] ab; jetzt aber erhoben die Gemeinen auch Anklage gegen den ver-
derblichen Rathgeber des Königs, den Herzog von Buckingham, den
sie in einer Protestation für einen Landesverräther erklärten. Der
König gab nach, um das Geld zu erhalten und seinen Günstling zu
retten. So erklärte er denn am 7. Juni 1628 in feierlicher Sitzung
beider Häuser vom Thron herab die petition of rights zum Gesetz
mit jener althergebrachten Formel der englischen Könige: „ Soit droit
comme il est désiré
“ ( es möge Gesetz sein, wie es gewünscht wird ) .
Jubel und Händeklatschen der Mitglieder des Parlaments antwortete
dem König, Freudenfeuer und Glockengeläut in allen Theilen der
Monarchie bezeugten die Freude der Nation über die Gewährung
ihrer Wünsche. Die petition of rights wurde mit der Erklärung
des Königs durch den Druck veröffentlicht und in das Protokoll der
Gerichtshöfe von Westminster eingetragen. Die Subsidien=Bill wurde
nun zum Gesetz erhoben; die Gemeinen glaubten indeß mit der
Sanktion der petition of rights sich nicht begnügen zu dürfen.
Vorsichtig gemacht durch das schwankende Benehmen des Königs und
von jenem Mißtrauen erfüllt, welches der auch nur einmal ausgeübte
Mißbrauch der Gewalt nothwendig erzeugt, bestanden sie auf der
praktischen Anwendung der so eben anerkannten Grundsätze. Nach
ihrer Meinung war die Entfernung Buckinghams durchaus noth-
wendig, der als der Ursprung aller Uebel betrachtet wurde und gegen
dessen willkürliche Verwaltung die Remonstration gerichtet war,
welche sofort nach Erledigung der Subsidien=Bill beschlossen wurde.
Wie berechtigt das Mißtrauen der Gemeinen aber war, davon zeugte
die königliche Antwort, die ihnen vorwarf, daß sie von Staats-
angelegenheiten nichts verständen. Jn derselben Woche wurde eine
neue Remonstration entworfen, welche die Einstellung der ungesetz-
lichen Erhebung des Pfund= und Tonnengeldes forderte und die Er-
klärung enthielt, daß die Einfuhrzölle wie jede andere Steuer nur in
Kraft eines durch die Zustimmung des Parlaments zu Stande ge-
brachten Gesetzes erhoben werden sollten. Der König, der schon längst
den Wunsch hatte, sich der hartnäckigen Volksvertreter zu entledigen,
aber zu keiner neuen Auflösung zu schreiten wagte, da er nicht erwar-
ten konnte, daß die Neuwahlen gefügigere Männer in das Haus der
Gemeinen senden würden, kam der Ueberreichung dieser zweiten Re-
monstration dadurch zuvor, daß er am 20. Juni das Parlament
vertagte.

Er bemühte sich indeß, durch versöhnliche Maßregeln die öffentliche
Meinung zu beschwichtigen und für sich zu stimmen, namentlich durch
Verschärfung der Strafgesetze gegen die Papisten, welche dem Volk
verhaßt waren, und durch Unterdrückung der Predigten vom leidenden
Gehorsam. Gleichzeitig rüstete der Günstling eine große Flotte aus,
um die von Richelieu belagerte Hugenottenfestung Rochelle zu be-
freien. Mitten in weitaussehenden Entwürfen für Englands Welt-
stellung, durch die er die Nation von den inneren Angelegenheiten
abzulenken hoffte, wurde der Herzog von Buckingham, der jetzt fester
als je in dem Vertrauen des Königs stand, von einem politischen
Fanatiker, Namens Fenton, in seinem Palast erstochen. Durch die
Freude des Volks über den Tod seines Günstlings erbittert, verfolgte
Karl wieder eifriger seine Pläne nach unumschränkter Herrschaft, da-
durch am meisten an den Tag legend, daß nicht äußere Einflüsse,
sondern seine eigensten Neigungen auf die Gründung einer absolu-
tistischen Regierung in England gerichtet waren. Von versöhnlichen
Schritten war nicht mehr die Rede. Nicht nur daß er, den ausdrück-
lichen Bestimmungen der petition of rights entgegen, das Pfund-
und Tonnengeld mit großer Strenge eintreiben ließ und ungesetzliche
Verhaftungen anbefahl, er verhöhnte das vertagte Parlament nament-
lich dadurch, daß er Männer, die wegen ihrer Gesinnungen und ihrer
Handlungen vom Parlament bestraft worden waren, begnadigte und
sogar zu hohen Würden beförderte. Einer der eifrigsten Gegner des
Parlaments, der am leidenschaftlichsten die unumschränkte göttliche
Macht der Krone verfochten, der Bischof von Bath, wurde zu der
hohen Würde eines Bischofs von London erhoben.

Jndeß mehrten sich die Schwierigkeiten, da inzwischen auch die
auswärtigen Verhältnisse sich sehr ungünstig gestaltet hatten. Die
Expedition nach Frankreich hatte keinen Erfolg, und Rochelle war in
die Hände Richelieu's gefallen. Jn London weigerten sich die Kauf-
leute, das Pfund= und Tonnengeld zu zahlen, und erfüllten das ganze
Land mit Beschwerden über die deßhalb Seitens der Schatzkammer
über ihre Güter verhängte Konfiskation. So versammelte denn der
König aufs Neue das Parlament, dessen Verhandlungen er diesmal
um so ruhiger entgegensehen zu können glaubte, als Buckingham, der
Gegenstand des allgemeinen Hasses, nicht mehr war. Ueberdies war
es Karl gelungen, durch Anwendung eines früher nicht selten ge-
brauchten Mittels, durch das Mittel der Bestechung, einige Führer der
Opposition für sich zu gewinnen. Unter ihnen war der weitaus be-
gabteste, der kühne und geniale Thomas Wentworth, der dieselbe
Energie, die er bisher als Vorkämpfer der Volksfreiheit entfaltet, den
Plänen des Königs dienstbar machte.

Das Parlament beschäftigte sich sogleich nach seinem Zusammen-
[Ende Spaltensatz]

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[262/0006] 262 gaben und Anleihen festgestellt werden sollte. Die von den loyalsten Gefühlen beseelten Gemeinen beschlossen aber gleichzeitig die Be- willigung einer ansehnlichen Summe, ohne indeß diesen Beschluß sofort zum definitiven Gesetz zu erheben. Die Freude des Königs über die Geneigtheit des Unterhauses, seinen Wünschen zu willfahren, war so groß, daß er seinen ursprünglichen Widerwillen gegen die Par- lamente für besiegt erklärte. Jn einem Kabinetsrath am 6. April 1628 that er folgende sehr charakteristische Aeußerung; „Als ich auf den Thron stirg, liebte ich die Parlamente; nachher habe ich, ich weiß nicht wie, einen Widerwillen gegen sie bekommen; jetzt finde ich mich wieder, wie ich im Anfang war: ich liebe sie, und ich werde mich freuen, mich offen wit meinem Volk wieder zu vereinigen“. Der König liebte eben die Parlamente so lange, als sie auf seine Wünsche einzugehen sich geneigt zeigten; machten sie aber nur Miene, sich seinen absolutistischen Neigungen zu widersetzen, so verwandelte sich sofort „die Milch der frommen Denkungsart in gährend Drachen- gift “. Das Unterhaus nahm die Erklärung des Königs von seiner Zufriedenheit und der Gunst, die er dem Parlament in allen Dingen zu zeigen bereit sei, mit lebhaftem Beifall und mit Genugthuung auf, wies aber den Hinweis des Staatssekretairs Cook, daß der Herzog von Buckingham großen Antheil an der gnädigen Entschließung des Königs habe, mit Würde zurück. „Jch wünsche“, rief John Elliot aus, „daß eine solche Einmengung nie wieder vorkomme! Wir wollen den Dienst des Königs besorgen; wir werden ihm hoffentlich so nützlich werden, daß wir keines Helfers bedürfen, um seine Zuneigung zu gewinnen!“ Da das Unterhaus vor der definitiven Genehmigung der Sub- sidien=Bill zunächst mit dem Oberhaus in Verbindung trat, um in einer neuen Feststellung der Rechte der Nation eine größere Sicher- heit derselben herbeizuführen, so ließ der König, dessen konstitu- tionelle Regungen sehr schnell verschwunden waren, das Haus auf- fordern, daß es die Erhebung der Subsidien=Bill zum Gesetz beschleu- nigen möge. Die Aufforderung war von einer Erklärung des Mi- nisters begleitet, welche nur zu sehr geeignet war, das Vertrauen der Gemeinen in die Aufrichtigkeit des Königs aufs Neue zu vermindern. Die Peers, weniger einsichtsvoll und für Karls Pläne zugänglicher als die unerschrockenen Gemeinen, unternahmen einen schwächlichen Vermittlungsversuch, indem sie dem Unterhause zumutheten, sich mit einer allgemeinen Anerkennung der Magna charta und der späteren Gesetze durch den König zu begnügen. Der König selbst, der wohl fühlte, daß er den mißtrauischen Gemeinen etwas entgegenkommen müsse, berief eine außerordentliche Sitzung beider Häuser des Parla- ments auf den 28. April 1628 und erklärte in derselben feierlich, daß er die Magna charta und die alten Statuten als unverletzlich an- sehe. Er forderte das Parlament auf, für die Aufrechterhaltung seiner Rechte auf sein „königliches Wort“ zu zählen, in dem es eine größere Garantie finden könnte, als irgend ein neues Gesetz zu ge- währen im Stande sei. Die Gemeinen hielten indeß das Königswort Karls für kein so zuverlässiges Fundament mehr, um demselben die konstitutionellen Rechte und Freiheiten der Bürger anzuvertrauen. Unerschütterlich allen Drohungen und Versprechungen des Königs gegenüber, bestanden sie auf einer wiederholten Feststellung und Sanktion der alten Gesetze. So kam denn am 8. Mai 1628 jene berühmte Bill zu Stande, welche unter dem Namen der Petition der Rechte die durch die Magna charta und die späteren Gesetze der Nation gewährten Freiheiten und Rechte von Neuem in feierlicher Weise feststellt, und die als die Grund- lage der gegenwärtigen englischen Verfassung betrachtet werden kann. Es war darin ausgesprochen, daß Niemand willkürlich ohne Angabe des Grundes verhaftet werden dürfe; daß Jeder von seinem natür- lichen Gerichtshof gerichtet werden müsse und Ausnahmegerichte un- gesetzlich seien; daß Niemand verpflichtet sei, Steuern ohne vorherige Bewilligung des Parlaments zu zahlen; daß auch das Land ferner nicht mehr mit Einquartierung belästigt werden dürfe. Das Ober- haus versuchte, eingeschüchtert durch die Botschaften des Königs einer- seits und durch die feste Haltung des Unterhauses andererseits, die Bedeutung der Bill, deren Verwerfung es nicht wagte, durch ein vermittelndes Amendement zu schwächen. An der Festigkeit des Unter- hauses scheiterte aber dieser neue Versuch, durch eine Hinterthür dem Absolutismus Eingang in die englische Verfassung zu verschaffen, und das Oberhaus wagte der ausgesprochenen öffentlichen Meinung gegen- über nicht, an seinem zweideutigen Zusatz festzuhalten. Die von beiden Häusern genehmigte Bill gelangte nun an den König, und wieder trat die Nothwendigkeit der ____________Entscheidung in ernstester Weise an ihn heran. Er suchte derselben auszuweichen, in- dem er eine mehrdeutige Antwort ertheilte, welche die Sanktionirung der Bill vermied; aber die Ruhe und Würde, mit der die Gemeinen an dem einmal gefaßten Beschluß festhielten, besiegte endlich den Widerstand des Königs. Noch war die Subsidien=Bill nicht zum Gesetz erhoben, und ihre definitive Genehmigung hing von der Sanktion der petition of rights ab; jetzt aber erhoben die Gemeinen auch Anklage gegen den ver- derblichen Rathgeber des Königs, den Herzog von Buckingham, den sie in einer Protestation für einen Landesverräther erklärten. Der König gab nach, um das Geld zu erhalten und seinen Günstling zu retten. So erklärte er denn am 7. Juni 1628 in feierlicher Sitzung beider Häuser vom Thron herab die petition of rights zum Gesetz mit jener althergebrachten Formel der englischen Könige: „ Soit droit comme il est désiré “ ( es möge Gesetz sein, wie es gewünscht wird ) . Jubel und Händeklatschen der Mitglieder des Parlaments antwortete dem König, Freudenfeuer und Glockengeläut in allen Theilen der Monarchie bezeugten die Freude der Nation über die Gewährung ihrer Wünsche. Die petition of rights wurde mit der Erklärung des Königs durch den Druck veröffentlicht und in das Protokoll der Gerichtshöfe von Westminster eingetragen. Die Subsidien=Bill wurde nun zum Gesetz erhoben; die Gemeinen glaubten indeß mit der Sanktion der petition of rights sich nicht begnügen zu dürfen. Vorsichtig gemacht durch das schwankende Benehmen des Königs und von jenem Mißtrauen erfüllt, welches der auch nur einmal ausgeübte Mißbrauch der Gewalt nothwendig erzeugt, bestanden sie auf der praktischen Anwendung der so eben anerkannten Grundsätze. Nach ihrer Meinung war die Entfernung Buckinghams durchaus noth- wendig, der als der Ursprung aller Uebel betrachtet wurde und gegen dessen willkürliche Verwaltung die Remonstration gerichtet war, welche sofort nach Erledigung der Subsidien=Bill beschlossen wurde. Wie berechtigt das Mißtrauen der Gemeinen aber war, davon zeugte die königliche Antwort, die ihnen vorwarf, daß sie von Staats- angelegenheiten nichts verständen. Jn derselben Woche wurde eine neue Remonstration entworfen, welche die Einstellung der ungesetz- lichen Erhebung des Pfund= und Tonnengeldes forderte und die Er- klärung enthielt, daß die Einfuhrzölle wie jede andere Steuer nur in Kraft eines durch die Zustimmung des Parlaments zu Stande ge- brachten Gesetzes erhoben werden sollten. Der König, der schon längst den Wunsch hatte, sich der hartnäckigen Volksvertreter zu entledigen, aber zu keiner neuen Auflösung zu schreiten wagte, da er nicht erwar- ten konnte, daß die Neuwahlen gefügigere Männer in das Haus der Gemeinen senden würden, kam der Ueberreichung dieser zweiten Re- monstration dadurch zuvor, daß er am 20. Juni das Parlament vertagte. Er bemühte sich indeß, durch versöhnliche Maßregeln die öffentliche Meinung zu beschwichtigen und für sich zu stimmen, namentlich durch Verschärfung der Strafgesetze gegen die Papisten, welche dem Volk verhaßt waren, und durch Unterdrückung der Predigten vom leidenden Gehorsam. Gleichzeitig rüstete der Günstling eine große Flotte aus, um die von Richelieu belagerte Hugenottenfestung Rochelle zu be- freien. Mitten in weitaussehenden Entwürfen für Englands Welt- stellung, durch die er die Nation von den inneren Angelegenheiten abzulenken hoffte, wurde der Herzog von Buckingham, der jetzt fester als je in dem Vertrauen des Königs stand, von einem politischen Fanatiker, Namens Fenton, in seinem Palast erstochen. Durch die Freude des Volks über den Tod seines Günstlings erbittert, verfolgte Karl wieder eifriger seine Pläne nach unumschränkter Herrschaft, da- durch am meisten an den Tag legend, daß nicht äußere Einflüsse, sondern seine eigensten Neigungen auf die Gründung einer absolu- tistischen Regierung in England gerichtet waren. Von versöhnlichen Schritten war nicht mehr die Rede. Nicht nur daß er, den ausdrück- lichen Bestimmungen der petition of rights entgegen, das Pfund- und Tonnengeld mit großer Strenge eintreiben ließ und ungesetzliche Verhaftungen anbefahl, er verhöhnte das vertagte Parlament nament- lich dadurch, daß er Männer, die wegen ihrer Gesinnungen und ihrer Handlungen vom Parlament bestraft worden waren, begnadigte und sogar zu hohen Würden beförderte. Einer der eifrigsten Gegner des Parlaments, der am leidenschaftlichsten die unumschränkte göttliche Macht der Krone verfochten, der Bischof von Bath, wurde zu der hohen Würde eines Bischofs von London erhoben. Jndeß mehrten sich die Schwierigkeiten, da inzwischen auch die auswärtigen Verhältnisse sich sehr ungünstig gestaltet hatten. Die Expedition nach Frankreich hatte keinen Erfolg, und Rochelle war in die Hände Richelieu's gefallen. Jn London weigerten sich die Kauf- leute, das Pfund= und Tonnengeld zu zahlen, und erfüllten das ganze Land mit Beschwerden über die deßhalb Seitens der Schatzkammer über ihre Güter verhängte Konfiskation. So versammelte denn der König aufs Neue das Parlament, dessen Verhandlungen er diesmal um so ruhiger entgegensehen zu können glaubte, als Buckingham, der Gegenstand des allgemeinen Hasses, nicht mehr war. Ueberdies war es Karl gelungen, durch Anwendung eines früher nicht selten ge- brauchten Mittels, durch das Mittel der Bestechung, einige Führer der Opposition für sich zu gewinnen. Unter ihnen war der weitaus be- gabteste, der kühne und geniale Thomas Wentworth, der dieselbe Energie, die er bisher als Vorkämpfer der Volksfreiheit entfaltet, den Plänen des Königs dienstbar machte. Das Parlament beschäftigte sich sogleich nach seinem Zusammen-

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Zitationshilfe: Sonntags-Blatt. Nr. 33. Berlin, 16. August 1868, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_sonntagsblatt33_1868/6>, abgerufen am 01.06.2024.