St. Galler Volksblatt. Nr. 103, Uznach, 24. 12. 1885. P. A. St. Galler Volksblatt. [Spaltenumbruch] 30. Jahrgang. [Spaltenumbruch] (Druck und Verlag von K. Oberholzer in Uznach.) [Spaltenumbruch] Donnerstag, 24. Dezember 1885. [Spaltenumbruch] Abonnementspreis: Bei der Expedition 1/2jährl. Fr. 2. 30, 1/4jährl. Fr. 1. 20 [Spaltenumbruch] No. 103. [Spaltenumbruch] Inserationsgebühr für den Seebezirk (ohne Vermittlung der sog. Inseraten- [Spaltenumbruch] Abonnementseinladung. Das "St. Galler Volksblatt" fährt im neuen Das Abonnement für das "Volksblatt" sammt Linth- Bei Bezug durch Verträger oder durch die Post Für's Ausland mit Adresse, jede Nummer einzeln Das erfreuliche Wachsthum der Abonnentenzahl im Gegenüber der stets wachsenden Konkurrenz und der Am wenigsten bangt uns für Zufluß an interessantem Wie das "St. Galler Volksblatt" bezüglich des So hoffen wir, das neue Jahr mit einem vermehrten Das walte Gott! Weihnachten und Jahresneige. "Geisterstimmen zu vernehmen, Mußt Du in der Seele lauschen, Lauter reden sie im Säuseln Als im Sturm und Wetterrauschen." Zu den feierlichsten Tagen des Kirchenjahres gehört Welch' ein Unglück dieser Unglaube, diese Pestseuche "Maria hat geboren Us irem Fleisch und Bluot Das Kindlein userkoren, War (wahr) Mensch und waren Gott.... Möcht' ich das Kindelin küssen An sin lieblichen Munt Und wär ich krank, für gewisse, Ich würd' davon gesunt" etc. Was das aber für Helden sind, die "das Licht, welches Das Weihnachtsfest ist der Ehrentag der Armuth. (Schluß folgt.) Das Rundschreiben Leo XIII. über die christliche Staatsverfassung. Das Beispiel der ersten Christen. Nicht anders geschah es in den ersten Jahrhunderten In unsern Zeiten aber ist es räthlich, diese Beispiele Brief vom Bernerbauer. Lieber Anton! Es ist schon ziemlich lange her, seit P. A. St. Galler Volksblatt. [Spaltenumbruch] 30. Jahrgang. [Spaltenumbruch] (Druck und Verlag von K. Oberholzer in Uznach.) [Spaltenumbruch] Donnerstag, 24. Dezember 1885. [Spaltenumbruch] Abonnementspreis: Bei der Expedition ½jährl. Fr. 2. 30, ¼jährl. Fr. 1. 20 [Spaltenumbruch] No. 103. [Spaltenumbruch] Inſerationsgebühr für den Seebezirk (ohne Vermittlung der ſog. Inſeraten- [Spaltenumbruch] Abonnementseinladung. Das „St. Galler Volksblatt“ fährt im neuen Das Abonnement für das „Volksblatt“ ſammt Linth- Bei Bezug durch Verträger oder durch die Poſt Für’s Ausland mit Adreſſe, jede Nummer einzeln Das erfreuliche Wachsthum der Abonnentenzahl im Gegenüber der ſtets wachſenden Konkurrenz und der Am wenigſten bangt uns für Zufluß an intereſſantem Wie das „St. Galler Volksblatt“ bezüglich des So hoffen wir, das neue Jahr mit einem vermehrten Das walte Gott! Weihnachten und Jahresneige. „Geiſterſtimmen zu vernehmen, Mußt Du in der Seele lauſchen, Lauter reden ſie im Säuſeln Als im Sturm und Wetterrauſchen.“ Zu den feierlichſten Tagen des Kirchenjahres gehört Welch’ ein Unglück dieſer Unglaube, dieſe Peſtſeuche „Maria hat geboren Us irem Fleiſch und Bluot Das Kindlein userkoren, War (wahr) Menſch und waren Gott.... Möcht’ ich das Kindelin küſſen An ſin lieblichen Munt Und wär ich krank, für gewiſſe, Ich würd’ davon geſunt“ ꝛc. Was das aber für Helden ſind, die „das Licht, welches Das Weihnachtsfeſt iſt der Ehrentag der Armuth. (Schluß folgt.) Das Rundſchreiben Leo XIII. über die chriſtliche Staatsverfaſſung. Das Beiſpiel der erſten Chriſten. Nicht anders geſchah es in den erſten Jahrhunderten In unſern Zeiten aber iſt es räthlich, dieſe Beiſpiele Brief vom Bernerbauer. Lieber Anton! Es iſt ſchon ziemlich lange her, ſeit <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="1"/> <titlePage xml:id="tp01a" type="heading" next="#tp01b"> <note> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">P. A.</hi> </hi> </note> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">St. Galler Volksblatt.</hi> </titlePart><lb/> <cb/> <titlePart type="sub"> <hi rendition="#b">30. Jahrgang.</hi> </titlePart><lb/> <cb/> <docImprint> <publisher>(Druck und Verlag von K. Oberholzer in Uznach.)</publisher><lb/> <cb/> <docDate>Donnerstag, 24. Dezember 1885.</docDate> </docImprint> </titlePage><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p><hi rendition="#b">Abonnementspreis:</hi> Bei der Expedition ½jährl. Fr. 2. 30, ¼jährl. Fr. 1. 20<lb/> Bei den Verträgern und mit Adreſſe in der Schweiz: ½j. Fr. 2. 50, ¼j. Fr. 1. 30<lb/> Bei der eidgen. <hi rendition="#g">Poſt:</hi> jährlich Fr. 5.—, ½jährl. Fr. 2. 60, ¼jährl. Fr. 1. 40<lb/> Für’s <hi rendition="#g">Ausland</hi> (Poſtverein) jede Nummer mit Adreſſe: ½jährl. Fr. 5. —<lb/> „ „ „ wöchentl. einmal „ „ ½jährl. Fr. 3. 50<lb/> Die Verſendung findet am Dienſtag und Freitag Abend ſtatt und es können<lb/> daher nur jene Inſeraten berückſichtigt werden, welche am Vormittag des Ausgabe-<lb/> Tages in der Druckerei abgegeben ſind.</p> </div><lb/> <cb/> <titlePage xml:id="tp01b" prev="#tp01a" type="heading"> <docImprint> <docDate> <hi rendition="#b">No. 103.</hi> </docDate> </docImprint> </titlePage><lb/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p><hi rendition="#b">Inſerationsgebühr</hi> für den Seebezirk (ohne Vermittlung der ſog. Inſeraten-<lb/> bureaux): Die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Cts.<lb/> Für die übrigen Inſerenten koſtet die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum<lb/> 15 Cts. — Bei <hi rendition="#g">öfteren</hi> Wiederholungen Rabatt. —<lb/> Auswärtige Anfragen betreff zu erfragende Inſerate müſſen 10 Cts. in Brief-<lb/> marken für Rückantwort enthalten. — <hi rendition="#g">Unfrankirte</hi> Sendungen werden nicht<lb/> berückſichtigt. — Das Blatt erſcheint wöchentlich zweimal: <hi rendition="#b">Mittwoch & Samſtag.</hi><lb/> Alle Samſtag mit den „<hi rendition="#g">Linth-Blätter</hi>“.</p> </div><lb/> </front> <body> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jAnnouncements" n="1"> <div type="jAn" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Abonnementseinladung.</hi> </head><lb/> <p>Das „<hi rendition="#g">St. Galler Volksblatt</hi>“ fährt im neuen<lb/> Jahre, dem 31. ſeines Beſtehens, in bisheriger Weiſe zu<lb/> erſcheinen fort. Tendenz, Preis und Format bleiben un-<lb/> verändert.</p><lb/> <p>Das Abonnement für das „Volksblatt“ ſammt Linth-<lb/> blätter beträgt:</p><lb/> <p>Bei Bezug durch Verträger oder durch die Poſt<lb/> mit Adreſſe <hi rendition="#et">per 3 Monate Fr. 1. 30<lb/> per 6 „ „ 2. 50</hi><lb/> Bei der Poſt beſtellt <hi rendition="#et">per 3 „ „ 1. 40<lb/> per 6 „ „ 2. 60</hi> </p><lb/> <p>Für’s <hi rendition="#g">Ausland</hi> mit Adreſſe, jede Nummer einzeln<lb/> bezogen <hi rendition="#et">per 6 Monate Fr. 5. —</hi><lb/> Wöchentlich einmal bezogen <hi rendition="#et">per 6 „ „ 3. 50</hi> </p><lb/> <p>Das erfreuliche Wachsthum der Abonnentenzahl im<lb/> Laufe des letzten Halbjahres iſt für uns eine Auf-<lb/> munterung, auf dem betretenen Wege fortzuarbeiten an<lb/> der guten Sache für die geiſtigen und materiellen Inter-<lb/> eſſen des Volkes, mit neuem Muth das Werk fortzuſetzen,<lb/> das unſer Blatt vor 30 Jahren begonnen; für das leſende<lb/> Publikum, zuvörderſt das katholiſche und konſervative,<lb/> ſollte dieſe Thatſache ein neuer Anſporn ſein, unſere<lb/> Sache, die in eminentem Sinne auch die ſeinige iſt, ſein<lb/> Zutrauen und ſeine Unterſtützung durch vermehrte Abonne-<lb/> ments zuzuwenden; für die inſerirende Geſchäftswelt end-<lb/> lich liegt darin ein Fingerzeig, ſich unſeres Blattes im<lb/> wohlverſtandenen eigenen Intereſſe zu bedienen.</p><lb/> <p>Gegenüber der ſtets wachſenden Konkurrenz und der<lb/> ſich herandrängenden Aufgaben des öffentlichen Lebens<lb/> ſind wir uns der gleichen Schritt haltenden größeren<lb/> Anforderungen an ein politiſches Blatt vollbewußt, hoffen<lb/> aber denſelben mit vermehrter Energie unter Gottes Bei-<lb/> ſtand und der Gewogenheit des titl. Publikums in allweg<lb/> zu genügen. Ein italieniſcher Biſchof ſagte von der Macht<lb/> der Preſſe: „Die Preſſe dominirt nicht, ſondern ſie <hi rendition="#g">re-<lb/> giert</hi>“. Daß die Katholiken dieſes Wort richtig ver-<lb/> ſtünden und ihren Pflichten gegen die Vertheidiger ihrer<lb/> Sache in entſprechendem Maße gerecht würden!</p><lb/> <p>Am wenigſten bangt uns für Zufluß an intereſſantem<lb/> Leſeſtoffe im neuen Jahre: in ihrer raſtloſen Wandelung<lb/> bringt unſere Zeit jeden Tag neue Probleme auf’s Tapet<lb/> und nach der jetzigen politiſchen Wetterprognoſe dürfte uns<lb/> das Jahr 1886 eine nur zu reiche Fülle „Neuigkeiten“<lb/> ab dem Welttheater und den kleinern Bühnen unſeres<lb/> eidgenöſſiſchen und kantonalen Geſellſchaftslebens bringen.<lb/> Das „St. Galler Volksblatt“ dürfte als zuverläſſiger<lb/> Führer in dieſem Wirrniß zeitgenöſſiſcher Fragen auch<lb/> ferner jedem Ungebildeten wie auch Gebildeten will-<lb/> kommen ſein.</p><lb/> <p>Wie das „St. Galler Volksblatt“ bezüglich des<lb/> Abonnementspreiſes eines der billigſten Preßorgane iſt, ſo<lb/> bietet es dem gegenwärtig zu ſo hoher Bedeutung ge-<lb/> langten <hi rendition="#g">Inſeratenweſen</hi> ganz weſentliche Vortheile<lb/> durch billigen Inſertionsanſatz und wirkſame Verbreitung.</p><lb/> <p>So hoffen wir, das neue Jahr mit einem vermehrten<lb/> Freundes- und Leſerkreis anzutreten und ermuthigt im<lb/> Anblick der treu gebliebenen alten und der Schaar uns<lb/> neu zugeſtrömter Abonnenten mit neuer Luſt und Liebe<lb/> die 31. Arbeitscampagne zurücklegen zu können.</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#et">Das walte Gott!</hi> </salute> </closer><lb/> <byline> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#b">Redaktion und Verlag.</hi> </hi> </byline> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Weihnachten und Jahresneige.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l> <hi rendition="#et">„Geiſterſtimmen zu vernehmen,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Mußt Du in der Seele lauſchen,</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Lauter reden ſie im Säuſeln</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Als im Sturm und Wetterrauſchen.“</hi> </l><lb/> <byline> <hi rendition="#et">(F. V. Weber.)</hi> </byline> </lg><lb/> <p>Zu den feierlichſten Tagen des Kirchenjahres gehört<lb/> das heilige Weihnachtsfeſt, die Erinnerungfeier an jenes<lb/> ewig glückſelige Ereigniß, wo in der Fülle dre Zeiten, in der<lb/> tiefſten Zerrüttung der moraliſchen Ordnung, wo faſt<lb/> die ganze Menſchheit in den Feſſeln der ſittlichen Finſterniß<lb/> lag und nur noch wenige auserleſene Seelen dem Glauben<lb/> an den wahren Gott treu geblieben — Jeſus, der Er-<lb/> löſer, erſchien zur unermeßlichen Freude der auf die Er-<lb/> löſung Harrenden. Und dieſes Feſt iſt auch eine Ver-<lb/> herrlichung der Armuth, der Demuth und des Gehorſams.<lb/> Die auf ſeine Berufung als auserwähltes Volk Gottes ſo<lb/> hochmüthigen Juden konnten ſich den verheißenen Meſſias<lb/> nur im Glanze irdiſcher Macht und Herrlichkeit denken —<lb/> aber als der Verheißene kam, ſo ganz arm, nackt und verlaſſen,<lb/> geboren in einem Stalle zu Bethlehem, da anerkannten<lb/><cb/> ſie ihn nicht und bis auf die heutige Stunde glauben<lb/> ſie in ihrer Verblendung nicht, daß das in einer Krippe<lb/> zu Bethlehem geborene Kind der verheißene Meſſias ge-<lb/> weſen. So verblendet und verhärtet der Stolz die Herzen!<lb/> Und der Unglaube iſt heutzutage nicht nur mehr die Ver-<lb/> urtheilung der Juden; ſo viele Derer, welche die frohe<lb/> Botſchaft hörten und ſie einſt mit gläubigem Sinne auf-<lb/> nahmen, haben ſpäter ihr Herz dem Stolze eröffnet, den<lb/> Glauben aus demſelben vertrieben und von ihrem glaubens-<lb/> kalten, des Lichtes der Wahrheit beraubten Herzen gilt<lb/> jetzt das Wort des Evangeliums, das in der dritten<lb/> Meſſe dieſes hochfeierlichen Feſtes verleſen wird: „Das<lb/> Licht leuchtete in der Finſterniß, aber die Finſterniß hat<lb/> es nicht begriffen“. Wie ſoll da der „Friede“ einziehen,<lb/> welchen die himmliſchen Heerſchaaren den Hirten auf dem<lb/> Felde verkündeten und die Kirche fortwährend verkündet<lb/> Denen, die „eines guten Willens“ ſind? „Wer ohne<lb/> Liebe, ohne zuvorkommenden Glauben, nur mit dem ab-<lb/> wägenden richtenden Verſtande,“ ſagt Dr. C. Martin in<lb/> ſeinem Lehrbuch der katholiſchen Religion, „die Religions-<lb/> wahrheiten begreifen will, der wird früher oder ſpäter<lb/> in Irrthümer und Hochmuth verfallen.“</p><lb/> <p>Welch’ ein Unglück dieſer Unglaube, dieſe Peſtſeuche<lb/> unſerer Zeit! Freudelos, troſtlos blickt der Ungläubige<lb/> zum entthronten Himmel, ſchaudernd in den Schooß der<lb/> Erde, und der beſeligenden Freude, welche die zeitliche<lb/> Geburt des Welterlöſers Allen, die ihn gläubig und<lb/> guten Willens aufnehmen, herabbringt, wird er nicht<lb/> theilhaftig. Wie ſchön ſpiegelt ſich dagegen die innig-<lb/> warme Gläubigkeit des Mittelalters in den auf uns über-<lb/> kommenen geiſtlichen Volksliedern jener Zeit ab, z. B. in<lb/> jenen kindlich frommen Weihnachtsliedern mit Miſchverſen:<lb/><hi rendition="#aq">„In dulci jubilo</hi> — nu ſinget und ſeid froh!<lb/> Unſeres Herzen wunne — leit (liegt) <hi rendition="#aq">in porsepio</hi> (in der Krippe), ꝛc.<lb/> oder in dem Fauler’ſchen Weihnachtslied:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Maria hat geboren</l><lb/> <l>Us irem Fleiſch und Bluot</l><lb/> <l>Das Kindlein userkoren,</l><lb/> <l>War (wahr) Menſch und waren Gott....</l><lb/> <l>Möcht’ ich das Kindelin küſſen</l><lb/> <l>An ſin lieblichen Munt</l><lb/> <l>Und wär ich krank, für gewiſſe,</l><lb/> <l>Ich würd’ davon geſunt“ ꝛc.</l> </lg><lb/> <p>Was das aber für Helden ſind, die „das Licht, welches<lb/> alle Menſchen, die in dieſe Welt kommen, erleuchtet“,<lb/> nicht aufnehmen, ſagt uns Leonz Curnier aus eigener<lb/> Erfahrung. „Dieſe berühmten Gottesleugner und Zweifler<lb/> gleichen den Feiglingen, welche Angeſichts der Gefahr<lb/> jubeln oder ſingen, um zu beweiſen, daß ſie keine Furcht<lb/> haben. Der Eine glaubt nicht an Gott, aber fürchtete den<lb/> Teufel. Der Andere verſteckte ſich in Aberglauben, um<lb/> den „Feind“ zu vertreiben. Ein Dritter hätte ſich gerne<lb/> verborgen, als eine Beerdigung vorüberzog. Gott leugnen,<lb/> die Vorſehung in Zweifel ziehen, den Himmel zumachen,<lb/> die Unſterblichkeit der Seele wegſtreiten, ſeines Theils<lb/> auf dieſe Unſterblichkeit verzichten, in den Milliarden<lb/> Gräbern, mit denen die Erde überſäet iſt, nur Werk-<lb/> ſtätten der Zerſtörung ſehen, aus denen das Nichts her-<lb/> vorgehen ſoll — iſt ganz hübſch, wenn man 30 Jahre<lb/> alt iſt, Witz hat, den Kopf hoch trägt, gute Geſundheit,<lb/> guten Appetit, leichte Verdauung hat. — Aber nachher?<lb/> Jenſeits? Am Schluſſe der letzten Linie des letzten<lb/> Kapitels?“</p><lb/> <p>Das Weihnachtsfeſt iſt der Ehrentag der <hi rendition="#g">Armuth</hi>.<lb/> Was hat der Begüterte, der Reiche, der Große und An-<lb/> geſehene vor den Armen voraus, wenn der Sohn Gottes<lb/> ſelbſt in bitterſter Armuth, in Niedrigkeit, in einer Krippe,<lb/> wo Ochs und Eſelein ihre Heimſtätte haben, ſeine Wiege<lb/> hatte? Durch dieſe Selbſterniedrigung des Gottmenſchen<lb/> iſt die freiwillig und unverſchuldete Armuth für alle<lb/> Zeiten geadelt. Darum ſagt auch der von uns Allen<lb/> verehrte ſelige Alban Stolz in ſeiner Schrift „Dürre<lb/> Kräuter“ u. A.: „Es wird mir faſt bis zur Schreck-<lb/> haftigkeit klar, wie die Armuth vor Gott einen ſo großen<lb/> Werth habe, wie Gott die Armen lieber habe als andere<lb/> Leute und daß wir Wohlhabende niederer ſtehen und<lb/> ſchwerer ſelig werden“.</p> <p> <ref> <hi rendition="#et">(Schluß folgt.)</hi> </ref> </p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das Rundſchreiben Leo <hi rendition="#aq">XIII.</hi> über die chriſtliche<lb/> Staatsverfaſſung.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Das Beiſpiel der erſten Chriſten</hi>.</hi> </p><lb/> <p>Nicht anders geſchah es in den erſten Jahrhunderten<lb/> der Kirche. Denn die Sitten und Beſtrebungen der Heiden<lb/> wichen ſo weit als möglich ab von den Beſtrebungen und<lb/> Sitten des Evangeliums; dennoch ſah man die Chriſten<lb/><cb/> mitten im Aberglauben unverderbt und unverändert bleiben<lb/> und muthig eindringen, wo immer ein Zugang ſich öffnete.<lb/> Muſter der Treue gegen die Fürſten und den Geſetzen<lb/> gehorchend, ſoweit es erlaubt war, verbreiteten ſie nach<lb/> allen Seiten wunderbaren Glanz der Heiligkeit; ſie be-<lb/> mühten ſich, den Brüdern zu nützen, die übrigen zur<lb/> Weisheit Chriſti zu rufen; aber ſie waren auch bereit,<lb/> ihre Stelle zu verlaſſen und tapfer den Tod zu erleiden,<lb/> falls es nicht möglich war, ohne Verletzung der Tugend<lb/> Ehren, Aemter und Herrſchaft zu bewahren. Dadurch trugen<lb/> ſie raſch die chriſtlichen Einrichtungen nicht nur in die<lb/> Privathäuſer, ſondern auch in die Lager, in das Rath-<lb/> haus und die Königsburg. „Wir ſind erſt von geſtern,<lb/> und dennoch erfüllen wir all’ das Euere, Städte, Inſeln,<lb/> Schlöſſer, Gemeinde, Vereine ſogar die Lager, die Tribus<lb/> und Decurien, den Palaſt, den Senat und das Forum“<lb/> (Tertull. Apol. 11, 37). Daher kam es, daß der chriſtliche<lb/> Glaube, als es geſetzlich erlaubt wurde, öffentlich das<lb/> Evangelium zu bekennen, nicht mehr in der Wiege, ſondern<lb/> erwachſen und ſchon hinreichend ſtark in den meiſten Staaten<lb/> hervortrat.</p><lb/> <p>In unſern Zeiten aber iſt es räthlich, dieſe Beiſpiele<lb/> der Vorfahren zu erneuern. Alle Katholiken, welche dieſes<lb/> Namens würdig ſind, müſſen vor Allem liebende Kinder<lb/> der Kirche ſein und als ſolche erſcheinen wollen; was ſich<lb/> mit dieſem Lobe nicht verträgt, ſollen ſie ohne Zögern<lb/> zurückweiſen. Sie ſollen die Einrichtungen der Völker,<lb/> ſo weit es in ehrenhafter Weıſe geſchehen kann, zum<lb/> Schutze der Wahrheit und Gerechtigkeit gebrauchen; Sorge<lb/> tragen, daß die Freiheit des Handelns nicht das durch<lb/> das natürliche und göttliche Geſetz beſtimmte Maß über-<lb/> ſchreite, ſich beſtreben, daß der ganze Staat ſich geſtalte<lb/> nach dem vorhin geſchiderten Ideale.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Brief vom Bernerbauer.</hi> </head><lb/> <byline>(Korr. v. Jura.)</byline><lb/> <salute>Lieber Anton!</salute> <p>Es iſt ſchon ziemlich lange her, ſeit<lb/> ich Dir meinen letzten Brief zugeſandt. Jetzt muß ich Dir<lb/> doch vor das alte Jahr ſeine Drucke, gefüllt mit allerlei<lb/> Freud und Leid, zuſchlägt, auch wieder ein Lebenszeichen<lb/> geben, damit Du ſiehſt, daß der Bernerbauer auch noch<lb/> unter den geplagten Sterblichen ſchnaufet. Wie ich von<lb/> dem freundlichen Beſuche vernommen, der vor einigen<lb/> Wochen bei Dir zu Gaſt war, ſo biſt Du ſo ordentlich<lb/> ſammt Frau und Kindern bei Geſundheit, Appetit und<lb/> Leben. Dein Wohlergehen freut mich gewiß recht ſehr und<lb/> ich möchte Dir von Herzen wünſchen, was allemal die<lb/> hohen Herren am Schluſſe eines Toaſtes ſo kräftig aus-<lb/> rufen. Wenn ich recht verſtanden habe, ſo ſagen ſie: <hi rendition="#aq">«Ad<lb/> multos annos!»</hi> Das heiße: „Auf viele Jahre!“ ſagte<lb/> unſer Schulmeiſter, der auch hie und da im Diktionär nach<lb/> lateiniſchen Brocken ſchnappt. Glück und Segen und alles<lb/> Gute, das wünſche ich Dir in der That von Herzen für<lb/> das kommende Jahr und für noch lange Jahre. Viel<lb/> Gutes könnt’ ich im neuen Jahre auch brauchen, das um<lb/> ſo mehr, da ich auf dem Spiegelberg ein ziemlich mittel-<lb/> mäßiges „Jöhrli“ hatte und viel Ungemach dazu. Das<lb/> iſt auch der Hauptgrund, warum ich Dir ſo lange nicht<lb/> hab’ ſchreiben mögen, nicht deßhalb, weil allemal meine<lb/> Frau wieder raiſonnirt, wenn ich den Spiegel wieder auf<lb/> die Naſe ſetzen und in die Zeitung nach ihrer Meinung<lb/> ſo dummes Zeug ſchreiben will. Der Sommer war bei<lb/> uns ſehr trocken, noch trockener der Herbſt, ſo daß faſt<lb/> alle Brunnen abgeſtanden ſind und man bereits kein Waſſer<lb/> zum Raſſiren bekommen hat. In Folge der anhaltenden<lb/> Tröckne hat’s denn auch miſerabel wenig Heu gegeben.<lb/> Vom Emd wollen wir gar nicht reden. Nach dem Heuet<lb/> ſind die Wieſen total verbrennt und es hat kein „Füderli“<lb/> Emd gegeben. So kannſt Dir ſelber vorſtellen, was für<lb/> ein elendes „Heuſtöckli“ ich habe und daß meine magern<lb/> Kühe nicht ſo gern in das verſchnittene Stroh und grobe<lb/> Heu beißen, wie die großen Herren in die duftenden Brat-<lb/> würſte. Auch das Korn und der Haber ſind bei der trockenen<lb/> Witterung kurz geblieben, zum guten Theil ſchwarz und<lb/> leicht geworden. Obſt hat’s theilweiſe noch ordentlich ge-<lb/> geben, aber man hat’s eben mit den „lauſigen Schelmen“<lb/> auch theilen müſſen, wie der Bauer ſeine ſauer verdienten<lb/> Batzen mit den Schmarotzern von dem beamteten Herren-<lb/> volk theilen muß. Ein Glück war’s, daß es noch gute und<lb/> geſunde Erdäpfel gab wie Kegelkugeln. Da kann man<lb/> doch mit dem Tiſch voll Buben und Meitli no Erdäpfel<lb/> und Waſſerſuppe eſſen, wenn auch ungeſchmalzene. Das<lb/> Schmalz muß man natürlich verkaufen, um die bald er-<lb/> drückenden, hohen Steuern und die nothwendigen Winter-<lb/> kleider zu zahlen. In den letzten Wochen hatten wir kalte,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1/0001]
P. A. St. Galler Volksblatt.
30. Jahrgang.
(Druck und Verlag von K. Oberholzer in Uznach.)
Donnerstag, 24. Dezember 1885.
Abonnementspreis: Bei der Expedition ½jährl. Fr. 2. 30, ¼jährl. Fr. 1. 20
Bei den Verträgern und mit Adreſſe in der Schweiz: ½j. Fr. 2. 50, ¼j. Fr. 1. 30
Bei der eidgen. Poſt: jährlich Fr. 5.—, ½jährl. Fr. 2. 60, ¼jährl. Fr. 1. 40
Für’s Ausland (Poſtverein) jede Nummer mit Adreſſe: ½jährl. Fr. 5. —
„ „ „ wöchentl. einmal „ „ ½jährl. Fr. 3. 50
Die Verſendung findet am Dienſtag und Freitag Abend ſtatt und es können
daher nur jene Inſeraten berückſichtigt werden, welche am Vormittag des Ausgabe-
Tages in der Druckerei abgegeben ſind.
No. 103.
Inſerationsgebühr für den Seebezirk (ohne Vermittlung der ſog. Inſeraten-
bureaux): Die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Cts.
Für die übrigen Inſerenten koſtet die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum
15 Cts. — Bei öfteren Wiederholungen Rabatt. —
Auswärtige Anfragen betreff zu erfragende Inſerate müſſen 10 Cts. in Brief-
marken für Rückantwort enthalten. — Unfrankirte Sendungen werden nicht
berückſichtigt. — Das Blatt erſcheint wöchentlich zweimal: Mittwoch & Samſtag.
Alle Samſtag mit den „Linth-Blätter“.
Abonnementseinladung.
Das „St. Galler Volksblatt“ fährt im neuen
Jahre, dem 31. ſeines Beſtehens, in bisheriger Weiſe zu
erſcheinen fort. Tendenz, Preis und Format bleiben un-
verändert.
Das Abonnement für das „Volksblatt“ ſammt Linth-
blätter beträgt:
Bei Bezug durch Verträger oder durch die Poſt
mit Adreſſe per 3 Monate Fr. 1. 30
per 6 „ „ 2. 50
Bei der Poſt beſtellt per 3 „ „ 1. 40
per 6 „ „ 2. 60
Für’s Ausland mit Adreſſe, jede Nummer einzeln
bezogen per 6 Monate Fr. 5. —
Wöchentlich einmal bezogen per 6 „ „ 3. 50
Das erfreuliche Wachsthum der Abonnentenzahl im
Laufe des letzten Halbjahres iſt für uns eine Auf-
munterung, auf dem betretenen Wege fortzuarbeiten an
der guten Sache für die geiſtigen und materiellen Inter-
eſſen des Volkes, mit neuem Muth das Werk fortzuſetzen,
das unſer Blatt vor 30 Jahren begonnen; für das leſende
Publikum, zuvörderſt das katholiſche und konſervative,
ſollte dieſe Thatſache ein neuer Anſporn ſein, unſere
Sache, die in eminentem Sinne auch die ſeinige iſt, ſein
Zutrauen und ſeine Unterſtützung durch vermehrte Abonne-
ments zuzuwenden; für die inſerirende Geſchäftswelt end-
lich liegt darin ein Fingerzeig, ſich unſeres Blattes im
wohlverſtandenen eigenen Intereſſe zu bedienen.
Gegenüber der ſtets wachſenden Konkurrenz und der
ſich herandrängenden Aufgaben des öffentlichen Lebens
ſind wir uns der gleichen Schritt haltenden größeren
Anforderungen an ein politiſches Blatt vollbewußt, hoffen
aber denſelben mit vermehrter Energie unter Gottes Bei-
ſtand und der Gewogenheit des titl. Publikums in allweg
zu genügen. Ein italieniſcher Biſchof ſagte von der Macht
der Preſſe: „Die Preſſe dominirt nicht, ſondern ſie re-
giert“. Daß die Katholiken dieſes Wort richtig ver-
ſtünden und ihren Pflichten gegen die Vertheidiger ihrer
Sache in entſprechendem Maße gerecht würden!
Am wenigſten bangt uns für Zufluß an intereſſantem
Leſeſtoffe im neuen Jahre: in ihrer raſtloſen Wandelung
bringt unſere Zeit jeden Tag neue Probleme auf’s Tapet
und nach der jetzigen politiſchen Wetterprognoſe dürfte uns
das Jahr 1886 eine nur zu reiche Fülle „Neuigkeiten“
ab dem Welttheater und den kleinern Bühnen unſeres
eidgenöſſiſchen und kantonalen Geſellſchaftslebens bringen.
Das „St. Galler Volksblatt“ dürfte als zuverläſſiger
Führer in dieſem Wirrniß zeitgenöſſiſcher Fragen auch
ferner jedem Ungebildeten wie auch Gebildeten will-
kommen ſein.
Wie das „St. Galler Volksblatt“ bezüglich des
Abonnementspreiſes eines der billigſten Preßorgane iſt, ſo
bietet es dem gegenwärtig zu ſo hoher Bedeutung ge-
langten Inſeratenweſen ganz weſentliche Vortheile
durch billigen Inſertionsanſatz und wirkſame Verbreitung.
So hoffen wir, das neue Jahr mit einem vermehrten
Freundes- und Leſerkreis anzutreten und ermuthigt im
Anblick der treu gebliebenen alten und der Schaar uns
neu zugeſtrömter Abonnenten mit neuer Luſt und Liebe
die 31. Arbeitscampagne zurücklegen zu können.
Das walte Gott!
Redaktion und Verlag.
Weihnachten und Jahresneige.
„Geiſterſtimmen zu vernehmen,
Mußt Du in der Seele lauſchen,
Lauter reden ſie im Säuſeln
Als im Sturm und Wetterrauſchen.“
(F. V. Weber.)
Zu den feierlichſten Tagen des Kirchenjahres gehört
das heilige Weihnachtsfeſt, die Erinnerungfeier an jenes
ewig glückſelige Ereigniß, wo in der Fülle dre Zeiten, in der
tiefſten Zerrüttung der moraliſchen Ordnung, wo faſt
die ganze Menſchheit in den Feſſeln der ſittlichen Finſterniß
lag und nur noch wenige auserleſene Seelen dem Glauben
an den wahren Gott treu geblieben — Jeſus, der Er-
löſer, erſchien zur unermeßlichen Freude der auf die Er-
löſung Harrenden. Und dieſes Feſt iſt auch eine Ver-
herrlichung der Armuth, der Demuth und des Gehorſams.
Die auf ſeine Berufung als auserwähltes Volk Gottes ſo
hochmüthigen Juden konnten ſich den verheißenen Meſſias
nur im Glanze irdiſcher Macht und Herrlichkeit denken —
aber als der Verheißene kam, ſo ganz arm, nackt und verlaſſen,
geboren in einem Stalle zu Bethlehem, da anerkannten
ſie ihn nicht und bis auf die heutige Stunde glauben
ſie in ihrer Verblendung nicht, daß das in einer Krippe
zu Bethlehem geborene Kind der verheißene Meſſias ge-
weſen. So verblendet und verhärtet der Stolz die Herzen!
Und der Unglaube iſt heutzutage nicht nur mehr die Ver-
urtheilung der Juden; ſo viele Derer, welche die frohe
Botſchaft hörten und ſie einſt mit gläubigem Sinne auf-
nahmen, haben ſpäter ihr Herz dem Stolze eröffnet, den
Glauben aus demſelben vertrieben und von ihrem glaubens-
kalten, des Lichtes der Wahrheit beraubten Herzen gilt
jetzt das Wort des Evangeliums, das in der dritten
Meſſe dieſes hochfeierlichen Feſtes verleſen wird: „Das
Licht leuchtete in der Finſterniß, aber die Finſterniß hat
es nicht begriffen“. Wie ſoll da der „Friede“ einziehen,
welchen die himmliſchen Heerſchaaren den Hirten auf dem
Felde verkündeten und die Kirche fortwährend verkündet
Denen, die „eines guten Willens“ ſind? „Wer ohne
Liebe, ohne zuvorkommenden Glauben, nur mit dem ab-
wägenden richtenden Verſtande,“ ſagt Dr. C. Martin in
ſeinem Lehrbuch der katholiſchen Religion, „die Religions-
wahrheiten begreifen will, der wird früher oder ſpäter
in Irrthümer und Hochmuth verfallen.“
Welch’ ein Unglück dieſer Unglaube, dieſe Peſtſeuche
unſerer Zeit! Freudelos, troſtlos blickt der Ungläubige
zum entthronten Himmel, ſchaudernd in den Schooß der
Erde, und der beſeligenden Freude, welche die zeitliche
Geburt des Welterlöſers Allen, die ihn gläubig und
guten Willens aufnehmen, herabbringt, wird er nicht
theilhaftig. Wie ſchön ſpiegelt ſich dagegen die innig-
warme Gläubigkeit des Mittelalters in den auf uns über-
kommenen geiſtlichen Volksliedern jener Zeit ab, z. B. in
jenen kindlich frommen Weihnachtsliedern mit Miſchverſen:
„In dulci jubilo — nu ſinget und ſeid froh!
Unſeres Herzen wunne — leit (liegt) in porsepio (in der Krippe), ꝛc.
oder in dem Fauler’ſchen Weihnachtslied:
„Maria hat geboren
Us irem Fleiſch und Bluot
Das Kindlein userkoren,
War (wahr) Menſch und waren Gott....
Möcht’ ich das Kindelin küſſen
An ſin lieblichen Munt
Und wär ich krank, für gewiſſe,
Ich würd’ davon geſunt“ ꝛc.
Was das aber für Helden ſind, die „das Licht, welches
alle Menſchen, die in dieſe Welt kommen, erleuchtet“,
nicht aufnehmen, ſagt uns Leonz Curnier aus eigener
Erfahrung. „Dieſe berühmten Gottesleugner und Zweifler
gleichen den Feiglingen, welche Angeſichts der Gefahr
jubeln oder ſingen, um zu beweiſen, daß ſie keine Furcht
haben. Der Eine glaubt nicht an Gott, aber fürchtete den
Teufel. Der Andere verſteckte ſich in Aberglauben, um
den „Feind“ zu vertreiben. Ein Dritter hätte ſich gerne
verborgen, als eine Beerdigung vorüberzog. Gott leugnen,
die Vorſehung in Zweifel ziehen, den Himmel zumachen,
die Unſterblichkeit der Seele wegſtreiten, ſeines Theils
auf dieſe Unſterblichkeit verzichten, in den Milliarden
Gräbern, mit denen die Erde überſäet iſt, nur Werk-
ſtätten der Zerſtörung ſehen, aus denen das Nichts her-
vorgehen ſoll — iſt ganz hübſch, wenn man 30 Jahre
alt iſt, Witz hat, den Kopf hoch trägt, gute Geſundheit,
guten Appetit, leichte Verdauung hat. — Aber nachher?
Jenſeits? Am Schluſſe der letzten Linie des letzten
Kapitels?“
Das Weihnachtsfeſt iſt der Ehrentag der Armuth.
Was hat der Begüterte, der Reiche, der Große und An-
geſehene vor den Armen voraus, wenn der Sohn Gottes
ſelbſt in bitterſter Armuth, in Niedrigkeit, in einer Krippe,
wo Ochs und Eſelein ihre Heimſtätte haben, ſeine Wiege
hatte? Durch dieſe Selbſterniedrigung des Gottmenſchen
iſt die freiwillig und unverſchuldete Armuth für alle
Zeiten geadelt. Darum ſagt auch der von uns Allen
verehrte ſelige Alban Stolz in ſeiner Schrift „Dürre
Kräuter“ u. A.: „Es wird mir faſt bis zur Schreck-
haftigkeit klar, wie die Armuth vor Gott einen ſo großen
Werth habe, wie Gott die Armen lieber habe als andere
Leute und daß wir Wohlhabende niederer ſtehen und
ſchwerer ſelig werden“.
(Schluß folgt.)
Das Rundſchreiben Leo XIII. über die chriſtliche
Staatsverfaſſung.
Das Beiſpiel der erſten Chriſten.
Nicht anders geſchah es in den erſten Jahrhunderten
der Kirche. Denn die Sitten und Beſtrebungen der Heiden
wichen ſo weit als möglich ab von den Beſtrebungen und
Sitten des Evangeliums; dennoch ſah man die Chriſten
mitten im Aberglauben unverderbt und unverändert bleiben
und muthig eindringen, wo immer ein Zugang ſich öffnete.
Muſter der Treue gegen die Fürſten und den Geſetzen
gehorchend, ſoweit es erlaubt war, verbreiteten ſie nach
allen Seiten wunderbaren Glanz der Heiligkeit; ſie be-
mühten ſich, den Brüdern zu nützen, die übrigen zur
Weisheit Chriſti zu rufen; aber ſie waren auch bereit,
ihre Stelle zu verlaſſen und tapfer den Tod zu erleiden,
falls es nicht möglich war, ohne Verletzung der Tugend
Ehren, Aemter und Herrſchaft zu bewahren. Dadurch trugen
ſie raſch die chriſtlichen Einrichtungen nicht nur in die
Privathäuſer, ſondern auch in die Lager, in das Rath-
haus und die Königsburg. „Wir ſind erſt von geſtern,
und dennoch erfüllen wir all’ das Euere, Städte, Inſeln,
Schlöſſer, Gemeinde, Vereine ſogar die Lager, die Tribus
und Decurien, den Palaſt, den Senat und das Forum“
(Tertull. Apol. 11, 37). Daher kam es, daß der chriſtliche
Glaube, als es geſetzlich erlaubt wurde, öffentlich das
Evangelium zu bekennen, nicht mehr in der Wiege, ſondern
erwachſen und ſchon hinreichend ſtark in den meiſten Staaten
hervortrat.
In unſern Zeiten aber iſt es räthlich, dieſe Beiſpiele
der Vorfahren zu erneuern. Alle Katholiken, welche dieſes
Namens würdig ſind, müſſen vor Allem liebende Kinder
der Kirche ſein und als ſolche erſcheinen wollen; was ſich
mit dieſem Lobe nicht verträgt, ſollen ſie ohne Zögern
zurückweiſen. Sie ſollen die Einrichtungen der Völker,
ſo weit es in ehrenhafter Weıſe geſchehen kann, zum
Schutze der Wahrheit und Gerechtigkeit gebrauchen; Sorge
tragen, daß die Freiheit des Handelns nicht das durch
das natürliche und göttliche Geſetz beſtimmte Maß über-
ſchreite, ſich beſtreben, daß der ganze Staat ſich geſtalte
nach dem vorhin geſchiderten Ideale.
Brief vom Bernerbauer.
(Korr. v. Jura.)
Lieber Anton! Es iſt ſchon ziemlich lange her, ſeit
ich Dir meinen letzten Brief zugeſandt. Jetzt muß ich Dir
doch vor das alte Jahr ſeine Drucke, gefüllt mit allerlei
Freud und Leid, zuſchlägt, auch wieder ein Lebenszeichen
geben, damit Du ſiehſt, daß der Bernerbauer auch noch
unter den geplagten Sterblichen ſchnaufet. Wie ich von
dem freundlichen Beſuche vernommen, der vor einigen
Wochen bei Dir zu Gaſt war, ſo biſt Du ſo ordentlich
ſammt Frau und Kindern bei Geſundheit, Appetit und
Leben. Dein Wohlergehen freut mich gewiß recht ſehr und
ich möchte Dir von Herzen wünſchen, was allemal die
hohen Herren am Schluſſe eines Toaſtes ſo kräftig aus-
rufen. Wenn ich recht verſtanden habe, ſo ſagen ſie: «Ad
multos annos!» Das heiße: „Auf viele Jahre!“ ſagte
unſer Schulmeiſter, der auch hie und da im Diktionär nach
lateiniſchen Brocken ſchnappt. Glück und Segen und alles
Gute, das wünſche ich Dir in der That von Herzen für
das kommende Jahr und für noch lange Jahre. Viel
Gutes könnt’ ich im neuen Jahre auch brauchen, das um
ſo mehr, da ich auf dem Spiegelberg ein ziemlich mittel-
mäßiges „Jöhrli“ hatte und viel Ungemach dazu. Das
iſt auch der Hauptgrund, warum ich Dir ſo lange nicht
hab’ ſchreiben mögen, nicht deßhalb, weil allemal meine
Frau wieder raiſonnirt, wenn ich den Spiegel wieder auf
die Naſe ſetzen und in die Zeitung nach ihrer Meinung
ſo dummes Zeug ſchreiben will. Der Sommer war bei
uns ſehr trocken, noch trockener der Herbſt, ſo daß faſt
alle Brunnen abgeſtanden ſind und man bereits kein Waſſer
zum Raſſiren bekommen hat. In Folge der anhaltenden
Tröckne hat’s denn auch miſerabel wenig Heu gegeben.
Vom Emd wollen wir gar nicht reden. Nach dem Heuet
ſind die Wieſen total verbrennt und es hat kein „Füderli“
Emd gegeben. So kannſt Dir ſelber vorſtellen, was für
ein elendes „Heuſtöckli“ ich habe und daß meine magern
Kühe nicht ſo gern in das verſchnittene Stroh und grobe
Heu beißen, wie die großen Herren in die duftenden Brat-
würſte. Auch das Korn und der Haber ſind bei der trockenen
Witterung kurz geblieben, zum guten Theil ſchwarz und
leicht geworden. Obſt hat’s theilweiſe noch ordentlich ge-
geben, aber man hat’s eben mit den „lauſigen Schelmen“
auch theilen müſſen, wie der Bauer ſeine ſauer verdienten
Batzen mit den Schmarotzern von dem beamteten Herren-
volk theilen muß. Ein Glück war’s, daß es noch gute und
geſunde Erdäpfel gab wie Kegelkugeln. Da kann man
doch mit dem Tiſch voll Buben und Meitli no Erdäpfel
und Waſſerſuppe eſſen, wenn auch ungeſchmalzene. Das
Schmalz muß man natürlich verkaufen, um die bald er-
drückenden, hohen Steuern und die nothwendigen Winter-
kleider zu zahlen. In den letzten Wochen hatten wir kalte,
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