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St. Galler Volksblatt. Nr. 27, Uznach, 03. 04. 1889.

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will der Gewerbeverein St. Gallen den Versuch machen,
durch die Vorstände der Fortbildungsschulen jährlich die
Liste der Lehrlinge zu erlangen, welche die Schulen be-
suchen, um, gestützt auf diese Mittheilungen, die Meister
direkt einladen zu können, ihre Lehrlinge zur Theilnahme
an den Prüfungen zu bestimmen.

Nach dreistündiger Berathung wurde diese erste Dele-
girtenversammlung geschlossen.

Am Vormittag hatte in zwei Zimmern der Realschule
die dies Jahr zum ersten Mal veranstaltete Prüfung
in den Schulfächern
der sich zu der Lehr-
lingsprüfung
angemeldeten Lehrlinge stattgefunden.
Die Prüfungen erstreckten sich besonders auf die Fächer:
Deutsch (Aufsatz), Rechnen und Zeichnen. Im Rechnen
wurde die Prüfung auch auf die Geometrie ausgedehnt.
In jedem Fache, namentlich im Zeichnen, fanden die For-
derungen des praktischen Berufslebens besondere Berück-
sichtigung. In einem andern Saale waren die zum
größten Theile recht hübschen Lehrlingsarbeiten, welche die
zur Prüfung angemeldeten Lehrlinge selbstständig ver-
fertigt haben, ausgestellt. Die Diplom- und Preisver-
theilung erfolgt nächsten Sonntag. Betheiligt sind 48
Lehrlinge aus verschiedenen Bezirken des Kantons.

-- Jahresbericht der Zwangsarbeitsanstalt Bizi, pro
1888. Der Personenbestand der Anstalt betrug am 1.
Januar 36 Personen, 32 männliche und 4 weibliche.
Im Laufe des Jahres wurden eingeliefert 16, 13 männ-
liche und 3 weibliche, zusammen 52 Personen. Ausge-
treten sind 33, 29 männliche und 4 weibliche, somit der
Personenbestand am 31. Dezember 19, 16 männliche und
3 weibliche. Von den 52 Personen gehörten zu den kon-
trahirten Gemeinden 24, aus andern Gemeinden des Kt.
St. Gallen 20, aus dem Kt. Zürich 3, Zug 3, Appen-
zell und Graubünden je 1. Im Bezug auf Alter sind
unter 30 Jahren 20, von 30--40 25 und über 40
Jahren 7 Personen; 30 gehörten der evangelischen und
22 der katholischen Konfession an. Die Verpflegungs-
tage betrugen 8,340, daher ein täglicher Personenbestand
von 22 Personen. Der höchste Bestand war am 14. Febr.
mit 37, der niedrigste am 17. Juli mit 14. Entwei-
chungen fanden eine statt. Strafen mußten verhängt
werden: 7 Ermahnungen, 10 Brodentzug von 1/2 bis
1 Pfund per Tag, 29 Arrest von 1 bis 4 Tage. Ein-
mal mußte der Artikel 24 des Anstaltgesetzes in Anwen-
dung gebracht werden. Die Einnahmen betrugen Fr.
22,853. 87. Die Ausgaben 24,002. 68, somit ein Defizit
von Fr. 1,148.81, welcher von den kontrahirten Ge-
meinden zu decken ist, die ein Steuerkapital Fr. 50,501,600
und eine Seelenzahl von 43,005 aufweisen.

-- Schwarzenbach.

Donnerstag Abend ereignete
sich auf der Bahnlinie in der Nähe von Oberstetten ein
schwerer Unglücksfall. Die Bahnarbeiter hatten einen
Kanal zu ziehen. Der Boden ist hier herum sonst be-
denklich beweglich und bei dieser Jahreszeit und bei diesem
Wetter geradezu gefährlich. Drei Arbeiter wurden ur-
plötzlich im Schachte begraben. Gottlob konnten 2 noch
lebend herausgegraben werden, während Vorarbeiter Huber,
ein 36jähriger Mann, Vater von 3 Kindern, erst todt
aufgefunden wurde.

-- Seebezirk.

Ein Referat über die Revisions-
versammlung in Eschenbach folgt in nächster Nummer.

-- In Felixdorf bei Wien starb im Alter von 57
Jahren Herr Jakob Lätsch, ehem. Fabrikdirektor der
Spinnerei Uznaberg.




Kantone.

-- In Zürich erschoß sich am 20. Abends 6 Uhr
aus unbekannten Gründen auf offener Straße ein hiesiger
Einwohner vermittelst eines Revolvers dicht vor den Schau-
fenstern eines Modenmagazins.

-- Dem Korrespondenten der "Daily News" in Pe-
tersburg zufolge, hat der Bomben-Zwischenfall in Zürich
ein ungeheueres Komplott aufgedeckt, dessen Chef der bei
der Explosion in Zürich getödtete Student Bernstein war.
In Odessa, Moskau, Kiew, Charkow sind viele Verhaf-
tungen vorgenommen worden. Bernstein soll 1887 ein
Attentat organisirt haben.

Uri.

Heute Vormittag
warf in der Nähe des Bahnhofes im sogenannten Brust-
bachthale eine gewaltige Lawine die Eisenbahnbrücke in die
Reuß. Das Mauerwerk blieb unbeschädigt, in Folge dessen
gelang es schon bis 3 Uhr Nachmittags, eine passirbare
Nothbrücke zu erstellen und so den Verkehr wieder aufzu-
nehmen. Die niedergegangene Lawine war 10 Meter breit
und 73 Meter hoch. Kurz vorher hatten die Extrazüge
der von Zürich kommenden Bataillone 67 und 69 die
Stelle passirt.

Schwyz.
Trauriges Zusammentreffen.

In der Nacht
vom Dienstag auf Mittwoch wurde in Benau bei Einsiedeln
der Werkmann K. Bissig von schwerem Geschick betroffen.
Abends war ihm nach längerer Krankheit die Frau ge-
storben. Mann und Kinder gingen zu Bett, während im
Sterbezimmer die Lichter brannten. Gegen Mitternacht
brach Feuer aus. Mit Mühe konnte die Leiche durchs
Fenster ins Freie gebracht werden. Haus und Stall wurden
vollständig eingeäschert. Mobiliar, Heu und Erdäpfel
waren nicht versichert. Man glaubt, daß durch die Flamme
der Petroleumlampe die Decke, und, als sie niederstürzte,
das Zimmer in Brand gerieth.

-- Schübelbach.

Hier sucht der unerbittliche Tod
nicht bloß die Erwachsenen, sondern auch die Kinder heim,
indem in kurzer Zeit Viele vom Scharlachfieber dahinge-
rafft wurden. Dem Herrn Wirth Steiner in Siebnen
allein starben 3 Kinder im Alter von 2, 4 und 5 Jahren.


[Spaltenumbruch]
-- Schwyz.

Im Laufe der letzten Woche wurden
hier und in der Umgegend zirka 1500 Wintermagerkäse,
pr. Zentner zu Fr. 23--25, nach dem Kanton Zürich
verkauft.

Glarus.

Die Regierung beabsichtigt, ein neues
Landsbuch, d. h. eine neue Gesetzessammlung herauszugeben.

Zug.

In Baar starb in der Nacht auf 30. März
Hr. Landammann und Nationalrath Alois Müller, 68
Jahre alt, ein konservativer Veterane im zugerischen Staats-
dienste. Hr. Müller gehörte der Regierung seit 1860
ununterbrochen an. Er bekleidte auch die Stelle eines
Präsidenten des Erziehungsrathes. Seit mehrern Wochen
war er durch schwere Krankheit ans Zimmer gefesselt.

Basel.

Seit vorletzten Samstag ist der Buchhalter
und Betriebskassier der Birsigthalbahn verschwunden. Man
dachte zuerst an einen Selbstmord. Seitdem aber ein De-
fizit zu Tage getreten ist, nimmt man an, er sei dem
Meere zu geflohen und werde bereits schwimmen.

Wallis.

Am vergangenen Freitag behandelte das
Bundesgericht den Rekurs der Gemeinde Zermatt
gegen die Regierung von Wallis betr. die Einbürgerung
des Herrn Alex. Seiler. Das Bundesgericht wies die
Rekurrentin ab und verfällte sie obendrein in eine Tröler-
buße. Das Urtheil erfolgte auf Antrag des Referenten
Hrn. Goguin und war ein einstimmiges. Damit dürfte
dieser jahrelauge Konflikt die Endschaft erreicht haben.

Waadt.
Radikale Minoritätenvertetung.

Der Große Rath bestellte, trotz einer starken liberal-kon-
servativen Minderheit, die Regierung ausschließlich aus Ra-
dikalen, die sich allesammt gewiß nicht genug in Entrüstung
über die Ausschließlichkeit der konservativen Tessiner er-
gehen können.

-- Sämmtliche für die Wasserbehälter-Katastrophe von
Sonzier als verantwortlich Behaftete sind vom Gerichte
freigesprochen worden.

-- Gemeindepräsident Dr. Rosat, im Bezirke Pays
d'Enhaut, wurde in seiner Eigenschaft als staatlicher Steuer-
einnehmer urplötzlich verhaftet. Er soll ihm anvertraute
Gelder im Betrage von zirka 10,000 Franken veruntreut
haben.

Genf.

Ein Zeitungskorrespondent hat Anfangs De-
zember v. I. getadelt, daß manche Genfer Großkapitalisten
für einheimische Gewerbe und für Hebung der stockenden
Geschäfte fast kein Geld hergeben, während sie bei aus-
wärtigen Anleihen und Spelulationen für Millionen unter-
zeichnen. Es wurde bemerkt, daß es auch ihr Vortheil
wäre, den Armen und Hungrigen des Volkes Arbeit und
Verdienst zu verschaffen, daß sie jedoch dies erst einsehen
werden, wenn es zu spät sei. Die Behauptung hat sich
bald bewährt. Genfer Kapitalisten haben beim Kupferkrach
und Bankschwindel in Paris viele Millionen Franken ver-
loren. Da ward die Weisheit der stolzen Mode-Herren
wieder zu Schanden und die Vorsicht der alten Hausmüt-
terchen, welche ihr Geld in Strümpfen aufbewahrten, war
noch gescheidt dagegen. Es erscheint eigenthümlich, daß
unmittelbar vor der großen Weltausstellung in Paris ein
Bankkrach mit mehreren hundert Millionen Verlust eintritt,
wie seit dem Jahre 1873 nicht mehr, da damals in Wien
vor der dortigen Weltausstellung ein Börsenkrach zirka 300
Millionen Gulden Schaden brachte -- gleichsam zum grö-
ßeren Triumph der Arbeit, welche vor dem bloßen Geld-
besitz ihren Vorzug erst recht feiern soll.




Ausland.

-- Nachrichten aus Samoa zufolge hat ein fürchter-
licher Orkan am 16. März die deutschen Schiffe "Adler",
"Olga", "Eber" und die amerikanischen Schiffe "Trenton",
"Randalia" und "Nipsik" an ein Felsenriff geworfen und
es sind dieselben gänzlich gescheitert. 4 amerikanische Offi-
ziere und 46 Matrosen und 9 deutsche Offiziere und 87
Matrosen sind ertrunken.

-- Bei dem Orkan vor Samoa versuchten die Kriegs-
schiffe das offene Meer zu erreichen, aber nur dem eng-
lischen Kreuzer "Caliope" ist dies gelungen. Außer den
Kriegsschiffen haben noch verschiedene Handelsschiffe und 7
Küstenfahrer Schiffbruch gelitten.

-- Das belgische Packetboot "Comtesse Flandre" ver-
ließ am 29. Ostende, um sich nach Doves zu begeben.
Infolge Nebels fand ein Zusammenstoß mit dem von Dover
kommenden belgischen Packetboot "Princesse Heinriette" statt.
Der Dampfkessel der "Flandre" zerplatzte und das Schiff
sank. Der Kapitän und vierzehn Matrosen oder Passa-
giere ertranken. "Henriette" ist mit leichten Beschädigungen
in Ostende eingetroffen. Prinz Jerome Napoleon befand
sich an Bord der "Flandre" und ist der einzige Passagier,
welcher gerettet wurde.

-- Das Wiener Tageblatt meldet aus Petersburg,
am 19. März wäre bei der Uebersiedlung des russischen
Kaiserpaars nach Gatschina ein Eisenbahnattentat versucht
worden durch Querlegung alter Schienen über den Bahn-
strang. Das Hinderniß sei rechtzeitig entdeckt und der
Zug glücklich angehalten worden. Noch in derselben Nacht
fanden Haussuchungen und Verhaftungen in Petersburg
statt, wobei sich ein Handwerker Namens Jarzenski ermor-
dete, weil bei ihm verdächtige Gegenstände gefunden wurden.

Deutsches Reich.

Der Reichstag nahm den
Antrag Hitze (Centrum) und Ackermann (konservativ)
an, wonach fortan einer großen Anzahl von Handwerker-
Kategorien der Beginn eines selbstständigen Gewerbebetriebes
nur noch dann gestattet werden soll, wenn sie den Nach-
weis der Befäh|ig|ung
zur selbstständigen Ausführung
der gewöhnlichen Arbeiten des betreffenden Gewerbes ge-
liefert haben. Von dieser Abänderung der Gewerbeord-
[Spaltenumbruch] nung werden betroffen die Barbiere, Bäcker, Bandagisten,
Böttcher, Brunnenmacher, Buchbinder, Buchdrucker, Bürsten-
binder, Conditoren, Drechsler, Färber, Feilenhauer, Per-
rückenmacher, Metallgießer, Gerber, Glaser, Glockengießer,
Gold-, Silber- und Juwelenarbeiter, Gürtler und Hand-
schuhmacher, Hutmacher, Kammacher, Spengler, Korbmacher,
Kürschner, Kupferschmiede, Maler und Vergolder, Maurer,
Mechaniker, Optiker, Messer- und Zeugschmiede, Fleischer,
Müller, Mühlenbauer, Nadler, Posamentirer, Siebmacher,
Schirmmacher, Sattler, Schieferdecker, Schlosser, Schmiede,
Schneider, Schreiner, Stuhlmacher, Töpfer, Schornstein-
feger, Schuhmacher, Schiffsbauer, Seifensieder, Seiler,
Steinmetze, Stuckatoren, Tapezirer, Uhrmacher, Wagner,
Wachszieher, Weber und Zimmerleute.

-- In Elberfeld, Barmen, Ronsdorf Färberstreike.
In Magdeburg streiken die Töpfer und in Berlin
die Mauter.

-- München.

Stadtpfarrer Thoma wurde zum
Bischof von Passau ernannt.

-- Aus der Provinz Posen kommt Meldung von
Ueberschwemmungen. Die Weichsel ist aus den Ufern ge-
treten, ebenso einige andere Flüsse. Die Stadt Posen ist
zum Theil überschwemmt.

-- Die Untersuchung gegen Buchbinder Ada, den
Mörder des Dekans Förderer, ist nun beendigt. Ada er-
klärte, er sei vom Vater beauftragt worden, einen Mann
zu ermorden. In Lahr sei dann die That erfolgt. Ge-
rade Herrn Förderer zu ermorden, habe er keine persön-
liche Veranlassung gehabt, da ihm derselbe nie etwas zu
Leide gethan. Die Geschwornen erklärten Ada schuldig
und der Gerichtshof verurtheilte ihn zum Tode. Ada brach
hiebei wiederholt in angstvolle Rufe aus, indem er -- der
rohe entmenschte "Pfaffenfresser" -- die Gnade des Rich-
ters anrief.

-- In dem Weiler Iglerberg (Oberamt Tettnang,
Württemberg) zündete ein entlassener Knecht aus Rache
seinem früheren Brodherrn, dem wohlhabenden Bauer
Ehrler, Nachts das Haus an. Als die Flammen rasch
um sich griffen, erfaßten Gewissensbisse den Verbrecher;
er klopfte die im tiefsten Schlafe liegenden Hausbewohner
heraus mit dem Rufe: Es brennt! und eilte davon. Leider
kam die Warnung zu spät. Nur die Erwachsenen, Vater,
Mutter und die Magd, konnten sich retten. Drei Kinder
im Alter von 9, 12 und 14 Jahren kamen in den Flammen
um, ebenso die Pferde und der ganze Viehstand. Der
Thäter, den die Frau an der Stimme erkannte, wurde
alsbald verhaftet und gestand auf dem Wege zum Gefängniß.

Oesterreich-Ungarn.

Zum Tod durch den
Strang verurtheilt
wurden vom Schwurgerichtshof
in Bozen zwei Bündner: der 61jährige Schafhirt Ib.
Kuen von Tartsch und der 30jährige Jos. Schöpf von
Mals, weil sie am 11. August 1888 im Uina-Thal an
einem Herrn Dr. Viktor Schick einen Raubmord verübt.

-- Die Katastrophe von Meyerling hatte noch ein blu-
tiges Nachspiel zwischen Graf Hoyos, dem bei jener Ka-
tastrophe vielgenannten Freund des Kronprinzen Rudolph
und dem bekannten Sportsmann Baltazzi, einem nahen
Verwandten der Baronesse Vetsera. Es soll gestern auf
französischem Boden ein Duell stattgefunden haben, welches
mit einer schweren Verwundung Baltazzis endete.

Frankreich.
Cannes.

Der Sohn des schweize-
rischen Vizekonsul William Geisendorff, ein 24jähriger junger
Mann, wurde, als er vom Besuch seiner in Genua woh-
nenden Braut heimkehrte, im Eisenbahnwagen ermordet.

Italien.

Es gehen Gerüchte, als ob der Kardinal
Rampolla im Staatssekretariat durch einen andern Kardinal
ersetzt werden soll. Man spricht von Vanutelli oder Ga-
limberti.

Serbien.

Milan ist nach dem Orient verreist.|

England.

Die Macht des Gewissens zeigt
sich in folgendem Vorfall, welcher der "Nat.-Ztg." von
London mitgetheilt wird. Ein gebürtiger Schweizer, Na-
mens Alexander Joseph Walder, stellte sich neulich dem
Gerichtshof von Manchester und gab an, vor 8 Jahren
zwei Menschen ermordet zu haben. Die Einvernahme er-
gab Folgendes. Im Jahre 1881 arbeitete Walder als
23jähriger Mann in der Apotheke des Dr. Lagrange zu
Paris als Gehülfe. Eines Morgens blieb die Apotheke
seltsamer Weise geschlossen und als die Nachbarn, besorgt
wegen der außergewöhnlichen Erscheinung, die Polizei holte,
fand man den Besitzer der Apotheke vergiftet in dem Schlaf-
zimmer vor; in der Küche fand sich bei weiterm Nach-
forschen die ebenfalls an Gift gestorbene Dienerin vor;
die Ladenkasse war erbrochen und der Inhalt geraubt.
Sofort richtete sich der Verdacht der That auf den Ge-
hülfen, den oben genannten Walder, der spurlos verschwun-
den war; trotz aller Steckbriefe gelang es nicht, seiner
habhaft zu werden. Wie sich jetzt herausstellte hat er sich
nach Amerika gewandt und dort als Hotelbursche, Kaffee-
kellner, Coiffeurgehilfe und Droguenverkäufer sein Leben
gefristet. Sein Gewissen ließ ihm aber keine Ruhe; mit
magischer Gewalt zog es ihn nach jahrelanger Frist nach
Europa zurück und seine erste That, nachdem er England
betreten, war sein Selbstgeständniß.

-- Das Unterhaus nahm mit 179 gegen 157 Stim-
men die Bill betr. Verbot des Verkaufes geistiger
Getränke am Sonntag
an.




[irrelevantes Material]
[Spaltenumbruch]

will der Gewerbeverein St. Gallen den Verſuch machen,
durch die Vorſtände der Fortbildungsſchulen jährlich die
Liſte der Lehrlinge zu erlangen, welche die Schulen be-
ſuchen, um, geſtützt auf dieſe Mittheilungen, die Meiſter
direkt einladen zu können, ihre Lehrlinge zur Theilnahme
an den Prüfungen zu beſtimmen.

Nach dreiſtündiger Berathung wurde dieſe erſte Dele-
girtenverſammlung geſchloſſen.

Am Vormittag hatte in zwei Zimmern der Realſchule
die dies Jahr zum erſten Mal veranſtaltete Prüfung
in den Schulfächern
der ſich zu der Lehr-
lingsprüfung
angemeldeten Lehrlinge ſtattgefunden.
Die Prüfungen erſtreckten ſich beſonders auf die Fächer:
Deutſch (Aufſatz), Rechnen und Zeichnen. Im Rechnen
wurde die Prüfung auch auf die Geometrie ausgedehnt.
In jedem Fache, namentlich im Zeichnen, fanden die For-
derungen des praktiſchen Berufslebens beſondere Berück-
ſichtigung. In einem andern Saale waren die zum
größten Theile recht hübſchen Lehrlingsarbeiten, welche die
zur Prüfung angemeldeten Lehrlinge ſelbſtſtändig ver-
fertigt haben, ausgeſtellt. Die Diplom- und Preisver-
theilung erfolgt nächſten Sonntag. Betheiligt ſind 48
Lehrlinge aus verſchiedenen Bezirken des Kantons.

— Jahresbericht der Zwangsarbeitsanſtalt Bizi, pro
1888. Der Perſonenbeſtand der Anſtalt betrug am 1.
Januar 36 Perſonen, 32 männliche und 4 weibliche.
Im Laufe des Jahres wurden eingeliefert 16, 13 männ-
liche und 3 weibliche, zuſammen 52 Perſonen. Ausge-
treten ſind 33, 29 männliche und 4 weibliche, ſomit der
Perſonenbeſtand am 31. Dezember 19, 16 männliche und
3 weibliche. Von den 52 Perſonen gehörten zu den kon-
trahirten Gemeinden 24, aus andern Gemeinden des Kt.
St. Gallen 20, aus dem Kt. Zürich 3, Zug 3, Appen-
zell und Graubünden je 1. Im Bezug auf Alter ſind
unter 30 Jahren 20, von 30—40 25 und über 40
Jahren 7 Perſonen; 30 gehörten der evangeliſchen und
22 der katholiſchen Konfeſſion an. Die Verpflegungs-
tage betrugen 8,340, daher ein täglicher Perſonenbeſtand
von 22 Perſonen. Der höchſte Beſtand war am 14. Febr.
mit 37, der niedrigſte am 17. Juli mit 14. Entwei-
chungen fanden eine ſtatt. Strafen mußten verhängt
werden: 7 Ermahnungen, 10 Brodentzug von ½ bis
1 Pfund per Tag, 29 Arreſt von 1 bis 4 Tage. Ein-
mal mußte der Artikel 24 des Anſtaltgeſetzes in Anwen-
dung gebracht werden. Die Einnahmen betrugen Fr.
22,853. 87. Die Ausgaben 24,002. 68, ſomit ein Defizit
von Fr. 1,148.81, welcher von den kontrahirten Ge-
meinden zu decken iſt, die ein Steuerkapital Fr. 50,501,600
und eine Seelenzahl von 43,005 aufweiſen.

Schwarzenbach.

Donnerſtag Abend ereignete
ſich auf der Bahnlinie in der Nähe von Oberſtetten ein
ſchwerer Unglücksfall. Die Bahnarbeiter hatten einen
Kanal zu ziehen. Der Boden iſt hier herum ſonſt be-
denklich beweglich und bei dieſer Jahreszeit und bei dieſem
Wetter geradezu gefährlich. Drei Arbeiter wurden ur-
plötzlich im Schachte begraben. Gottlob konnten 2 noch
lebend herausgegraben werden, während Vorarbeiter Huber,
ein 36jähriger Mann, Vater von 3 Kindern, erſt todt
aufgefunden wurde.

Seebezirk.

Ein Referat über die Reviſions-
verſammlung in Eſchenbach folgt in nächſter Nummer.

— In Felixdorf bei Wien ſtarb im Alter von 57
Jahren Herr Jakob Lätſch, ehem. Fabrikdirektor der
Spinnerei Uznaberg.




Kantone.

— In Zürich erſchoß ſich am 20. Abends 6 Uhr
aus unbekannten Gründen auf offener Straße ein hieſiger
Einwohner vermittelſt eines Revolvers dicht vor den Schau-
fenſtern eines Modenmagazins.

— Dem Korreſpondenten der „Daily News“ in Pe-
tersburg zufolge, hat der Bomben-Zwiſchenfall in Zürich
ein ungeheueres Komplott aufgedeckt, deſſen Chef der bei
der Exploſion in Zürich getödtete Student Bernſtein war.
In Odeſſa, Moskau, Kiew, Charkow ſind viele Verhaf-
tungen vorgenommen worden. Bernſtein ſoll 1887 ein
Attentat organiſirt haben.

Uri.

Heute Vormittag
warf in der Nähe des Bahnhofes im ſogenannten Bruſt-
bachthale eine gewaltige Lawine die Eiſenbahnbrücke in die
Reuß. Das Mauerwerk blieb unbeſchädigt, in Folge deſſen
gelang es ſchon bis 3 Uhr Nachmittags, eine paſſirbare
Nothbrücke zu erſtellen und ſo den Verkehr wieder aufzu-
nehmen. Die niedergegangene Lawine war 10 Meter breit
und 73 Meter hoch. Kurz vorher hatten die Extrazüge
der von Zürich kommenden Bataillone 67 und 69 die
Stelle paſſirt.

Schwyz.
Trauriges Zuſammentreffen.

In der Nacht
vom Dienſtag auf Mittwoch wurde in Benau bei Einſiedeln
der Werkmann K. Biſſig von ſchwerem Geſchick betroffen.
Abends war ihm nach längerer Krankheit die Frau ge-
ſtorben. Mann und Kinder gingen zu Bett, während im
Sterbezimmer die Lichter brannten. Gegen Mitternacht
brach Feuer aus. Mit Mühe konnte die Leiche durchs
Fenſter ins Freie gebracht werden. Haus und Stall wurden
vollſtändig eingeäſchert. Mobiliar, Heu und Erdäpfel
waren nicht verſichert. Man glaubt, daß durch die Flamme
der Petroleumlampe die Decke, und, als ſie niederſtürzte,
das Zimmer in Brand gerieth.

Schübelbach.

Hier ſucht der unerbittliche Tod
nicht bloß die Erwachſenen, ſondern auch die Kinder heim,
indem in kurzer Zeit Viele vom Scharlachfieber dahinge-
rafft wurden. Dem Herrn Wirth Steiner in Siebnen
allein ſtarben 3 Kinder im Alter von 2, 4 und 5 Jahren.


[Spaltenumbruch]
Schwyz.

Im Laufe der letzten Woche wurden
hier und in der Umgegend zirka 1500 Wintermagerkäſe,
pr. Zentner zu Fr. 23—25, nach dem Kanton Zürich
verkauft.

Glarus.

Die Regierung beabſichtigt, ein neues
Landsbuch, d. h. eine neue Geſetzesſammlung herauszugeben.

Zug.

In Baar ſtarb in der Nacht auf 30. März
Hr. Landammann und Nationalrath Alois Müller, 68
Jahre alt, ein konſervativer Veterane im zugeriſchen Staats-
dienſte. Hr. Müller gehörte der Regierung ſeit 1860
ununterbrochen an. Er bekleidte auch die Stelle eines
Präſidenten des Erziehungsrathes. Seit mehrern Wochen
war er durch ſchwere Krankheit ans Zimmer gefeſſelt.

Baſel.

Seit vorletzten Samſtag iſt der Buchhalter
und Betriebskaſſier der Birſigthalbahn verſchwunden. Man
dachte zuerſt an einen Selbſtmord. Seitdem aber ein De-
fizit zu Tage getreten iſt, nimmt man an, er ſei dem
Meere zu geflohen und werde bereits ſchwimmen.

Wallis.

Am vergangenen Freitag behandelte das
Bundesgericht den Rekurs der Gemeinde Zermatt
gegen die Regierung von Wallis betr. die Einbürgerung
des Herrn Alex. Seiler. Das Bundesgericht wies die
Rekurrentin ab und verfällte ſie obendrein in eine Tröler-
buße. Das Urtheil erfolgte auf Antrag des Referenten
Hrn. Goguin und war ein einſtimmiges. Damit dürfte
dieſer jahrelauge Konflikt die Endſchaft erreicht haben.

Waadt.
Radikale Minoritätenvertetung.

Der Große Rath beſtellte, trotz einer ſtarken liberal-kon-
ſervativen Minderheit, die Regierung ausſchließlich aus Ra-
dikalen, die ſich alleſammt gewiß nicht genug in Entrüſtung
über die Ausſchließlichkeit der konſervativen Teſſiner er-
gehen können.

— Sämmtliche für die Waſſerbehälter-Kataſtrophe von
Sonzier als verantwortlich Behaftete ſind vom Gerichte
freigeſprochen worden.

— Gemeindepräſident Dr. Roſat, im Bezirke Pays
d’Enhaut, wurde in ſeiner Eigenſchaft als ſtaatlicher Steuer-
einnehmer urplötzlich verhaftet. Er ſoll ihm anvertraute
Gelder im Betrage von zirka 10,000 Franken veruntreut
haben.

Genf.

Ein Zeitungskorreſpondent hat Anfangs De-
zember v. I. getadelt, daß manche Genfer Großkapitaliſten
für einheimiſche Gewerbe und für Hebung der ſtockenden
Geſchäfte faſt kein Geld hergeben, während ſie bei aus-
wärtigen Anleihen und Spelulationen für Millionen unter-
zeichnen. Es wurde bemerkt, daß es auch ihr Vortheil
wäre, den Armen und Hungrigen des Volkes Arbeit und
Verdienſt zu verſchaffen, daß ſie jedoch dies erſt einſehen
werden, wenn es zu ſpät ſei. Die Behauptung hat ſich
bald bewährt. Genfer Kapitaliſten haben beim Kupferkrach
und Bankſchwindel in Paris viele Millionen Franken ver-
loren. Da ward die Weisheit der ſtolzen Mode-Herren
wieder zu Schanden und die Vorſicht der alten Hausmüt-
terchen, welche ihr Geld in Strümpfen aufbewahrten, war
noch geſcheidt dagegen. Es erſcheint eigenthümlich, daß
unmittelbar vor der großen Weltausſtellung in Paris ein
Bankkrach mit mehreren hundert Millionen Verluſt eintritt,
wie ſeit dem Jahre 1873 nicht mehr, da damals in Wien
vor der dortigen Weltausſtellung ein Börſenkrach zirka 300
Millionen Gulden Schaden brachte — gleichſam zum grö-
ßeren Triumph der Arbeit, welche vor dem bloßen Geld-
beſitz ihren Vorzug erſt recht feiern ſoll.




Ausland.

— Nachrichten aus Samoa zufolge hat ein fürchter-
licher Orkan am 16. März die deutſchen Schiffe „Adler“,
„Olga“, „Eber“ und die amerikaniſchen Schiffe „Trenton“,
„Randalia“ und „Nipſik“ an ein Felſenriff geworfen und
es ſind dieſelben gänzlich geſcheitert. 4 amerikaniſche Offi-
ziere und 46 Matroſen und 9 deutſche Offiziere und 87
Matroſen ſind ertrunken.

— Bei dem Orkan vor Samoa verſuchten die Kriegs-
ſchiffe das offene Meer zu erreichen, aber nur dem eng-
liſchen Kreuzer „Caliope“ iſt dies gelungen. Außer den
Kriegsſchiffen haben noch verſchiedene Handelsſchiffe und 7
Küſtenfahrer Schiffbruch gelitten.

— Das belgiſche Packetboot „Comteſſe Flandre“ ver-
ließ am 29. Oſtende, um ſich nach Doves zu begeben.
Infolge Nebels fand ein Zuſammenſtoß mit dem von Dover
kommenden belgiſchen Packetboot „Princeſſe Heinriette“ ſtatt.
Der Dampfkeſſel der „Flandre“ zerplatzte und das Schiff
ſank. Der Kapitän und vierzehn Matroſen oder Paſſa-
giere ertranken. „Henriette“ iſt mit leichten Beſchädigungen
in Oſtende eingetroffen. Prinz Jerome Napoleon befand
ſich an Bord der „Flandre“ und iſt der einzige Paſſagier,
welcher gerettet wurde.

— Das Wiener Tageblatt meldet aus Petersburg,
am 19. März wäre bei der Ueberſiedlung des ruſſiſchen
Kaiſerpaars nach Gatſchina ein Eiſenbahnattentat verſucht
worden durch Querlegung alter Schienen über den Bahn-
ſtrang. Das Hinderniß ſei rechtzeitig entdeckt und der
Zug glücklich angehalten worden. Noch in derſelben Nacht
fanden Hausſuchungen und Verhaftungen in Petersburg
ſtatt, wobei ſich ein Handwerker Namens Jarzenski ermor-
dete, weil bei ihm verdächtige Gegenſtände gefunden wurden.

Deutſches Reich.

Der Reichstag nahm den
Antrag Hitze (Centrum) und Ackermann (konſervativ)
an, wonach fortan einer großen Anzahl von Handwerker-
Kategorien der Beginn eines ſelbſtſtändigen Gewerbebetriebes
nur noch dann geſtattet werden ſoll, wenn ſie den Nach-
weis der Befäh|ig|ung
zur ſelbſtſtändigen Ausführung
der gewöhnlichen Arbeiten des betreffenden Gewerbes ge-
liefert haben. Von dieſer Abänderung der Gewerbeord-
[Spaltenumbruch] nung werden betroffen die Barbiere, Bäcker, Bandagiſten,
Böttcher, Brunnenmacher, Buchbinder, Buchdrucker, Bürſten-
binder, Conditoren, Drechsler, Färber, Feilenhauer, Per-
rückenmacher, Metallgießer, Gerber, Glaſer, Glockengießer,
Gold-, Silber- und Juwelenarbeiter, Gürtler und Hand-
ſchuhmacher, Hutmacher, Kammacher, Spengler, Korbmacher,
Kürſchner, Kupferſchmiede, Maler und Vergolder, Maurer,
Mechaniker, Optiker, Meſſer- und Zeugſchmiede, Fleiſcher,
Müller, Mühlenbauer, Nadler, Poſamentirer, Siebmacher,
Schirmmacher, Sattler, Schieferdecker, Schloſſer, Schmiede,
Schneider, Schreiner, Stuhlmacher, Töpfer, Schornſtein-
feger, Schuhmacher, Schiffsbauer, Seifenſieder, Seiler,
Steinmetze, Stuckatoren, Tapezirer, Uhrmacher, Wagner,
Wachszieher, Weber und Zimmerleute.

— In Elberfeld, Barmen, Ronsdorf Färberſtreike.
In Magdeburg ſtreiken die Töpfer und in Berlin
die Mauter.

München.

Stadtpfarrer Thoma wurde zum
Biſchof von Paſſau ernannt.

— Aus der Provinz Poſen kommt Meldung von
Ueberſchwemmungen. Die Weichſel iſt aus den Ufern ge-
treten, ebenſo einige andere Flüſſe. Die Stadt Poſen iſt
zum Theil überſchwemmt.

— Die Unterſuchung gegen Buchbinder Ada, den
Mörder des Dekans Förderer, iſt nun beendigt. Ada er-
klärte, er ſei vom Vater beauftragt worden, einen Mann
zu ermorden. In Lahr ſei dann die That erfolgt. Ge-
rade Herrn Förderer zu ermorden, habe er keine perſön-
liche Veranlaſſung gehabt, da ihm derſelbe nie etwas zu
Leide gethan. Die Geſchwornen erklärten Ada ſchuldig
und der Gerichtshof verurtheilte ihn zum Tode. Ada brach
hiebei wiederholt in angſtvolle Rufe aus, indem er — der
rohe entmenſchte „Pfaffenfreſſer“ — die Gnade des Rich-
ters anrief.

— In dem Weiler Iglerberg (Oberamt Tettnang,
Württemberg) zündete ein entlaſſener Knecht aus Rache
ſeinem früheren Brodherrn, dem wohlhabenden Bauer
Ehrler, Nachts das Haus an. Als die Flammen raſch
um ſich griffen, erfaßten Gewiſſensbiſſe den Verbrecher;
er klopfte die im tiefſten Schlafe liegenden Hausbewohner
heraus mit dem Rufe: Es brennt! und eilte davon. Leider
kam die Warnung zu ſpät. Nur die Erwachſenen, Vater,
Mutter und die Magd, konnten ſich retten. Drei Kinder
im Alter von 9, 12 und 14 Jahren kamen in den Flammen
um, ebenſo die Pferde und der ganze Viehſtand. Der
Thäter, den die Frau an der Stimme erkannte, wurde
alsbald verhaftet und geſtand auf dem Wege zum Gefängniß.

Oeſterreich-Ungarn.

Zum Tod durch den
Strang verurtheilt
wurden vom Schwurgerichtshof
in Bozen zwei Bündner: der 61jährige Schafhirt Ib.
Kuen von Tartſch und der 30jährige Jos. Schöpf von
Mals, weil ſie am 11. Auguſt 1888 im Uina-Thal an
einem Herrn Dr. Viktor Schick einen Raubmord verübt.

— Die Kataſtrophe von Meyerling hatte noch ein blu-
tiges Nachſpiel zwiſchen Graf Hoyos, dem bei jener Ka-
taſtrophe vielgenannten Freund des Kronprinzen Rudolph
und dem bekannten Sportsmann Baltazzi, einem nahen
Verwandten der Baroneſſe Vetſera. Es ſoll geſtern auf
franzöſiſchem Boden ein Duell ſtattgefunden haben, welches
mit einer ſchweren Verwundung Baltazzis endete.

Frankreich.
Cannes.

Der Sohn des ſchweize-
riſchen Vizekonſul William Geiſendorff, ein 24jähriger junger
Mann, wurde, als er vom Beſuch ſeiner in Genua woh-
nenden Braut heimkehrte, im Eiſenbahnwagen ermordet.

Italien.

Es gehen Gerüchte, als ob der Kardinal
Rampolla im Staatsſekretariat durch einen andern Kardinal
erſetzt werden ſoll. Man ſpricht von Vanutelli oder Ga-
limberti.

Serbien.

Milan iſt nach dem Orient verreist.|

England.

Die Macht des Gewiſſens zeigt
ſich in folgendem Vorfall, welcher der „Nat.-Ztg.“ von
London mitgetheilt wird. Ein gebürtiger Schweizer, Na-
mens Alexander Joſeph Walder, ſtellte ſich neulich dem
Gerichtshof von Mancheſter und gab an, vor 8 Jahren
zwei Menſchen ermordet zu haben. Die Einvernahme er-
gab Folgendes. Im Jahre 1881 arbeitete Walder als
23jähriger Mann in der Apotheke des Dr. Lagrange zu
Paris als Gehülfe. Eines Morgens blieb die Apotheke
ſeltſamer Weiſe geſchloſſen und als die Nachbarn, beſorgt
wegen der außergewöhnlichen Erſcheinung, die Polizei holte,
fand man den Beſitzer der Apotheke vergiftet in dem Schlaf-
zimmer vor; in der Küche fand ſich bei weiterm Nach-
forſchen die ebenfalls an Gift geſtorbene Dienerin vor;
die Ladenkaſſe war erbrochen und der Inhalt geraubt.
Sofort richtete ſich der Verdacht der That auf den Ge-
hülfen, den oben genannten Walder, der ſpurlos verſchwun-
den war; trotz aller Steckbriefe gelang es nicht, ſeiner
habhaft zu werden. Wie ſich jetzt herausſtellte hat er ſich
nach Amerika gewandt und dort als Hotelburſche, Kaffee-
kellner, Coiffeurgehilfe und Droguenverkäufer ſein Leben
gefriſtet. Sein Gewiſſen ließ ihm aber keine Ruhe; mit
magiſcher Gewalt zog es ihn nach jahrelanger Friſt nach
Europa zurück und ſeine erſte That, nachdem er England
betreten, war ſein Selbſtgeſtändniß.

— Das Unterhaus nahm mit 179 gegen 157 Stim-
men die Bill betr. Verbot des Verkaufes geiſtiger
Getränke am Sonntag
an.




[irrelevantes Material]
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[3/0003] will der Gewerbeverein St. Gallen den Verſuch machen, durch die Vorſtände der Fortbildungsſchulen jährlich die Liſte der Lehrlinge zu erlangen, welche die Schulen be- ſuchen, um, geſtützt auf dieſe Mittheilungen, die Meiſter direkt einladen zu können, ihre Lehrlinge zur Theilnahme an den Prüfungen zu beſtimmen. Nach dreiſtündiger Berathung wurde dieſe erſte Dele- girtenverſammlung geſchloſſen. Am Vormittag hatte in zwei Zimmern der Realſchule die dies Jahr zum erſten Mal veranſtaltete Prüfung in den Schulfächern der ſich zu der Lehr- lingsprüfung angemeldeten Lehrlinge ſtattgefunden. Die Prüfungen erſtreckten ſich beſonders auf die Fächer: Deutſch (Aufſatz), Rechnen und Zeichnen. Im Rechnen wurde die Prüfung auch auf die Geometrie ausgedehnt. In jedem Fache, namentlich im Zeichnen, fanden die For- derungen des praktiſchen Berufslebens beſondere Berück- ſichtigung. In einem andern Saale waren die zum größten Theile recht hübſchen Lehrlingsarbeiten, welche die zur Prüfung angemeldeten Lehrlinge ſelbſtſtändig ver- fertigt haben, ausgeſtellt. Die Diplom- und Preisver- theilung erfolgt nächſten Sonntag. Betheiligt ſind 48 Lehrlinge aus verſchiedenen Bezirken des Kantons. — Jahresbericht der Zwangsarbeitsanſtalt Bizi, pro 1888. Der Perſonenbeſtand der Anſtalt betrug am 1. Januar 36 Perſonen, 32 männliche und 4 weibliche. Im Laufe des Jahres wurden eingeliefert 16, 13 männ- liche und 3 weibliche, zuſammen 52 Perſonen. Ausge- treten ſind 33, 29 männliche und 4 weibliche, ſomit der Perſonenbeſtand am 31. Dezember 19, 16 männliche und 3 weibliche. Von den 52 Perſonen gehörten zu den kon- trahirten Gemeinden 24, aus andern Gemeinden des Kt. St. Gallen 20, aus dem Kt. Zürich 3, Zug 3, Appen- zell und Graubünden je 1. Im Bezug auf Alter ſind unter 30 Jahren 20, von 30—40 25 und über 40 Jahren 7 Perſonen; 30 gehörten der evangeliſchen und 22 der katholiſchen Konfeſſion an. Die Verpflegungs- tage betrugen 8,340, daher ein täglicher Perſonenbeſtand von 22 Perſonen. Der höchſte Beſtand war am 14. Febr. mit 37, der niedrigſte am 17. Juli mit 14. Entwei- chungen fanden eine ſtatt. Strafen mußten verhängt werden: 7 Ermahnungen, 10 Brodentzug von ½ bis 1 Pfund per Tag, 29 Arreſt von 1 bis 4 Tage. Ein- mal mußte der Artikel 24 des Anſtaltgeſetzes in Anwen- dung gebracht werden. Die Einnahmen betrugen Fr. 22,853. 87. Die Ausgaben 24,002. 68, ſomit ein Defizit von Fr. 1,148.81, welcher von den kontrahirten Ge- meinden zu decken iſt, die ein Steuerkapital Fr. 50,501,600 und eine Seelenzahl von 43,005 aufweiſen. — Schwarzenbach. Donnerſtag Abend ereignete ſich auf der Bahnlinie in der Nähe von Oberſtetten ein ſchwerer Unglücksfall. Die Bahnarbeiter hatten einen Kanal zu ziehen. Der Boden iſt hier herum ſonſt be- denklich beweglich und bei dieſer Jahreszeit und bei dieſem Wetter geradezu gefährlich. Drei Arbeiter wurden ur- plötzlich im Schachte begraben. Gottlob konnten 2 noch lebend herausgegraben werden, während Vorarbeiter Huber, ein 36jähriger Mann, Vater von 3 Kindern, erſt todt aufgefunden wurde. — Seebezirk. Ein Referat über die Reviſions- verſammlung in Eſchenbach folgt in nächſter Nummer. — In Felixdorf bei Wien ſtarb im Alter von 57 Jahren Herr Jakob Lätſch, ehem. Fabrikdirektor der Spinnerei Uznaberg. Kantone. — In Zürich erſchoß ſich am 20. Abends 6 Uhr aus unbekannten Gründen auf offener Straße ein hieſiger Einwohner vermittelſt eines Revolvers dicht vor den Schau- fenſtern eines Modenmagazins. — Dem Korreſpondenten der „Daily News“ in Pe- tersburg zufolge, hat der Bomben-Zwiſchenfall in Zürich ein ungeheueres Komplott aufgedeckt, deſſen Chef der bei der Exploſion in Zürich getödtete Student Bernſtein war. In Odeſſa, Moskau, Kiew, Charkow ſind viele Verhaf- tungen vorgenommen worden. Bernſtein ſoll 1887 ein Attentat organiſirt haben. Uri. Erſtfelden, 28. März Heute Vormittag warf in der Nähe des Bahnhofes im ſogenannten Bruſt- bachthale eine gewaltige Lawine die Eiſenbahnbrücke in die Reuß. Das Mauerwerk blieb unbeſchädigt, in Folge deſſen gelang es ſchon bis 3 Uhr Nachmittags, eine paſſirbare Nothbrücke zu erſtellen und ſo den Verkehr wieder aufzu- nehmen. Die niedergegangene Lawine war 10 Meter breit und 73 Meter hoch. Kurz vorher hatten die Extrazüge der von Zürich kommenden Bataillone 67 und 69 die Stelle paſſirt. Schwyz. Trauriges Zuſammentreffen. In der Nacht vom Dienſtag auf Mittwoch wurde in Benau bei Einſiedeln der Werkmann K. Biſſig von ſchwerem Geſchick betroffen. Abends war ihm nach längerer Krankheit die Frau ge- ſtorben. Mann und Kinder gingen zu Bett, während im Sterbezimmer die Lichter brannten. Gegen Mitternacht brach Feuer aus. Mit Mühe konnte die Leiche durchs Fenſter ins Freie gebracht werden. Haus und Stall wurden vollſtändig eingeäſchert. Mobiliar, Heu und Erdäpfel waren nicht verſichert. Man glaubt, daß durch die Flamme der Petroleumlampe die Decke, und, als ſie niederſtürzte, das Zimmer in Brand gerieth. — Schübelbach. Hier ſucht der unerbittliche Tod nicht bloß die Erwachſenen, ſondern auch die Kinder heim, indem in kurzer Zeit Viele vom Scharlachfieber dahinge- rafft wurden. Dem Herrn Wirth Steiner in Siebnen allein ſtarben 3 Kinder im Alter von 2, 4 und 5 Jahren. — Schwyz. Im Laufe der letzten Woche wurden hier und in der Umgegend zirka 1500 Wintermagerkäſe, pr. Zentner zu Fr. 23—25, nach dem Kanton Zürich verkauft. Glarus. Die Regierung beabſichtigt, ein neues Landsbuch, d. h. eine neue Geſetzesſammlung herauszugeben. Zug. In Baar ſtarb in der Nacht auf 30. März Hr. Landammann und Nationalrath Alois Müller, 68 Jahre alt, ein konſervativer Veterane im zugeriſchen Staats- dienſte. Hr. Müller gehörte der Regierung ſeit 1860 ununterbrochen an. Er bekleidte auch die Stelle eines Präſidenten des Erziehungsrathes. Seit mehrern Wochen war er durch ſchwere Krankheit ans Zimmer gefeſſelt. Baſel. Seit vorletzten Samſtag iſt der Buchhalter und Betriebskaſſier der Birſigthalbahn verſchwunden. Man dachte zuerſt an einen Selbſtmord. Seitdem aber ein De- fizit zu Tage getreten iſt, nimmt man an, er ſei dem Meere zu geflohen und werde bereits ſchwimmen. Wallis. Am vergangenen Freitag behandelte das Bundesgericht den Rekurs der Gemeinde Zermatt gegen die Regierung von Wallis betr. die Einbürgerung des Herrn Alex. Seiler. Das Bundesgericht wies die Rekurrentin ab und verfällte ſie obendrein in eine Tröler- buße. Das Urtheil erfolgte auf Antrag des Referenten Hrn. Goguin und war ein einſtimmiges. Damit dürfte dieſer jahrelauge Konflikt die Endſchaft erreicht haben. Waadt. Radikale Minoritätenvertetung. Der Große Rath beſtellte, trotz einer ſtarken liberal-kon- ſervativen Minderheit, die Regierung ausſchließlich aus Ra- dikalen, die ſich alleſammt gewiß nicht genug in Entrüſtung über die Ausſchließlichkeit der konſervativen Teſſiner er- gehen können. — Sämmtliche für die Waſſerbehälter-Kataſtrophe von Sonzier als verantwortlich Behaftete ſind vom Gerichte freigeſprochen worden. — Gemeindepräſident Dr. Roſat, im Bezirke Pays d’Enhaut, wurde in ſeiner Eigenſchaft als ſtaatlicher Steuer- einnehmer urplötzlich verhaftet. Er ſoll ihm anvertraute Gelder im Betrage von zirka 10,000 Franken veruntreut haben. Genf. Ein Zeitungskorreſpondent hat Anfangs De- zember v. I. getadelt, daß manche Genfer Großkapitaliſten für einheimiſche Gewerbe und für Hebung der ſtockenden Geſchäfte faſt kein Geld hergeben, während ſie bei aus- wärtigen Anleihen und Spelulationen für Millionen unter- zeichnen. Es wurde bemerkt, daß es auch ihr Vortheil wäre, den Armen und Hungrigen des Volkes Arbeit und Verdienſt zu verſchaffen, daß ſie jedoch dies erſt einſehen werden, wenn es zu ſpät ſei. Die Behauptung hat ſich bald bewährt. Genfer Kapitaliſten haben beim Kupferkrach und Bankſchwindel in Paris viele Millionen Franken ver- loren. Da ward die Weisheit der ſtolzen Mode-Herren wieder zu Schanden und die Vorſicht der alten Hausmüt- terchen, welche ihr Geld in Strümpfen aufbewahrten, war noch geſcheidt dagegen. Es erſcheint eigenthümlich, daß unmittelbar vor der großen Weltausſtellung in Paris ein Bankkrach mit mehreren hundert Millionen Verluſt eintritt, wie ſeit dem Jahre 1873 nicht mehr, da damals in Wien vor der dortigen Weltausſtellung ein Börſenkrach zirka 300 Millionen Gulden Schaden brachte — gleichſam zum grö- ßeren Triumph der Arbeit, welche vor dem bloßen Geld- beſitz ihren Vorzug erſt recht feiern ſoll. Ausland. — Nachrichten aus Samoa zufolge hat ein fürchter- licher Orkan am 16. März die deutſchen Schiffe „Adler“, „Olga“, „Eber“ und die amerikaniſchen Schiffe „Trenton“, „Randalia“ und „Nipſik“ an ein Felſenriff geworfen und es ſind dieſelben gänzlich geſcheitert. 4 amerikaniſche Offi- ziere und 46 Matroſen und 9 deutſche Offiziere und 87 Matroſen ſind ertrunken. — Bei dem Orkan vor Samoa verſuchten die Kriegs- ſchiffe das offene Meer zu erreichen, aber nur dem eng- liſchen Kreuzer „Caliope“ iſt dies gelungen. Außer den Kriegsſchiffen haben noch verſchiedene Handelsſchiffe und 7 Küſtenfahrer Schiffbruch gelitten. — Das belgiſche Packetboot „Comteſſe Flandre“ ver- ließ am 29. Oſtende, um ſich nach Doves zu begeben. Infolge Nebels fand ein Zuſammenſtoß mit dem von Dover kommenden belgiſchen Packetboot „Princeſſe Heinriette“ ſtatt. Der Dampfkeſſel der „Flandre“ zerplatzte und das Schiff ſank. Der Kapitän und vierzehn Matroſen oder Paſſa- giere ertranken. „Henriette“ iſt mit leichten Beſchädigungen in Oſtende eingetroffen. Prinz Jerome Napoleon befand ſich an Bord der „Flandre“ und iſt der einzige Paſſagier, welcher gerettet wurde. — Das Wiener Tageblatt meldet aus Petersburg, am 19. März wäre bei der Ueberſiedlung des ruſſiſchen Kaiſerpaars nach Gatſchina ein Eiſenbahnattentat verſucht worden durch Querlegung alter Schienen über den Bahn- ſtrang. Das Hinderniß ſei rechtzeitig entdeckt und der Zug glücklich angehalten worden. Noch in derſelben Nacht fanden Hausſuchungen und Verhaftungen in Petersburg ſtatt, wobei ſich ein Handwerker Namens Jarzenski ermor- dete, weil bei ihm verdächtige Gegenſtände gefunden wurden. Deutſches Reich. Der Reichstag nahm den Antrag Hitze (Centrum) und Ackermann (konſervativ) an, wonach fortan einer großen Anzahl von Handwerker- Kategorien der Beginn eines ſelbſtſtändigen Gewerbebetriebes nur noch dann geſtattet werden ſoll, wenn ſie den Nach- weis der Befäh|ig|ung zur ſelbſtſtändigen Ausführung der gewöhnlichen Arbeiten des betreffenden Gewerbes ge- liefert haben. Von dieſer Abänderung der Gewerbeord- nung werden betroffen die Barbiere, Bäcker, Bandagiſten, Böttcher, Brunnenmacher, Buchbinder, Buchdrucker, Bürſten- binder, Conditoren, Drechsler, Färber, Feilenhauer, Per- rückenmacher, Metallgießer, Gerber, Glaſer, Glockengießer, Gold-, Silber- und Juwelenarbeiter, Gürtler und Hand- ſchuhmacher, Hutmacher, Kammacher, Spengler, Korbmacher, Kürſchner, Kupferſchmiede, Maler und Vergolder, Maurer, Mechaniker, Optiker, Meſſer- und Zeugſchmiede, Fleiſcher, Müller, Mühlenbauer, Nadler, Poſamentirer, Siebmacher, Schirmmacher, Sattler, Schieferdecker, Schloſſer, Schmiede, Schneider, Schreiner, Stuhlmacher, Töpfer, Schornſtein- feger, Schuhmacher, Schiffsbauer, Seifenſieder, Seiler, Steinmetze, Stuckatoren, Tapezirer, Uhrmacher, Wagner, Wachszieher, Weber und Zimmerleute. — In Elberfeld, Barmen, Ronsdorf Färberſtreike. In Magdeburg ſtreiken die Töpfer und in Berlin die Mauter. — München. Stadtpfarrer Thoma wurde zum Biſchof von Paſſau ernannt. — Aus der Provinz Poſen kommt Meldung von Ueberſchwemmungen. Die Weichſel iſt aus den Ufern ge- treten, ebenſo einige andere Flüſſe. Die Stadt Poſen iſt zum Theil überſchwemmt. — Die Unterſuchung gegen Buchbinder Ada, den Mörder des Dekans Förderer, iſt nun beendigt. Ada er- klärte, er ſei vom Vater beauftragt worden, einen Mann zu ermorden. In Lahr ſei dann die That erfolgt. Ge- rade Herrn Förderer zu ermorden, habe er keine perſön- liche Veranlaſſung gehabt, da ihm derſelbe nie etwas zu Leide gethan. Die Geſchwornen erklärten Ada ſchuldig und der Gerichtshof verurtheilte ihn zum Tode. Ada brach hiebei wiederholt in angſtvolle Rufe aus, indem er — der rohe entmenſchte „Pfaffenfreſſer“ — die Gnade des Rich- ters anrief. — In dem Weiler Iglerberg (Oberamt Tettnang, Württemberg) zündete ein entlaſſener Knecht aus Rache ſeinem früheren Brodherrn, dem wohlhabenden Bauer Ehrler, Nachts das Haus an. Als die Flammen raſch um ſich griffen, erfaßten Gewiſſensbiſſe den Verbrecher; er klopfte die im tiefſten Schlafe liegenden Hausbewohner heraus mit dem Rufe: Es brennt! und eilte davon. Leider kam die Warnung zu ſpät. Nur die Erwachſenen, Vater, Mutter und die Magd, konnten ſich retten. Drei Kinder im Alter von 9, 12 und 14 Jahren kamen in den Flammen um, ebenſo die Pferde und der ganze Viehſtand. Der Thäter, den die Frau an der Stimme erkannte, wurde alsbald verhaftet und geſtand auf dem Wege zum Gefängniß. Oeſterreich-Ungarn. Zum Tod durch den Strang verurtheilt wurden vom Schwurgerichtshof in Bozen zwei Bündner: der 61jährige Schafhirt Ib. Kuen von Tartſch und der 30jährige Jos. Schöpf von Mals, weil ſie am 11. Auguſt 1888 im Uina-Thal an einem Herrn Dr. Viktor Schick einen Raubmord verübt. — Die Kataſtrophe von Meyerling hatte noch ein blu- tiges Nachſpiel zwiſchen Graf Hoyos, dem bei jener Ka- taſtrophe vielgenannten Freund des Kronprinzen Rudolph und dem bekannten Sportsmann Baltazzi, einem nahen Verwandten der Baroneſſe Vetſera. Es ſoll geſtern auf franzöſiſchem Boden ein Duell ſtattgefunden haben, welches mit einer ſchweren Verwundung Baltazzis endete. Frankreich. Cannes. Der Sohn des ſchweize- riſchen Vizekonſul William Geiſendorff, ein 24jähriger junger Mann, wurde, als er vom Beſuch ſeiner in Genua woh- nenden Braut heimkehrte, im Eiſenbahnwagen ermordet. Italien. Es gehen Gerüchte, als ob der Kardinal Rampolla im Staatsſekretariat durch einen andern Kardinal erſetzt werden ſoll. Man ſpricht von Vanutelli oder Ga- limberti. Serbien. Milan iſt nach dem Orient verreist.| England. Die Macht des Gewiſſens zeigt ſich in folgendem Vorfall, welcher der „Nat.-Ztg.“ von London mitgetheilt wird. Ein gebürtiger Schweizer, Na- mens Alexander Joſeph Walder, ſtellte ſich neulich dem Gerichtshof von Mancheſter und gab an, vor 8 Jahren zwei Menſchen ermordet zu haben. Die Einvernahme er- gab Folgendes. Im Jahre 1881 arbeitete Walder als 23jähriger Mann in der Apotheke des Dr. Lagrange zu Paris als Gehülfe. Eines Morgens blieb die Apotheke ſeltſamer Weiſe geſchloſſen und als die Nachbarn, beſorgt wegen der außergewöhnlichen Erſcheinung, die Polizei holte, fand man den Beſitzer der Apotheke vergiftet in dem Schlaf- zimmer vor; in der Küche fand ſich bei weiterm Nach- forſchen die ebenfalls an Gift geſtorbene Dienerin vor; die Ladenkaſſe war erbrochen und der Inhalt geraubt. Sofort richtete ſich der Verdacht der That auf den Ge- hülfen, den oben genannten Walder, der ſpurlos verſchwun- den war; trotz aller Steckbriefe gelang es nicht, ſeiner habhaft zu werden. Wie ſich jetzt herausſtellte hat er ſich nach Amerika gewandt und dort als Hotelburſche, Kaffee- kellner, Coiffeurgehilfe und Droguenverkäufer ſein Leben gefriſtet. Sein Gewiſſen ließ ihm aber keine Ruhe; mit magiſcher Gewalt zog es ihn nach jahrelanger Friſt nach Europa zurück und ſeine erſte That, nachdem er England betreten, war ſein Selbſtgeſtändniß. — Das Unterhaus nahm mit 179 gegen 157 Stim- men die Bill betr. Verbot des Verkaufes geiſtiger Getränke am Sonntag an. _

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
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Zitationshilfe: St. Galler Volksblatt. Nr. 27, Uznach, 03. 04. 1889, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_stgaller27_1889/3>, abgerufen am 21.11.2024.