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St. Galler Volksblatt. Nr. 4, Uznach, 11. 01. 1890.

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[Spaltenumbruch]
Eidgenössisches.



-- Das Bisthum Basel zählt 670 Weltgeistliche,
76 Kapuziner in 7 Klöstern und 22 Benediktinerpatres
des aufgehobenen Klosters Mariastein in Delle, von denen
auch 14 in der Pastoration in verschiedenen Pfarreien der
Diözese thätig sind. Im Ganzen zählt das Bisthum ca.
768 Welt- und Ordensgeistliche.

-- Bisthum Chur.

Dasselbe zählt gegenwärtig 372
Geistliche; darunter widmen sich 30 dem Erziehungsfache
als Professoren der verschiedenen Kollegien des Bisthums,
die übrigen der Seelsorge. Der Aelteste im gesammten
Diözesanklerus ist der 1799 geborene Herr von Ah in
Stalden (Obwalden). Im Jahre 1889 starben 12 Geist-
liche mit einem Alter von zusammen 768 oder durch-
schnittlich 64 Jahren. Vakante Stellen gibt es im Bis-
thum Chur gegenwärtig 37, worunter 9 Pfarrstellen. Es
herrscht also immer noch Priestermangel.

-- Ein Freimaurerprogramm!

In einer
zu Leipzig soeben erschienenen Schrift: "Die Papstkirche
und die Freimaurerei, eine freimaurerische Antwort auf
die päpstliche Encyklika", liest man ein Programm, zu
dessen Durchführung die Freimaurer in dieser Schrift mit
allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln zu arbeiten auf-
gefordert werden. Das Programm enthält folgende fünf
Hauptpunkte:

1. Zertrümmerung der kirchlichen Autorität.

2. Vollständige Trennung der Kirche von der Schule.
-- Den Geistlichen ist jede Ingerenz in der Schule zu
entziehen; sie sind auszuschließen von den Lehrerstellen,
vom Ortsschulrath, von der Schulinspektion; religiöse
Orden, weibliche und männliche, sind von den Lehrstellen
zu entfernen.

3. Abschaffung jedes Religionsunterrichtes. -- In
erster Linie ist (so wird S. 28 und 29 geschrieben) der
dulgäre Religionsunterricht abzuschaffen. . . . Der Reli-
gionsunterricht trägt sittliche Verwirrung in die jungen
Gemüther des Volkes und ballt Nebelmassen um die kind-
liche Intelligenz zusammen. . . . Der Religionsunterricht
korrumpirt, verthiert. . . . Daher konfessionslose
Schulen, konfessionslose Bücher, keine bib-
lische Geschichte und keine Religionslehre
.

4. Entchristlichung des Familienlebens.

5. Emanzipation der Frauen. -- Gründung von kon-
fessionslosen Mädchenpensionaten unter Leitung emanzi-
pirter Frauen, Erziehung der Mädchen zu "gesunder
Menschlichkeit": Turnen, Tanzen, kosmetische Schönheits-
lehre, "aufklärende" Lektüre.




St. Gallisches.



-- Regierungsraths-Verhandlungen vom
3. Januar 1890. Der schweizer. Bundesrath bringt den
Beschluß der eidgen. Räthe vom 20. Dezember 1889 zur
Kenntniß, wodurch die Frist zur Einreichung der Ausweise
über die Ausführung der vom Bunde subventionirten
Korrektionsprojekte der Thur im Bezirke Wyl und bei
Wattwil um ein Jahr, d. h. bis zum 14. Dez. 1890,
verlängert worden ist.

Das Finanz-Departement wird zur Erhebung der
Brandversicherungsprämie im einfachen Betrage pro 1890
ermächtigt.

Einige Bodenankäufe der Ortsgemeinde Weißtannen,
die Waldwirthschaftspläne der Ortsgemeinden Wil, Stein
und Sargans, die revidirten Statuten der obligatorischen
Krankenkasse Oberuzwil, sowie eine Uebereinkunft der
Ortsgemeinden Murg und Quarten betreffend Regelung
der beidseitigen Eigenthumsrechte an Waldungen und
Boden und betreffend Auslösung der auf den Schutzwal-
dungen bestehenden Servituten erhalten die regierungs-
räthliche Genehmigung.

Auf Grund eines Vorschlages des Departements des
Innern wird an 25 politische Gemeinden an die Ver-
pflegungskosten von 80 notharmen Irren eine Unterstützung
im Gesammtbetrage von Fr. 2581 verabfolgt.

-- Der Sticker-Zentral-Krankenverband
zählt zur Zeit 54 Sektionen mit über 100,000 Franken
Bermögen.

-- Auf den Vereinigten Schweizerbahnen
waren am 3. Januar wegen Influenza abwesend: 100
Stationsangestellte und Arbeiter, 20 Zugführer und Kon-
dukteure, 21 Lokomotivführer und Heizer, 28 Bahnbeamte
und 18 Bureauangestellte; ein Kondukteur ist gestorben,
ein anderer todtkrank.

-- Obertoggenburger Bahn.

Der Gemeinde-
rath von Krummenau hat den Anlauf gemacht, daß eine
Fortsetzung der Toggenburger Bahn bis Neßlau energischer
betrieben wird, als bisher.

-- Flawil.

Die Beerdigung des Hrn.
Oberlehrer W. Schöb vom letzten Montag den 6. Jan.,
der nach kurzer, schwerer Krankheit an der Lungenent-
zündung in Folge der heimtückischen Influenza erlag,
gestaltete sich zu einer größern Trauerfeierlichkeit. Herr
Lehrer Schöb war hier allgemein sehr beliebt. Mit ihm
stieg ein eminentes Talent, besonders in Musik und Ge-
sang, zu Grabe. Schöb war ein ruhiger, friedliebender
Charakter, der sozusagen kein Kind beleidigen konnte. Von
Hause aus gut religiös erzogen, blieb er seinen eingeso-
genen Prinzipien treu bis zum letzten Athemzuge. Na-
türlich blieben ihm bittere Wermuthstropfen in seinem
Leidenskelche, die jedem Sterblichen beschieden sind, nicht
aus, und die Nägel, die in seinen Todtensarg bei Leb-
[Spaltenumbruch] zeiten geschlagen worden, verwundeten ihm das Herz gar
sehr. Gott habe ihn selig!

-- In Gams ist Herr Alt-Kantonsrath E. Schöb,
in Bazenheid Herr Thierarzt Th. Mäder an einer Lun-
genentzündung gestorben.

-- In Mels ist die Maul- und Klauenseuche
auf's Neue ausgebrochen.

-- St. Fiden.

Die versammelte Spezialkonferenz
der Lehrer der Gemeinde Tablat beschloß, es sei an den
bescheidenen Herrn Bezirks-Schulrathspräsidenten Wißmann
ein Dankschreiben für sein Wirken auf dem Gebiete der
Schule zu erlassen. Als die geeignetsten Persönlichkeiten
zur Ersetzung des Herrn Wißmann bezeichnete man uni-
sono
die HH. Pfarrer Zehnder in Wittenbach und Fritsche
in St. Fiden. Die Wahl des einen oder andern der
Genannten würde von der Lehrerschaft freudig begrüßt
werden.

-- St. Gallen.

Die bekannte, einst so renommirte
Sommerwirthschaft zum "Tivoli", für welche seiner Zeit
ein Preis von Fr. 75,000 bezahlt wurde, wurde an vor-
gestriger, zweiter Versteigerung von Herrn Schulrath
Hasler in St. Fiden zum Preise von Fr. 20,000 erstei-
gert. Die Liegenschaft enthält einen ziemlich großen Re-
staurations-Garten; das Gebäude ist zu Fr. 61,000 ver-
sichert.

-- Tablat.

Die Veruntreuungen des flüchtigen
Gemeindeweibels Baumgartner von Tablat betragen nach
den neuesten Mittheilungen nicht 8000 Fr., sondern
4307 Fr. 30 Rp., davon sind gedeckt 2368 Fr. 62 Rp.,
so daß ein Fehlbetrag von 1938 Fr. 68 Rp. bleibt.

-- * Schmerikon.

Zivilstandsnachrichten pro 1889.
Geburten männlich 14, weiblich 17, zusammen 31, To-
desfälle männlich 18, weiblich 11, zusammen 29, Trau-
ungen 6.

-- St. Gallenkappel.

Letzten Mittwoch
den 8. Jänner, zirka 6 Uhr Abends, wurde ein armer
Arbeiter auf offener Straße von Stäg nach Hof über-
fallen. Der Thäter sei bekannt.

-- Ricken.

Trotz des seit längerer Zeit
auf den Höhen herrschenden prächtigen warmen Wetters
ohne jeglichen Nebel macht auch hierorts die Influenza
ihre Besuche, doch bis jetzt ohne sterbliche Fälle.

-- * Ernetschwil.

Zivilstandsnachrichten für das
Jahr 1889.

[Tabelle]
-- Gaster.

Laut "Gl. Nachr." ist den HH. Ge-
brüder Gmür im Linthhof-Schänis die elektrische
Beleuchtung
der neuen eidgen. Pulverfabrik in
Bern, sowie der neuen Maschinen- und Uhrenfabrik des
Herrn Johannes Rauschenbach in Schaffhausen übertragen
worden und soll diese letztere Anlage nach Vollendung ca.
700 Glühlampen zählen.

-- Schänis.

Im neuen Jahre sind zwei Familien-
väter im Walde verunglückt. Der eine mußte seines
gefährlichen Zustandes wegen in den Kantonsspital nach
Glarus abgeführt werden; der andere, weniger gefährlich
verletzt, befindet sich zu Hause in guter Pflege und sei
wieder auf dem Wege der Besserung.




Kantone.



Zürich.

Die 3. Aufführung des hl. Dreikönigen-
Oratoriums am letzten Sonntag war sehr stark besucht.
Der Börsensaal war nahezu bis auf den letzten Platz be-
setzt. Die Aufführung reilte sich der letzten würdig an.
Die "lebenden Bilder" verdienen geradezu die Bezeichnung
"meisterhaft". Ein besonderes Wort des Dankes und der
Anerkennung gebührt auch den beiden Deklamatoren.

-- Verschiedene Berichte über die Entstchung des
Zürcher Theaterbrandes lassen durchblicken, als ob
das Feuer in Folge absichtlicher Brandlegung
entstanden sei. Das anfänglich als überhitztes Kamin an-
gesehene Rohr, um das herum Holz lagerte, welches beim
Herannahen einer Magd schon in hellen Flammen stand,
war ein einfaches Luftrohr, das gar nicht erhitzt und somit
auch nicht die Brandursache war.

-- Von den Zürchern Briefträgern geht das Gerücht,
sie hätten eine große Zahl Gratulationskarten der
Einfachheit halber in die Limmat geworfen.

-- An den Folgen der Influenza ist nach kurzer Krank-
heit Herr Ottomar Fischer, Inhaber eines großen Baum-
wollengeschäftes, in Zürich gestorben.

-- In Kloten sei der Hausknecht eines Gasthofes
gestorben, der daselbst mehr als 20 Jahre gedient und in
dieser Zeit ein Vermögen von 23,000 Fr. gesammelt habe.

Bern.

Laut einem Telegramm der "Liberte" sind
in der Stadt Bern während der drei ersten Tage dieses
Jahres 13 Personen an Lungenkrankheiten gestorben, die
sich in Folge von Influenza entwickelten.


[Spaltenumbruch]
Luzern.

Im Befinden des schwer erkrankten Hrn.
Oberst Pfyffer ist bis Donnerstag Mittag das Ein-
treten etwelcher Besserung zu konstatiren. Die Lungen-
entzündung einer- und der Schwächezustand des Patienten
andererseits sind immerhin noch besorgnißerregend. Im
Bundesrathshause und in den militärischen Kreisen
der ganzen Schweiz folgt man mit gespanntester Theil-
nahme dem Verlaufe der Krankheit des verdienten Ge-
neralstabschefs.

Schwyz.

Eine am 6. ds. in Brunnen stattgehabte
größere Versammlung faßte folgende Beschlüsse:

1. Der Gemeinderath ist einzuladen, unverzüglich den
Regierungsrath zu ersuchen, derselbe möchte bei den zustän-
digen Behörden dahin wirken, daß das vom Bundesrathe
aufs Jahr 1891 zu veranstaltende Erinnerungsfest an den
ersten 1291 in Brunnen abgeschlossenen Bund der Grün-
dung der Eidgenossenschaft am Orte der Handlung, d. h.
in Brunnen abgehalten werde.

2. Die Regierung soll ersucht werden, Bundesrath
und Bundesversammlung zu veranlassen, als fortdauernde
Erinnerung an die Entstehung der schweiz. Eidgenossen-
schaft am Orte der Gründung, in Brunnen, ein passendes
Nationalmonument zu errichten.

Nidwalden.

Die Luftbahn auf den Pilatus (schwe-
bende Drahtseilbahn) kommt laut "Nidw. Volksblatt" nun
doch zur Ausführung. Herr Leonardo Torres von San-
tander in Spanien erläßt bereits die nöthige Baupublika-
tion im "Amtsblatt". Die projektirte Anlage soll die
beiden Aussichtspunkte Esel (Therasse des "Hotel Belle-
vue) und Klimsenhorn verbinden. Die Verbindung besteht
aus sechs Kabeln, die an ihrem Endpunkte beim Känzeli
und untenher der Terasse beim Hotel Bellevue fixirt sind.
Die ganze Anlage kommt auf Eigenthum der löbl. Kor-
poration Hergiswyl, Kt. Nidwalden, zu stehen und sind
die baulichen Anlagen untenher Bellevue ausgesteckt und
zwar unter genauer Beobachtung der zutreffenden Bestim-
mungen des Nidwaldner Baugesetzes.

Aargau.

Die Influenza nimmt im Freiamt
bedenklich zu. Ganze Familien liegen an derselben krank
darnieder. In Dottikon erlag Herr Gemeindeschreiber
Hübscher, der schon längere Zeit auf der Lunge litt, dieser
neuen Krankheit, indem er zu früh das Bett verließ. Er
wurde Montags unter großem Geleite der Erde übergeben
und hinterläßt 6--7 kleine Kinder.

-- Baden.

Als Oase in der Wüeste der In-
fluenza
wird das Thermalgebiet in Baden angepriesen.
Es sei in dessen Rayon noch kein einziger Influenzafall
vorgekommen.

-- Jedermann erinnert sich noch der furchtbaren Ka-
tastrophe vom Weihnachtstage 1875, wo bei Anlaß der
Christbaumfeier im neuen Schulhause von Hellikon das
Treppenhaus mit den Gängen zusammenstürzte und 105
Personen von Hellikon und Wegenstetten den Tod fanden.
Seither hat die Bevölkerung keine Christbaumfeier mehr
begangen, bis zur letzten Weihnacht, wo beide Gemeinden
wiederum eine solche, diesmal in Wegenstetten, veranstal-
teten. Es mag bei diesem Anlasse manche schmerzliche
Erinnerung wachgerufen worden sein an jene schaurige
Nacht, deren Denkmal das große Massengrab auf dem
Kirchhof zu Wegenstetten ist.

-- Verbrannt.

Letzten Samstag langte auf der
Station Siggenthal (Aargau) ein nach Ennenda be-
stimmter, mit Baumwolle beladener Eisenbahnwagen an,
dessen Inhalt in hellen Flammen stand. Die Baumwolle
ging fast alle zu Grunde und auch der Wagen wurde
stark beschädigt.

-- Diebstahl.

Während letzter Tage ein Bauer
im untern Freiamt in der Kirche war, wurden ihm
2000 Fr., die er im Bette versteckt gehalten, gestohlen.
Die Summe war geerbtes Geld.

Thurgan.

Die Influenza ist auch in hiesiger
Gegend ziemlich heftig aufgetreten. Von Wyl her kam
sie nach Zuzwil, Zuckenrieth, Wuppenau, Schönholzers-
weilen, hl. Kreuz, Neukirch. Eine besondere Vorliebe
scheint sie für die Ortsvorsteher, Wirthe, Metzger rc. zu
haben.

Baselland.

Wie unklug es ist, Ställe vollständig
gegen den Zutritt von frischer Luft abzuschließen, hat letzter
Tage ein Landwirth in Waldenburg erfahren. Der Knecht
verstopfte eines Abends sogar das Dampfrohr. Am Mor-
gen war der 11 Stück zählende Viehstand nahezu erstickt.
2 Thiere, darunter ein kürzlich prämirter Zuchtstier, waren
verendet.




Ausland.



Deutsches Reich.

Die Kaiserin-Wittwe
Augusta
ist am Dienstag Abend gestorben. Dieselbe
war 1811 als Tochter des Großherzogs von Weimar
geboren. Noch nicht 18 Jahre alt wurde sie mit dem
Prinzen Wilhelm von Preußen, nachmaligem Kaiser Wil-
helm I. vermählt, dessen Schicksale sie von nun an theilte.
Sie zeichnete sich aus durch Kunstsinn und besonders durch
Wohlthätigkeit gegenüber allen Arten menschlicher Noth.
Bekannt ist, daß sie eine entschiedene Gegnerin des von
Bismarck ihrem Gemahl aufgedrungenen Kulturkampfs
war. In manchen Fällen suchte sie die Härten desselben
zu mildern. Seit vielen Jahren, noch bei Lebzeiten Kai-
sers Wilhelm I., führte sie, fern von Berlin, ihre Hof-
haltung in Koblenz. Obwohl körperlich sehr schwach, war
doch ihr Geist stark genug, die schweren Schläge, die in
den letzten Jahren die kaiserliche Familie trafen, zu tragen

[Spaltenumbruch]
Eidgenöſſiſches.



— Das Bisthum Baſel zählt 670 Weltgeiſtliche,
76 Kapuziner in 7 Klöſtern und 22 Benediktinerpatres
des aufgehobenen Kloſters Mariaſtein in Delle, von denen
auch 14 in der Paſtoration in verſchiedenen Pfarreien der
Diözeſe thätig ſind. Im Ganzen zählt das Bisthum ca.
768 Welt- und Ordensgeiſtliche.

Bisthum Chur.

Dasſelbe zählt gegenwärtig 372
Geiſtliche; darunter widmen ſich 30 dem Erziehungsfache
als Profeſſoren der verſchiedenen Kollegien des Bisthums,
die übrigen der Seelſorge. Der Aelteſte im geſammten
Diözeſanklerus iſt der 1799 geborene Herr von Ah in
Stalden (Obwalden). Im Jahre 1889 ſtarben 12 Geiſt-
liche mit einem Alter von zuſammen 768 oder durch-
ſchnittlich 64 Jahren. Vakante Stellen gibt es im Bis-
thum Chur gegenwärtig 37, worunter 9 Pfarrſtellen. Es
herrſcht alſo immer noch Prieſtermangel.

Ein Freimaurerprogramm!

In einer
zu Leipzig ſoeben erſchienenen Schrift: „Die Papſtkirche
und die Freimaurerei, eine freimaureriſche Antwort auf
die päpſtliche Encyklika“, liest man ein Programm, zu
deſſen Durchführung die Freimaurer in dieſer Schrift mit
allen ihnen zu Gebote ſtehenden Mitteln zu arbeiten auf-
gefordert werden. Das Programm enthält folgende fünf
Hauptpunkte:

1. Zertrümmerung der kirchlichen Autorität.

2. Vollſtändige Trennung der Kirche von der Schule.
— Den Geiſtlichen iſt jede Ingerenz in der Schule zu
entziehen; ſie ſind auszuſchließen von den Lehrerſtellen,
vom Ortsſchulrath, von der Schulinſpektion; religiöſe
Orden, weibliche und männliche, ſind von den Lehrſtellen
zu entfernen.

3. Abſchaffung jedes Religionsunterrichtes. — In
erſter Linie iſt (ſo wird S. 28 und 29 geſchrieben) der
dulgäre Religionsunterricht abzuſchaffen. . . . Der Reli-
gionsunterricht trägt ſittliche Verwirrung in die jungen
Gemüther des Volkes und ballt Nebelmaſſen um die kind-
liche Intelligenz zuſammen. . . . Der Religionsunterricht
korrumpirt, verthiert. . . . Daher konfeſſionsloſe
Schulen, konfeſſionsloſe Bücher, keine bib-
liſche Geſchichte und keine Religionslehre
.

4. Entchriſtlichung des Familienlebens.

5. Emanzipation der Frauen. — Gründung von kon-
feſſionsloſen Mädchenpenſionaten unter Leitung emanzi-
pirter Frauen, Erziehung der Mädchen zu „geſunder
Menſchlichkeit“: Turnen, Tanzen, kosmetiſche Schönheits-
lehre, „aufklärende“ Lektüre.




St. Galliſches.



Regierungsraths-Verhandlungen vom
3. Januar 1890. Der ſchweizer. Bundesrath bringt den
Beſchluß der eidgen. Räthe vom 20. Dezember 1889 zur
Kenntniß, wodurch die Friſt zur Einreichung der Ausweiſe
über die Ausführung der vom Bunde ſubventionirten
Korrektionsprojekte der Thur im Bezirke Wyl und bei
Wattwil um ein Jahr, d. h. bis zum 14. Dez. 1890,
verlängert worden iſt.

Das Finanz-Departement wird zur Erhebung der
Brandverſicherungsprämie im einfachen Betrage pro 1890
ermächtigt.

Einige Bodenankäufe der Ortsgemeinde Weißtannen,
die Waldwirthſchaftspläne der Ortsgemeinden Wil, Stein
und Sargans, die revidirten Statuten der obligatoriſchen
Krankenkaſſe Oberuzwil, ſowie eine Uebereinkunft der
Ortsgemeinden Murg und Quarten betreffend Regelung
der beidſeitigen Eigenthumsrechte an Waldungen und
Boden und betreffend Auslöſung der auf den Schutzwal-
dungen beſtehenden Servituten erhalten die regierungs-
räthliche Genehmigung.

Auf Grund eines Vorſchlages des Departements des
Innern wird an 25 politiſche Gemeinden an die Ver-
pflegungskoſten von 80 notharmen Irren eine Unterſtützung
im Geſammtbetrage von Fr. 2581 verabfolgt.

— Der Sticker-Zentral-Krankenverband
zählt zur Zeit 54 Sektionen mit über 100,000 Franken
Bermögen.

— Auf den Vereinigten Schweizerbahnen
waren am 3. Januar wegen Influenza abweſend: 100
Stationsangeſtellte und Arbeiter, 20 Zugführer und Kon-
dukteure, 21 Lokomotivführer und Heizer, 28 Bahnbeamte
und 18 Bureauangeſtellte; ein Kondukteur iſt geſtorben,
ein anderer todtkrank.

Obertoggenburger Bahn.

Der Gemeinde-
rath von Krummenau hat den Anlauf gemacht, daß eine
Fortſetzung der Toggenburger Bahn bis Neßlau energiſcher
betrieben wird, als bisher.

Flawil.

Die Beerdigung des Hrn.
Oberlehrer W. Schöb vom letzten Montag den 6. Jan.,
der nach kurzer, ſchwerer Krankheit an der Lungenent-
zündung in Folge der heimtückiſchen Influenza erlag,
geſtaltete ſich zu einer größern Trauerfeierlichkeit. Herr
Lehrer Schöb war hier allgemein ſehr beliebt. Mit ihm
ſtieg ein eminentes Talent, beſonders in Muſik und Ge-
ſang, zu Grabe. Schöb war ein ruhiger, friedliebender
Charakter, der ſozuſagen kein Kind beleidigen konnte. Von
Hauſe aus gut religiös erzogen, blieb er ſeinen eingeſo-
genen Prinzipien treu bis zum letzten Athemzuge. Na-
türlich blieben ihm bittere Wermuthstropfen in ſeinem
Leidenskelche, die jedem Sterblichen beſchieden ſind, nicht
aus, und die Nägel, die in ſeinen Todtenſarg bei Leb-
[Spaltenumbruch] zeiten geſchlagen worden, verwundeten ihm das Herz gar
ſehr. Gott habe ihn ſelig!

— In Gams iſt Herr Alt-Kantonsrath E. Schöb,
in Bazenheid Herr Thierarzt Th. Mäder an einer Lun-
genentzündung geſtorben.

— In Mels iſt die Maul- und Klauenſeuche
auf’s Neue ausgebrochen.

St. Fiden.

Die verſammelte Spezialkonferenz
der Lehrer der Gemeinde Tablat beſchloß, es ſei an den
beſcheidenen Herrn Bezirks-Schulrathspräſidenten Wißmann
ein Dankſchreiben für ſein Wirken auf dem Gebiete der
Schule zu erlaſſen. Als die geeignetſten Perſönlichkeiten
zur Erſetzung des Herrn Wißmann bezeichnete man uni-
sono
die HH. Pfarrer Zehnder in Wittenbach und Fritſche
in St. Fiden. Die Wahl des einen oder andern der
Genannten würde von der Lehrerſchaft freudig begrüßt
werden.

St. Gallen.

Die bekannte, einſt ſo renommirte
Sommerwirthſchaft zum „Tivoli“, für welche ſeiner Zeit
ein Preis von Fr. 75,000 bezahlt wurde, wurde an vor-
geſtriger, zweiter Verſteigerung von Herrn Schulrath
Hasler in St. Fiden zum Preiſe von Fr. 20,000 erſtei-
gert. Die Liegenſchaft enthält einen ziemlich großen Re-
ſtaurations-Garten; das Gebäude iſt zu Fr. 61,000 ver-
ſichert.

Tablat.

Die Veruntreuungen des flüchtigen
Gemeindeweibels Baumgartner von Tablat betragen nach
den neueſten Mittheilungen nicht 8000 Fr., ſondern
4307 Fr. 30 Rp., davon ſind gedeckt 2368 Fr. 62 Rp.,
ſo daß ein Fehlbetrag von 1938 Fr. 68 Rp. bleibt.

— * Schmerikon.

Zivilſtandsnachrichten pro 1889.
Geburten männlich 14, weiblich 17, zuſammen 31, To-
desfälle männlich 18, weiblich 11, zuſammen 29, Trau-
ungen 6.

St. Gallenkappel.

Letzten Mittwoch
den 8. Jänner, zirka 6 Uhr Abends, wurde ein armer
Arbeiter auf offener Straße von Stäg nach Hof über-
fallen. Der Thäter ſei bekannt.

Ricken.

Trotz des ſeit längerer Zeit
auf den Höhen herrſchenden prächtigen warmen Wetters
ohne jeglichen Nebel macht auch hierorts die Influenza
ihre Beſuche, doch bis jetzt ohne ſterbliche Fälle.

— * Ernetſchwil.

Zivilſtandsnachrichten für das
Jahr 1889.

[Tabelle]
Gaſter.

Laut „Gl. Nachr.“ iſt den HH. Ge-
brüder Gmür im Linthhof-Schänis die elektriſche
Beleuchtung
der neuen eidgen. Pulverfabrik in
Bern, ſowie der neuen Maſchinen- und Uhrenfabrik des
Herrn Johannes Rauſchenbach in Schaffhauſen übertragen
worden und ſoll dieſe letztere Anlage nach Vollendung ca.
700 Glühlampen zählen.

Schänis.

Im neuen Jahre ſind zwei Familien-
väter im Walde verunglückt. Der eine mußte ſeines
gefährlichen Zuſtandes wegen in den Kantonsſpital nach
Glarus abgeführt werden; der andere, weniger gefährlich
verletzt, befindet ſich zu Hauſe in guter Pflege und ſei
wieder auf dem Wege der Beſſerung.




Kantone.



Zürich.

Die 3. Aufführung des hl. Dreikönigen-
Oratoriums am letzten Sonntag war ſehr ſtark beſucht.
Der Börſenſaal war nahezu bis auf den letzten Platz be-
ſetzt. Die Aufführung reilte ſich der letzten würdig an.
Die „lebenden Bilder“ verdienen geradezu die Bezeichnung
„meiſterhaft“. Ein beſonderes Wort des Dankes und der
Anerkennung gebührt auch den beiden Deklamatoren.

— Verſchiedene Berichte über die Entſtchung des
Zürcher Theaterbrandes laſſen durchblicken, als ob
das Feuer in Folge abſichtlicher Brandlegung
entſtanden ſei. Das anfänglich als überhitztes Kamin an-
geſehene Rohr, um das herum Holz lagerte, welches beim
Herannahen einer Magd ſchon in hellen Flammen ſtand,
war ein einfaches Luftrohr, das gar nicht erhitzt und ſomit
auch nicht die Brandurſache war.

— Von den Zürchern Briefträgern geht das Gerücht,
ſie hätten eine große Zahl Gratulationskarten der
Einfachheit halber in die Limmat geworfen.

— An den Folgen der Influenza iſt nach kurzer Krank-
heit Herr Ottomar Fiſcher, Inhaber eines großen Baum-
wollengeſchäftes, in Zürich geſtorben.

— In Kloten ſei der Hausknecht eines Gaſthofes
geſtorben, der daſelbſt mehr als 20 Jahre gedient und in
dieſer Zeit ein Vermögen von 23,000 Fr. geſammelt habe.

Bern.

Laut einem Telegramm der „Liberte“ ſind
in der Stadt Bern während der drei erſten Tage dieſes
Jahres 13 Perſonen an Lungenkrankheiten geſtorben, die
ſich in Folge von Influenza entwickelten.


[Spaltenumbruch]
Luzern.

Im Befinden des ſchwer erkrankten Hrn.
Oberſt Pfyffer iſt bis Donnerſtag Mittag das Ein-
treten etwelcher Beſſerung zu konſtatiren. Die Lungen-
entzündung einer- und der Schwächezuſtand des Patienten
andererſeits ſind immerhin noch beſorgnißerregend. Im
Bundesrathshauſe und in den militäriſchen Kreiſen
der ganzen Schweiz folgt man mit geſpannteſter Theil-
nahme dem Verlaufe der Krankheit des verdienten Ge-
neralſtabschefs.

Schwyz.

Eine am 6. ds. in Brunnen ſtattgehabte
größere Verſammlung faßte folgende Beſchlüſſe:

1. Der Gemeinderath iſt einzuladen, unverzüglich den
Regierungsrath zu erſuchen, derſelbe möchte bei den zuſtän-
digen Behörden dahin wirken, daß das vom Bundesrathe
aufs Jahr 1891 zu veranſtaltende Erinnerungsfeſt an den
erſten 1291 in Brunnen abgeſchloſſenen Bund der Grün-
dung der Eidgenoſſenſchaft am Orte der Handlung, d. h.
in Brunnen abgehalten werde.

2. Die Regierung ſoll erſucht werden, Bundesrath
und Bundesverſammlung zu veranlaſſen, als fortdauernde
Erinnerung an die Entſtehung der ſchweiz. Eidgenoſſen-
ſchaft am Orte der Gründung, in Brunnen, ein paſſendes
Nationalmonument zu errichten.

Nidwalden.

Die Luftbahn auf den Pilatus (ſchwe-
bende Drahtſeilbahn) kommt laut „Nidw. Volksblatt“ nun
doch zur Ausführung. Herr Leonardo Torres von San-
tander in Spanien erläßt bereits die nöthige Baupublika-
tion im „Amtsblatt“. Die projektirte Anlage ſoll die
beiden Ausſichtspunkte Eſel (Theraſſe des „Hotel Belle-
vue) und Klimſenhorn verbinden. Die Verbindung beſteht
aus ſechs Kabeln, die an ihrem Endpunkte beim Känzeli
und untenher der Teraſſe beim Hotel Bellevue fixirt ſind.
Die ganze Anlage kommt auf Eigenthum der löbl. Kor-
poration Hergiswyl, Kt. Nidwalden, zu ſtehen und ſind
die baulichen Anlagen untenher Bellevue ausgeſteckt und
zwar unter genauer Beobachtung der zutreffenden Beſtim-
mungen des Nidwaldner Baugeſetzes.

Aargau.

Die Influenza nimmt im Freiamt
bedenklich zu. Ganze Familien liegen an derſelben krank
darnieder. In Dottikon erlag Herr Gemeindeſchreiber
Hübſcher, der ſchon längere Zeit auf der Lunge litt, dieſer
neuen Krankheit, indem er zu früh das Bett verließ. Er
wurde Montags unter großem Geleite der Erde übergeben
und hinterläßt 6—7 kleine Kinder.

Baden.

Als Oaſe in der Wüeſte der In-
fluenza
wird das Thermalgebiet in Baden angeprieſen.
Es ſei in deſſen Rayon noch kein einziger Influenzafall
vorgekommen.

— Jedermann erinnert ſich noch der furchtbaren Ka-
taſtrophe vom Weihnachtstage 1875, wo bei Anlaß der
Chriſtbaumfeier im neuen Schulhauſe von Hellikon das
Treppenhaus mit den Gängen zuſammenſtürzte und 105
Perſonen von Hellikon und Wegenſtetten den Tod fanden.
Seither hat die Bevölkerung keine Chriſtbaumfeier mehr
begangen, bis zur letzten Weihnacht, wo beide Gemeinden
wiederum eine ſolche, diesmal in Wegenſtetten, veranſtal-
teten. Es mag bei dieſem Anlaſſe manche ſchmerzliche
Erinnerung wachgerufen worden ſein an jene ſchaurige
Nacht, deren Denkmal das große Maſſengrab auf dem
Kirchhof zu Wegenſtetten iſt.

Verbrannt.

Letzten Samſtag langte auf der
Station Siggenthal (Aargau) ein nach Ennenda be-
ſtimmter, mit Baumwolle beladener Eiſenbahnwagen an,
deſſen Inhalt in hellen Flammen ſtand. Die Baumwolle
ging faſt alle zu Grunde und auch der Wagen wurde
ſtark beſchädigt.

Diebſtahl.

Während letzter Tage ein Bauer
im untern Freiamt in der Kirche war, wurden ihm
2000 Fr., die er im Bette verſteckt gehalten, geſtohlen.
Die Summe war geerbtes Geld.

Thurgan.

Die Influenza iſt auch in hieſiger
Gegend ziemlich heftig aufgetreten. Von Wyl her kam
ſie nach Zuzwil, Zuckenrieth, Wuppenau, Schönholzers-
weilen, hl. Kreuz, Neukirch. Eine beſondere Vorliebe
ſcheint ſie für die Ortsvorſteher, Wirthe, Metzger rc. zu
haben.

Baſelland.

Wie unklug es iſt, Ställe vollſtändig
gegen den Zutritt von friſcher Luft abzuſchließen, hat letzter
Tage ein Landwirth in Waldenburg erfahren. Der Knecht
verſtopfte eines Abends ſogar das Dampfrohr. Am Mor-
gen war der 11 Stück zählende Viehſtand nahezu erſtickt.
2 Thiere, darunter ein kürzlich prämirter Zuchtſtier, waren
verendet.




Ausland.



Deutſches Reich.

Die Kaiſerin-Wittwe
Auguſta
iſt am Dienſtag Abend geſtorben. Dieſelbe
war 1811 als Tochter des Großherzogs von Weimar
geboren. Noch nicht 18 Jahre alt wurde ſie mit dem
Prinzen Wilhelm von Preußen, nachmaligem Kaiſer Wil-
helm I. vermählt, deſſen Schickſale ſie von nun an theilte.
Sie zeichnete ſich aus durch Kunſtſinn und beſonders durch
Wohlthätigkeit gegenüber allen Arten menſchlicher Noth.
Bekannt iſt, daß ſie eine entſchiedene Gegnerin des von
Bismarck ihrem Gemahl aufgedrungenen Kulturkampfs
war. In manchen Fällen ſuchte ſie die Härten desſelben
zu mildern. Seit vielen Jahren, noch bei Lebzeiten Kai-
ſers Wilhelm I., führte ſie, fern von Berlin, ihre Hof-
haltung in Koblenz. Obwohl körperlich ſehr ſchwach, war
doch ihr Geiſt ſtark genug, die ſchweren Schläge, die in
den letzten Jahren die kaiſerliche Familie trafen, zu tragen

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[2/0002] Eidgenöſſiſches. — Das Bisthum Baſel zählt 670 Weltgeiſtliche, 76 Kapuziner in 7 Klöſtern und 22 Benediktinerpatres des aufgehobenen Kloſters Mariaſtein in Delle, von denen auch 14 in der Paſtoration in verſchiedenen Pfarreien der Diözeſe thätig ſind. Im Ganzen zählt das Bisthum ca. 768 Welt- und Ordensgeiſtliche. — Bisthum Chur. Dasſelbe zählt gegenwärtig 372 Geiſtliche; darunter widmen ſich 30 dem Erziehungsfache als Profeſſoren der verſchiedenen Kollegien des Bisthums, die übrigen der Seelſorge. Der Aelteſte im geſammten Diözeſanklerus iſt der 1799 geborene Herr von Ah in Stalden (Obwalden). Im Jahre 1889 ſtarben 12 Geiſt- liche mit einem Alter von zuſammen 768 oder durch- ſchnittlich 64 Jahren. Vakante Stellen gibt es im Bis- thum Chur gegenwärtig 37, worunter 9 Pfarrſtellen. Es herrſcht alſo immer noch Prieſtermangel. — Ein Freimaurerprogramm! In einer zu Leipzig ſoeben erſchienenen Schrift: „Die Papſtkirche und die Freimaurerei, eine freimaureriſche Antwort auf die päpſtliche Encyklika“, liest man ein Programm, zu deſſen Durchführung die Freimaurer in dieſer Schrift mit allen ihnen zu Gebote ſtehenden Mitteln zu arbeiten auf- gefordert werden. Das Programm enthält folgende fünf Hauptpunkte: 1. Zertrümmerung der kirchlichen Autorität. 2. Vollſtändige Trennung der Kirche von der Schule. — Den Geiſtlichen iſt jede Ingerenz in der Schule zu entziehen; ſie ſind auszuſchließen von den Lehrerſtellen, vom Ortsſchulrath, von der Schulinſpektion; religiöſe Orden, weibliche und männliche, ſind von den Lehrſtellen zu entfernen. 3. Abſchaffung jedes Religionsunterrichtes. — In erſter Linie iſt (ſo wird S. 28 und 29 geſchrieben) der dulgäre Religionsunterricht abzuſchaffen. . . . Der Reli- gionsunterricht trägt ſittliche Verwirrung in die jungen Gemüther des Volkes und ballt Nebelmaſſen um die kind- liche Intelligenz zuſammen. . . . Der Religionsunterricht korrumpirt, verthiert. . . . Daher konfeſſionsloſe Schulen, konfeſſionsloſe Bücher, keine bib- liſche Geſchichte und keine Religionslehre. 4. Entchriſtlichung des Familienlebens. 5. Emanzipation der Frauen. — Gründung von kon- feſſionsloſen Mädchenpenſionaten unter Leitung emanzi- pirter Frauen, Erziehung der Mädchen zu „geſunder Menſchlichkeit“: Turnen, Tanzen, kosmetiſche Schönheits- lehre, „aufklärende“ Lektüre. St. Galliſches. — Regierungsraths-Verhandlungen vom 3. Januar 1890. Der ſchweizer. Bundesrath bringt den Beſchluß der eidgen. Räthe vom 20. Dezember 1889 zur Kenntniß, wodurch die Friſt zur Einreichung der Ausweiſe über die Ausführung der vom Bunde ſubventionirten Korrektionsprojekte der Thur im Bezirke Wyl und bei Wattwil um ein Jahr, d. h. bis zum 14. Dez. 1890, verlängert worden iſt. Das Finanz-Departement wird zur Erhebung der Brandverſicherungsprämie im einfachen Betrage pro 1890 ermächtigt. Einige Bodenankäufe der Ortsgemeinde Weißtannen, die Waldwirthſchaftspläne der Ortsgemeinden Wil, Stein und Sargans, die revidirten Statuten der obligatoriſchen Krankenkaſſe Oberuzwil, ſowie eine Uebereinkunft der Ortsgemeinden Murg und Quarten betreffend Regelung der beidſeitigen Eigenthumsrechte an Waldungen und Boden und betreffend Auslöſung der auf den Schutzwal- dungen beſtehenden Servituten erhalten die regierungs- räthliche Genehmigung. Auf Grund eines Vorſchlages des Departements des Innern wird an 25 politiſche Gemeinden an die Ver- pflegungskoſten von 80 notharmen Irren eine Unterſtützung im Geſammtbetrage von Fr. 2581 verabfolgt. — Der Sticker-Zentral-Krankenverband zählt zur Zeit 54 Sektionen mit über 100,000 Franken Bermögen. — Auf den Vereinigten Schweizerbahnen waren am 3. Januar wegen Influenza abweſend: 100 Stationsangeſtellte und Arbeiter, 20 Zugführer und Kon- dukteure, 21 Lokomotivführer und Heizer, 28 Bahnbeamte und 18 Bureauangeſtellte; ein Kondukteur iſt geſtorben, ein anderer todtkrank. — Obertoggenburger Bahn. Der Gemeinde- rath von Krummenau hat den Anlauf gemacht, daß eine Fortſetzung der Toggenburger Bahn bis Neßlau energiſcher betrieben wird, als bisher. — Flawil. (Eingeſ.) Die Beerdigung des Hrn. Oberlehrer W. Schöb vom letzten Montag den 6. Jan., der nach kurzer, ſchwerer Krankheit an der Lungenent- zündung in Folge der heimtückiſchen Influenza erlag, geſtaltete ſich zu einer größern Trauerfeierlichkeit. Herr Lehrer Schöb war hier allgemein ſehr beliebt. Mit ihm ſtieg ein eminentes Talent, beſonders in Muſik und Ge- ſang, zu Grabe. Schöb war ein ruhiger, friedliebender Charakter, der ſozuſagen kein Kind beleidigen konnte. Von Hauſe aus gut religiös erzogen, blieb er ſeinen eingeſo- genen Prinzipien treu bis zum letzten Athemzuge. Na- türlich blieben ihm bittere Wermuthstropfen in ſeinem Leidenskelche, die jedem Sterblichen beſchieden ſind, nicht aus, und die Nägel, die in ſeinen Todtenſarg bei Leb- zeiten geſchlagen worden, verwundeten ihm das Herz gar ſehr. Gott habe ihn ſelig! — In Gams iſt Herr Alt-Kantonsrath E. Schöb, in Bazenheid Herr Thierarzt Th. Mäder an einer Lun- genentzündung geſtorben. — In Mels iſt die Maul- und Klauenſeuche auf’s Neue ausgebrochen. — St. Fiden. Die verſammelte Spezialkonferenz der Lehrer der Gemeinde Tablat beſchloß, es ſei an den beſcheidenen Herrn Bezirks-Schulrathspräſidenten Wißmann ein Dankſchreiben für ſein Wirken auf dem Gebiete der Schule zu erlaſſen. Als die geeignetſten Perſönlichkeiten zur Erſetzung des Herrn Wißmann bezeichnete man uni- sono die HH. Pfarrer Zehnder in Wittenbach und Fritſche in St. Fiden. Die Wahl des einen oder andern der Genannten würde von der Lehrerſchaft freudig begrüßt werden. — St. Gallen. Die bekannte, einſt ſo renommirte Sommerwirthſchaft zum „Tivoli“, für welche ſeiner Zeit ein Preis von Fr. 75,000 bezahlt wurde, wurde an vor- geſtriger, zweiter Verſteigerung von Herrn Schulrath Hasler in St. Fiden zum Preiſe von Fr. 20,000 erſtei- gert. Die Liegenſchaft enthält einen ziemlich großen Re- ſtaurations-Garten; das Gebäude iſt zu Fr. 61,000 ver- ſichert. — Tablat. Die Veruntreuungen des flüchtigen Gemeindeweibels Baumgartner von Tablat betragen nach den neueſten Mittheilungen nicht 8000 Fr., ſondern 4307 Fr. 30 Rp., davon ſind gedeckt 2368 Fr. 62 Rp., ſo daß ein Fehlbetrag von 1938 Fr. 68 Rp. bleibt. — * Schmerikon. Zivilſtandsnachrichten pro 1889. Geburten männlich 14, weiblich 17, zuſammen 31, To- desfälle männlich 18, weiblich 11, zuſammen 29, Trau- ungen 6. — St. Gallenkappel. (Eingeſ.) Letzten Mittwoch den 8. Jänner, zirka 6 Uhr Abends, wurde ein armer Arbeiter auf offener Straße von Stäg nach Hof über- fallen. Der Thäter ſei bekannt. — Ricken. (Eingeſ.) Trotz des ſeit längerer Zeit auf den Höhen herrſchenden prächtigen warmen Wetters ohne jeglichen Nebel macht auch hierorts die Influenza ihre Beſuche, doch bis jetzt ohne ſterbliche Fälle. — * Ernetſchwil. Zivilſtandsnachrichten für das Jahr 1889. — Gaſter. Laut „Gl. Nachr.“ iſt den HH. Ge- brüder Gmür im Linthhof-Schänis die elektriſche Beleuchtung der neuen eidgen. Pulverfabrik in Bern, ſowie der neuen Maſchinen- und Uhrenfabrik des Herrn Johannes Rauſchenbach in Schaffhauſen übertragen worden und ſoll dieſe letztere Anlage nach Vollendung ca. 700 Glühlampen zählen. — Schänis. Im neuen Jahre ſind zwei Familien- väter im Walde verunglückt. Der eine mußte ſeines gefährlichen Zuſtandes wegen in den Kantonsſpital nach Glarus abgeführt werden; der andere, weniger gefährlich verletzt, befindet ſich zu Hauſe in guter Pflege und ſei wieder auf dem Wege der Beſſerung. Kantone. Zürich. Die 3. Aufführung des hl. Dreikönigen- Oratoriums am letzten Sonntag war ſehr ſtark beſucht. Der Börſenſaal war nahezu bis auf den letzten Platz be- ſetzt. Die Aufführung reilte ſich der letzten würdig an. Die „lebenden Bilder“ verdienen geradezu die Bezeichnung „meiſterhaft“. Ein beſonderes Wort des Dankes und der Anerkennung gebührt auch den beiden Deklamatoren. — Verſchiedene Berichte über die Entſtchung des Zürcher Theaterbrandes laſſen durchblicken, als ob das Feuer in Folge abſichtlicher Brandlegung entſtanden ſei. Das anfänglich als überhitztes Kamin an- geſehene Rohr, um das herum Holz lagerte, welches beim Herannahen einer Magd ſchon in hellen Flammen ſtand, war ein einfaches Luftrohr, das gar nicht erhitzt und ſomit auch nicht die Brandurſache war. — Von den Zürchern Briefträgern geht das Gerücht, ſie hätten eine große Zahl Gratulationskarten der Einfachheit halber in die Limmat geworfen. — An den Folgen der Influenza iſt nach kurzer Krank- heit Herr Ottomar Fiſcher, Inhaber eines großen Baum- wollengeſchäftes, in Zürich geſtorben. — In Kloten ſei der Hausknecht eines Gaſthofes geſtorben, der daſelbſt mehr als 20 Jahre gedient und in dieſer Zeit ein Vermögen von 23,000 Fr. geſammelt habe. Bern. Laut einem Telegramm der „Liberte“ ſind in der Stadt Bern während der drei erſten Tage dieſes Jahres 13 Perſonen an Lungenkrankheiten geſtorben, die ſich in Folge von Influenza entwickelten. Luzern. Im Befinden des ſchwer erkrankten Hrn. Oberſt Pfyffer iſt bis Donnerſtag Mittag das Ein- treten etwelcher Beſſerung zu konſtatiren. Die Lungen- entzündung einer- und der Schwächezuſtand des Patienten andererſeits ſind immerhin noch beſorgnißerregend. Im Bundesrathshauſe und in den militäriſchen Kreiſen der ganzen Schweiz folgt man mit geſpannteſter Theil- nahme dem Verlaufe der Krankheit des verdienten Ge- neralſtabschefs. Schwyz. Eine am 6. ds. in Brunnen ſtattgehabte größere Verſammlung faßte folgende Beſchlüſſe: 1. Der Gemeinderath iſt einzuladen, unverzüglich den Regierungsrath zu erſuchen, derſelbe möchte bei den zuſtän- digen Behörden dahin wirken, daß das vom Bundesrathe aufs Jahr 1891 zu veranſtaltende Erinnerungsfeſt an den erſten 1291 in Brunnen abgeſchloſſenen Bund der Grün- dung der Eidgenoſſenſchaft am Orte der Handlung, d. h. in Brunnen abgehalten werde. 2. Die Regierung ſoll erſucht werden, Bundesrath und Bundesverſammlung zu veranlaſſen, als fortdauernde Erinnerung an die Entſtehung der ſchweiz. Eidgenoſſen- ſchaft am Orte der Gründung, in Brunnen, ein paſſendes Nationalmonument zu errichten. Nidwalden. Die Luftbahn auf den Pilatus (ſchwe- bende Drahtſeilbahn) kommt laut „Nidw. Volksblatt“ nun doch zur Ausführung. Herr Leonardo Torres von San- tander in Spanien erläßt bereits die nöthige Baupublika- tion im „Amtsblatt“. Die projektirte Anlage ſoll die beiden Ausſichtspunkte Eſel (Theraſſe des „Hotel Belle- vue) und Klimſenhorn verbinden. Die Verbindung beſteht aus ſechs Kabeln, die an ihrem Endpunkte beim Känzeli und untenher der Teraſſe beim Hotel Bellevue fixirt ſind. Die ganze Anlage kommt auf Eigenthum der löbl. Kor- poration Hergiswyl, Kt. Nidwalden, zu ſtehen und ſind die baulichen Anlagen untenher Bellevue ausgeſteckt und zwar unter genauer Beobachtung der zutreffenden Beſtim- mungen des Nidwaldner Baugeſetzes. Aargau. Die Influenza nimmt im Freiamt bedenklich zu. Ganze Familien liegen an derſelben krank darnieder. In Dottikon erlag Herr Gemeindeſchreiber Hübſcher, der ſchon längere Zeit auf der Lunge litt, dieſer neuen Krankheit, indem er zu früh das Bett verließ. Er wurde Montags unter großem Geleite der Erde übergeben und hinterläßt 6—7 kleine Kinder. — Baden. Als Oaſe in der Wüeſte der In- fluenza wird das Thermalgebiet in Baden angeprieſen. Es ſei in deſſen Rayon noch kein einziger Influenzafall vorgekommen. — Jedermann erinnert ſich noch der furchtbaren Ka- taſtrophe vom Weihnachtstage 1875, wo bei Anlaß der Chriſtbaumfeier im neuen Schulhauſe von Hellikon das Treppenhaus mit den Gängen zuſammenſtürzte und 105 Perſonen von Hellikon und Wegenſtetten den Tod fanden. Seither hat die Bevölkerung keine Chriſtbaumfeier mehr begangen, bis zur letzten Weihnacht, wo beide Gemeinden wiederum eine ſolche, diesmal in Wegenſtetten, veranſtal- teten. Es mag bei dieſem Anlaſſe manche ſchmerzliche Erinnerung wachgerufen worden ſein an jene ſchaurige Nacht, deren Denkmal das große Maſſengrab auf dem Kirchhof zu Wegenſtetten iſt. — Verbrannt. Letzten Samſtag langte auf der Station Siggenthal (Aargau) ein nach Ennenda be- ſtimmter, mit Baumwolle beladener Eiſenbahnwagen an, deſſen Inhalt in hellen Flammen ſtand. Die Baumwolle ging faſt alle zu Grunde und auch der Wagen wurde ſtark beſchädigt. — Diebſtahl. Während letzter Tage ein Bauer im untern Freiamt in der Kirche war, wurden ihm 2000 Fr., die er im Bette verſteckt gehalten, geſtohlen. Die Summe war geerbtes Geld. Thurgan. Die Influenza iſt auch in hieſiger Gegend ziemlich heftig aufgetreten. Von Wyl her kam ſie nach Zuzwil, Zuckenrieth, Wuppenau, Schönholzers- weilen, hl. Kreuz, Neukirch. Eine beſondere Vorliebe ſcheint ſie für die Ortsvorſteher, Wirthe, Metzger rc. zu haben. Baſelland. Wie unklug es iſt, Ställe vollſtändig gegen den Zutritt von friſcher Luft abzuſchließen, hat letzter Tage ein Landwirth in Waldenburg erfahren. Der Knecht verſtopfte eines Abends ſogar das Dampfrohr. Am Mor- gen war der 11 Stück zählende Viehſtand nahezu erſtickt. 2 Thiere, darunter ein kürzlich prämirter Zuchtſtier, waren verendet. Ausland. Deutſches Reich. Die Kaiſerin-Wittwe Auguſta iſt am Dienſtag Abend geſtorben. Dieſelbe war 1811 als Tochter des Großherzogs von Weimar geboren. Noch nicht 18 Jahre alt wurde ſie mit dem Prinzen Wilhelm von Preußen, nachmaligem Kaiſer Wil- helm I. vermählt, deſſen Schickſale ſie von nun an theilte. Sie zeichnete ſich aus durch Kunſtſinn und beſonders durch Wohlthätigkeit gegenüber allen Arten menſchlicher Noth. Bekannt iſt, daß ſie eine entſchiedene Gegnerin des von Bismarck ihrem Gemahl aufgedrungenen Kulturkampfs war. In manchen Fällen ſuchte ſie die Härten desſelben zu mildern. Seit vielen Jahren, noch bei Lebzeiten Kai- ſers Wilhelm I., führte ſie, fern von Berlin, ihre Hof- haltung in Koblenz. Obwohl körperlich ſehr ſchwach, war doch ihr Geiſt ſtark genug, die ſchweren Schläge, die in den letzten Jahren die kaiſerliche Familie trafen, zu tragen

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z)

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Zitationshilfe: St. Galler Volksblatt. Nr. 4, Uznach, 11. 01. 1890, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_stgaller4_1890/2>, abgerufen am 21.11.2024.