St. Galler Volksblatt. Nr. 62, Uznach, 03. 08. 1892.[Spaltenumbruch]
St. Gallisches. -- * Samuel Hilf! Ein Einsender in der "Ostschweiz" Von der Weltgeschichte scheint der Herr in der "Ostschweiz" -- Regierungsrathsverhandlungen vom 29. Juli 1892. Der st. gallischen Fohlenweiden-Genossenschaft wird an die Kosten An 18 Elementargeschädigte aus verschiedenen Gemeinden werden Dem Bundesrath wird über die für das Jahr 1893 projektirten Die vom Kantonsingenieur ausgearbeiteten Planvorlagen für eine Dem Krankenhaus Wattwil wird ein Staatsbeitrag von Fr. 3000 -- Der Regierungsrath hat unterm 22. Juli d. I. in -- Das Kantonsgericht hält am 30. August einen -- Cäcilianisches. Für die Abhaltung des kantonalen -- St. Gallen. Die st. gallische Sanitätskommission -- St. Gallen. Erdbeben. Montag Morgen 5 -- Goßau. Die Volksversammlung vom letzten Sonn- -- Bernhardzell, 1. Aug. Gestern referirte Herr -- Kirchberg, 31. Juli. Die heutige Volksversamm- -- Flawil, 1. August. Bei dem heftigen Gewitter von -- Mels. Die veranstaltete "Volksversammlung" zur -- Kathol. Gesellenverein. Sonntag den 30. Aug. -- Die Drahtseilbahn Ragaz-Wartenstein wurde -- Flums. Der 29. Juli war für die Gemeinde Flums Ein 3--4jähriger Knabe von Herrn Maler Gämperli fiel Auf dem hiesigen Bahnhof schoben einige Arbeiter einen -- In der Nähe von Flums fand am Samstag ein -- * Amden. Heute (1. August) langte der sehnlich -- Amden. Der am 1. August begonnene Doppel-Post- -- Weesen. (Korresp.) Die Berggemeinde Amden hat -- Uznach. Den 1. August, Morgens nach 5 Uhr, ver- [Spaltenumbruch] Zweites offenes Wort an den leitenden Ausschuß der konservativen Partei des Kantons St. Gallen. (Schluß.) Wir verwerfen das neue Gesetz ferner auch, weil es den Wenn Sie ferner meinen, die unentgeltliche Beerdigung werde Auch die Gefahr ist nicht zu unterschätzen, daß es später Wie Hohn ist uns Ihre Berufung auf Leo XIII., den Es ist uns schwer angekommen, gegen Sie, die Führer des Es war vielleicht unbescheiden von uns, Ihnen zuzumuthen, [Spaltenumbruch]
St. Galliſches. — * Samuel Hilf! Ein Einſender in der „Oſtſchweiz“ Von der Weltgeſchichte ſcheint der Herr in der „Oſtſchweiz“ — Regierungsrathsverhandlungen vom 29. Juli 1892. Der ſt. galliſchen Fohlenweiden-Genoſſenſchaft wird an die Koſten An 18 Elementargeſchädigte aus verſchiedenen Gemeinden werden Dem Bundesrath wird über die für das Jahr 1893 projektirten Die vom Kantonsingenieur ausgearbeiteten Planvorlagen für eine Dem Krankenhaus Wattwil wird ein Staatsbeitrag von Fr. 3000 — Der Regierungsrath hat unterm 22. Juli d. I. in — Das Kantonsgericht hält am 30. Auguſt einen — Cäcilianiſches. Für die Abhaltung des kantonalen — St. Gallen. Die ſt. galliſche Sanitätskommiſſion — St. Gallen. Erdbeben. Montag Morgen 5 — Goßau. Die Volksverſammlung vom letzten Sonn- — Bernhardzell, 1. Aug. Geſtern referirte Herr — Kirchberg, 31. Juli. Die heutige Volksverſamm- — Flawil, 1. Auguſt. Bei dem heftigen Gewitter von — Mels. Die veranſtaltete „Volksverſammlung“ zur — Kathol. Geſellenverein. Sonntag den 30. Aug. — Die Drahtſeilbahn Ragaz-Wartenſtein wurde — Flums. Der 29. Juli war für die Gemeinde Flums Ein 3—4jähriger Knabe von Herrn Maler Gämperli fiel Auf dem hieſigen Bahnhof ſchoben einige Arbeiter einen — In der Nähe von Flums fand am Samſtag ein — * Amden. Heute (1. Auguſt) langte der ſehnlich — Amden. Der am 1. Auguſt begonnene Doppel-Poſt- — Weeſen. (Korreſp.) Die Berggemeinde Amden hat — Uznach. Den 1. Auguſt, Morgens nach 5 Uhr, ver- [Spaltenumbruch] Zweites offenes Wort an den leitenden Ausſchuß der konſervativen Partei des Kantons St. Gallen. (Schluß.) Wir verwerfen das neue Geſetz ferner auch, weil es den Wenn Sie ferner meinen, die unentgeltliche Beerdigung werde Auch die Gefahr iſt nicht zu unterſchätzen, daß es ſpäter Wie Hohn iſt uns Ihre Berufung auf Leo XIII., den Es iſt uns ſchwer angekommen, gegen Sie, die Führer des Es war vielleicht unbeſcheiden von uns, Ihnen zuzumuthen, <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <pb facs="#f0002" n="2"/> <cb/> </div> </div> <div type="jLocal" n="1"> <head> <hi rendition="#b">St. Galliſches.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— * <hi rendition="#b">Samuel Hilf!</hi> </head> <p>Ein Einſender in der „Oſtſchweiz“<lb/> möchte dem neuen „Zivilbeſtattungsgeſetz“ das Mäntelchen<lb/> „<hi rendition="#g">chriſtlicher Charitas</hi>“ umhängen. Eitle Liebesmühe!<lb/> Es braucht doch fruchtbar wenig Verſtand dazu, um eingeſehen<lb/> zu haben, daß das Geſetz nicht aus „chriſtlicher Nächſtenliebe“,<lb/> ſondern aus grundſätzlichem Haß gegen die <hi rendition="#g">chriſtliche Be-<lb/> erdigung,</hi> nach den bekannten Rezepten der Freimaurerei und<lb/> des antichriſtlichen Sozialismus hervorgegangen. Der Staats-<lb/> beitrag von Fr. 15 bildete gewiſſermaßen nur eine Art Be-<lb/> ſtechung, um es den Großräthen ab dem Lande annehmbarer<lb/> zu machen. Die Mitwirkung| einiger konſervativer Führer war<lb/> eine Konzeſſion an die Sozialdemokraten. Was hat aber das Volk<lb/> von dieſen „<hi rendition="#g">Speckartikeln</hi>“, die es mit ſeinem Steuerbeutel<lb/> doppelt bezahlen muß? Statt einer Wohlfahrt nach <hi rendition="#g">unten,</hi> iſt<lb/> es vielmehr eine Ungerechtigkeit für den Bauern- und Mittel-<lb/> ſtand überhaupt, der ja nicht blos für die <hi rendition="#g">Armen,</hi> ſondern<lb/> auch für die <hi rendition="#g">Reichen</hi> herhalten muß; denn auch die Reichen<lb/> ſollen auf Koſten der Gemeinde beerdiget werden und nicht blos<lb/> die Armen. Auch die Leichenverbrennung hat doch ſpottwenig<lb/> mit der „chriſtlichen Charitas“ zu thun. Hat man aber<lb/> einmal auch den Mittelſtand, in dem faſt allein noch die chriſt-<lb/> liche Tradition mit ihren Wurzeln der Religion und der Moral<lb/> etwelchen Halt hat, decimirt, ſo wird man bald bei „Mathä<lb/> am Letzten“ ſein.</p><lb/> <p>Von der Weltgeſchichte ſcheint der Herr in der „Oſtſchweiz“<lb/> gleichfalls einen ſehr dunkeln Begriff zu haben, ſonſt würde er<lb/> nicht behaupten wollen, die franzöſiſche Revolution ſei deswegen<lb/> entſtanden, weil man für die <hi rendition="#g">untern Volksklaſſen nichts<lb/> gethan habe</hi>. O Röhrle! Weißt Du denn nicht, daß die<lb/> franzöſiſche Revolution aus der <hi rendition="#g">antichriſtlichen Literatur</hi><lb/> (Voltaire, Encyclopediſten u. dgl.) hervorgegangen und daß die<lb/> Gottesleugnerei in Form einer ausgeſchämten Straßendirne auf<lb/> dem Altar gehoben wurde? Die „Noth“ in den <hi rendition="#g">untern</hi><lb/> Klaſſen war offenbar ſehr unſchuldig an den blutigen Opfern<lb/> der franz. Revolution; nicht aber der hohe <hi rendition="#g">Wohlfahrts-<lb/> Ausſchuß</hi> in den hohen Kreiſen. <hi rendition="#aq">Si tacuisses,</hi> lieber Freund!<lb/><hi rendition="#aq">philosophus mansisses!</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>— <hi rendition="#g">Regierungsrathsverhandlungen</hi> vom 29. Juli 1892.</p><lb/> <p>Der ſt. galliſchen Fohlenweiden-Genoſſenſchaft wird an die Koſten<lb/> einer projektirten Alpverbeſſerung auf Unterbächen, Gemeinde Ebnat, ein<lb/> Staatsbeitrag von 25 Proz. zugeſichert; zugleich wird beim Bundesrath<lb/> das Geſuch um Zuerkennung eines gleichhohen Bundesbeitrages geſtellt.</p><lb/> <p>An 18 Elementargeſchädigte aus verſchiedenen Gemeinden werden<lb/> aus der Kantonshülfskaſſe Unterſtützungen im Geſammtbetrage von<lb/> Fr. 1240 verabfolgt.</p><lb/> <p>Dem Bundesrath wird über die für das Jahr 1893 projektirten<lb/> Schutzbauten an Wildwaſſern Bericht erſtattet.</p><lb/> <p>Die vom Kantonsingenieur ausgearbeiteten Planvorlagen für eine<lb/> neue Verbauung des Auerbaches bei Eichberg werden genehmigt und<lb/> dem Bundesrath zur Prüfung und behufs Erwirkung einer Bundes-<lb/> ſubvention vorgelegt.</p><lb/> <p>Dem Krankenhaus Wattwil wird ein Staatsbeitrag von Fr. 3000<lb/> zuerkannt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>— Der Regierungsrath hat unterm 22. Juli d. I. in<lb/> theilweiſer Reviſion der <hi rendition="#g">Hebammenordnung</hi> behufs noth-<lb/> wendiger Weiterbildung von älteren Hebammen Repetitions-<lb/> kurſe vorgeſchrieben, welchen nach und nach alle diejenigen<lb/> Hebammen beizuwohnen haben, welche in den letzten 10 Jahren<lb/> weder eine Prüfung noch einen ſolchen Kurs durchgemacht haben.<lb/> Dieſe Kurſe ſollen die Dauer einer Woche haben und in der<lb/> Regel im Frühjahr und im Herbſt für eine Zahl von 20 Theil-<lb/> nehmerinnen in St. Gallen ſtattfinden. Die Aufforderung zur<lb/> Theilnahme geſchieht auf Anordnung der Sanitätskommiſſion<lb/> durch die betreffenden Bezirksärzte. Außer dem Unterrichte wird<lb/> eine Nachſchau über den Zuſtand der Berufsgeräthſchaften der<lb/> Repeditionsſchülerinnen vorgenommen werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>— <hi rendition="#g">Das Kantonsgericht</hi> hält am 30. Auguſt einen<lb/> Plenaraugenſchein in <hi rendition="#g">Uznach,</hi> am 31. Auguſt iſt Präſidial-<lb/> augenſchein in <hi rendition="#g">Weeſen,</hi> vom 1. bis und mit 20. September<lb/> Sitzung im Kantonsgerichtsſaal in St. Gallen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Cäcilianiſches</hi>.</head> <p>Für die Abhaltung des kantonalen<lb/> Cäcilienvereinsfeſtes in Flums iſt nun ſchon ordentlich vor-<lb/> gearbeitet. Das Programm iſt fertig geſtellt. Das Feſt ſoll<lb/> Montag, den 10. Oktober 1. Jahres abgehalten werden. Ver-<lb/> ſchiedene Umſtände wirkten mit, daß der Zeitpunkt der Ab-<lb/> haltung hinausgeſchoben werden mußte. Am Vorabend des be-<lb/> ſagten Tages (Sonntag Abend) iſt die erſte Produktion mit<lb/> Andacht, an welcher ſich die Chöre von Flums, Wallenſtadt,<lb/> Berſchis, eventuell Mels ſich betheiligen werden. Am Feſttage<lb/> ſelber wird der Chor von Chur das Requiem und der Chor von<lb/> Uznach eine Meſſe (von Stehle?) beim Hochamt vortragen, woran<lb/> ſich Einzelproduktionen von Chören aus dem Bezirk ſich an-<lb/> ſchließen werden. Nachmittags (den 10.) iſt Veſper von Kühne,<lb/> vorgetragen von den Chören des Bezirkes.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">St. Gallen</hi>.</head> <p>Die ſt. galliſche Sanitätskommiſſion<lb/> hat ſich durch die leidige Ueberhandnahme der Maul- und<lb/> Klauenſeuche in Innerrhoden veranlaßt geſehen, den Verkehr<lb/> zwiſchen dem Kanton St. Gallen, bezw. dem Rheinthal und<lb/> Werdenberg und den an dieſe Landestheile anſtoßenden inner-<lb/> rhodiſchen Alpen zu ſperren. Der Beſuch des Hohenkaſtens vom<lb/> ſt. galliſchen Gebiete aus iſt nicht geſtattet und auch der Abſtieg<lb/> gegen dieſe Seite durchaus verwehrt. Die Gefährde, welche in<lb/> einer Verſchleppung der Krankheit auf hierſeitiges Gebiet ent-<lb/> ſtehen würde, iſt eine ſo enorme, daß wohl gehofft werden darf,<lb/> es werde der Verfügung der genannten Behörde ſtrenge Nach-<lb/> achtung zu theil.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">St. Gallen. Erdbeben</hi>.</head> <p>Montag Morgen 5<lb/> Uhr wurde hier ein ſtarker Erdſtoß in der Richtung von Weſten<lb/> nach Oſten verſpürt. Während man denſelben in Goßau 3<lb/> Minuten vor 5 Uhr gewahrte, wurde er hier um 5 Uhr und<lb/> in Altſtätten um 5 Uhr 10 Min. bemerkt und zwar überall<lb/> mit gleicher Heftigkeit, ſo daß in den Zimmern die Möbel ſtark<lb/> gewiegt wurden und die Wände und Mauern krachten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Goßau</hi>.</head> <p>Die Volksverſammlung vom letzten Sonn-<lb/> tag in Sachen des Beerdigungsgeſetzes war überaus zahlreich<lb/> beſucht. In ſachlicher und ſehr gewandter Weiſe referirten<lb/> Herr Dr. Thürlemann gegen und Herr Schuhmacher für das<lb/> Geſetz. In der Diskuſſion vertraten die Herren Nationalrath<lb/> Staub, Gemeindeammann Ruggli, Kantonsrath Högger, Land-<lb/> wirth Niedermann und Gerichtsſchreiber Geeſer den gegneriſchen,<lb/><cb/> Herr Scherrer und Redaktor Baumberger den annehmenden<lb/> Standpunkt. — Goßau wird ohne Zweifel verwerfen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>— <hi rendition="#g">Bernhardzell,</hi> 1. Aug.</dateline> <p>Geſtern referirte Herr<lb/> Kurer von St. Fiden vor einer Verſammlung von zirka 80<lb/> Mann über das Beerdigungsgeſetz. Die Mehrheit ſoll gegen<lb/> das Geſetz ſein.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>— <hi rendition="#g">Kirchberg,</hi> 31. Juli.</dateline> <p>Die heutige Volksverſamm-<lb/> lung zur Beſprechung des Beerdigungsgeſetzes war von ca. 200<lb/> Mann beſucht. Gegen das Geſetz ſprachen die HH. Bezirks-<lb/> ammann Schönenberger, Pfarrer Kellenberger von Bütſchwil,<lb/> Pfarrer Bühler und Lehrer Köppel, während Hr. Kantonsrath<lb/> Meßmer für dasſelbe eintrat. Eine Abſtimmung fand nicht<lb/> ſtatt. Nach den Beifallsbezeugungen zu urtheilen, war eine<lb/> Mehrheit gegen das Geſetz.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>— <hi rendition="#g">Flawil,</hi> 1. Auguſt.</dateline> <p>Bei dem heftigen Gewitter von<lb/> geſtern Nacht ſchlug der Blitz in das Haus des Landwirthes<lb/> Scherrer in Botsberg, jedoch ohne zu zünden. Das Kamin<lb/> wurde total zertrümmert und im angebauten Stalle eine Kuh<lb/> erſchlagen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Mels</hi>.</head> <p>Die veranſtaltete „Volksverſammlung“ zur<lb/> Beſprechung des Beerdigungsgeſetzes war von ca. 60 (!) Mann<lb/> beſucht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Kathol. Geſellenverein</hi>.</head> <p>Sonntag den 30. Aug.<lb/> begehen die kath. Geſellenvereine <hi rendition="#g">Wil, St. Gallen</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Rorſchach</hi> gemeinſam in Wil das 25jährige Stiftungsfeſt,<lb/> verbunden mit der Weihe einer neuen Vereinsfahne für den<lb/> Verein von Wil.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>— <hi rendition="#g">Die Drahtſeilbahn Ragaz-Wartenſtein</hi> wurde<lb/> am 1. Auguſt eröffnet. Bei der Kollaudation fanden ſowohl<lb/> die Geſammtanlage, der Unterbau mit dem ſtattlich repräſen-<lb/> tirenden 7 Bogen-Viadukt und den 2 Tunels als auch der<lb/> ſolid angelegte Oberbau (Eiſenſchwellen, Schienen, Zahnſtangen,<lb/> Seilführung und Ausweichung) große Anerkennung. Gut be-<lb/> währten ſich desgleichen die 2 Wagen, jeder eingetheilt in ein<lb/> Koupe erſter Klaſſe für 8 Perſonen und 2 Koupe’s zweiter<lb/> Klaſſe, von dieſen das eine zu 8 Sitzplätzen und das andere<lb/> zu 12 Stehplätzen. Für Ragaz-Pfäfers wird dieſe Drahtſeil-<lb/> bahn eine angenehme und vortheilhafte Neuerung ſein.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Flums</hi>.</head> <p>Der 29. Juli war für die Gemeinde Flums<lb/> ein wahrer Unglückstag, ſchreibt man der „N. Gl. Ztg.“ Eine<lb/> Frau Lori hatte mit Petrol Feuer angemacht und ließ die<lb/> damit gefüllte Kanne zu nahe am Feuer ſtehen. Auf einmal<lb/> gab es einen Knall, die Kanne zerplatzte, und Frau Lori ſtand<lb/> in hellen Flammen. Sie verbrannte ſich gräßlich. Die linke<lb/> Hand ſoll ganz ſchwarz ausſehen und die Muskeln an Leib<lb/> und Armen hingen in Fetzen herunter.</p><lb/> <p>Ein 3—4jähriger Knabe von Herrn Maler Gämperli fiel<lb/> heute mit einem Teller ſo unglücklich zu Boden, daß er auf<lb/> einer Scherbe des Tellers die Naſe entzwei ſchnitt und die<lb/> Stirn nicht unerheblich verletzte.</p><lb/> <p>Auf dem hieſigen Bahnhof ſchoben einige Arbeiter einen<lb/> Wagen, welchen ſie beladen hatten, vorwärts, um einem andern<lb/> Platz zu machen. Auf einmal hörten ſie einen Jammerruf,<lb/> und als ſie nachſahen, gewahrten ſie einen Knaben, welcher<lb/> hinten aufgeſeſſen und heruntergefallen war, mit einem Bein<lb/> im Rade. Schwer verletzt wurde er nach Hauſe verbracht. —</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>— In der Nähe von <hi rendition="#g">Flums</hi> fand am Samſtag ein<lb/><hi rendition="#g">Felsabſturz</hi> ſtatt und verſchüttete mehrere weidende Kühe.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— * <hi rendition="#g">Amden</hi>.</head> <p>Heute (1. Auguſt) langte der ſehnlich<lb/> erwartete erſte Poſtwagen an, feſtlich bekränzt und von Böller-<lb/> ſchüſſen begrüßt. Das ganze Dorf war beflaggt. Als erſte<lb/> Paſſagiere ſtiegen aus ein fremder Herr und eine Dame<lb/> (Touriſten). Ammons abgehärtete kräftige Bewohner werden<lb/> wohl noch lange den Weg zu Fuß machen, dagegen werden<lb/> wohl Aerzte, Kranke, Reiſende gerne das Poſtroß benutzen. —<lb/> Morgens 5 Uhr vernahm man hier 3 ſtarke Erdſtöße, die mit<lb/> dumpfem unterirdiſchem Donner verbunden waren.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Amden</hi>.</head> <p>Der am 1. Auguſt begonnene Doppel-Poſt-<lb/> kurs zwiſchen Amden und Weeſen wird ſo ausgeführt, daß der<lb/> zweiſpännige Poſtwagen Morgens um 5 Uhr 15 Minuten und<lb/> Nachmittags um 3 Uhr 30 Minuten von Amden abfährt, von<lb/> wo er jeweilen nach 3 Viertelſtunden am Bahnhof in Weeſen<lb/> eintrifft. Die Rückfahrt von hier, je um 10 Uhr 10 Minuten<lb/> Vormittags und 4 Uhr 30 Minuten Nachmittags, wird in 1<lb/> Stunde nnd 25 Minuten vollzogen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Weeſen</hi>.</head><lb/> <head>(Korreſp.)</head> <p>Die Berggemeinde Amden hat<lb/> endlich die Schranken der Iſolirung gebrochen. Durch die Poſt,<lb/> die den 2. d. M. ihren Kurs eröffnete, iſt ſie in den Bund der<lb/> ziviliſirten Welt getreten und zum Theil auf die Höhe ihrer er-<lb/> ſehnten irdiſchen Wünſche gelangt. Das goldene Zeitalter rückt<lb/> nun in die Gemeinde ein. Licht, Fortſchritt und alle ihre<lb/> Schweſtern brauchen jetzt vor dem ſtrengen Wege auf Amon’s<lb/> Höhen und vor dem Schwitzen nicht zu ſchaudern; ſie können<lb/> nun auf ſchönen und weich gepolſterten Sitzen dorthin gelangen<lb/> und ihre Tabernakula aufſchlagen. Die Faktoren, welche die<lb/> Verbindung mit der Außenwelt vermitteln, überſteigen alle Er-<lb/> wartungen. Man erwartete eine Kaleſche aus den erſten Zeiten<lb/> der turntaxiſchen Erfindung, ſchwere Mecklenburger und in dem<lb/> Poſtillon einen aus der franzöſiſchen Revolution ſtammenden<lb/> Invaliden und ſtatt deſſen erblickte man eine feine, moderne,<lb/> zwar etwas ſchwerfällige Kutſche, feurige Roſſe <hi rendition="#aq">à la</hi> ächte Araber,<lb/> die Karl May mit ſeinem Freunde Halef bei ſeinem Ritte<lb/> durch die Wüſte ſicher nicht verſchmäht hätte, und einen Roſſe-<lb/> lenker, der ſein Metier gründlich verſteht. Dieſe Fürſorge der<lb/> hohen Poſtverwaltung für das Publikum iſt kein Wunder; die<lb/> Menſchen wollen ja fein und modern ſogar in den Himmel<lb/> ſpedirt werden! Die Brautfahrt ging durch die Straßen des<lb/> Städtchens und unter Bewunderung vieler Zuſchauer flott von<lb/> Statten. Der erſte Eindruck berechtigt zu der ſicheren Er-<lb/> wartung, daß die Poſt das reiſeluſtige Publikum befriedigen<lb/> werde. Wohl, auf nach Amden, man braucht nicht zu Fuß zu<lb/> gehen und der Genuß, den die Schönheit der Natur dem Auge<lb/> dort bietet, wiegt die geringen Koſten der Reiſe tauſendfach auf!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Uznach</hi>.</head> <p>Den 1. Auguſt, Morgens nach 5 Uhr, ver-<lb/> ſpürte man hier ein Erdbeben, nach einem von halb 12 bis<lb/> 1 Uhr vorausgegangenen intenſiven Gewitter. Der Erdſtoß<lb/> wurde in der ganzen Oſt- und Zentralſchweiz mehr oder<lb/> weniger beobachtet.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Zweites offenes Wort an den leitenden Ausſchuß der<lb/> konſervativen Partei des Kantons St. Gallen.</hi> </head><lb/> <byline>(Eingeſandt aus dem Toggenburg.)</byline><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <head> <ref>(Schluß.)</ref> </head><lb/> <p>Wir verwerfen das neue Geſetz ferner auch, weil es den<lb/> Gemeinden wieder eine bedeutende Steuerlaſt aufbürdet. Sie<lb/> meinen zwar, das habe nicht viel zu bedeuten, da ja der Staat<lb/> im Durchſchnitt zwei Drittheile der Koſten auf ſich nimmt.<lb/> Iſt es möglich, daß einſichtige Staatsmänner ſo etwas hinſchreiben<lb/> können! Woher nimmt denn der Staat das Geld? Woher<lb/> anders als aus den Geldbeuteln der Bürger? Alſo haben die<lb/> neuen Laſten des Staates wohl etwas zu bedeuten für die Bürger.<lb/> Und ihre Rechnung deſſen, was die Gemeinden noch dazu zu<lb/> leiſten haben, dürfte auch etwas zu roſig ſein. Nach der Be-<lb/> rechnung anderer Freunde des Geſetzes wird dasſelbe den Staat<lb/> jährlich 75,000 Fr. koſten und ebenſo viel die Gemeinden; alſo<lb/> müſſen die Bürger jährlich wieder ca. 150,000 Fr. mehr<lb/> zuſammenſteuern. Fürſprech Heinrich Scherrer, ein Befürworter<lb/> des Geſetzes, berechnet 160,000 Fr. Wir glauben, die Geſammt-<lb/> ſumme dürfte in Wirklichkeit ſich noch erhöhen. Und das ſoll<lb/> eine Kleinigkeit ſein für ein Volk, das jetzt ſchon mit Steuern<lb/> ſo ſehr belaſtet iſt, wie das St. Galliſche? Und das in<lb/> einer Zeit, wo Handel und Verkehr ſtocken, wo der Verdienſt<lb/> immer geringer und die ſonſtigen Ausgaben des Staates und<lb/> der Gemeinden immer größer werden? Während der Kanton<lb/> St. Gallen die ſchwerſten Steuerlaſten hat vor allen Kantonen<lb/> und die Politiker anderer Kantone nicht begreifen können, wie<lb/> das St. Galliſche Volk ſie mit ſo lammfrommer Geduld ertrage,<lb/> wie uns ein erfahrener Politiker letzthin mittheilte, wiſſen unſere<lb/> Staatsmänner nichts Beſſeres zu thun, als neue Steuern zu<lb/> ſchaffen. Und ſchon denken ſie darauf, nach Annahme des Be-<lb/> erdigungsgeſetzes neue Poſtulate zu bringen, die neuen Steuern<lb/> rufen. Das heißt dem Volke Steine ſtatt Brod reichen. Da<lb/> müßte das St. Galliſche Volk wirklich verblendet ſein, wenn es<lb/> durch Annahme des Geſetzes dieſe Geldverſchleuderung ſanktionirte.<lb/> — Oder ſoll etwa das eine Beruhigung ſein für den gewöhnlichen<lb/> Mann, wenn man ihm ſagt, die reiche Stadt St. Gallen zahlt<lb/> zwei Drittel der Staatsſteuer? Aber die erhöhten Gemeinde-<lb/> ſteuern bezahlt ſie nicht. Und was nützt es dem gemeinen Mann,<lb/> wenn er hohe, ihm ſchwer fallende Steuern bezahlen muß, was<lb/> dat er davon, denken zu können, ja die reichen St. Galler Herren<lb/> bezahlen noch viel mehr? Damit wird ſein ohnehin magerer<lb/> Geldbeutel nicht wieder gefüllt. Den reichen St. Galler Herren<lb/> thut es freilich nichts; ſie ſuchen nur etwas mehr Vermögen zu<lb/> verheimlichen, und wenn man ſie gar zu arg ſchröpfen will, packen<lb/> ſie zuſammen und ziehen nach Conſtanz oder ſonſtwohin, wo die<lb/> Herren Millionärs beſſer traktirt werden. Was nützen uns hohe<lb/> Steuern, wenn ſie am Ende eine große Kapitalflucht veranlaſſen?</p><lb/> <p>Wenn Sie ferner meinen, die unentgeltliche Beerdigung werde<lb/> bewirken, daß für das Kirchliche mehr gethan werde, ſo dürften<lb/> Sie auch hierin im Irrthum ſein. Die Vermöglichen werden<lb/> wegen ca. 30 Fränklein, die ſie bei Beerdigungen von Staat und<lb/> Gemeinden erhalten, keinen Centimes mehr ausgeben als bisher.<lb/> Die von der Hand in den Mund Lebenden werden dieſe noch<lb/> eher zum Luxus verwenden. Wird ja in dieſer Hinſicht ohnehin<lb/> bei Beerdigungen für zu koſtbare Särge, Kränze, Eſſen, Grab-<lb/> ſteine u. dgl. ein ſchweres Geld unnöthig verſchwendet. Und<lb/> gerade die, welche gerne auf Koſten anderer leben, wollen bei<lb/> ſolchen Anläſſen immer die Noblen ſpielen. Hier hätten die<lb/> Herren eine verdienſtliche Aufgabe, wenn ſie dieſem Luxus ſteuern,<lb/> der den Verſtorbenen nichts nützt und nur der Eitelkeit der<lb/> Lebenden ſchmeichelt. In einem Jahr könnte da mindeſtens<lb/> zweimal ſo viel erſpart werden, als das neue Geſetz Steuern<lb/> veranlaßt, die nur wenigen einen kleinen Vortheil bringen.</p><lb/> <p>Auch die Gefahr iſt nicht zu unterſchätzen, daß es ſpäter<lb/> beißt: „Wer zahlt, befiehlt“. Die gleichen Elemente, welche<lb/> darauf gedrungen, daß das Beerdigungsweſen den Konfeſſionen<lb/> entriſſen werde, werden darauf drängen, daß nun auch Friedhof<lb/> und Beerdigung ganz verſtaatlichet werde, d. h. in ihrem Sinn,<lb/> daß alles religiöſe davon fern gehalten werde. Sie werden<lb/> Schritt für Schritt vorwärts ſteuern, bis Friedhof und Beerdigung<lb/> ein religionsloſes, troſtloſes Gepräge erhalten. Iſt es doch unter<lb/> der Herrſchaft des jetzigen Geſetzes wiederholt vorgekommen, daß<lb/> man den Katholiken verboten hat, mitten in ihrem Friedhof ein<lb/> großes Kreuz, wie üblich, zu ſtellen.</p><lb/> <p>Wie Hohn iſt uns Ihre Berufung auf Leo <hi rendition="#aq">XIII.</hi>, den<lb/> glorreich regierenden Papſt, den erlauchteſten Kirchenfürſten der<lb/> Gegenwart, den unvergeßlichen Ketteler rc., vorgekommen. Wohl<lb/> verlangen dieſe Koryphäen des Katholizismus eingreifende, ſtattliche<lb/> Thätigkeit zu Gunſten der arbeitenden Klaſſe, wie jeder, der<lb/> ein chriſtl. Herz beſitzt; aber wo verlangen dieſelben Geſetze, die<lb/> allen chriſtlichen Grundſätzen Hohn ſprechen? Wo verlangen ſie<lb/> Geſetze, welche die ſtrebſamen Bürger ausſaugen zu Gunſten der<lb/> leichtlebigen Elemente?</p><lb/> <p>Es iſt uns ſchwer angekommen, gegen Sie, die Führer des<lb/> kathol. Volkes, eine ſolche Sprache zu führen. Aber unſer<lb/> Gewiſſen trieb uns an, auch unſer Scherflein nach unſern Kräften<lb/> beizutragen, daß in ſozial-politiſchen Dingen eine beſſere Er-<lb/> kenntniß wach werde.</p><lb/> <p>Es war vielleicht unbeſcheiden von uns, Ihnen zuzumuthen,<lb/> von uns Belehrung entgegen zu nehmen, da ſie an Talent, wie<lb/> an Kenntniſſen uns überragen und hohe Ehrenſtellen bekleiden,<lb/> die wir mit unſern beſcheidenen Talenten und geringen Kennt-<lb/> niſſen zu übernehmen uns nicht getrauten (nebenbei bemerkt, es<lb/> iſt freilich keine Gefahr, daß ſie uns angetragen werden).<lb/> Dennoch glauben wir ohne Anmaßung in ſolchen Dingen ein<lb/> beſſeres Urtheil uns zutrauen zu dürfen. Wir entſtammen ſelbſt<lb/> der ärmeren Klaſſe, gehören ihr jetzt noch an und ſind ſeit einer<lb/> Reihe von Jahren immer in allſeitigem Verkehr mit ihr geſtanden;<lb/> wir haben alſo wohl beſſere Gelegenheit gehabt, deren Bedürfoiſſe<lb/> kennen zu lernen als Sie. Wir haben ferner in guten philo-<lb/> ſophiſchen Büchern ein wenig uns umgeſehen, wo die Grundlagen<lb/> der Volkswohlfahrt theoretiſch beſprochen waren. Wir haben<lb/> auch hiſtoriſche Werke geleſen, welche dieſe Grundlagen durch die<lb/> beſte Lehrmeiſterin, die Erfahrung insbeſondere im Volksleben des<lb/> Mittelalters als bewährt uns zeigten. Dann haben wir durch<lb/> dieſelbe beſte Lehrmeiſterin die entgegengeſetzten modern-liberalen<lb/> Staatsideen als nur deſtrultio wirkend erkannt. Urtheilen Sie<lb/> ſelbſt, ob es da noch große Anmaßung ſei, wenn wir einmal<lb/> aus unſerm gewohnten Stillleben heraustraten und auch ein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0002]
St. Galliſches.
— * Samuel Hilf! Ein Einſender in der „Oſtſchweiz“
möchte dem neuen „Zivilbeſtattungsgeſetz“ das Mäntelchen
„chriſtlicher Charitas“ umhängen. Eitle Liebesmühe!
Es braucht doch fruchtbar wenig Verſtand dazu, um eingeſehen
zu haben, daß das Geſetz nicht aus „chriſtlicher Nächſtenliebe“,
ſondern aus grundſätzlichem Haß gegen die chriſtliche Be-
erdigung, nach den bekannten Rezepten der Freimaurerei und
des antichriſtlichen Sozialismus hervorgegangen. Der Staats-
beitrag von Fr. 15 bildete gewiſſermaßen nur eine Art Be-
ſtechung, um es den Großräthen ab dem Lande annehmbarer
zu machen. Die Mitwirkung| einiger konſervativer Führer war
eine Konzeſſion an die Sozialdemokraten. Was hat aber das Volk
von dieſen „Speckartikeln“, die es mit ſeinem Steuerbeutel
doppelt bezahlen muß? Statt einer Wohlfahrt nach unten, iſt
es vielmehr eine Ungerechtigkeit für den Bauern- und Mittel-
ſtand überhaupt, der ja nicht blos für die Armen, ſondern
auch für die Reichen herhalten muß; denn auch die Reichen
ſollen auf Koſten der Gemeinde beerdiget werden und nicht blos
die Armen. Auch die Leichenverbrennung hat doch ſpottwenig
mit der „chriſtlichen Charitas“ zu thun. Hat man aber
einmal auch den Mittelſtand, in dem faſt allein noch die chriſt-
liche Tradition mit ihren Wurzeln der Religion und der Moral
etwelchen Halt hat, decimirt, ſo wird man bald bei „Mathä
am Letzten“ ſein.
Von der Weltgeſchichte ſcheint der Herr in der „Oſtſchweiz“
gleichfalls einen ſehr dunkeln Begriff zu haben, ſonſt würde er
nicht behaupten wollen, die franzöſiſche Revolution ſei deswegen
entſtanden, weil man für die untern Volksklaſſen nichts
gethan habe. O Röhrle! Weißt Du denn nicht, daß die
franzöſiſche Revolution aus der antichriſtlichen Literatur
(Voltaire, Encyclopediſten u. dgl.) hervorgegangen und daß die
Gottesleugnerei in Form einer ausgeſchämten Straßendirne auf
dem Altar gehoben wurde? Die „Noth“ in den untern
Klaſſen war offenbar ſehr unſchuldig an den blutigen Opfern
der franz. Revolution; nicht aber der hohe Wohlfahrts-
Ausſchuß in den hohen Kreiſen. Si tacuisses, lieber Freund!
philosophus mansisses!
— Regierungsrathsverhandlungen vom 29. Juli 1892.
Der ſt. galliſchen Fohlenweiden-Genoſſenſchaft wird an die Koſten
einer projektirten Alpverbeſſerung auf Unterbächen, Gemeinde Ebnat, ein
Staatsbeitrag von 25 Proz. zugeſichert; zugleich wird beim Bundesrath
das Geſuch um Zuerkennung eines gleichhohen Bundesbeitrages geſtellt.
An 18 Elementargeſchädigte aus verſchiedenen Gemeinden werden
aus der Kantonshülfskaſſe Unterſtützungen im Geſammtbetrage von
Fr. 1240 verabfolgt.
Dem Bundesrath wird über die für das Jahr 1893 projektirten
Schutzbauten an Wildwaſſern Bericht erſtattet.
Die vom Kantonsingenieur ausgearbeiteten Planvorlagen für eine
neue Verbauung des Auerbaches bei Eichberg werden genehmigt und
dem Bundesrath zur Prüfung und behufs Erwirkung einer Bundes-
ſubvention vorgelegt.
Dem Krankenhaus Wattwil wird ein Staatsbeitrag von Fr. 3000
zuerkannt.
— Der Regierungsrath hat unterm 22. Juli d. I. in
theilweiſer Reviſion der Hebammenordnung behufs noth-
wendiger Weiterbildung von älteren Hebammen Repetitions-
kurſe vorgeſchrieben, welchen nach und nach alle diejenigen
Hebammen beizuwohnen haben, welche in den letzten 10 Jahren
weder eine Prüfung noch einen ſolchen Kurs durchgemacht haben.
Dieſe Kurſe ſollen die Dauer einer Woche haben und in der
Regel im Frühjahr und im Herbſt für eine Zahl von 20 Theil-
nehmerinnen in St. Gallen ſtattfinden. Die Aufforderung zur
Theilnahme geſchieht auf Anordnung der Sanitätskommiſſion
durch die betreffenden Bezirksärzte. Außer dem Unterrichte wird
eine Nachſchau über den Zuſtand der Berufsgeräthſchaften der
Repeditionsſchülerinnen vorgenommen werden.
— Das Kantonsgericht hält am 30. Auguſt einen
Plenaraugenſchein in Uznach, am 31. Auguſt iſt Präſidial-
augenſchein in Weeſen, vom 1. bis und mit 20. September
Sitzung im Kantonsgerichtsſaal in St. Gallen.
— Cäcilianiſches. Für die Abhaltung des kantonalen
Cäcilienvereinsfeſtes in Flums iſt nun ſchon ordentlich vor-
gearbeitet. Das Programm iſt fertig geſtellt. Das Feſt ſoll
Montag, den 10. Oktober 1. Jahres abgehalten werden. Ver-
ſchiedene Umſtände wirkten mit, daß der Zeitpunkt der Ab-
haltung hinausgeſchoben werden mußte. Am Vorabend des be-
ſagten Tages (Sonntag Abend) iſt die erſte Produktion mit
Andacht, an welcher ſich die Chöre von Flums, Wallenſtadt,
Berſchis, eventuell Mels ſich betheiligen werden. Am Feſttage
ſelber wird der Chor von Chur das Requiem und der Chor von
Uznach eine Meſſe (von Stehle?) beim Hochamt vortragen, woran
ſich Einzelproduktionen von Chören aus dem Bezirk ſich an-
ſchließen werden. Nachmittags (den 10.) iſt Veſper von Kühne,
vorgetragen von den Chören des Bezirkes.
— St. Gallen. Die ſt. galliſche Sanitätskommiſſion
hat ſich durch die leidige Ueberhandnahme der Maul- und
Klauenſeuche in Innerrhoden veranlaßt geſehen, den Verkehr
zwiſchen dem Kanton St. Gallen, bezw. dem Rheinthal und
Werdenberg und den an dieſe Landestheile anſtoßenden inner-
rhodiſchen Alpen zu ſperren. Der Beſuch des Hohenkaſtens vom
ſt. galliſchen Gebiete aus iſt nicht geſtattet und auch der Abſtieg
gegen dieſe Seite durchaus verwehrt. Die Gefährde, welche in
einer Verſchleppung der Krankheit auf hierſeitiges Gebiet ent-
ſtehen würde, iſt eine ſo enorme, daß wohl gehofft werden darf,
es werde der Verfügung der genannten Behörde ſtrenge Nach-
achtung zu theil.
— St. Gallen. Erdbeben. Montag Morgen 5
Uhr wurde hier ein ſtarker Erdſtoß in der Richtung von Weſten
nach Oſten verſpürt. Während man denſelben in Goßau 3
Minuten vor 5 Uhr gewahrte, wurde er hier um 5 Uhr und
in Altſtätten um 5 Uhr 10 Min. bemerkt und zwar überall
mit gleicher Heftigkeit, ſo daß in den Zimmern die Möbel ſtark
gewiegt wurden und die Wände und Mauern krachten.
— Goßau. Die Volksverſammlung vom letzten Sonn-
tag in Sachen des Beerdigungsgeſetzes war überaus zahlreich
beſucht. In ſachlicher und ſehr gewandter Weiſe referirten
Herr Dr. Thürlemann gegen und Herr Schuhmacher für das
Geſetz. In der Diskuſſion vertraten die Herren Nationalrath
Staub, Gemeindeammann Ruggli, Kantonsrath Högger, Land-
wirth Niedermann und Gerichtsſchreiber Geeſer den gegneriſchen,
Herr Scherrer und Redaktor Baumberger den annehmenden
Standpunkt. — Goßau wird ohne Zweifel verwerfen.
— Bernhardzell, 1. Aug. Geſtern referirte Herr
Kurer von St. Fiden vor einer Verſammlung von zirka 80
Mann über das Beerdigungsgeſetz. Die Mehrheit ſoll gegen
das Geſetz ſein.
— Kirchberg, 31. Juli. Die heutige Volksverſamm-
lung zur Beſprechung des Beerdigungsgeſetzes war von ca. 200
Mann beſucht. Gegen das Geſetz ſprachen die HH. Bezirks-
ammann Schönenberger, Pfarrer Kellenberger von Bütſchwil,
Pfarrer Bühler und Lehrer Köppel, während Hr. Kantonsrath
Meßmer für dasſelbe eintrat. Eine Abſtimmung fand nicht
ſtatt. Nach den Beifallsbezeugungen zu urtheilen, war eine
Mehrheit gegen das Geſetz.
— Flawil, 1. Auguſt. Bei dem heftigen Gewitter von
geſtern Nacht ſchlug der Blitz in das Haus des Landwirthes
Scherrer in Botsberg, jedoch ohne zu zünden. Das Kamin
wurde total zertrümmert und im angebauten Stalle eine Kuh
erſchlagen.
— Mels. Die veranſtaltete „Volksverſammlung“ zur
Beſprechung des Beerdigungsgeſetzes war von ca. 60 (!) Mann
beſucht.
— Kathol. Geſellenverein. Sonntag den 30. Aug.
begehen die kath. Geſellenvereine Wil, St. Gallen und
Rorſchach gemeinſam in Wil das 25jährige Stiftungsfeſt,
verbunden mit der Weihe einer neuen Vereinsfahne für den
Verein von Wil.
— Die Drahtſeilbahn Ragaz-Wartenſtein wurde
am 1. Auguſt eröffnet. Bei der Kollaudation fanden ſowohl
die Geſammtanlage, der Unterbau mit dem ſtattlich repräſen-
tirenden 7 Bogen-Viadukt und den 2 Tunels als auch der
ſolid angelegte Oberbau (Eiſenſchwellen, Schienen, Zahnſtangen,
Seilführung und Ausweichung) große Anerkennung. Gut be-
währten ſich desgleichen die 2 Wagen, jeder eingetheilt in ein
Koupe erſter Klaſſe für 8 Perſonen und 2 Koupe’s zweiter
Klaſſe, von dieſen das eine zu 8 Sitzplätzen und das andere
zu 12 Stehplätzen. Für Ragaz-Pfäfers wird dieſe Drahtſeil-
bahn eine angenehme und vortheilhafte Neuerung ſein.
— Flums. Der 29. Juli war für die Gemeinde Flums
ein wahrer Unglückstag, ſchreibt man der „N. Gl. Ztg.“ Eine
Frau Lori hatte mit Petrol Feuer angemacht und ließ die
damit gefüllte Kanne zu nahe am Feuer ſtehen. Auf einmal
gab es einen Knall, die Kanne zerplatzte, und Frau Lori ſtand
in hellen Flammen. Sie verbrannte ſich gräßlich. Die linke
Hand ſoll ganz ſchwarz ausſehen und die Muskeln an Leib
und Armen hingen in Fetzen herunter.
Ein 3—4jähriger Knabe von Herrn Maler Gämperli fiel
heute mit einem Teller ſo unglücklich zu Boden, daß er auf
einer Scherbe des Tellers die Naſe entzwei ſchnitt und die
Stirn nicht unerheblich verletzte.
Auf dem hieſigen Bahnhof ſchoben einige Arbeiter einen
Wagen, welchen ſie beladen hatten, vorwärts, um einem andern
Platz zu machen. Auf einmal hörten ſie einen Jammerruf,
und als ſie nachſahen, gewahrten ſie einen Knaben, welcher
hinten aufgeſeſſen und heruntergefallen war, mit einem Bein
im Rade. Schwer verletzt wurde er nach Hauſe verbracht. —
— In der Nähe von Flums fand am Samſtag ein
Felsabſturz ſtatt und verſchüttete mehrere weidende Kühe.
— * Amden. Heute (1. Auguſt) langte der ſehnlich
erwartete erſte Poſtwagen an, feſtlich bekränzt und von Böller-
ſchüſſen begrüßt. Das ganze Dorf war beflaggt. Als erſte
Paſſagiere ſtiegen aus ein fremder Herr und eine Dame
(Touriſten). Ammons abgehärtete kräftige Bewohner werden
wohl noch lange den Weg zu Fuß machen, dagegen werden
wohl Aerzte, Kranke, Reiſende gerne das Poſtroß benutzen. —
Morgens 5 Uhr vernahm man hier 3 ſtarke Erdſtöße, die mit
dumpfem unterirdiſchem Donner verbunden waren.
— Amden. Der am 1. Auguſt begonnene Doppel-Poſt-
kurs zwiſchen Amden und Weeſen wird ſo ausgeführt, daß der
zweiſpännige Poſtwagen Morgens um 5 Uhr 15 Minuten und
Nachmittags um 3 Uhr 30 Minuten von Amden abfährt, von
wo er jeweilen nach 3 Viertelſtunden am Bahnhof in Weeſen
eintrifft. Die Rückfahrt von hier, je um 10 Uhr 10 Minuten
Vormittags und 4 Uhr 30 Minuten Nachmittags, wird in 1
Stunde nnd 25 Minuten vollzogen.
— Weeſen.
(Korreſp.) Die Berggemeinde Amden hat
endlich die Schranken der Iſolirung gebrochen. Durch die Poſt,
die den 2. d. M. ihren Kurs eröffnete, iſt ſie in den Bund der
ziviliſirten Welt getreten und zum Theil auf die Höhe ihrer er-
ſehnten irdiſchen Wünſche gelangt. Das goldene Zeitalter rückt
nun in die Gemeinde ein. Licht, Fortſchritt und alle ihre
Schweſtern brauchen jetzt vor dem ſtrengen Wege auf Amon’s
Höhen und vor dem Schwitzen nicht zu ſchaudern; ſie können
nun auf ſchönen und weich gepolſterten Sitzen dorthin gelangen
und ihre Tabernakula aufſchlagen. Die Faktoren, welche die
Verbindung mit der Außenwelt vermitteln, überſteigen alle Er-
wartungen. Man erwartete eine Kaleſche aus den erſten Zeiten
der turntaxiſchen Erfindung, ſchwere Mecklenburger und in dem
Poſtillon einen aus der franzöſiſchen Revolution ſtammenden
Invaliden und ſtatt deſſen erblickte man eine feine, moderne,
zwar etwas ſchwerfällige Kutſche, feurige Roſſe à la ächte Araber,
die Karl May mit ſeinem Freunde Halef bei ſeinem Ritte
durch die Wüſte ſicher nicht verſchmäht hätte, und einen Roſſe-
lenker, der ſein Metier gründlich verſteht. Dieſe Fürſorge der
hohen Poſtverwaltung für das Publikum iſt kein Wunder; die
Menſchen wollen ja fein und modern ſogar in den Himmel
ſpedirt werden! Die Brautfahrt ging durch die Straßen des
Städtchens und unter Bewunderung vieler Zuſchauer flott von
Statten. Der erſte Eindruck berechtigt zu der ſicheren Er-
wartung, daß die Poſt das reiſeluſtige Publikum befriedigen
werde. Wohl, auf nach Amden, man braucht nicht zu Fuß zu
gehen und der Genuß, den die Schönheit der Natur dem Auge
dort bietet, wiegt die geringen Koſten der Reiſe tauſendfach auf!
— Uznach. Den 1. Auguſt, Morgens nach 5 Uhr, ver-
ſpürte man hier ein Erdbeben, nach einem von halb 12 bis
1 Uhr vorausgegangenen intenſiven Gewitter. Der Erdſtoß
wurde in der ganzen Oſt- und Zentralſchweiz mehr oder
weniger beobachtet.
Zweites offenes Wort an den leitenden Ausſchuß der
konſervativen Partei des Kantons St. Gallen.
(Eingeſandt aus dem Toggenburg.)
(Schluß.)
Wir verwerfen das neue Geſetz ferner auch, weil es den
Gemeinden wieder eine bedeutende Steuerlaſt aufbürdet. Sie
meinen zwar, das habe nicht viel zu bedeuten, da ja der Staat
im Durchſchnitt zwei Drittheile der Koſten auf ſich nimmt.
Iſt es möglich, daß einſichtige Staatsmänner ſo etwas hinſchreiben
können! Woher nimmt denn der Staat das Geld? Woher
anders als aus den Geldbeuteln der Bürger? Alſo haben die
neuen Laſten des Staates wohl etwas zu bedeuten für die Bürger.
Und ihre Rechnung deſſen, was die Gemeinden noch dazu zu
leiſten haben, dürfte auch etwas zu roſig ſein. Nach der Be-
rechnung anderer Freunde des Geſetzes wird dasſelbe den Staat
jährlich 75,000 Fr. koſten und ebenſo viel die Gemeinden; alſo
müſſen die Bürger jährlich wieder ca. 150,000 Fr. mehr
zuſammenſteuern. Fürſprech Heinrich Scherrer, ein Befürworter
des Geſetzes, berechnet 160,000 Fr. Wir glauben, die Geſammt-
ſumme dürfte in Wirklichkeit ſich noch erhöhen. Und das ſoll
eine Kleinigkeit ſein für ein Volk, das jetzt ſchon mit Steuern
ſo ſehr belaſtet iſt, wie das St. Galliſche? Und das in
einer Zeit, wo Handel und Verkehr ſtocken, wo der Verdienſt
immer geringer und die ſonſtigen Ausgaben des Staates und
der Gemeinden immer größer werden? Während der Kanton
St. Gallen die ſchwerſten Steuerlaſten hat vor allen Kantonen
und die Politiker anderer Kantone nicht begreifen können, wie
das St. Galliſche Volk ſie mit ſo lammfrommer Geduld ertrage,
wie uns ein erfahrener Politiker letzthin mittheilte, wiſſen unſere
Staatsmänner nichts Beſſeres zu thun, als neue Steuern zu
ſchaffen. Und ſchon denken ſie darauf, nach Annahme des Be-
erdigungsgeſetzes neue Poſtulate zu bringen, die neuen Steuern
rufen. Das heißt dem Volke Steine ſtatt Brod reichen. Da
müßte das St. Galliſche Volk wirklich verblendet ſein, wenn es
durch Annahme des Geſetzes dieſe Geldverſchleuderung ſanktionirte.
— Oder ſoll etwa das eine Beruhigung ſein für den gewöhnlichen
Mann, wenn man ihm ſagt, die reiche Stadt St. Gallen zahlt
zwei Drittel der Staatsſteuer? Aber die erhöhten Gemeinde-
ſteuern bezahlt ſie nicht. Und was nützt es dem gemeinen Mann,
wenn er hohe, ihm ſchwer fallende Steuern bezahlen muß, was
dat er davon, denken zu können, ja die reichen St. Galler Herren
bezahlen noch viel mehr? Damit wird ſein ohnehin magerer
Geldbeutel nicht wieder gefüllt. Den reichen St. Galler Herren
thut es freilich nichts; ſie ſuchen nur etwas mehr Vermögen zu
verheimlichen, und wenn man ſie gar zu arg ſchröpfen will, packen
ſie zuſammen und ziehen nach Conſtanz oder ſonſtwohin, wo die
Herren Millionärs beſſer traktirt werden. Was nützen uns hohe
Steuern, wenn ſie am Ende eine große Kapitalflucht veranlaſſen?
Wenn Sie ferner meinen, die unentgeltliche Beerdigung werde
bewirken, daß für das Kirchliche mehr gethan werde, ſo dürften
Sie auch hierin im Irrthum ſein. Die Vermöglichen werden
wegen ca. 30 Fränklein, die ſie bei Beerdigungen von Staat und
Gemeinden erhalten, keinen Centimes mehr ausgeben als bisher.
Die von der Hand in den Mund Lebenden werden dieſe noch
eher zum Luxus verwenden. Wird ja in dieſer Hinſicht ohnehin
bei Beerdigungen für zu koſtbare Särge, Kränze, Eſſen, Grab-
ſteine u. dgl. ein ſchweres Geld unnöthig verſchwendet. Und
gerade die, welche gerne auf Koſten anderer leben, wollen bei
ſolchen Anläſſen immer die Noblen ſpielen. Hier hätten die
Herren eine verdienſtliche Aufgabe, wenn ſie dieſem Luxus ſteuern,
der den Verſtorbenen nichts nützt und nur der Eitelkeit der
Lebenden ſchmeichelt. In einem Jahr könnte da mindeſtens
zweimal ſo viel erſpart werden, als das neue Geſetz Steuern
veranlaßt, die nur wenigen einen kleinen Vortheil bringen.
Auch die Gefahr iſt nicht zu unterſchätzen, daß es ſpäter
beißt: „Wer zahlt, befiehlt“. Die gleichen Elemente, welche
darauf gedrungen, daß das Beerdigungsweſen den Konfeſſionen
entriſſen werde, werden darauf drängen, daß nun auch Friedhof
und Beerdigung ganz verſtaatlichet werde, d. h. in ihrem Sinn,
daß alles religiöſe davon fern gehalten werde. Sie werden
Schritt für Schritt vorwärts ſteuern, bis Friedhof und Beerdigung
ein religionsloſes, troſtloſes Gepräge erhalten. Iſt es doch unter
der Herrſchaft des jetzigen Geſetzes wiederholt vorgekommen, daß
man den Katholiken verboten hat, mitten in ihrem Friedhof ein
großes Kreuz, wie üblich, zu ſtellen.
Wie Hohn iſt uns Ihre Berufung auf Leo XIII., den
glorreich regierenden Papſt, den erlauchteſten Kirchenfürſten der
Gegenwart, den unvergeßlichen Ketteler rc., vorgekommen. Wohl
verlangen dieſe Koryphäen des Katholizismus eingreifende, ſtattliche
Thätigkeit zu Gunſten der arbeitenden Klaſſe, wie jeder, der
ein chriſtl. Herz beſitzt; aber wo verlangen dieſelben Geſetze, die
allen chriſtlichen Grundſätzen Hohn ſprechen? Wo verlangen ſie
Geſetze, welche die ſtrebſamen Bürger ausſaugen zu Gunſten der
leichtlebigen Elemente?
Es iſt uns ſchwer angekommen, gegen Sie, die Führer des
kathol. Volkes, eine ſolche Sprache zu führen. Aber unſer
Gewiſſen trieb uns an, auch unſer Scherflein nach unſern Kräften
beizutragen, daß in ſozial-politiſchen Dingen eine beſſere Er-
kenntniß wach werde.
Es war vielleicht unbeſcheiden von uns, Ihnen zuzumuthen,
von uns Belehrung entgegen zu nehmen, da ſie an Talent, wie
an Kenntniſſen uns überragen und hohe Ehrenſtellen bekleiden,
die wir mit unſern beſcheidenen Talenten und geringen Kennt-
niſſen zu übernehmen uns nicht getrauten (nebenbei bemerkt, es
iſt freilich keine Gefahr, daß ſie uns angetragen werden).
Dennoch glauben wir ohne Anmaßung in ſolchen Dingen ein
beſſeres Urtheil uns zutrauen zu dürfen. Wir entſtammen ſelbſt
der ärmeren Klaſſe, gehören ihr jetzt noch an und ſind ſeit einer
Reihe von Jahren immer in allſeitigem Verkehr mit ihr geſtanden;
wir haben alſo wohl beſſere Gelegenheit gehabt, deren Bedürfoiſſe
kennen zu lernen als Sie. Wir haben ferner in guten philo-
ſophiſchen Büchern ein wenig uns umgeſehen, wo die Grundlagen
der Volkswohlfahrt theoretiſch beſprochen waren. Wir haben
auch hiſtoriſche Werke geleſen, welche dieſe Grundlagen durch die
beſte Lehrmeiſterin, die Erfahrung insbeſondere im Volksleben des
Mittelalters als bewährt uns zeigten. Dann haben wir durch
dieſelbe beſte Lehrmeiſterin die entgegengeſetzten modern-liberalen
Staatsideen als nur deſtrultio wirkend erkannt. Urtheilen Sie
ſelbſt, ob es da noch große Anmaßung ſei, wenn wir einmal
aus unſerm gewohnten Stillleben heraustraten und auch ein
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