St. Galler Volksblatt. Nr. 62, Uznach, 04. 08. 1897.Nr. 62. Uznach, Mittwoch den 4. August 1897. 42. Jahrgang. St. Galler Volksblatt. Publikations-Organ der Bezirke See und Gaster. Obligatorisch in Uznach, Jona, Gommiswald, St. Gallenkappel, Rapperswil, Schmerikon, Eschenbach, Ernetschwil, Goldingen [Spaltenumbruch] Abonnementspreis: Bei den Verträgern und mit Adresse in der Schweiz [Spaltenumbruch] [Abbildung] Telephon. [Spaltenumbruch] Insertionsgebühr für den Seebezirk und Gaster (ohne Vermittlung der [Spaltenumbruch] Erscheint Mittwoch und Samstag. [Spaltenumbruch] Druck und Verlag von K. Oberholzer's Buchdruckerei, Uznach. [Spaltenumbruch] Wöchentl. Gratisbeilage "Linth-Blätter". [Spaltenumbruch] Ein Bild aus der Saison. Im Hotel sitzt ein Englischmann Im grell karriertem Kleid; Ein treues Bild und Konterfei Der Weltbereisetheit. "Herr Kellner, schnell das Fremdenbuch! Daß jeder merke fein, Ich sei ein echter Gentlemann Trag ich den Namen ein." Der Kellner bringt's mit tiefem Knix; Der Fremde streicht den Bart; Das Lorgnon setzt er auf die Nas', Denn so ist's feine Art. Schon setzt er fest die Feder an, Mit Tinte reich benetzt; Doch springt sogleich der feine Herr Vom Stuhle ganz entsetzt. Wie er die ganze Welt durchirrt, Ganz nobel und blasiert, So eine Wanz' das Buch bereist, Durchquer ganz unscheniert. "Herr Kellner, schnell wird eingepackt! Bei meinem Ehrenwort! Nicht zehn der Pferde hielten mich, Zur Stunde zieh' ich fort. "Von Ungeziefer jeder Art, Wurd' ich schon oft gequält, Von Mücken, Schnacken ohne Zahl Zum Gegenstand erwählt. "Doch nie bis jetzt hat eine Wanz' Im Fremdenbuche schon Nach Namen, Nummer, Stand gesucht. Ich eile schnell davon." [Abbildung]
Tagesfragen. Die Zeitungen sind voll von Betrachtungen über das Um zum Besoldungsgesetz zurückzukehren, so muß gerade Wenn wir so die Geschichte der letzten zwanzig Jahre Eidgenössische Quartalzapfen. In ängstlicher Spannung, ob ein Referendum gegen [Tabelle] Beim Eintritt eines neuen Beamten gilt für ihn in Diese Bestimmung paßt wieder herzlich schlecht in den Wir glauben nicht, daß ein Referendum gegen das Be- Eidgenössisches. -- Zum Besoldungsgesetz. (Korresp.) Wie wir vernehmen, -- Referendum. Die Nachricht, daß der "Appenzeller -- Sonntagsarbeit. Der internationale Kongreß für Eine internationale Versammlung katholischer Sozial- Nr. 62. Uznach, Mittwoch den 4. Auguſt 1897. 42. Jahrgang. St. Galler Volksblatt. Publikations-Organ der Bezirke See und Gaſter. Obligatoriſch in Uznach, Jona, Gommiswald, St. Gallenkappel, Rapperswil, Schmerikon, Eſchenbach, Ernetſchwil, Goldingen [Spaltenumbruch] Abonnementspreis: Bei den Verträgern und mit Adreſſe in der Schweiz [Spaltenumbruch] [Abbildung] Telephon. [Spaltenumbruch] Inſertionsgebühr für den Seebezirk und Gaſter (ohne Vermittlung der [Spaltenumbruch] Erſcheint Mittwoch und Samstag. [Spaltenumbruch] Druck und Verlag von K. Oberholzer’s Buchdruckerei, Uznach. [Spaltenumbruch] Wöchentl. Gratisbeilage „Linth-Blätter“. [Spaltenumbruch] Ein Bild aus der Saiſon. Im Hotel ſitzt ein Engliſchmann Im grell karriertem Kleid; Ein treues Bild und Konterfei Der Weltbereiſetheit. „Herr Kellner, ſchnell das Fremdenbuch! Daß jeder merke fein, Ich ſei ein echter Gentlemann Trag ich den Namen ein.“ Der Kellner bringt’s mit tiefem Knix; Der Fremde ſtreicht den Bart; Das Lorgnon ſetzt er auf die Naſ’, Denn ſo iſt’s feine Art. Schon ſetzt er feſt die Feder an, Mit Tinte reich benetzt; Doch ſpringt ſogleich der feine Herr Vom Stuhle ganz entſetzt. Wie er die ganze Welt durchirrt, Ganz nobel und blaſiert, So eine Wanz’ das Buch bereiſt, Durchquer ganz unſcheniert. „Herr Kellner, ſchnell wird eingepackt! Bei meinem Ehrenwort! Nicht zehn der Pferde hielten mich, Zur Stunde zieh’ ich fort. „Von Ungeziefer jeder Art, Wurd’ ich ſchon oft gequält, Von Mücken, Schnacken ohne Zahl Zum Gegenſtand erwählt. „Doch nie bis jetzt hat eine Wanz’ Im Fremdenbuche ſchon Nach Namen, Nummer, Stand geſucht. Ich eile ſchnell davon.“ [Abbildung]
Tagesfragen. Die Zeitungen ſind voll von Betrachtungen über das Um zum Beſoldungsgeſetz zurückzukehren, ſo muß gerade Wenn wir ſo die Geſchichte der letzten zwanzig Jahre Eidgenöſſiſche Quartalzapfen. In ängſtlicher Spannung, ob ein Referendum gegen [Tabelle] Beim Eintritt eines neuen Beamten gilt für ihn in Dieſe Beſtimmung paßt wieder herzlich ſchlecht in den Wir glauben nicht, daß ein Referendum gegen das Be- Eidgenöſſiſches. — Zum Beſoldungsgeſetz. (Korreſp.) Wie wir vernehmen, — Referendum. Die Nachricht, daß der „Appenzeller — Sonntagsarbeit. Der internationale Kongreß für Eine internationale Verſammlung katholiſcher Sozial- <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="1"/> <titlePage xml:id="tp1a" type="heading" next="#tp1b"> <docImprint> <docDate><hi rendition="#b">Nr. 62. Uznach,</hi> Mittwoch den 4. Auguſt 1897. 42. 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Bei Wiederholungen Rabatt. — Inſerate müſſen bis jeweilen ſpäteſtens<lb/> Dienstag und Freitag vormittags 10 Uhr abgegeben werden.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p>Erſcheint <hi rendition="#b">Mittwoch</hi> und <hi rendition="#b">Samstag.</hi> </p> </div><lb/> <cb/> <titlePage xml:id="tp1b" prev="#tp1a" type="heading"> <docImprint>Druck und Verlag von K. Oberholzer’s Buchdruckerei, Uznach.</docImprint> </titlePage><lb/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p>Wöchentl. 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Beſoldungsgeſetz, welches gegenwärtig dem Referendum<lb/> unterliegt. In dieſen Preßbetrachtungen tritt eine heilloſe<lb/> Angſt und Beklemmung vor dem Volke zu Tage, denn trotz<lb/> allen Beteuerungen gibt es niemand in der Preſſe oder<lb/> ſonſtwo, der nicht wüßte, daß das Volk das Beſoldungs-<lb/> geſetz mit erdrückender Mehrheit verwerfen würde. Da wurde<lb/> umſonſt eingewen det, daß gerade die kleinen Angeſtellten der<lb/> löblichen Eidgenoſſenſchaft durch das Beſoldungsgeſetz eine<lb/> Aufbeſſerung erfahren werden. Das „St. Galler Volks-<lb/> blatt“ hat bereits gezeigt, was es von der Aufbeſſerung der<lb/> Beſoldungen der kleinen Angeſtellten denkt, als es entſchieden<lb/> für die Aufbeſſerungen der Beſoldungen des Eiſenbahn-<lb/> perſonals eingetreten iſt, dieſe Aufbeſſerungen waren um ſo<lb/> eher zu rechtfertigen, da ſie ſchließlich nicht aus den Steuern<lb/> des Volkes genommen wurden; ſondern auf Koſten der<lb/> Aktionäre geſchehen, um ſo mehr darf man ſich verwundern,<lb/> daß dieſe Aufbeſſerungen gerade dort Widerſtand fanden, wo<lb/> man heute für die Poſtangeſtellten ſoviel Fürſorge an den<lb/> Tag legt. Das <hi rendition="#g">„Volksblatt“ iſt ſelbſtverſtändlich auch<lb/> dabei, den Poſtbedienſteten aller Art zu einer Auf-<lb/> beſſerung zu verhelfen,</hi> nur möchten wir dieſelben, unter<lb/> denen wir viele gute Freunde zählen, dringend warnen, ſich nicht<lb/> allzu großen Hoffnungen hinzugeben, wir ſind feſt überzeugt, daß<lb/> gerade für die am meiſten Geplagten, nicht viel abfallen wird. Je<lb/> mehr wir auf dem Boden der Centraliſation vorwärts-<lb/> ſchreiten, je mehr Beamte es gibt, deſto mehr wird der Fall<lb/> eintreten, daß <hi rendition="#g">nur</hi> die <hi rendition="#g">Oberen</hi> von Gehaltsaufbeſſerungen<lb/> etwas Merkliches zu ſpüren bekommen werden, die Kleinen<lb/> aber nicht; es ſind ihrer ſoviele, daß nur kleine Gehalts-<lb/> aufbeſſerung ſchon große Summen ausmacht. — Man denke<lb/> z. B. nur an unſere Lehrerbeſoldungen; weil die Schule noch<lb/> leidlich decentraliſiert iſt, ſo iſt es wenigſtens in vielen Ge-<lb/> meinden möglich, die Lehrerbeſoldungen angemeſſen zu ge-<lb/> ſtalten. Man ſtelle ſich nun aber vor, daß die Lehrerbeſold-<lb/> ungen alle vom Staate beſtritten werden müßten, da würde<lb/> eine Aufbeſſerung von nur zwei- oder dreihundert Franken<lb/> ſchon ſolche Summe ausmachen, daß die kantonalen Finanzen<lb/> dieſelben nicht ertragen könnten; die Centraliſation erdrückt<lb/> überall die Kleinen und kommt nur den Großen zu Statten.<lb/> Man hat das wieder bei der Krankenverſicherung erlebt.<lb/> Da ſetzte es im Nationalrat eine gewaltige Diskuſſion ab,<lb/> ob der Bundesbeitrag für die Verſicherten zwei und einen<lb/> halben Franken oder drei Franken fünf und ſechzig Rappen<lb/> betragen ſoll. Es handelte ſich alſo um einen Unterſchied<lb/> von einem Franken und fünfzehn Rappen. Fürwahr eine<lb/> lächerlich kleine Summe für den einzelnen Verſicherten, aber<lb/> für die Bundeskaſſe macht dieſer ganz kleine Unterſchied<lb/> ſchon eine große Summe aus. Die Centraliſation iſt eben<lb/> unfruchtbar. Sie wirſt anſcheinend große Summen Geld<lb/> unter das Volk, aber der einzelne Bürger bekommt wenig<lb/> oder nichts davon.</p><lb/> <p>Um zum Beſoldungsgeſetz zurückzukehren, ſo muß gerade<lb/> bei dieſem Anlaſſe auf ein ſchweres Mißverhältnis hinge-<lb/> wieſen werden, welches die Preſſe ſorgſam verſchweigt. Es<lb/> iſt recht, daß die untern Poſtangeſtellten recht bezahlt werden;<lb/> aber die Eidgenoſſenſchaft beſteht doch nicht nur aus kleinen<lb/> Beamten. Sind die kleinen Gewerbetreibenden, die Hand-<lb/><cb/> werker, die Arbeiter, die Bauern, namentlich die Kleinbauern<lb/> — die Großen verſtehen auch in dieſen Berufen, wie überall,<lb/> ſich ſelber zu helfen — ſind, ſagen wir, dieſe kleinen Leute,<lb/> die nicht nach einigen Tauſenden zählen, wie die kleinen<lb/> Bundesangeſtellten, ſondern nach Zehntauſenden und Hundert-<lb/> tauſenden, nicht auch nützliche Glieder der Geſellſchaft?<lb/> Müſſen nicht dieſe kleinen Leute ohne Ausnahme ganz anders<lb/> ſich abmühen und plagen, ihr Brot wahrhaft im Schweiße<lb/> ihres Angeſichtes verdienen, als fix beſoldete Angeſtellte,<lb/> die auf ihre Beſoldung immer feſt rechnen können, ob es<lb/> ſchönes Wetter macht oder regnet oder der Hagel die ganze<lb/> Ernte vernichtet? Und was tut der Staat, der Bund vor<lb/> allem für dieſe kleinen Leute? Wir wünſchen wahrlich nicht,<lb/> daß er ſich derſelben direkt annimmt, denn der Staats-<lb/> ſozialismus iſt ebenſo unfruchtbar als teuer; aber das darf<lb/> man verlangen, daß er denſelben wenigſtens nicht immer-<lb/> fort neue Laſten aufbürdet. Wer trägt vornehmlich die<lb/> durch die Militärorganiſation von 1876 in ſo bedeutendem<lb/> Maße erhöhten militäriſchen Laſten? Und die Zölle, an<lb/> welche alle beitragen müſſen, wie ſchwer drücken dieſelben<lb/> gerade auf die kleinen Leute, welche die unentbehrlichſten<lb/> Gebrauchsgegenſtände, Kaffee, Zucker, Petroleum u. dergl.<lb/> teuer bezahlen müſſen, damit die Staatskaſſe mit unzähligen<lb/> Millionen ſich fülle. Und das Alkoholmonopol, wird es<lb/> nicht auch vorzüglich von den kleinen Leuten getragen, die<lb/> vielfach zum Gläschen Schnaps greifen, weil ihnen die<lb/> Mittel fehlen, einen beſſern Trunk zu genießen?</p><lb/> <p>Wenn wir ſo die Geſchichte der letzten zwanzig Jahre<lb/> überſehen, ſo zeigt es ſich, daß gerade der Bund die Laſten<lb/> der kleinen Leute durch Militär, Zölle, Alkoholmonopol ge-<lb/> waltig geſteigert hat. Die Folgen einer ſolchen Politik<lb/> machen ſich geltend ſo ſehr, daß ſelbſt ſolche, die, wo es<lb/> nur angeht, zu den Lobrednern der Bundespolitik gehören,<lb/> wie ein bekanntes Blatt jüngſt haben bekennen müſſen, daß<lb/> unſer Volk an der Grenze ſeiner Leiſtungsfähigkeit angekommen<lb/> iſt und von einer neuen Belaſtung desſelben keine Rede<lb/> mehr ſein kann. Dieſe Wahrheiten müſſen immer wieder<lb/> betont werden, und gerade jetzt, wo die Beſoldungen der<lb/> kleinen Bundesangeſtellten aufgebeſſert werden ſollen, iſt es<lb/> Pflicht der unabhängigen Preſſe, darauf hinzuweiſen, daß es<lb/> Hunderttauſende von kleinen Leuten im Schweizerlande gibt,<lb/> welche eine Beſſerung ihrer materiellen Lage noch ganz<lb/> anders notwendig haben, als ſelbſt die am ſchlechteſten be-<lb/> zahlten Bundesbeamten.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eidgenöſſiſche Quartalzapfen.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>In ängſtlicher Spannung, ob ein Referendum gegen<lb/> das neue eidgen. Beſoldungsgeſetz zuſtande komme, ſprechen<lb/> einige Blätter von einem „Abwinken“. Nun wir geben zu,<lb/> daß es genug Leute gibt, die nie ein ſelbſtändiges Urteil<lb/> ſich bilden können, und die daher immer eines Winkes ge-<lb/> wärtigt ſind, eines Winkes von Seite ſolcher, welche den<lb/> ſchönen Beruf in ſich fühlen, für andere Leute denken zu<lb/> müſſen. In einer Demokratie aber ſollte in politiſchen Fragen<lb/> überhaupt nicht „gewunken“ werden, ſondern jeder ſoll ſich<lb/> ſeine Meinung nach <hi rendition="#g">Gründen</hi> bilden ohne Matadoren-<lb/> wink. Manche bewundern an dem Geſetze, daß es ın das<lb/> bisherige buntſcheckige Beſoldungsweſen Ordnung bringe<lb/> durch ſeinen einheitlichen Rahmen. <hi rendition="#g">Wie</hi> dieſe Einheit zu-<lb/> ſtande komme, iſt bei dieſer Ordnungsliebe gleichgültig.<lb/> Es iſt von allen jetzt zugegeben, daß bei dem bisherigen<lb/> Syſtem, bei welchem die einzelnen Verwaltungszweige im<lb/> Beſoldungsweſen getrennt vorgegangen waren, in <hi rendition="#g">geſetz-</hi><lb/> und <hi rendition="#g">verfaſſungswidriger Weiſe</hi> auf dem Budget-<lb/> wege nachgeholfen wurde. Formell gab man den Anſätzen<lb/> den Charakter des Proviſoriums und Gratifikationen traten<lb/> ergänzend ein. Alſo wieder einmal ein Geſtändnis unge-<lb/> ſetzlichen Handelns; aber gerade reumütig ſcheint das<lb/> Bekenntnis nicht zu ſein. Soweit nicht beſondere Geſetze<lb/> beſtehen, wird nun für die eidgen. Beamten und Angeſtellten<lb/> ein Klaſſenſyſtem aufgeſtellt, welches zwiſchen folgenden<lb/> Anſätzen ſich bewegt:</p><lb/> <table> <row> <cell/> </row> </table> <p>Beim Eintritt eines neuen Beamten gilt für ihn in<lb/> der Regel die Minimalbeſoldung der betr. Klaſſe; nach Ab-<lb/> lauf jeder dreijährigen Amtsperiode ſteigt die Beſoldung,<lb/> gute Leiſtungen natürlich vorausgeſetzt, um 300 Fr. und<lb/> ſ. f. bis zum geſetzlichen Maximum. In die erſte Klaſſe<lb/> fallen die Vizekanzler, die Departementsſekretäre, die Bank-<lb/> noteninſpektoren, der Oberpoſtdirektor u. ſ. w., in die folgen-<lb/> den Klaſſen je nach der Bedeutung und Verantwortlichkeit<lb/> der Stellen die übrigen Bundesbeamten bis zum Kanzliſten<lb/> herab. Das Geſetz umfaßt auch die Poſt-, Telegraphen-<lb/> und Zollverwaltungsbeamten. Die Poſtkommis auf den<lb/> Bureaux 1. und 2. Klaſſe erhalten 1800—3700 Fr., die<lb/><cb/> Poſtkondukteure mindeſtens 1500 Fr., die Telephoniſtinnen<lb/> mindeſtens 1200, Briefträger, Bureaudiener, Packer 1200 bis<lb/> 2500 Fr. Wo Dienſtkleidungen vorgeſchrieben ſind, hat der<lb/> Bund dieſelben unentgeltlich zu liefern, oder eine entſprechende<lb/> Barentſchädigung zu leiſten. Stirbt ein Bundesbeamter, ſo<lb/> erhalten ſeine Hinterlaſſenen eine einſtmalige volle Jahres-<lb/> beſoldung. Die Beſoldung eines Beamten der 7. Klaſſe,<lb/> welcher volljährig iſt und im ausſchließlichen Dienſt eines<lb/> eidgen. Verwaltungszweiges ſteht, ſoll mindeſtens 1200 Fr.<lb/> betragen. Für Beamtungen, an welche „<hi rendition="#g">außerordent-<lb/> liche Anforderungen</hi>“ geſtellt werden, kann durch Be-<lb/> ſchluß der Bundesverſammlung der <hi rendition="#g">Maximalanſatz der<lb/> 1. Klaſſe überſchritten werden</hi>.</p><lb/> <p>Dieſe Beſtimmung paßt wieder herzlich ſchlecht in den<lb/> „einheitlichen Rahmen“; denn ſie gibt den Bundesbehörden<lb/> die Handhabe, das Geſetz beliebig zu übertreten, durch eine<lb/> willkürliche Interpretation der „außergewöhnlichen An-<lb/> forderungen“. Warum kommen ſolche Anforderungen nur<lb/> bei den Beamten der 1. Klaſſe vor? Das Geſetz enthält<lb/> noch mehrere ſolcher allgemeiner Ausdrücke, welche den Weg<lb/> zu willkürlicher Anwendung bahnen. So z. B. die Beſtimmung,<lb/> daß „beſondere Fähigkeiten“, ſowie die örtlichen Lebensver-<lb/> hältniſſe bei Feſtſetzung der Beſoldung eines neueintretenden<lb/> Beamten berückſicht werden ſollen. Solche Allgemeinheiten<lb/> ſind ganz dazu geſchaffen, gewiſſen Günſtlingen und dienſt-<lb/> baren Geiſtern Vorſchub zu leiſten. Eine ungerechte Will-<lb/> kür iſt es auch, daß die Oberſten der Bundesverwaltung<lb/> während des Millitärdienſtes Sold und Beſoldung zugleich<lb/> beziehen können, damit ſie gelegentlich gegen „die Widerſacher<lb/> des Bundes“ poltern mögen, während der Nichtbeamte<lb/> durch den Militärdienſt oft ſchwere Verluſte ſich gefallen<lb/> laſſen muß. Tadel ruft auch die Beſtimmung hervor, daß<lb/> beim Todesfalle eines Beamten, die Beſchlagnahme oder<lb/><hi rendition="#g">Pfändung</hi> der für 1 Jahr noch nachzubeziehenden Be-<lb/> ſoldungsſumme ſeitens allfälligen Gläubiger ausgeſchloſſen<lb/> ſein ſoll, und demgemäß ſich kein Bäcker, Metzger, oder<lb/> Milchmann daraus bezahlt machen darf.</p><lb/> <p>Wir glauben nicht, daß ein Referendum gegen das Be-<lb/> ſoldungsgeſetz zuſtande komme. Es würde ein Referendums-<lb/> feldzug wahrſcheinlich nur ein <hi rendition="#g">Schlag ins Waſſer</hi> bedeuten.<lb/> Sicherlich wäre die Bundesbureaukratie nicht die geſchlagene,<lb/> wenn auch das Geſetz fallen würde, denn wenn man ſich einge-<lb/> ſtandenermaßen nicht geſcheut, geſetz- und verfaſſungswidrig<lb/> bisher zu verfahren, ſo würde man auch ungeſcheut fortwurſteln,<lb/> wobei die Obern nichts zu verlieren und die Untern nichts<lb/> zu gewinnen hätten. Will man gegen die Bundesbureau-<lb/> kraten-Kelle einen wirklich fühlbaren Schlag führen, dann<lb/> muß man die Sache anders anpacken und direkt das<lb/><hi rendition="#g">Finanzreferendum</hi> ergreifen. <hi rendition="#aq">Hic Rhodus hic salta!</hi> </p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head>Eidgenöſſiſches.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#b">Zum Beſoldungsgeſetz.</hi> </head><lb/> <head>(Korreſp.)</head> <p>Wie wir vernehmen,<lb/> will alſo von <hi rendition="#g">liberaler</hi> Seite das <hi rendition="#g">Referendum gegen<lb/> das Beſoldungsgeſetz</hi> ergriffen werden. Der Grund ſcheint<lb/> ohne Zweifel der zu ſein: weil die Großen diesmal verhältnis-<lb/> mäßig etwas ſchlechter wegkommen als die untern Angeſtellten,<lb/> und weil die höhern Angeſtellten durch Geſchenke und Gratifi-<lb/> kationen ſchon zu ihrer Sache kommen. Es verlautet auch, daß<lb/> einige höhere Angeſtellten einer allfäll. Verwerfung dieſes Geſetzes<lb/> kalt gegenüberſtehen, eben weil ihnen dann auf ungeſetzlichem Wege<lb/> der Gehalt aufgebeſſert werde. Diesmal ſtehen wir entſchieden<lb/><hi rendition="#g">für das Beſoldungsgeſetz ein</hi>. Es bringt den übrigen<lb/> Angeſtellten an der Poſt u. ſ. w. nur, was die Angeſtellten beim<lb/> Militär, die Säbelraßler <hi rendition="#g">ſchon</hi> haben. Das Militärbeſoldungs-<lb/> geſetz hat man unbeanſtandet gelaſſen, daher ſoll man nun auch<lb/> den andern Angeſtellten gegenüber mindeſtens ebenſo billig ſein.<lb/> Das Geld, das hier der reiche Bund ausgibt, kommt weniger<lb/> den höhern Angeſteilten zu gut, ſondern vielmehr dem großen<lb/> Haufen von niedern Angeſtellten mit einer Beſoldung von Fr. 700<lb/> bis Fr. 2500. Der Ueberſchuß der Bundeskaſſe fließt in die<lb/> Hände des niedern Volkes und des Mittelſtandes. <hi rendition="#g">Alſo hier<lb/> kräftig eingeſtanden!</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#b">Referendum.</hi> </head> <p>Die Nachricht, daß der „Appenzeller<lb/> Anzeiger“ das Referendum gegen das Beſoldungsgeſetz laneiert<lb/> habe, wird dementiert. Im „March Anzeiger“ fordert ein Ein-<lb/> ſender in einem längern Artikel zum Referendum auf, währendem<lb/> die meiſten konſervativen Blätter für das Geſetz eintreten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#b">Sonntagsarbeit.</hi> </head> <p>Der internationale Kongreß für<lb/> Arbeiterſchutz, der Ende dieſes Monats in Zürich abgehalten<lb/> wird, ſtellt in Bezug auf die Sonntagsarbeit das Poſtulat, daß<lb/> das Verbot der Sonntagsarbeit „nach Möglichkeit und nach<lb/> wirkſamen Strafbeſtimmungen auf alle Kategorien der Lohnarbeit<lb/> ausgedehnt werde — alſo ſich erſtrecke auf die Arbeit in der<lb/> Induſtrie, im Vergbau, im Handwerk, in der Landwirtſchaft, in<lb/> den Verkehrsanſtalten (Eiſenbahn-, Poſt-, Telegraphen- und Tele-<lb/> phondienſt), im Gaſt- und Schankgewerbe, im Groß- und Klein-<lb/> handel“. Die Sonntagsruhe würde dadurch zu einer abſoluten<lb/> und ſtreugern als ſie in England beſteht; die heute ſo beliebte<lb/> Verlegung von größern und kleinern Feſten, von Vereinsaus-<lb/> flügen ꝛc. auf dieſen Tag müßte fernerhin gänzlich unterbleiben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine internationale Verſammlung katholiſcher Sozial-<lb/></hi> </head> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1/0001]
Nr. 62. Uznach, Mittwoch den 4. Auguſt 1897. 42. Jahrgang.
St. Galler Volksblatt.
Publikations-Organ der Bezirke See und Gaſter.
Obligatoriſch in Uznach, Jona, Gommiswald, St. Gallenkappel, Rapperswil, Schmerikon, Eſchenbach, Ernetſchwil, Goldingen
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halbjährlich Fr. 2. 50 Rp., vierteljährlich Fr. 1. 30 Rp. Bei der eidgen. Poſt
jährlich Fr. 5. — Rp., halbjährlich Fr. 2. 60 Rp., vierteljährlich Fr. 1. 40 Rp.
Für das Ausland (Poſtverein) jede Nummer mit Adreſſe halbjährlich Fr. 5,
wöchentlich ein Mal halbjährlich Fr. 3. 50 Rp.
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Telephon.
Inſertionsgebühr für den Seebezirk und Gaſter (ohne Vermittlung der
Inſeratenbureaux): Die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum 10 Rp. —
Für die übrigen Inſerenten koſtet die kleinſpaltige Petitzeile oder deren Raum
15 Rp. Bei Wiederholungen Rabatt. — Inſerate müſſen bis jeweilen ſpäteſtens
Dienstag und Freitag vormittags 10 Uhr abgegeben werden.
Erſcheint Mittwoch und Samstag.
Druck und Verlag von K. Oberholzer’s Buchdruckerei, Uznach.
Wöchentl. Gratisbeilage „Linth-Blätter“.
Ein Bild aus der Saiſon.
Im Hotel ſitzt ein Engliſchmann
Im grell karriertem Kleid;
Ein treues Bild und Konterfei
Der Weltbereiſetheit.
„Herr Kellner, ſchnell das Fremdenbuch!
Daß jeder merke fein,
Ich ſei ein echter Gentlemann
Trag ich den Namen ein.“
Der Kellner bringt’s mit tiefem Knix;
Der Fremde ſtreicht den Bart;
Das Lorgnon ſetzt er auf die Naſ’,
Denn ſo iſt’s feine Art.
Schon ſetzt er feſt die Feder an,
Mit Tinte reich benetzt;
Doch ſpringt ſogleich der feine Herr
Vom Stuhle ganz entſetzt.
Wie er die ganze Welt durchirrt,
Ganz nobel und blaſiert,
So eine Wanz’ das Buch bereiſt,
Durchquer ganz unſcheniert.
„Herr Kellner, ſchnell wird eingepackt!
Bei meinem Ehrenwort!
Nicht zehn der Pferde hielten mich,
Zur Stunde zieh’ ich fort.
„Von Ungeziefer jeder Art,
Wurd’ ich ſchon oft gequält,
Von Mücken, Schnacken ohne Zahl
Zum Gegenſtand erwählt.
„Doch nie bis jetzt hat eine Wanz’
Im Fremdenbuche ſchon
Nach Namen, Nummer, Stand geſucht.
Ich eile ſchnell davon.“
B.
[Abbildung]
Tagesfragen.
Die Zeitungen ſind voll von Betrachtungen über das
eidgen. Beſoldungsgeſetz, welches gegenwärtig dem Referendum
unterliegt. In dieſen Preßbetrachtungen tritt eine heilloſe
Angſt und Beklemmung vor dem Volke zu Tage, denn trotz
allen Beteuerungen gibt es niemand in der Preſſe oder
ſonſtwo, der nicht wüßte, daß das Volk das Beſoldungs-
geſetz mit erdrückender Mehrheit verwerfen würde. Da wurde
umſonſt eingewen det, daß gerade die kleinen Angeſtellten der
löblichen Eidgenoſſenſchaft durch das Beſoldungsgeſetz eine
Aufbeſſerung erfahren werden. Das „St. Galler Volks-
blatt“ hat bereits gezeigt, was es von der Aufbeſſerung der
Beſoldungen der kleinen Angeſtellten denkt, als es entſchieden
für die Aufbeſſerungen der Beſoldungen des Eiſenbahn-
perſonals eingetreten iſt, dieſe Aufbeſſerungen waren um ſo
eher zu rechtfertigen, da ſie ſchließlich nicht aus den Steuern
des Volkes genommen wurden; ſondern auf Koſten der
Aktionäre geſchehen, um ſo mehr darf man ſich verwundern,
daß dieſe Aufbeſſerungen gerade dort Widerſtand fanden, wo
man heute für die Poſtangeſtellten ſoviel Fürſorge an den
Tag legt. Das „Volksblatt“ iſt ſelbſtverſtändlich auch
dabei, den Poſtbedienſteten aller Art zu einer Auf-
beſſerung zu verhelfen, nur möchten wir dieſelben, unter
denen wir viele gute Freunde zählen, dringend warnen, ſich nicht
allzu großen Hoffnungen hinzugeben, wir ſind feſt überzeugt, daß
gerade für die am meiſten Geplagten, nicht viel abfallen wird. Je
mehr wir auf dem Boden der Centraliſation vorwärts-
ſchreiten, je mehr Beamte es gibt, deſto mehr wird der Fall
eintreten, daß nur die Oberen von Gehaltsaufbeſſerungen
etwas Merkliches zu ſpüren bekommen werden, die Kleinen
aber nicht; es ſind ihrer ſoviele, daß nur kleine Gehalts-
aufbeſſerung ſchon große Summen ausmacht. — Man denke
z. B. nur an unſere Lehrerbeſoldungen; weil die Schule noch
leidlich decentraliſiert iſt, ſo iſt es wenigſtens in vielen Ge-
meinden möglich, die Lehrerbeſoldungen angemeſſen zu ge-
ſtalten. Man ſtelle ſich nun aber vor, daß die Lehrerbeſold-
ungen alle vom Staate beſtritten werden müßten, da würde
eine Aufbeſſerung von nur zwei- oder dreihundert Franken
ſchon ſolche Summe ausmachen, daß die kantonalen Finanzen
dieſelben nicht ertragen könnten; die Centraliſation erdrückt
überall die Kleinen und kommt nur den Großen zu Statten.
Man hat das wieder bei der Krankenverſicherung erlebt.
Da ſetzte es im Nationalrat eine gewaltige Diskuſſion ab,
ob der Bundesbeitrag für die Verſicherten zwei und einen
halben Franken oder drei Franken fünf und ſechzig Rappen
betragen ſoll. Es handelte ſich alſo um einen Unterſchied
von einem Franken und fünfzehn Rappen. Fürwahr eine
lächerlich kleine Summe für den einzelnen Verſicherten, aber
für die Bundeskaſſe macht dieſer ganz kleine Unterſchied
ſchon eine große Summe aus. Die Centraliſation iſt eben
unfruchtbar. Sie wirſt anſcheinend große Summen Geld
unter das Volk, aber der einzelne Bürger bekommt wenig
oder nichts davon.
Um zum Beſoldungsgeſetz zurückzukehren, ſo muß gerade
bei dieſem Anlaſſe auf ein ſchweres Mißverhältnis hinge-
wieſen werden, welches die Preſſe ſorgſam verſchweigt. Es
iſt recht, daß die untern Poſtangeſtellten recht bezahlt werden;
aber die Eidgenoſſenſchaft beſteht doch nicht nur aus kleinen
Beamten. Sind die kleinen Gewerbetreibenden, die Hand-
werker, die Arbeiter, die Bauern, namentlich die Kleinbauern
— die Großen verſtehen auch in dieſen Berufen, wie überall,
ſich ſelber zu helfen — ſind, ſagen wir, dieſe kleinen Leute,
die nicht nach einigen Tauſenden zählen, wie die kleinen
Bundesangeſtellten, ſondern nach Zehntauſenden und Hundert-
tauſenden, nicht auch nützliche Glieder der Geſellſchaft?
Müſſen nicht dieſe kleinen Leute ohne Ausnahme ganz anders
ſich abmühen und plagen, ihr Brot wahrhaft im Schweiße
ihres Angeſichtes verdienen, als fix beſoldete Angeſtellte,
die auf ihre Beſoldung immer feſt rechnen können, ob es
ſchönes Wetter macht oder regnet oder der Hagel die ganze
Ernte vernichtet? Und was tut der Staat, der Bund vor
allem für dieſe kleinen Leute? Wir wünſchen wahrlich nicht,
daß er ſich derſelben direkt annimmt, denn der Staats-
ſozialismus iſt ebenſo unfruchtbar als teuer; aber das darf
man verlangen, daß er denſelben wenigſtens nicht immer-
fort neue Laſten aufbürdet. Wer trägt vornehmlich die
durch die Militärorganiſation von 1876 in ſo bedeutendem
Maße erhöhten militäriſchen Laſten? Und die Zölle, an
welche alle beitragen müſſen, wie ſchwer drücken dieſelben
gerade auf die kleinen Leute, welche die unentbehrlichſten
Gebrauchsgegenſtände, Kaffee, Zucker, Petroleum u. dergl.
teuer bezahlen müſſen, damit die Staatskaſſe mit unzähligen
Millionen ſich fülle. Und das Alkoholmonopol, wird es
nicht auch vorzüglich von den kleinen Leuten getragen, die
vielfach zum Gläschen Schnaps greifen, weil ihnen die
Mittel fehlen, einen beſſern Trunk zu genießen?
Wenn wir ſo die Geſchichte der letzten zwanzig Jahre
überſehen, ſo zeigt es ſich, daß gerade der Bund die Laſten
der kleinen Leute durch Militär, Zölle, Alkoholmonopol ge-
waltig geſteigert hat. Die Folgen einer ſolchen Politik
machen ſich geltend ſo ſehr, daß ſelbſt ſolche, die, wo es
nur angeht, zu den Lobrednern der Bundespolitik gehören,
wie ein bekanntes Blatt jüngſt haben bekennen müſſen, daß
unſer Volk an der Grenze ſeiner Leiſtungsfähigkeit angekommen
iſt und von einer neuen Belaſtung desſelben keine Rede
mehr ſein kann. Dieſe Wahrheiten müſſen immer wieder
betont werden, und gerade jetzt, wo die Beſoldungen der
kleinen Bundesangeſtellten aufgebeſſert werden ſollen, iſt es
Pflicht der unabhängigen Preſſe, darauf hinzuweiſen, daß es
Hunderttauſende von kleinen Leuten im Schweizerlande gibt,
welche eine Beſſerung ihrer materiellen Lage noch ganz
anders notwendig haben, als ſelbſt die am ſchlechteſten be-
zahlten Bundesbeamten.
Eidgenöſſiſche Quartalzapfen.
In ängſtlicher Spannung, ob ein Referendum gegen
das neue eidgen. Beſoldungsgeſetz zuſtande komme, ſprechen
einige Blätter von einem „Abwinken“. Nun wir geben zu,
daß es genug Leute gibt, die nie ein ſelbſtändiges Urteil
ſich bilden können, und die daher immer eines Winkes ge-
wärtigt ſind, eines Winkes von Seite ſolcher, welche den
ſchönen Beruf in ſich fühlen, für andere Leute denken zu
müſſen. In einer Demokratie aber ſollte in politiſchen Fragen
überhaupt nicht „gewunken“ werden, ſondern jeder ſoll ſich
ſeine Meinung nach Gründen bilden ohne Matadoren-
wink. Manche bewundern an dem Geſetze, daß es ın das
bisherige buntſcheckige Beſoldungsweſen Ordnung bringe
durch ſeinen einheitlichen Rahmen. Wie dieſe Einheit zu-
ſtande komme, iſt bei dieſer Ordnungsliebe gleichgültig.
Es iſt von allen jetzt zugegeben, daß bei dem bisherigen
Syſtem, bei welchem die einzelnen Verwaltungszweige im
Beſoldungsweſen getrennt vorgegangen waren, in geſetz-
und verfaſſungswidriger Weiſe auf dem Budget-
wege nachgeholfen wurde. Formell gab man den Anſätzen
den Charakter des Proviſoriums und Gratifikationen traten
ergänzend ein. Alſo wieder einmal ein Geſtändnis unge-
ſetzlichen Handelns; aber gerade reumütig ſcheint das
Bekenntnis nicht zu ſein. Soweit nicht beſondere Geſetze
beſtehen, wird nun für die eidgen. Beamten und Angeſtellten
ein Klaſſenſyſtem aufgeſtellt, welches zwiſchen folgenden
Anſätzen ſich bewegt:
Beim Eintritt eines neuen Beamten gilt für ihn in
der Regel die Minimalbeſoldung der betr. Klaſſe; nach Ab-
lauf jeder dreijährigen Amtsperiode ſteigt die Beſoldung,
gute Leiſtungen natürlich vorausgeſetzt, um 300 Fr. und
ſ. f. bis zum geſetzlichen Maximum. In die erſte Klaſſe
fallen die Vizekanzler, die Departementsſekretäre, die Bank-
noteninſpektoren, der Oberpoſtdirektor u. ſ. w., in die folgen-
den Klaſſen je nach der Bedeutung und Verantwortlichkeit
der Stellen die übrigen Bundesbeamten bis zum Kanzliſten
herab. Das Geſetz umfaßt auch die Poſt-, Telegraphen-
und Zollverwaltungsbeamten. Die Poſtkommis auf den
Bureaux 1. und 2. Klaſſe erhalten 1800—3700 Fr., die
Poſtkondukteure mindeſtens 1500 Fr., die Telephoniſtinnen
mindeſtens 1200, Briefträger, Bureaudiener, Packer 1200 bis
2500 Fr. Wo Dienſtkleidungen vorgeſchrieben ſind, hat der
Bund dieſelben unentgeltlich zu liefern, oder eine entſprechende
Barentſchädigung zu leiſten. Stirbt ein Bundesbeamter, ſo
erhalten ſeine Hinterlaſſenen eine einſtmalige volle Jahres-
beſoldung. Die Beſoldung eines Beamten der 7. Klaſſe,
welcher volljährig iſt und im ausſchließlichen Dienſt eines
eidgen. Verwaltungszweiges ſteht, ſoll mindeſtens 1200 Fr.
betragen. Für Beamtungen, an welche „außerordent-
liche Anforderungen“ geſtellt werden, kann durch Be-
ſchluß der Bundesverſammlung der Maximalanſatz der
1. Klaſſe überſchritten werden.
Dieſe Beſtimmung paßt wieder herzlich ſchlecht in den
„einheitlichen Rahmen“; denn ſie gibt den Bundesbehörden
die Handhabe, das Geſetz beliebig zu übertreten, durch eine
willkürliche Interpretation der „außergewöhnlichen An-
forderungen“. Warum kommen ſolche Anforderungen nur
bei den Beamten der 1. Klaſſe vor? Das Geſetz enthält
noch mehrere ſolcher allgemeiner Ausdrücke, welche den Weg
zu willkürlicher Anwendung bahnen. So z. B. die Beſtimmung,
daß „beſondere Fähigkeiten“, ſowie die örtlichen Lebensver-
hältniſſe bei Feſtſetzung der Beſoldung eines neueintretenden
Beamten berückſicht werden ſollen. Solche Allgemeinheiten
ſind ganz dazu geſchaffen, gewiſſen Günſtlingen und dienſt-
baren Geiſtern Vorſchub zu leiſten. Eine ungerechte Will-
kür iſt es auch, daß die Oberſten der Bundesverwaltung
während des Millitärdienſtes Sold und Beſoldung zugleich
beziehen können, damit ſie gelegentlich gegen „die Widerſacher
des Bundes“ poltern mögen, während der Nichtbeamte
durch den Militärdienſt oft ſchwere Verluſte ſich gefallen
laſſen muß. Tadel ruft auch die Beſtimmung hervor, daß
beim Todesfalle eines Beamten, die Beſchlagnahme oder
Pfändung der für 1 Jahr noch nachzubeziehenden Be-
ſoldungsſumme ſeitens allfälligen Gläubiger ausgeſchloſſen
ſein ſoll, und demgemäß ſich kein Bäcker, Metzger, oder
Milchmann daraus bezahlt machen darf.
Wir glauben nicht, daß ein Referendum gegen das Be-
ſoldungsgeſetz zuſtande komme. Es würde ein Referendums-
feldzug wahrſcheinlich nur ein Schlag ins Waſſer bedeuten.
Sicherlich wäre die Bundesbureaukratie nicht die geſchlagene,
wenn auch das Geſetz fallen würde, denn wenn man ſich einge-
ſtandenermaßen nicht geſcheut, geſetz- und verfaſſungswidrig
bisher zu verfahren, ſo würde man auch ungeſcheut fortwurſteln,
wobei die Obern nichts zu verlieren und die Untern nichts
zu gewinnen hätten. Will man gegen die Bundesbureau-
kraten-Kelle einen wirklich fühlbaren Schlag führen, dann
muß man die Sache anders anpacken und direkt das
Finanzreferendum ergreifen. Hic Rhodus hic salta!
Eidgenöſſiſches.
— Zum Beſoldungsgeſetz.
(Korreſp.) Wie wir vernehmen,
will alſo von liberaler Seite das Referendum gegen
das Beſoldungsgeſetz ergriffen werden. Der Grund ſcheint
ohne Zweifel der zu ſein: weil die Großen diesmal verhältnis-
mäßig etwas ſchlechter wegkommen als die untern Angeſtellten,
und weil die höhern Angeſtellten durch Geſchenke und Gratifi-
kationen ſchon zu ihrer Sache kommen. Es verlautet auch, daß
einige höhere Angeſtellten einer allfäll. Verwerfung dieſes Geſetzes
kalt gegenüberſtehen, eben weil ihnen dann auf ungeſetzlichem Wege
der Gehalt aufgebeſſert werde. Diesmal ſtehen wir entſchieden
für das Beſoldungsgeſetz ein. Es bringt den übrigen
Angeſtellten an der Poſt u. ſ. w. nur, was die Angeſtellten beim
Militär, die Säbelraßler ſchon haben. Das Militärbeſoldungs-
geſetz hat man unbeanſtandet gelaſſen, daher ſoll man nun auch
den andern Angeſtellten gegenüber mindeſtens ebenſo billig ſein.
Das Geld, das hier der reiche Bund ausgibt, kommt weniger
den höhern Angeſteilten zu gut, ſondern vielmehr dem großen
Haufen von niedern Angeſtellten mit einer Beſoldung von Fr. 700
bis Fr. 2500. Der Ueberſchuß der Bundeskaſſe fließt in die
Hände des niedern Volkes und des Mittelſtandes. Alſo hier
kräftig eingeſtanden!
— Referendum. Die Nachricht, daß der „Appenzeller
Anzeiger“ das Referendum gegen das Beſoldungsgeſetz laneiert
habe, wird dementiert. Im „March Anzeiger“ fordert ein Ein-
ſender in einem längern Artikel zum Referendum auf, währendem
die meiſten konſervativen Blätter für das Geſetz eintreten.
— Sonntagsarbeit. Der internationale Kongreß für
Arbeiterſchutz, der Ende dieſes Monats in Zürich abgehalten
wird, ſtellt in Bezug auf die Sonntagsarbeit das Poſtulat, daß
das Verbot der Sonntagsarbeit „nach Möglichkeit und nach
wirkſamen Strafbeſtimmungen auf alle Kategorien der Lohnarbeit
ausgedehnt werde — alſo ſich erſtrecke auf die Arbeit in der
Induſtrie, im Vergbau, im Handwerk, in der Landwirtſchaft, in
den Verkehrsanſtalten (Eiſenbahn-, Poſt-, Telegraphen- und Tele-
phondienſt), im Gaſt- und Schankgewerbe, im Groß- und Klein-
handel“. Die Sonntagsruhe würde dadurch zu einer abſoluten
und ſtreugern als ſie in England beſteht; die heute ſo beliebte
Verlegung von größern und kleinern Feſten, von Vereinsaus-
flügen ꝛc. auf dieſen Tag müßte fernerhin gänzlich unterbleiben.
Eine internationale Verſammlung katholiſcher Sozial-
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