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Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 1. Danzig, 1843.

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ran, dieses Mißverhältniß auszugleichen. So wird denn
gegenwärtig mit dem Bedürfnisse einer volksthümli-
chen Turnsitte zugleich das Bedürfniß einer zeitgemä-
ßen Gestaltung derselben fühlbar. Was uns in dieser
Beziehung hauptsächlich noththut, ist, daß die mannig-
fache Gliederung der turnerischen Werk- und Wehrsitte
sich aus einem allgemeinen Volksturnen entwickele und
mit diesem stets in vertrauter Berührung bleibe; --
daß nicht einzelne Zweige der Turnsitte gepflegt wer-
den, sondern der ganze Baum von der Wurzel aus;
-- daß alles deutsche Mannsvolk sich in männlicher
Geberde übe, und in seiner Gesammtheit die einige,
von Gemeinsinn beseelte und dem Gemeindewesen innig
verbundene deutsche Volksmannschaft darstelle. Also kei-
ne Sonderung des Civilturnens vom Soldatenturnen,
der erwachsenen Turner von den Knaben, der turnenden
Gymnasiasten, von den turnenden Bürgerschülern; son-
dern gemeinsames Turnen aller Turnfähigen und öffent-
liche, von den Gemeindevorständen eingerichtete und be-
aufsichtigte Turnstätten! nur in solcher Gestaltung kann
das deutsche Turnwesen dem Menschenfreunde und Patrio-
ten genügen und den Anforderungen des Lebens ge-
recht werden.

Man hat für die Schätzung des Turnwesens au-
ßer dem physischen (medicinischen), ethischen, humanisti-
schen und nationalen, auch den pädagogischen Ge-
sichtspunkt geltend gemacht. Welche Ansicht gewährt
dieser Gesichtspunkt, wenn die Vorstellung von einer
Turnsitte festgehalten wird? Die Turnsitte wird um
ihrer selbst willen gehegt und geübt, wie der Mensch
überhaupt sein Leben liebt, und lebt um des Lebens
willen. Der Turnende genügt in der Geberdung sei-
ner Männlichkeit einem organischen Bedürfnisse, wie der
Redende durch den sprachlichen Ausdruck seiner Gedan-
ken. Es ist daher eigentlich unnütz, das Turnen sei-
nes Nutzens wegen zu empfehlen, und zwecklos, es als
Mittel zu einem weiterliegenden Zwecke darzustellen.

ran, dieſes Mißverhältniß auszugleichen. So wird denn
gegenwärtig mit dem Bedürfniſſe einer volksthümli-
chen Turnſitte zugleich das Bedürfniß einer zeitgemä-
ßen Geſtaltung derſelben fühlbar. Was uns in dieſer
Beziehung hauptſächlich noththut, iſt, daß die mannig-
fache Gliederung der turneriſchen Werk- und Wehrſitte
ſich aus einem allgemeinen Volksturnen entwickele und
mit dieſem ſtets in vertrauter Berührung bleibe; —
daß nicht einzelne Zweige der Turnſitte gepflegt wer-
den, ſondern der ganze Baum von der Wurzel aus;
— daß alles deutſche Mannsvolk ſich in männlicher
Geberde übe, und in ſeiner Geſammtheit die einige,
von Gemeinſinn beſeelte und dem Gemeindeweſen innig
verbundene deutſche Volksmannſchaft darſtelle. Alſo kei-
ne Sonderung des Civilturnens vom Soldatenturnen,
der erwachſenen Turner von den Knaben, der turnenden
Gymnaſiaſten, von den turnenden Bürgerſchülern; ſon-
dern gemeinſames Turnen aller Turnfähigen und öffent-
liche, von den Gemeindevorſtänden eingerichtete und be-
aufſichtigte Turnſtätten! nur in ſolcher Geſtaltung kann
das deutſche Turnweſen dem Menſchenfreunde und Patrio-
ten genügen und den Anforderungen des Lebens ge-
recht werden.

Man hat für die Schätzung des Turnweſens au-
ßer dem phyſiſchen (mediciniſchen), ethiſchen, humaniſti-
ſchen und nationalen, auch den pädagogiſchen Ge-
ſichtspunkt geltend gemacht. Welche Anſicht gewährt
dieſer Geſichtspunkt, wenn die Vorſtellung von einer
Turnſitte feſtgehalten wird? Die Turnſitte wird um
ihrer ſelbſt willen gehegt und geübt, wie der Menſch
überhaupt ſein Leben liebt, und lebt um des Lebens
willen. Der Turnende genügt in der Geberdung ſei-
ner Männlichkeit einem organiſchen Bedürfniſſe, wie der
Redende durch den ſprachlichen Ausdruck ſeiner Gedan-
ken. Es iſt daher eigentlich unnütz, das Turnen ſei-
nes Nutzens wegen zu empfehlen, und zwecklos, es als
Mittel zu einem weiterliegenden Zwecke darzuſtellen.

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[67/0071] ran, dieſes Mißverhältniß auszugleichen. So wird denn gegenwärtig mit dem Bedürfniſſe einer volksthümli- chen Turnſitte zugleich das Bedürfniß einer zeitgemä- ßen Geſtaltung derſelben fühlbar. Was uns in dieſer Beziehung hauptſächlich noththut, iſt, daß die mannig- fache Gliederung der turneriſchen Werk- und Wehrſitte ſich aus einem allgemeinen Volksturnen entwickele und mit dieſem ſtets in vertrauter Berührung bleibe; — daß nicht einzelne Zweige der Turnſitte gepflegt wer- den, ſondern der ganze Baum von der Wurzel aus; — daß alles deutſche Mannsvolk ſich in männlicher Geberde übe, und in ſeiner Geſammtheit die einige, von Gemeinſinn beſeelte und dem Gemeindeweſen innig verbundene deutſche Volksmannſchaft darſtelle. Alſo kei- ne Sonderung des Civilturnens vom Soldatenturnen, der erwachſenen Turner von den Knaben, der turnenden Gymnaſiaſten, von den turnenden Bürgerſchülern; ſon- dern gemeinſames Turnen aller Turnfähigen und öffent- liche, von den Gemeindevorſtänden eingerichtete und be- aufſichtigte Turnſtätten! nur in ſolcher Geſtaltung kann das deutſche Turnweſen dem Menſchenfreunde und Patrio- ten genügen und den Anforderungen des Lebens ge- recht werden. Man hat für die Schätzung des Turnweſens au- ßer dem phyſiſchen (mediciniſchen), ethiſchen, humaniſti- ſchen und nationalen, auch den pädagogiſchen Ge- ſichtspunkt geltend gemacht. Welche Anſicht gewährt dieſer Geſichtspunkt, wenn die Vorſtellung von einer Turnſitte feſtgehalten wird? Die Turnſitte wird um ihrer ſelbſt willen gehegt und geübt, wie der Menſch überhaupt ſein Leben liebt, und lebt um des Lebens willen. Der Turnende genügt in der Geberdung ſei- ner Männlichkeit einem organiſchen Bedürfniſſe, wie der Redende durch den ſprachlichen Ausdruck ſeiner Gedan- ken. Es iſt daher eigentlich unnütz, das Turnen ſei- nes Nutzens wegen zu empfehlen, und zwecklos, es als Mittel zu einem weiterliegenden Zwecke darzuſtellen.

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Zitationshilfe: Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 1. Danzig, 1843, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_turnkunst01_1843/71>, abgerufen am 04.12.2024.