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Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844.

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Endlich darf nicht unerwähnt bleiben, daß schon
frühzeitig für die Waisenknaben in dem Garten des
Waisenhauses ein Turnplatz eingerichtet wurde, wo sie
ihre Freistunden unter Leibes- und Kriegsübungen zu-
brachten.

Es ist nicht zu bezweifeln, daß damals die Turn-
übungen auch noch anderweit in Privat-Jnstituten und
Privat-Häusern hiesiger Stadt verbreitet waren; die
Erzählung dessen, was hier gewirkt und geschehen, würde
jedoch zu weit führen, und liegt außer dem Kreise die-
ser, nur der öffentlichen Entwickelung der Turnkunst
gewidmeten Darstellung.

Dritter Abschnitt.
Die Turnkunst in ihrem siegreichen Kampfe
gegen Vorurtheile und Anfeindungen von

1820 bis 1837.

Es folgte nun von 1820 an ein Stillstand in dem
Wachsthume des kaum so kräftig aufgeblühten Keimes.
Man hatte mit einigen bemerklich gewordenen Auswüch-
sen leider auch die frischen lebenskräftigen Sprößlinge
abgeschnitten; so mußte die Pflanze verkümmern, bis erst
wieder frische Säfte aus der noch unversehrten Wurzel
neue Triebe entwickelten. Mit ihrer Entfaltung beginnt
ein neuer Abschnitt der Turnkunst, die nun in einem,
die schulmäßige Gymnastik Basedows mit der kriegerisch
ernsten Turnerei Jahn's mehr vermittelnden Sinne auf-
gefaßt wurde. Die in Preußen und einigen andern
Bundesstaaten erlassenen Verbote *) bestanden zwar fort,
aber die Nützlichkeit geregelter Leibesübungen war bereits
zu einleuchtend geworden, als daß deren Wiederaufnahme
für die Dauer ein Hinderniß hätte entgegengesetzt werden
können. Ja an einigen Orten, wie z. B. in Stuttgart,
erlitten sie gar keine Unterbrechung, und auch in unserer

*) Jn der Frankfurter Gesetzsammlung findet sich kein Verbot gegen
das Turnen.

Endlich darf nicht unerwähnt bleiben, daß ſchon
frühzeitig für die Waiſenknaben in dem Garten des
Waiſenhauſes ein Turnplatz eingerichtet wurde, wo ſie
ihre Freiſtunden unter Leibes- und Kriegsübungen zu-
brachten.

Es iſt nicht zu bezweifeln, daß damals die Turn-
übungen auch noch anderweit in Privat-Jnſtituten und
Privat-Häuſern hieſiger Stadt verbreitet waren; die
Erzählung deſſen, was hier gewirkt und geſchehen, würde
jedoch zu weit führen, und liegt außer dem Kreiſe die-
ſer, nur der öffentlichen Entwickelung der Turnkunſt
gewidmeten Darſtellung.

Dritter Abſchnitt.
Die Turnkunſt in ihrem ſiegreichen Kampfe
gegen Vorurtheile und Anfeindungen von

1820 bis 1837.

Es folgte nun von 1820 an ein Stillſtand in dem
Wachsthume des kaum ſo kräftig aufgeblühten Keimes.
Man hatte mit einigen bemerklich gewordenen Auswüch-
ſen leider auch die friſchen lebenskräftigen Sprößlinge
abgeſchnitten; ſo mußte die Pflanze verkümmern, bis erſt
wieder friſche Säfte aus der noch unverſehrten Wurzel
neue Triebe entwickelten. Mit ihrer Entfaltung beginnt
ein neuer Abſchnitt der Turnkunſt, die nun in einem,
die ſchulmäßige Gymnaſtik Baſedows mit der kriegeriſch
ernſten Turnerei Jahn’s mehr vermittelnden Sinne auf-
gefaßt wurde. Die in Preußen und einigen andern
Bundesſtaaten erlaſſenen Verbote *) beſtanden zwar fort,
aber die Nützlichkeit geregelter Leibesübungen war bereits
zu einleuchtend geworden, als daß deren Wiederaufnahme
für die Dauer ein Hinderniß hätte entgegengeſetzt werden
können. Ja an einigen Orten, wie z. B. in Stuttgart,
erlitten ſie gar keine Unterbrechung, und auch in unſerer

*) Jn der Frankfurter Geſetzſammlung findet ſich kein Verbot gegen
das Turnen.
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[24/0028] Endlich darf nicht unerwähnt bleiben, daß ſchon frühzeitig für die Waiſenknaben in dem Garten des Waiſenhauſes ein Turnplatz eingerichtet wurde, wo ſie ihre Freiſtunden unter Leibes- und Kriegsübungen zu- brachten. Es iſt nicht zu bezweifeln, daß damals die Turn- übungen auch noch anderweit in Privat-Jnſtituten und Privat-Häuſern hieſiger Stadt verbreitet waren; die Erzählung deſſen, was hier gewirkt und geſchehen, würde jedoch zu weit führen, und liegt außer dem Kreiſe die- ſer, nur der öffentlichen Entwickelung der Turnkunſt gewidmeten Darſtellung. Dritter Abſchnitt. Die Turnkunſt in ihrem ſiegreichen Kampfe gegen Vorurtheile und Anfeindungen von 1820 bis 1837. Es folgte nun von 1820 an ein Stillſtand in dem Wachsthume des kaum ſo kräftig aufgeblühten Keimes. Man hatte mit einigen bemerklich gewordenen Auswüch- ſen leider auch die friſchen lebenskräftigen Sprößlinge abgeſchnitten; ſo mußte die Pflanze verkümmern, bis erſt wieder friſche Säfte aus der noch unverſehrten Wurzel neue Triebe entwickelten. Mit ihrer Entfaltung beginnt ein neuer Abſchnitt der Turnkunſt, die nun in einem, die ſchulmäßige Gymnaſtik Baſedows mit der kriegeriſch ernſten Turnerei Jahn’s mehr vermittelnden Sinne auf- gefaßt wurde. Die in Preußen und einigen andern Bundesſtaaten erlaſſenen Verbote *) beſtanden zwar fort, aber die Nützlichkeit geregelter Leibesübungen war bereits zu einleuchtend geworden, als daß deren Wiederaufnahme für die Dauer ein Hinderniß hätte entgegengeſetzt werden können. Ja an einigen Orten, wie z. B. in Stuttgart, erlitten ſie gar keine Unterbrechung, und auch in unſerer *) Jn der Frankfurter Geſetzſammlung findet ſich kein Verbot gegen das Turnen.

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Zitationshilfe: Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_turnkunst02_1844/28>, abgerufen am 24.11.2024.