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Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844.

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ganz gewaltige Hände haben, was ich bis jetzt nicht ge-
funden. Sollte Jemand dies bezweifeln, so will ich
demselben auf seine Kosten ein Halbdutzend Gypsab-
drücke von Turnlehrerhänden zur Ueberzeugung zukom-
men lassen. --

Was nun die Hände betrifft, gilt auch in Beziehung
auf die Füße, derentwegen ich dasselbe Auerbieten mache.

Blicken wir aber auch auf das Leben um uns her.
Mir ist so manches Mädchen in Stadt und Land ent-
gegen getreten, mit schönern Händen und Füßen, als wir
sie oft in jenen Kreisen finden, wo beide Theile mit
großer Besorgniß und so oft vergebens erzielt werden.
Und doch lebten jene Mädchen von ihrer Hände Arbeit,
die oft sehr kraftanstrengend war. Fragen wir aber auch
die Geschichte. Die Antiken belehren uns auch hier eines
Andern. Sind nicht die meisten Antiken wirkliche Ab-
bildungen? Und doch turnten in Hellas beide Theile.
Wir müssen nun freilich gestehen, daß durch körperliche
Uebungen die Muskeln auch der Hände etwas zunehmen,
aber denn doch nicht in dem Maß und Grad, als die
Muskeln der Arme, der Schenkel und des Rumpfes,
sodaß durch diese körperlichen Uebungen die Hände und
Füße im vollkommensten Verhältniß zur Fülle des gan-
zen übrigen Körpers stehen, ja zuweilen noch kleiner er-
scheinen, als vorher. Die Belege hierzu liefert jeder
vernünftig gehaltene Turnplatz. Und dann hängt die
Größe der Hand zum größten Theil von der Größe der
Knochen ab. Daß aber die Turnkunst auf die Größe
der Knochen wirke, dagegen sprechen meine Erfahrung,
so wie meine -- wenn auch geringen medizinischen
Kenntnisse. Auf die Festigkeit und Härte der Knochen,
aber nicht auf den Umfang derselben wirkt die Bewegung.
Dies beweist auch hinlänglich das Leben. Der positive
und negative Beweis läßt sich schlagend führen. Jn Be-
ziehung auf den letztern bemerke ich nur, daß alle die,
so nichts thun als allenfalls sticken u. dgl., die kleinsten
Hände haben müßten, was geradezu falsch ist. Aber

ganz gewaltige Hände haben, was ich bis jetzt nicht ge-
funden. Sollte Jemand dies bezweifeln, ſo will ich
demſelben auf ſeine Koſten ein Halbdutzend Gypsab-
drücke von Turnlehrerhänden zur Ueberzeugung zukom-
men laſſen. —

Was nun die Hände betrifft, gilt auch in Beziehung
auf die Füße, derentwegen ich dasſelbe Auerbieten mache.

Blicken wir aber auch auf das Leben um uns her.
Mir iſt ſo manches Mädchen in Stadt und Land ent-
gegen getreten, mit ſchönern Händen und Füßen, als wir
ſie oft in jenen Kreiſen finden, wo beide Theile mit
großer Beſorgniß und ſo oft vergebens erzielt werden.
Und doch lebten jene Mädchen von ihrer Hände Arbeit,
die oft ſehr kraftanſtrengend war. Fragen wir aber auch
die Geſchichte. Die Antiken belehren uns auch hier eines
Andern. Sind nicht die meiſten Antiken wirkliche Ab-
bildungen? Und doch turnten in Hellas beide Theile.
Wir müſſen nun freilich geſtehen, daß durch körperliche
Uebungen die Muskeln auch der Hände etwas zunehmen,
aber denn doch nicht in dem Maß und Grad, als die
Muskeln der Arme, der Schenkel und des Rumpfes,
ſodaß durch dieſe körperlichen Uebungen die Hände und
Füße im vollkommenſten Verhältniß zur Fülle des gan-
zen übrigen Körpers ſtehen, ja zuweilen noch kleiner er-
ſcheinen, als vorher. Die Belege hierzu liefert jeder
vernünftig gehaltene Turnplatz. Und dann hängt die
Größe der Hand zum größten Theil von der Größe der
Knochen ab. Daß aber die Turnkunſt auf die Größe
der Knochen wirke, dagegen ſprechen meine Erfahrung,
ſo wie meine — wenn auch geringen mediziniſchen
Kenntniſſe. Auf die Feſtigkeit und Härte der Knochen,
aber nicht auf den Umfang derſelben wirkt die Bewegung.
Dies beweiſt auch hinlänglich das Leben. Der poſitive
und negative Beweis läßt ſich ſchlagend führen. Jn Be-
ziehung auf den letztern bemerke ich nur, daß alle die,
ſo nichts thun als allenfalls ſticken u. dgl., die kleinſten
Hände haben müßten, was geradezu falſch iſt. Aber

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[69/0073] ganz gewaltige Hände haben, was ich bis jetzt nicht ge- funden. Sollte Jemand dies bezweifeln, ſo will ich demſelben auf ſeine Koſten ein Halbdutzend Gypsab- drücke von Turnlehrerhänden zur Ueberzeugung zukom- men laſſen. — Was nun die Hände betrifft, gilt auch in Beziehung auf die Füße, derentwegen ich dasſelbe Auerbieten mache. Blicken wir aber auch auf das Leben um uns her. Mir iſt ſo manches Mädchen in Stadt und Land ent- gegen getreten, mit ſchönern Händen und Füßen, als wir ſie oft in jenen Kreiſen finden, wo beide Theile mit großer Beſorgniß und ſo oft vergebens erzielt werden. Und doch lebten jene Mädchen von ihrer Hände Arbeit, die oft ſehr kraftanſtrengend war. Fragen wir aber auch die Geſchichte. Die Antiken belehren uns auch hier eines Andern. Sind nicht die meiſten Antiken wirkliche Ab- bildungen? Und doch turnten in Hellas beide Theile. Wir müſſen nun freilich geſtehen, daß durch körperliche Uebungen die Muskeln auch der Hände etwas zunehmen, aber denn doch nicht in dem Maß und Grad, als die Muskeln der Arme, der Schenkel und des Rumpfes, ſodaß durch dieſe körperlichen Uebungen die Hände und Füße im vollkommenſten Verhältniß zur Fülle des gan- zen übrigen Körpers ſtehen, ja zuweilen noch kleiner er- ſcheinen, als vorher. Die Belege hierzu liefert jeder vernünftig gehaltene Turnplatz. Und dann hängt die Größe der Hand zum größten Theil von der Größe der Knochen ab. Daß aber die Turnkunſt auf die Größe der Knochen wirke, dagegen ſprechen meine Erfahrung, ſo wie meine — wenn auch geringen mediziniſchen Kenntniſſe. Auf die Feſtigkeit und Härte der Knochen, aber nicht auf den Umfang derſelben wirkt die Bewegung. Dies beweiſt auch hinlänglich das Leben. Der poſitive und negative Beweis läßt ſich ſchlagend führen. Jn Be- ziehung auf den letztern bemerke ich nur, daß alle die, ſo nichts thun als allenfalls ſticken u. dgl., die kleinſten Hände haben müßten, was geradezu falſch iſt. Aber

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Zitationshilfe: Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_turnkunst02_1844/73>, abgerufen am 24.11.2024.