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Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844.

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men. Es gibt aber viele hysterische und hypochondrische
Leutlein, die, weil sie selber niemals froh und fröhlich
sein können, es auch nicht gern bei Andern sehen.
Hinc illae lacrimae!

4. Ganz besonders wohlthätig fand ich die Turn-
übungen bei Skropheln und Bleichsucht, wo sich rasch
eine frischere Gesichtsfarbe einstellte, so daß besonders
in letzterm Falle bald keine Spur mehr von der frühern
Krankheit zu erblicken war. Nur muß ich auch klagen,
daß mir der eine und andere Arzt hemmend entgegentrat:
eben weil die Mädchen kränklich seien, dürften sie nicht
turnen. Während andere Aerzte mir dieselben aus dem
Grunde zuwiesen, weil sie krank seien.

5. Wie nachtheilig der zu frühe Schulbesuch oft
ist, geht aus folgendem Beispiele hervor.

Jn Königsberg vermochte ich endlich die mir be-
freundeten Eltern eines von ihnen angenommenen Mäd-
chens von 6 Jahren, dasselbe -- weil schwächlich --
turnen zu lassen. Das Kind, an sich gesund, war schon
in die Schule geschickt worden. Die Folge davon war,
daß es die frische Gesichtsfarbe und die gesunde Eßlust
verlor. Es trat den 10. Februar -- 1. Juni 1842
ein, turnte also nicht ganz 4 Monate. Die Erfolge
waren sehr erfreulich. Die frische Gesichtsfarbe kehrte
sofort zurück, und eine Eßlust, nach dem Ausspruch der
Eltern, die nicht zu stillen. Mit dem 1. Juni trat sie
leider wieder aus. Die Eltern meinten, sie müsse in die
Schule gehen, um etwas zu lernen, der weite Weg nach
derselben wäre Bewegung genug. Das Ende vom Liede
war, daß das Mädchen bald wieder kränkelte, gar kei-
nen Appetit mehr hatte, und zuletzt bettlägerig wurde.
Dieser Zustand dauerte bis zu meiner Abreise von Kö-
nigsberg, Ostern 1843. Daß die Eltern nicht Unrecht
haben wollen, bedarf wohl keiner Erhärtung, bald soll
es vom Wachsen sein, bald soll dem Kind eine Krank-
heit in den Gliedern stecken, und was sie sonst noch für
ähnliche Entschuldigungen haben. Ebenso bekannt ist es,

Jahrb. d. Turnkunst. II. 4

men. Es gibt aber viele hyſteriſche und hypochondriſche
Leutlein, die, weil ſie ſelber niemals froh und fröhlich
ſein können, es auch nicht gern bei Andern ſehen.
Hinc illæ lacrimæ!

4. Ganz beſonders wohlthätig fand ich die Turn-
übungen bei Skropheln und Bleichſucht, wo ſich raſch
eine friſchere Geſichtsfarbe einſtellte, ſo daß beſonders
in letzterm Falle bald keine Spur mehr von der frühern
Krankheit zu erblicken war. Nur muß ich auch klagen,
daß mir der eine und andere Arzt hemmend entgegentrat:
eben weil die Mädchen kränklich ſeien, dürften ſie nicht
turnen. Während andere Aerzte mir dieſelben aus dem
Grunde zuwieſen, weil ſie krank ſeien.

5. Wie nachtheilig der zu frühe Schulbeſuch oft
iſt, geht aus folgendem Beiſpiele hervor.

Jn Königsberg vermochte ich endlich die mir be-
freundeten Eltern eines von ihnen angenommenen Mäd-
chens von 6 Jahren, dasſelbe — weil ſchwächlich —
turnen zu laſſen. Das Kind, an ſich geſund, war ſchon
in die Schule geſchickt worden. Die Folge davon war,
daß es die friſche Geſichtsfarbe und die geſunde Eßluſt
verlor. Es trat den 10. Februar — 1. Juni 1842
ein, turnte alſo nicht ganz 4 Monate. Die Erfolge
waren ſehr erfreulich. Die friſche Geſichtsfarbe kehrte
ſofort zurück, und eine Eßluſt, nach dem Ausſpruch der
Eltern, die nicht zu ſtillen. Mit dem 1. Juni trat ſie
leider wieder aus. Die Eltern meinten, ſie müſſe in die
Schule gehen, um etwas zu lernen, der weite Weg nach
derſelben wäre Bewegung genug. Das Ende vom Liede
war, daß das Mädchen bald wieder kränkelte, gar kei-
nen Appetit mehr hatte, und zuletzt bettlägerig wurde.
Dieſer Zuſtand dauerte bis zu meiner Abreiſe von Kö-
nigsberg, Oſtern 1843. Daß die Eltern nicht Unrecht
haben wollen, bedarf wohl keiner Erhärtung, bald ſoll
es vom Wachſen ſein, bald ſoll dem Kind eine Krank-
heit in den Gliedern ſtecken, und was ſie ſonſt noch für
ähnliche Entſchuldigungen haben. Ebenſo bekannt iſt es,

Jahrb. d. Turnkunſt. II. 4
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[73/0077] men. Es gibt aber viele hyſteriſche und hypochondriſche Leutlein, die, weil ſie ſelber niemals froh und fröhlich ſein können, es auch nicht gern bei Andern ſehen. Hinc illæ lacrimæ! 4. Ganz beſonders wohlthätig fand ich die Turn- übungen bei Skropheln und Bleichſucht, wo ſich raſch eine friſchere Geſichtsfarbe einſtellte, ſo daß beſonders in letzterm Falle bald keine Spur mehr von der frühern Krankheit zu erblicken war. Nur muß ich auch klagen, daß mir der eine und andere Arzt hemmend entgegentrat: eben weil die Mädchen kränklich ſeien, dürften ſie nicht turnen. Während andere Aerzte mir dieſelben aus dem Grunde zuwieſen, weil ſie krank ſeien. 5. Wie nachtheilig der zu frühe Schulbeſuch oft iſt, geht aus folgendem Beiſpiele hervor. Jn Königsberg vermochte ich endlich die mir be- freundeten Eltern eines von ihnen angenommenen Mäd- chens von 6 Jahren, dasſelbe — weil ſchwächlich — turnen zu laſſen. Das Kind, an ſich geſund, war ſchon in die Schule geſchickt worden. Die Folge davon war, daß es die friſche Geſichtsfarbe und die geſunde Eßluſt verlor. Es trat den 10. Februar — 1. Juni 1842 ein, turnte alſo nicht ganz 4 Monate. Die Erfolge waren ſehr erfreulich. Die friſche Geſichtsfarbe kehrte ſofort zurück, und eine Eßluſt, nach dem Ausſpruch der Eltern, die nicht zu ſtillen. Mit dem 1. Juni trat ſie leider wieder aus. Die Eltern meinten, ſie müſſe in die Schule gehen, um etwas zu lernen, der weite Weg nach derſelben wäre Bewegung genug. Das Ende vom Liede war, daß das Mädchen bald wieder kränkelte, gar kei- nen Appetit mehr hatte, und zuletzt bettlägerig wurde. Dieſer Zuſtand dauerte bis zu meiner Abreiſe von Kö- nigsberg, Oſtern 1843. Daß die Eltern nicht Unrecht haben wollen, bedarf wohl keiner Erhärtung, bald ſoll es vom Wachſen ſein, bald ſoll dem Kind eine Krank- heit in den Gliedern ſtecken, und was ſie ſonſt noch für ähnliche Entſchuldigungen haben. Ebenſo bekannt iſt es, Jahrb. d. Turnkunſt. II. 4

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Zitationshilfe: Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 2. Solingen, 1844, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_turnkunst02_1844/77>, abgerufen am 24.11.2024.