[N. N.]: Verbesserungen und Zusätze des Lustspieles Die Geistlichen auf dem Lande in zweien Handlungen. Frankfurt (Main) u. a., 1744.ge Geschichte darin vorkommen, und wir also die Welt* kennen lernen. Doch ich lese die- se anietzo nicht mehr mit so grosser Begierde, weil ich selbst zu viele Erfahrung habe, und ge- witziget bin. Haferstroh. So glauben sie, Herr Pastor, daß wir mit so wenigen können abkommen. Es ist wahr, es giebt Rechtsgelehrte, sonderlich Beamte, deren ganzen Büchervorrath eine mit- telmässige Stärke auf einmal davon tragen kann: ich aber habe noch neulich vor 20. Rthl. von allerhand Art auf einmal erhandelt. Jungesblut. Es kommen ietzo sonderlich vie- le Stachelschriften heraus: und wir haben endlich die so lange gewünschte Zeit, worin man niemandes schonet; auch der Herren Geistlichen nicht. Espritfort. So ist es, ich habe neulich un- ter denen Büchern, so mir der Buchführer, ge- wöhnlichermassen zuschicket, ein sinnreiches Lust- spiel sehr bewundert, es heisset: die Geistlichen auf dem Lande. Treulieb. Es müssen sich auch Personen, von höherem Stande gefallen lassen, ihre Han- delungen auf das sorgfältigste gehässig und ver- dächtig gemachet zu sehen. Solche Beurtheilun- gen fliessen gemeiniglich aus einem neidischen und unzu- * Die Welt kennen lernen, nehmen wir hier in den
Verstand, worin diese Redensart beym Zu- schauer vorkommt: sich nemlich in mancherley Streit und Liebeshändel mischen. ge Geſchichte darin vorkommen, und wir alſo die Welt* kennen lernen. Doch ich leſe die- ſe anietzo nicht mehr mit ſo groſſer Begierde, weil ich ſelbſt zu viele Erfahrung habe, und ge- witziget bin. Haferſtroh. So glauben ſie, Herr Paſtor, daß wir mit ſo wenigen koͤnnen abkommen. Es iſt wahr, es giebt Rechtsgelehrte, ſonderlich Beamte, deren ganzen Buͤchervorrath eine mit- telmaͤſſige Staͤrke auf einmal davon tragen kann: ich aber habe noch neulich vor 20. Rthl. von allerhand Art auf einmal erhandelt. Jungesblut. Es kommen ietzo ſonderlich vie- le Stachelſchriften heraus: und wir haben endlich die ſo lange gewuͤnſchte Zeit, worin man niemandes ſchonet; auch der Herren Geiſtlichen nicht. Eſpritfort. So iſt es, ich habe neulich un- ter denen Buͤchern, ſo mir der Buchfuͤhrer, ge- woͤhnlichermaſſen zuſchicket, ein ſinnreiches Luſt- ſpiel ſehr bewundert, es heiſſet: die Geiſtlichen auf dem Lande. Treulieb. Es muͤſſen ſich auch Perſonen, von hoͤherem Stande gefallen laſſen, ihre Han- delungen auf das ſorgfaͤltigſte gehaͤſſig und ver- daͤchtig gemachet zu ſehen. Solche Beurtheilun- gen flieſſen gemeiniglich aus einem neidiſchen und unzu- * Die Welt kennen lernen, nehmen wir hier in den
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ge Geſchichte darin vorkommen, und wir alſo
die Welt * kennen lernen. Doch ich leſe die-
ſe anietzo nicht mehr mit ſo groſſer Begierde,
weil ich ſelbſt zu viele Erfahrung habe, und ge-
witziget bin.
Haferſtroh. So glauben ſie, Herr Paſtor,
daß wir mit ſo wenigen koͤnnen abkommen. Es
iſt wahr, es giebt Rechtsgelehrte, ſonderlich
Beamte, deren ganzen Buͤchervorrath eine mit-
telmaͤſſige Staͤrke auf einmal davon tragen
kann: ich aber habe noch neulich vor 20. Rthl.
von allerhand Art auf einmal erhandelt.
Jungesblut. Es kommen ietzo ſonderlich vie-
le Stachelſchriften heraus: und wir haben
endlich die ſo lange gewuͤnſchte Zeit, worin man
niemandes ſchonet; auch der Herren Geiſtlichen
nicht.
Eſpritfort. So iſt es, ich habe neulich un-
ter denen Buͤchern, ſo mir der Buchfuͤhrer, ge-
woͤhnlichermaſſen zuſchicket, ein ſinnreiches Luſt-
ſpiel ſehr bewundert, es heiſſet: die Geiſtlichen
auf dem Lande.
Treulieb. Es muͤſſen ſich auch Perſonen,
von hoͤherem Stande gefallen laſſen, ihre Han-
delungen auf das ſorgfaͤltigſte gehaͤſſig und ver-
daͤchtig gemachet zu ſehen. Solche Beurtheilun-
gen flieſſen gemeiniglich aus einem neidiſchen und
unzu-
* Die Welt kennen lernen, nehmen wir hier in den
Verſtand, worin dieſe Redensart beym Zu-
ſchauer vorkommt: ſich nemlich in mancherley
Streit und Liebeshaͤndel miſchen.
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