seyn, die Herder im ersten Theil seiner Volks- lieder mittheilte. Unter den Händen mehrfa- cher Bearbeiter haben sie großentheils ihr na- tionelles Gepräge verloren. Mit einsichtiger Treue lieferte dagegen Fortis in seiner dalma- tischen Reise eine einzelne Probe, jene traurig- schöne Erzählung von der verkannten Gemah- lin Haßan-Agas, die bald darauf dem deut- schen Leser in einer Uebertragung unsres Mei- sters bekannt ward, welche in ihrer großartigen Einfachheit den Umweg durch die italienische oder französische Sprache auf keine Weise ah- nen läßt. In den Jahren 1814 und 15 gab endlich Herr Wuk Stephanowitsch Karad- shitsch, von gelehrten Freunden unterstützt und aufgemuntert, zu Wien zwey Bände Volks- lieder heraus, wie sie ihm theils seit frühster Kindheit im Gedächtniß lebten, wie er sie an- dern Theils mühsam dem Volksmunde abge- lauscht hatte. Selbst Serbe, erfahren in allen Angelegenheiten seines Landes, mit der reg- sten poetischen Empfänglichkeit begabt, aus- gerüstet mit allem Erforderlichen, schien die Natur vor allen Andern ihm diesen Beruf angewiesen zu haben. Wiener Blätter säum-
seyn, die Herder im ersten Theil seiner Volks- lieder mittheilte. Unter den Händen mehrfa- cher Bearbeiter haben sie großentheils ihr na- tionelles Gepräge verloren. Mit einsichtiger Treue lieferte dagegen Fortis in seiner dalma- tischen Reise eine einzelne Probe, jene traurig- schöne Erzählung von der verkannten Gemah- lin Haßan-Agas, die bald darauf dem deut- schen Leser in einer Uebertragung unsres Mei- sters bekannt ward, welche in ihrer großartigen Einfachheit den Umweg durch die italienische oder französische Sprache auf keine Weise ah- nen läßt. In den Jahren 1814 und 15 gab endlich Herr Wuk Stephanowitsch Karad- shitsch, von gelehrten Freunden unterstützt und aufgemuntert, zu Wien zwey Bände Volks- lieder heraus, wie sie ihm theils seit frühster Kindheit im Gedächtniß lebten, wie er sie an- dern Theils mühsam dem Volksmunde abge- lauscht hatte. Selbst Serbe, erfahren in allen Angelegenheiten seines Landes, mit der reg- sten poetischen Empfänglichkeit begabt, aus- gerüstet mit allem Erforderlichen, schien die Natur vor allen Andern ihm diesen Beruf angewiesen zu haben. Wiener Blätter säum-
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[VIII/0012]
seyn, die Herder im ersten Theil seiner Volks-
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cher Bearbeiter haben sie großentheils ihr na-
tionelles Gepräge verloren. Mit einsichtiger
Treue lieferte dagegen Fortis in seiner dalma-
tischen Reise eine einzelne Probe, jene traurig-
schöne Erzählung von der verkannten Gemah-
lin Haßan-Agas, die bald darauf dem deut-
schen Leser in einer Uebertragung unsres Mei-
sters bekannt ward, welche in ihrer großartigen
Einfachheit den Umweg durch die italienische
oder französische Sprache auf keine Weise ah-
nen läßt. In den Jahren 1814 und 15 gab
endlich Herr Wuk Stephanowitsch Karad-
shitsch, von gelehrten Freunden unterstützt und
aufgemuntert, zu Wien zwey Bände Volks-
lieder heraus, wie sie ihm theils seit frühster
Kindheit im Gedächtniß lebten, wie er sie an-
dern Theils mühsam dem Volksmunde abge-
lauscht hatte. Selbst Serbe, erfahren in allen
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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/12>, abgerufen am 23.11.2024.
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