Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Aber sieh, jetzt naht Maxim, der Knabe, 95 Einen Sessel bringt er her, von Silber, Auf den Sessel muß sich Iwan setzen, Ausruhn soll er, und die Stiefeln ausziehn. Aber kaum nun sitzt er auf dem Sessel, Als er mit den Augen seinen Sohn sucht, 100 Und des Knaben Antlitz still betrachtet! O, was muß er sehen! welches Herzleid! Lang' war's her, daß er sein Haus verlassen, Um die Schnur drei volle Jahre werbend; Während dessen war im weißen Shabljack 105 Eine schlimme Krankheit ausgebrochen, Schmerzenskrankheit, böses Gift der Blattern. Auch den Sohn Maxim hat sie ergriffen, Hat ihm schlimm entstellt das schöne Antlitz, Daß nun gelblich bunt die rothen Wangen, 110 Daß nun schwarz erscheint das weiße Antlitz, Schwarz und narbenvoll und ganz zerrissen. Ja, ich schwör' es Euch, es will die Sage, Häßlicher sey Keiner noch gesehen! Da kam plötzlich in den Sinn dem Iwan, 115 Welch ein Wort er scheidend hinterlassen, Bei den neuerworb'nen Anverwandten: Unter allen seinen tausend Helden, Solle keiner schöner, als Maxim seyn! Und nun häßlicher, fürwahr! ist Keiner! 120 Unmuthsvoll ward dessen seine Seele, Finstre Falten deckten seine Stirne, Aber sieh, jetzt naht Maxim, der Knabe, 95 Einen Sessel bringt er her, von Silber, Auf den Sessel muß sich Iwan setzen, Ausruhn soll er, und die Stiefeln ausziehn. Aber kaum nun sitzt er auf dem Sessel, Als er mit den Augen seinen Sohn sucht, 100 Und des Knaben Antlitz still betrachtet! O, was muß er sehen! welches Herzleid! Lang' war's her, daß er sein Haus verlassen, Um die Schnur drei volle Jahre werbend; Während dessen war im weißen Shabljack 105 Eine schlimme Krankheit ausgebrochen, Schmerzenskrankheit, böses Gift der Blattern. Auch den Sohn Maxim hat sie ergriffen, Hat ihm schlimm entstellt das schöne Antlitz, Daß nun gelblich bunt die rothen Wangen, 110 Daß nun schwarz erscheint das weiße Antlitz, Schwarz und narbenvoll und ganz zerrissen. Ja, ich schwör' es Euch, es will die Sage, Häßlicher sey Keiner noch gesehen! Da kam plötzlich in den Sinn dem Iwan, 115 Welch ein Wort er scheidend hinterlassen, Bei den neuerworb'nen Anverwandten: Unter allen seinen tausend Helden, Solle keiner schöner, als Maxim seyn! Und nun häßlicher, fürwahr! ist Keiner! 120 Unmuthsvoll ward dessen seine Seele, Finstre Falten deckten seine Stirne, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0141" n="75"/> <lg> <l>Aber sieh, jetzt naht Maxim, der Knabe, <note place="right">95</note></l><lb/> <l>Einen Sessel bringt er her, von Silber,</l><lb/> <l>Auf den Sessel muß sich Iwan setzen,</l><lb/> <l>Ausruhn soll er, und die Stiefeln ausziehn.</l><lb/> <l>Aber kaum nun sitzt er auf dem Sessel,</l><lb/> <l>Als er mit den Augen seinen Sohn sucht, <note place="right">100</note></l><lb/> <l>Und des Knaben Antlitz still betrachtet!</l><lb/> <l>O, was muß er sehen! welches Herzleid!</l><lb/> <l>Lang' war's her, daß er sein Haus verlassen,</l><lb/> <l> Um die Schnur drei volle Jahre werbend;</l><lb/> <l>Während dessen war im weißen Shabljack <note place="right">105</note></l><lb/> <l>Eine schlimme Krankheit ausgebrochen,</l><lb/> <l>Schmerzenskrankheit, böses Gift der Blattern.</l><lb/> <l>Auch den Sohn Maxim hat sie ergriffen,</l><lb/> <l>Hat ihm schlimm entstellt das schöne Antlitz,</l><lb/> <l>Daß nun gelblich bunt die rothen Wangen, <note place="right">110</note></l><lb/> <l>Daß nun schwarz erscheint das weiße Antlitz,</l><lb/> <l>Schwarz und narbenvoll und ganz zerrissen.</l><lb/> <l>Ja, ich schwör' es Euch, es will die Sage,</l><lb/> <l>Häßlicher sey Keiner noch gesehen!</l> </lg><lb/> <lg> <l>Da kam plötzlich in den Sinn dem Iwan, <note place="right">115</note></l><lb/> <l>Welch ein Wort er scheidend hinterlassen,</l><lb/> <l>Bei den neuerworb'nen Anverwandten:</l><lb/> <l>Unter allen seinen tausend Helden,</l><lb/> <l>Solle keiner schöner, als Maxim seyn!</l><lb/> <l>Und nun häßlicher, fürwahr! ist Keiner! <note place="right">120</note></l><lb/> <l>Unmuthsvoll ward dessen seine Seele,</l><lb/> <l>Finstre Falten deckten seine Stirne,</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0141]
Aber sieh, jetzt naht Maxim, der Knabe,
Einen Sessel bringt er her, von Silber,
Auf den Sessel muß sich Iwan setzen,
Ausruhn soll er, und die Stiefeln ausziehn.
Aber kaum nun sitzt er auf dem Sessel,
Als er mit den Augen seinen Sohn sucht,
Und des Knaben Antlitz still betrachtet!
O, was muß er sehen! welches Herzleid!
Lang' war's her, daß er sein Haus verlassen,
Um die Schnur drei volle Jahre werbend;
Während dessen war im weißen Shabljack
Eine schlimme Krankheit ausgebrochen,
Schmerzenskrankheit, böses Gift der Blattern.
Auch den Sohn Maxim hat sie ergriffen,
Hat ihm schlimm entstellt das schöne Antlitz,
Daß nun gelblich bunt die rothen Wangen,
Daß nun schwarz erscheint das weiße Antlitz,
Schwarz und narbenvoll und ganz zerrissen.
Ja, ich schwör' es Euch, es will die Sage,
Häßlicher sey Keiner noch gesehen!
Da kam plötzlich in den Sinn dem Iwan,
Welch ein Wort er scheidend hinterlassen,
Bei den neuerworb'nen Anverwandten:
Unter allen seinen tausend Helden,
Solle keiner schöner, als Maxim seyn!
Und nun häßlicher, fürwahr! ist Keiner!
Unmuthsvoll ward dessen seine Seele,
Finstre Falten deckten seine Stirne,
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Zitationshilfe: | Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/141>, abgerufen am 17.06.2024. |