Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Schnell stand Wuk auf seinen leichten Füßen. Armausbreitend, sich die Wangen küssend, Fragten sie nach ihrem Heldenwohlseyn. 105 Und sie saßen, kühlen Wein zu trinken; Aber als sie voll des Weines waren, Da begann der Christ also zu sprechen: "Hör', o Türke, Fahnenträger Sukan! Heiße jetzo Deine treue Gattin, 110 Mantelkapp' und Schleier einmal lüften. Daß ich schau ihr blendend weißes Antlitz, Ob es wohl auch ist für einen Christen?" -- Sukan hieß es drauf der treuen Gattin. Schleier da und Mantelkappe lüftend, 115 Zeigte offen sie das weiße Antlitz, Das, der warmen Sonne gleich, erglänzte. Als der Wuk Jerinitsch jetzt erschaute, Wie so wunderschön die junge Türkin, Da begann das Herz ihm so zu hüpfen, 120 Daß die Brustbeschläge leis' erklangen, Auf dem Haupt die goldene Tschelenka. Drauf begann der Fahnenträger Sukan: "Christenschuft, o Wuk von Sebeniko! Heiß' auch Du nun Deine liebe Schwester, 125 Ab das goldne Schleiertuch jetzt nehmen, Daß auch ich ihr weißes Antlitz schaue, Ob die Christin ist für einen Türken? Schnell stand Wuk auf seinen leichten Füßen. Armausbreitend, sich die Wangen küssend, Fragten sie nach ihrem Heldenwohlseyn. 105 Und sie saßen, kühlen Wein zu trinken; Aber als sie voll des Weines waren, Da begann der Christ also zu sprechen: „Hör', o Türke, Fahnenträger Sukan! Heiße jetzo Deine treue Gattin, 110 Mantelkapp' und Schleier einmal lüften. Daß ich schau ihr blendend weißes Antlitz, Ob es wohl auch ist für einen Christen?“ — Sukan hieß es drauf der treuen Gattin. Schleier da und Mantelkappe lüftend, 115 Zeigte offen sie das weiße Antlitz, Das, der warmen Sonne gleich, erglänzte. Als der Wuk Jerinitsch jetzt erschaute, Wie so wunderschön die junge Türkin, Da begann das Herz ihm so zu hüpfen, 120 Daß die Brustbeschläge leis' erklangen, Auf dem Haupt die goldene Tschelenka. Drauf begann der Fahnenträger Sukan: „Christenschuft, o Wuk von Sebeniko! Heiß' auch Du nun Deine liebe Schwester, 125 Ab das goldne Schleiertuch jetzt nehmen, Daß auch ich ihr weißes Antlitz schaue, Ob die Christin ist für einen Türken? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0221" n="155"/> <lg> <l>Schnell stand Wuk auf seinen leichten Füßen.</l><lb/> <l>Armausbreitend, sich die Wangen küssend,</l><lb/> <l>Fragten sie nach ihrem Heldenwohlseyn. <note place="right">105</note></l> </lg><lb/> <lg> <l>Und sie saßen, kühlen Wein zu trinken;</l><lb/> <l>Aber als sie voll des Weines waren,</l><lb/> <l>Da begann der Christ also zu sprechen:</l> </lg><lb/> <lg> <l>„Hör', o Türke, Fahnenträger Sukan!</l><lb/> <l>Heiße jetzo Deine treue Gattin, <note place="right">110</note></l><lb/> <l>Mantelkapp' und Schleier einmal lüften.</l><lb/> <l>Daß ich schau ihr blendend weißes Antlitz,</l><lb/> <l>Ob es wohl auch ist für einen Christen?“ —</l><lb/> <l>Sukan hieß es drauf der treuen Gattin.</l><lb/> <l>Schleier da und Mantelkappe lüftend, <note place="right">115</note></l><lb/> <l>Zeigte offen sie das weiße Antlitz,</l><lb/> <l>Das, der warmen Sonne gleich, erglänzte.</l><lb/> <l>Als der Wuk Jerinitsch jetzt erschaute,</l><lb/> <l>Wie so wunderschön die junge Türkin,</l><lb/> <l>Da begann das Herz ihm so zu hüpfen, <note place="right">120</note></l><lb/> <l>Daß die Brustbeschläge leis' erklangen,</l><lb/> <l>Auf dem Haupt die goldene Tschelenka.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Drauf begann der Fahnenträger Sukan:</l><lb/> <l>„Christenschuft, o Wuk von Sebeniko!</l><lb/> <l>Heiß' auch Du nun Deine liebe Schwester, <note place="right">125</note></l><lb/> <l>Ab das goldne Schleiertuch jetzt nehmen,</l><lb/> <l>Daß auch ich ihr weißes Antlitz schaue,</l><lb/> <l>Ob die Christin ist für einen Türken?</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [155/0221]
Schnell stand Wuk auf seinen leichten Füßen.
Armausbreitend, sich die Wangen küssend,
Fragten sie nach ihrem Heldenwohlseyn.
Und sie saßen, kühlen Wein zu trinken;
Aber als sie voll des Weines waren,
Da begann der Christ also zu sprechen:
„Hör', o Türke, Fahnenträger Sukan!
Heiße jetzo Deine treue Gattin,
Mantelkapp' und Schleier einmal lüften.
Daß ich schau ihr blendend weißes Antlitz,
Ob es wohl auch ist für einen Christen?“ —
Sukan hieß es drauf der treuen Gattin.
Schleier da und Mantelkappe lüftend,
Zeigte offen sie das weiße Antlitz,
Das, der warmen Sonne gleich, erglänzte.
Als der Wuk Jerinitsch jetzt erschaute,
Wie so wunderschön die junge Türkin,
Da begann das Herz ihm so zu hüpfen,
Daß die Brustbeschläge leis' erklangen,
Auf dem Haupt die goldene Tschelenka.
Drauf begann der Fahnenträger Sukan:
„Christenschuft, o Wuk von Sebeniko!
Heiß' auch Du nun Deine liebe Schwester,
Ab das goldne Schleiertuch jetzt nehmen,
Daß auch ich ihr weißes Antlitz schaue,
Ob die Christin ist für einen Türken?
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-05-30T17:55:01Z)
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |