Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Als das schöne Mädchen dieß vernommen, 105 Nieder sinkt sie auf die schwarze Erde. Kommen alle, sie empor zu richten, Ganz zuletzt der alte Mustaph-Aga. Keiner kann sie von dem Boden heben; Aber als der Suko nun herbei kömmt, 110 In die Erde stößt er seine Fahne, Schnell dem Mädchen seine Rechte reichend. Sieh, von selbst erhebt sich da die Jungfrau, Und auf's Roß sich hinter Suko setzend, Lenkt der Jüngling rasch sein Roß feldeinwärts. 115 Fliehend jagt er durch die offne Eb'ne, Wie ein Stern am hellen Himmel hinfliegt. Als der Greis dieß sahe, Mustaph-Aga, Schrie er mit vor Zorn erstickter Stimme: "Seht Ihr zu, geschmückte Hochzeitgäste! 120 Wie der Räuber mir mein Mädchen wegträgt? Seht Ihr's an, ohn' ihm es zu entreißen?" -- Eines Ruf's versetzten die Begleiter: "Mag der Habicht fort die Wachtel tragen, Fort sie tragen, die für ihn geboren! 125 Aber Du, geh' nach dem weißen Hofe, Nicht für Dich erblühte solch ein Mädchen!" Als das schöne Mädchen dieß vernommen, 105 Nieder sinkt sie auf die schwarze Erde. Kommen alle, sie empor zu richten, Ganz zuletzt der alte Mustaph-Aga. Keiner kann sie von dem Boden heben; Aber als der Suko nun herbei kömmt, 110 In die Erde stößt er seine Fahne, Schnell dem Mädchen seine Rechte reichend. Sieh, von selbst erhebt sich da die Jungfrau, Und auf's Roß sich hinter Suko setzend, Lenkt der Jüngling rasch sein Roß feldeinwärts. 115 Fliehend jagt er durch die offne Eb'ne, Wie ein Stern am hellen Himmel hinfliegt. Als der Greis dieß sahe, Mustaph-Aga, Schrie er mit vor Zorn erstickter Stimme: „Seht Ihr zu, geschmückte Hochzeitgäste! 120 Wie der Räuber mir mein Mädchen wegträgt? Seht Ihr's an, ohn' ihm es zu entreißen?“ — Eines Ruf's versetzten die Begleiter: „Mag der Habicht fort die Wachtel tragen, Fort sie tragen, die für ihn geboren! 125 Aber Du, geh' nach dem weißen Hofe, Nicht für Dich erblühte solch ein Mädchen!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0235" n="169"/> <lg> <l>Als das schöne Mädchen dieß vernommen, <note place="right">105</note></l><lb/> <l>Nieder sinkt sie auf die schwarze Erde.</l><lb/> <l>Kommen alle, sie empor zu richten,</l><lb/> <l>Ganz zuletzt der alte Mustaph-Aga.</l><lb/> <l>Keiner kann sie von dem Boden heben;</l><lb/> <l>Aber als der Suko nun herbei kömmt, <note place="right">110</note></l><lb/> <l>In die Erde stößt er seine Fahne,</l><lb/> <l>Schnell dem Mädchen seine Rechte reichend.</l><lb/> <l>Sieh, von selbst erhebt sich da die Jungfrau,</l><lb/> <l>Und auf's Roß sich hinter Suko setzend,</l><lb/> <l>Lenkt der Jüngling rasch sein Roß feldeinwärts. <note place="right">115</note></l><lb/> <l>Fliehend jagt er durch die offne Eb'ne,</l><lb/> <l>Wie ein Stern am hellen Himmel hinfliegt.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Als der Greis dieß sahe, Mustaph-Aga,</l><lb/> <l>Schrie er mit vor Zorn erstickter Stimme:</l><lb/> <l>„Seht Ihr zu, geschmückte Hochzeitgäste! <note place="right">120</note></l><lb/> <l>Wie der Räuber mir mein Mädchen wegträgt?</l><lb/> <l>Seht Ihr's an, ohn' ihm es zu entreißen?“ —</l> </lg><lb/> <lg> <l>Eines Ruf's versetzten die Begleiter:</l><lb/> <l>„Mag der Habicht fort die Wachtel tragen,</l><lb/> <l>Fort sie tragen, die für ihn geboren! <note place="right">125</note></l><lb/> <l>Aber Du, geh' nach dem weißen Hofe,</l><lb/> <l>Nicht für Dich erblühte solch ein Mädchen!“</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [169/0235]
Als das schöne Mädchen dieß vernommen,
Nieder sinkt sie auf die schwarze Erde.
Kommen alle, sie empor zu richten,
Ganz zuletzt der alte Mustaph-Aga.
Keiner kann sie von dem Boden heben;
Aber als der Suko nun herbei kömmt,
In die Erde stößt er seine Fahne,
Schnell dem Mädchen seine Rechte reichend.
Sieh, von selbst erhebt sich da die Jungfrau,
Und auf's Roß sich hinter Suko setzend,
Lenkt der Jüngling rasch sein Roß feldeinwärts.
Fliehend jagt er durch die offne Eb'ne,
Wie ein Stern am hellen Himmel hinfliegt.
Als der Greis dieß sahe, Mustaph-Aga,
Schrie er mit vor Zorn erstickter Stimme:
„Seht Ihr zu, geschmückte Hochzeitgäste!
Wie der Räuber mir mein Mädchen wegträgt?
Seht Ihr's an, ohn' ihm es zu entreißen?“ —
Eines Ruf's versetzten die Begleiter:
„Mag der Habicht fort die Wachtel tragen,
Fort sie tragen, die für ihn geboren!
Aber Du, geh' nach dem weißen Hofe,
Nicht für Dich erblühte solch ein Mädchen!“
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