Mahlzeit hielt mit seiner Mutter Marko, Da begann zu ihm die Mutter also: "Sieh', mein Söhnchen, Königssprosse Marko! Deine Mutter, nun zur Greisin worden, Kann nicht mehr die Mahlzeit Dir bereiten, 5 Kann nicht mehr den schwarzen Wein credenzen, Kann nicht mehr Dir mit der Fackel leuchten: Wolle, bester Sohn, Dich doch vermählen. 10 Daß ich, mich ersetzt zu seh'n, erlebe!"
Marko drauf entgegnete der Greisin: "Ja, beim Himmel! meine alte Mutter, Bin ich doch bereits neun Königreiche, Und das ganze Sultansreich durchstrichen; 15 Aber wo für mich ich fand ein Mädchen, Dir nicht ziemend fand ich da die Freundschaft; Und wo Dir sich die Verwandtschaft ziemte, Da war wieder mir nicht recht das Mädchen. Außer Einer, liebe alte Mutter! 20 An dem Hofe Schismanins, des Königs, Schismanins, des Königs der Bulgaren, Fand ich einst sie am Cisternenwasser. Als ich sie erblickte, liebe Mutter, Drehten um mich her sich Gras und Kräuter.
Heirath des Königsohnes Marko.
Mahlzeit hielt mit seiner Mutter Marko, Da begann zu ihm die Mutter also: „Sieh', mein Söhnchen, Königssprosse Marko! Deine Mutter, nun zur Greisin worden, Kann nicht mehr die Mahlzeit Dir bereiten, 5 Kann nicht mehr den schwarzen Wein credenzen, Kann nicht mehr Dir mit der Fackel leuchten: Wolle, bester Sohn, Dich doch vermählen. 10 Daß ich, mich ersetzt zu seh'n, erlebe!“
Marko drauf entgegnete der Greisin: „Ja, beim Himmel! meine alte Mutter, Bin ich doch bereits neun Königreiche, Und das ganze Sultansreich durchstrichen; 15 Aber wo für mich ich fand ein Mädchen, Dir nicht ziemend fand ich da die Freundschaft; Und wo Dir sich die Verwandtschaft ziemte, Da war wieder mir nicht recht das Mädchen. Außer Einer, liebe alte Mutter! 20 An dem Hofe Schismanins, des Königs, Schismanins, des Königs der Bulgaren, Fand ich einst sie am Cisternenwasser. Als ich sie erblickte, liebe Mutter, Drehten um mich her sich Gras und Kräuter.
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Heirath des Königsohnes Marko.
Mahlzeit hielt mit seiner Mutter Marko,
Da begann zu ihm die Mutter also:
„Sieh', mein Söhnchen, Königssprosse Marko!
Deine Mutter, nun zur Greisin worden,
Kann nicht mehr die Mahlzeit Dir bereiten,
Kann nicht mehr den schwarzen Wein credenzen,
Kann nicht mehr Dir mit der Fackel leuchten:
Wolle, bester Sohn, Dich doch vermählen.
Daß ich, mich ersetzt zu seh'n, erlebe!“
Marko drauf entgegnete der Greisin:
„Ja, beim Himmel! meine alte Mutter,
Bin ich doch bereits neun Königreiche,
Und das ganze Sultansreich durchstrichen;
Aber wo für mich ich fand ein Mädchen,
Dir nicht ziemend fand ich da die Freundschaft;
Und wo Dir sich die Verwandtschaft ziemte,
Da war wieder mir nicht recht das Mädchen.
Außer Einer, liebe alte Mutter!
An dem Hofe Schismanins, des Königs,
Schismanins, des Königs der Bulgaren,
Fand ich einst sie am Cisternenwasser.
Als ich sie erblickte, liebe Mutter,
Drehten um mich her sich Gras und Kräuter.
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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/252>, abgerufen am 16.02.2025.
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