Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Sprach er so zum Boten, zum Tataren: "Geh' zurück, Tatar, Du Sultansbote! Gehe, sage meiner hohen Mutter, 135 Nicht wagt' ich den Mohren aufzusuchen, Der ein starker Held ist auf dem Kampfplatz. Von den Schultern haut er mir das Haupt ab, Und viel lieber ist mem blonder Kopf pur, Als das Gold des ganzen Sultanshofes!" -- 140 Und es kehret der Tatar zurücke, Bringt der Sultanin dieß Wort als Botschaft. Als die Sultanstochter es vernommen, Springt die Jungfrau auf die leichten Füße, Feder und Papier nimmt sie zu Handen, 145 In's Gesicht sticht sie sich mit der Feder, Und das Blut aus ihrer Wange träufelnd, Schreibt damit sie so dem Helden Marko: "Du in Gott mein Bruder, edler Marko! Bruder grüß ich Dich beim höchsten Gotte, 150 Pathe auch bei dem wahrhaft'gen Gotte, Und beim Haupte Eures St. Johannes! Ueberlaß mich nicht dem schwarzen Mohren! Sieh', ich geb' Dir sieben Lasten Goldes! Geb' Dir siebenfachen Unteranzug, 22)155 Nicht gewebet und auch nicht gesponnen, Sondern ganz aus echtem Gold' gegossen. Gebe Dir auch einen goldnen Eßtisch, Um den Eßtisch flicht sich eine Schlange, Die, das Haupt emporgerichtet haltend, 160 Sprach er so zum Boten, zum Tataren: „Geh' zurück, Tatar, Du Sultansbote! Gehe, sage meiner hohen Mutter, 135 Nicht wagt' ich den Mohren aufzusuchen, Der ein starker Held ist auf dem Kampfplatz. Von den Schultern haut er mir das Haupt ab, Und viel lieber ist mem blonder Kopf pur, Als das Gold des ganzen Sultanshofes!“ — 140 Und es kehret der Tatar zurücke, Bringt der Sultanin dieß Wort als Botschaft. Als die Sultanstochter es vernommen, Springt die Jungfrau auf die leichten Füße, Feder und Papier nimmt sie zu Handen, 145 In's Gesicht sticht sie sich mit der Feder, Und das Blut aus ihrer Wange träufelnd, Schreibt damit sie so dem Helden Marko: „Du in Gott mein Bruder, edler Marko! Bruder grüß ich Dich beim höchsten Gotte, 150 Pathe auch bei dem wahrhaft'gen Gotte, Und beim Haupte Eures St. Johannes! Ueberlaß mich nicht dem schwarzen Mohren! Sieh', ich geb' Dir sieben Lasten Goldes! Geb' Dir siebenfachen Unteranzug, 22)155 Nicht gewebet und auch nicht gesponnen, Sondern ganz aus echtem Gold' gegossen. Gebe Dir auch einen goldnen Eßtisch, Um den Eßtisch flicht sich eine Schlange, Die, das Haupt emporgerichtet haltend, 160 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0295" n="229"/> <lg> <l>Sprach er so zum Boten, zum Tataren:</l><lb/> <l>„Geh' zurück, Tatar, Du Sultansbote!</l><lb/> <l>Gehe, sage meiner hohen Mutter, <note place="right">135</note></l><lb/> <l>Nicht wagt' ich den Mohren aufzusuchen,</l><lb/> <l>Der ein starker Held ist auf dem Kampfplatz.</l><lb/> <l>Von den Schultern haut er mir das Haupt ab,</l><lb/> <l>Und viel lieber ist mem blonder Kopf pur,</l><lb/> <l>Als das Gold des ganzen Sultanshofes!“ — <note place="right">140</note></l> </lg><lb/> <lg> <l>Und es kehret der Tatar zurücke,</l><lb/> <l>Bringt der Sultanin dieß Wort als Botschaft.</l><lb/> <l>Als die Sultanstochter es vernommen,</l><lb/> <l>Springt die Jungfrau auf die leichten Füße,</l><lb/> <l>Feder und Papier nimmt sie zu Handen, <note place="right">145</note></l><lb/> <l>In's Gesicht sticht sie sich mit der Feder,</l><lb/> <l>Und das Blut aus ihrer Wange träufelnd,</l><lb/> <l>Schreibt damit sie so dem Helden Marko:</l><lb/> <l>„Du in Gott mein Bruder, edler Marko!</l><lb/> <l>Bruder grüß ich Dich beim höchsten Gotte, <note place="right">150</note></l><lb/> <l>Pathe auch bei dem wahrhaft'gen Gotte,</l><lb/> <l>Und beim Haupte Eures St. Johannes!</l><lb/> <l>Ueberlaß mich nicht dem schwarzen Mohren!</l><lb/> <l>Sieh', ich geb' Dir sieben Lasten Goldes!</l><lb/> <l>Geb' Dir siebenfachen Unteranzug, <note xml:id="ed22" n="22)" place="end" next="#edt22"/><note place="right">155</note></l><lb/> <l>Nicht gewebet und auch nicht gesponnen,</l><lb/> <l>Sondern ganz aus echtem Gold' gegossen.</l><lb/> <l>Gebe Dir auch einen goldnen Eßtisch,</l><lb/> <l>Um den Eßtisch flicht sich eine Schlange,</l><lb/> <l>Die, das Haupt emporgerichtet haltend, <note place="right">160</note></l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [229/0295]
Sprach er so zum Boten, zum Tataren:
„Geh' zurück, Tatar, Du Sultansbote!
Gehe, sage meiner hohen Mutter,
Nicht wagt' ich den Mohren aufzusuchen,
Der ein starker Held ist auf dem Kampfplatz.
Von den Schultern haut er mir das Haupt ab,
Und viel lieber ist mem blonder Kopf pur,
Als das Gold des ganzen Sultanshofes!“ —
Und es kehret der Tatar zurücke,
Bringt der Sultanin dieß Wort als Botschaft.
Als die Sultanstochter es vernommen,
Springt die Jungfrau auf die leichten Füße,
Feder und Papier nimmt sie zu Handen,
In's Gesicht sticht sie sich mit der Feder,
Und das Blut aus ihrer Wange träufelnd,
Schreibt damit sie so dem Helden Marko:
„Du in Gott mein Bruder, edler Marko!
Bruder grüß ich Dich beim höchsten Gotte,
Pathe auch bei dem wahrhaft'gen Gotte,
Und beim Haupte Eures St. Johannes!
Ueberlaß mich nicht dem schwarzen Mohren!
Sieh', ich geb' Dir sieben Lasten Goldes!
Geb' Dir siebenfachen Unteranzug,
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Nicht gewebet und auch nicht gesponnen,
Sondern ganz aus echtem Gold' gegossen.
Gebe Dir auch einen goldnen Eßtisch,
Um den Eßtisch flicht sich eine Schlange,
Die, das Haupt emporgerichtet haltend,
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Zitationshilfe: | Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/295>, abgerufen am 26.06.2024. |