Talvj, Volkslieder der Serben, 182519)
genblick an, wo sich bei uns ihrer zwei in den Finger ge- schnitten, etliche Tropfen von ihrem Blute in einen Becher laufen lassen, die Spitzen ihrer Dolche darin getaucht, zum Munde gebracht und abgeschlürft haben, von diesem Augen- blick an ist nichts in der Welt, das sie wieder trennen könn- te. Aber mehr als höchstens drei auf einmal dürfen diesen Bund nicht mit einander beschwören. Denn wir sind der Meinung, eine unter vielen getheilte Freundschaft könne un- möglich die gehörige Innigkeit und Stärke haben." -- Gelehrten Kennern bleibe es überlassen, diesen Ge- brauch mit denen unsrer Serben in Zusammenhang zu brin- gen. Ich bemerke nur, daß der Bund bei ihnen auf christ- lichere Weise ohne Wunde und Blut geschlossen wird, dessen letztern Verlust und Vermischung jedoch nach Herodot und verschiednen römischen Historikern, unter den Scythen über- haupt zum feierlichen Abschluß jedes Bündnisses nöthig war. 20) Und den starken Kolben an die andere. topus, busdowan, busdohan. Keule, Kolben. Eine gewöhnliche Waffe der alten Serben. Sie war von Holz, hatte einen Stiel, und regelmäßige tiefe Einschnitte, oder Furchen. Die erhabnen, mit Eisen beschlagnen Stellen heißen pera, Federn. 21) Alter Sultan! gieb heraus das Mädchen! Der Mohr bedient sich hier der häufig vorkommenden, aber ganz unübersetzbaren Interjektien: more! (auch grie- chisch). Ein verächtlicher Ausruf, den sich der Höhere, Stolze gegen den verachteten Niedrern erlaubt. Es wird gezweifelt, ob es ein türkisches Wort ist, oder zum griechi- schen, du Narr! Thor! bedeutenden ähnlichen Worte gehört. -- Ihm verwandt ist das gebietende: bre! 19)
genblick an, wo sich bei uns ihrer zwei in den Finger ge- schnitten, etliche Tropfen von ihrem Blute in einen Becher laufen lassen, die Spitzen ihrer Dolche darin getaucht, zum Munde gebracht und abgeschlürft haben, von diesem Augen- blick an ist nichts in der Welt, das sie wieder trennen könn- te. Aber mehr als höchstens drei auf einmal dürfen diesen Bund nicht mit einander beschwören. Denn wir sind der Meinung, eine unter vielen getheilte Freundschaft könne un- möglich die gehörige Innigkeit und Stärke haben.“ — Gelehrten Kennern bleibe es überlassen, diesen Ge- brauch mit denen unsrer Serben in Zusammenhang zu brin- gen. Ich bemerke nur, daß der Bund bei ihnen auf christ- lichere Weise ohne Wunde und Blut geschlossen wird, dessen letztern Verlust und Vermischung jedoch nach Herodot und verschiednen römischen Historikern, unter den Scythen über- haupt zum feierlichen Abschluß jedes Bündnisses nöthig war. 20) Und den starken Kolben an die andere. topus, busdowan, busdohan. Keule, Kolben. Eine gewöhnliche Waffe der alten Serben. Sie war von Holz, hatte einen Stiel, und regelmäßige tiefe Einschnitte, oder Furchen. Die erhabnen, mit Eisen beschlagnen Stellen heißen pera, Federn. 21) Alter Sultan! gieb heraus das Mädchen! Der Mohr bedient sich hier der häufig vorkommenden, aber ganz unübersetzbaren Interjektien: more! (auch grie- chisch). Ein verächtlicher Ausruf, den sich der Höhere, Stolze gegen den verachteten Niedrern erlaubt. Es wird gezweifelt, ob es ein türkisches Wort ist, oder zum griechi- schen, du Narr! Thor! bedeutenden ähnlichen Worte gehört. — Ihm verwandt ist das gebietende: bré! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <note xml:id="edt19" prev="#ed19" place="end" n="19)"> <p><pb facs="#f0350" n="284"/> genblick an, wo sich bei uns ihrer zwei in den Finger ge-<lb/> schnitten, etliche Tropfen von ihrem Blute in einen Becher<lb/> laufen lassen, die Spitzen ihrer Dolche darin getaucht, zum<lb/> Munde gebracht und abgeschlürft haben, von diesem Augen-<lb/> blick an ist nichts in der Welt, das sie wieder trennen könn-<lb/> te. Aber mehr als höchstens drei auf einmal dürfen diesen<lb/> Bund nicht mit einander beschwören. Denn wir sind der<lb/> Meinung, eine unter vielen getheilte Freundschaft könne un-<lb/> möglich die gehörige Innigkeit und Stärke haben.“ —<lb/> Gelehrten Kennern bleibe es überlassen, diesen Ge-<lb/> brauch mit denen unsrer Serben in Zusammenhang zu brin-<lb/> gen. Ich bemerke nur, daß der Bund bei ihnen auf christ-<lb/> lichere Weise ohne Wunde und Blut geschlossen wird, dessen<lb/> letztern Verlust und Vermischung jedoch nach Herodot und<lb/> verschiednen römischen Historikern, unter den Scythen über-<lb/> haupt zum feierlichen Abschluß jedes Bündnisses nöthig war.</p> </note><lb/> <note xml:id="edt20" prev="#ed20" place="end" n="20)"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Und den starken Kolben an die andere</hi>.</hi><lb/> <p><hi rendition="#aq">topus, busdowan, busdohan.</hi> Keule, Kolben.<lb/> Eine gewöhnliche Waffe der alten Serben. Sie war von<lb/> Holz, hatte einen Stiel, und regelmäßige tiefe Einschnitte,<lb/> oder Furchen. Die erhabnen, mit Eisen beschlagnen Stellen<lb/> heißen <hi rendition="#aq">pera,</hi> Federn.</p> </note><lb/> <note xml:id="edt21" prev="#ed21" place="end" n="21)"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Alter Sultan! gieb heraus das Mädchen!</hi> </hi><lb/> <p>Der Mohr bedient sich hier der häufig vorkommenden,<lb/> aber ganz unübersetzbaren Interjektien: <hi rendition="#aq">more!</hi> (auch grie-<lb/> chisch). Ein verächtlicher Ausruf, den sich der Höhere,<lb/> Stolze gegen den verachteten Niedrern erlaubt. Es wird<lb/> gezweifelt, ob es ein türkisches Wort ist, oder zum griechi-<lb/> schen, du Narr! Thor! bedeutenden ähnlichen Worte gehört.<lb/> — Ihm verwandt ist das gebietende: <hi rendition="#aq">bré!</hi></p> </note><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [284/0350]
¹⁹⁾ genblick an, wo sich bei uns ihrer zwei in den Finger ge-
schnitten, etliche Tropfen von ihrem Blute in einen Becher
laufen lassen, die Spitzen ihrer Dolche darin getaucht, zum
Munde gebracht und abgeschlürft haben, von diesem Augen-
blick an ist nichts in der Welt, das sie wieder trennen könn-
te. Aber mehr als höchstens drei auf einmal dürfen diesen
Bund nicht mit einander beschwören. Denn wir sind der
Meinung, eine unter vielen getheilte Freundschaft könne un-
möglich die gehörige Innigkeit und Stärke haben.“ —
Gelehrten Kennern bleibe es überlassen, diesen Ge-
brauch mit denen unsrer Serben in Zusammenhang zu brin-
gen. Ich bemerke nur, daß der Bund bei ihnen auf christ-
lichere Weise ohne Wunde und Blut geschlossen wird, dessen
letztern Verlust und Vermischung jedoch nach Herodot und
verschiednen römischen Historikern, unter den Scythen über-
haupt zum feierlichen Abschluß jedes Bündnisses nöthig war.
²⁰⁾ Und den starken Kolben an die andere.
topus, busdowan, busdohan. Keule, Kolben.
Eine gewöhnliche Waffe der alten Serben. Sie war von
Holz, hatte einen Stiel, und regelmäßige tiefe Einschnitte,
oder Furchen. Die erhabnen, mit Eisen beschlagnen Stellen
heißen pera, Federn.
²¹⁾ Alter Sultan! gieb heraus das Mädchen!
Der Mohr bedient sich hier der häufig vorkommenden,
aber ganz unübersetzbaren Interjektien: more! (auch grie-
chisch). Ein verächtlicher Ausruf, den sich der Höhere,
Stolze gegen den verachteten Niedrern erlaubt. Es wird
gezweifelt, ob es ein türkisches Wort ist, oder zum griechi-
schen, du Narr! Thor! bedeutenden ähnlichen Worte gehört.
— Ihm verwandt ist das gebietende: bré!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-05-30T17:55:01Z)
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |