aber Cantacuzeno nach der verlornen Schlacht bey Gynöcola- strum, 1342, sich ihm, mit edelmüthigem Vertrauen, in die Arme warf, siegte auf kurze Zeit ein großherziges Gefühl in ihm. Er nahm ihn mit den größten Ehrenbezeugungen auf; theils von Cantacuzenos Persönlichkeit bezwungen, theils auf feiner Gemahlin Zureden sicherte er ihm uneigennützige Hülfe zu. Der Kaiserin Anna wiederholte erniedrigende Anträge, für glänzende Vortheile den Gast mit Gift umzubringen, wurden mit dem höchsten Zorne, und gänzlicher Verachtung zurückge- wiesen, und kaum konnten die Gesandten das Völkerrecht vor der Wuth der empörten serbischen Edeln schützen. Dennoch zeigte sich auch Duschan nicht so thätig zu Cantacuzenos Gun- sten, als dieser es erwartete; Mißtrauen auf der einen, Em- pfindlichkeit darüber und Eigennutz auf der andern Seite, trübte bald ihr Verhältniß. Es würde uns zu weit führen, wollten wir umständlich erzählen, wie sich Beyder Interesse immer wieder durchkreuzte, wie persönliche Zusammenkünfte vergebens ihre Sache ausgleichen sollten, bis Cantacuzeno endlich, der Abhängigkeit von dem Zaren, seiner Doppel- züngigkeit müde, sich ganz von ihm losriß und mit den Tür- ken ein unheilbringendes Bündniß schloß.
In Verlauf des nun entstehenden Krieges ward Mace- donien eine serbische Provinz. Mit nicht geringerem Glücke wendete Duschan seine Waffen wider Ungarn, machte Boß- nien sich von Neuem unterthänig, und durchzog siegreich Dal- matien. In Ragusa zeigte er sich großmüthig und freyge- big mit reichen Geschenken, und die dankbare Stadt feyerte das Andenken seines Besuches in mannichfachen Bildern. Scardona und Clißa, die sich ihm norhgedrungen unter- worfen, verkaufte er an die Venetianer. Um jedoch die Ge- fahr des Sturmes, der ihn deßhalb von Ungarn bedrohte, zu vermeiden, wendete er sich an den Pabst, welchen er durch die Hoffnung seiner Unterwerfung unter den heiligen Stuhl
aber Cantacuzeno nach der verlornen Schlacht bey Gynöcola- strum, 1342, sich ihm, mit edelmüthigem Vertrauen, in die Arme warf, siegte auf kurze Zeit ein großherziges Gefühl in ihm. Er nahm ihn mit den größten Ehrenbezeugungen auf; theils von Cantacuzenos Persönlichkeit bezwungen, theils auf feiner Gemahlin Zureden sicherte er ihm uneigennützige Hülfe zu. Der Kaiserin Anna wiederholte erniedrigende Anträge, für glänzende Vortheile den Gast mit Gift umzubringen, wurden mit dem höchsten Zorne, und gänzlicher Verachtung zurückge- wiesen, und kaum konnten die Gesandten das Völkerrecht vor der Wuth der empörten serbischen Edeln schützen. Dennoch zeigte sich auch Duschan nicht so thätig zu Cantacuzenos Gun- sten, als dieser es erwartete; Mißtrauen auf der einen, Em- pfindlichkeit darüber und Eigennutz auf der andern Seite, trübte bald ihr Verhältniß. Es würde uns zu weit führen, wollten wir umständlich erzählen, wie sich Beyder Interesse immer wieder durchkreuzte, wie persönliche Zusammenkünfte vergebens ihre Sache ausgleichen sollten, bis Cantacuzeno endlich, der Abhängigkeit von dem Zaren, seiner Doppel- züngigkeit müde, sich ganz von ihm losriß und mit den Tür- ken ein unheilbringendes Bündniß schloß.
In Verlauf des nun entstehenden Krieges ward Mace- donien eine serbische Provinz. Mit nicht geringerem Glücke wendete Duschan seine Waffen wider Ungarn, machte Boß- nien sich von Neuem unterthänig, und durchzog siegreich Dal- matien. In Ragusa zeigte er sich großmüthig und freyge- big mit reichen Geschenken, und die dankbare Stadt feyerte das Andenken seines Besuches in mannichfachen Bildern. Scardona und Clißa, die sich ihm norhgedrungen unter- worfen, verkaufte er an die Venetianer. Um jedoch die Ge- fahr des Sturmes, der ihn deßhalb von Ungarn bedrohte, zu vermeiden, wendete er sich an den Pabst, welchen er durch die Hoffnung seiner Unterwerfung unter den heiligen Stuhl
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aber Cantacuzeno nach der verlornen Schlacht bey Gynöcola-
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Arme warf, siegte auf kurze Zeit ein großherziges Gefühl in
ihm. Er nahm ihn mit den größten Ehrenbezeugungen auf;
theils von Cantacuzenos Persönlichkeit bezwungen, theils auf
feiner Gemahlin Zureden sicherte er ihm uneigennützige Hülfe
zu. Der Kaiserin Anna wiederholte erniedrigende Anträge, für
glänzende Vortheile den Gast mit Gift umzubringen, wurden
mit dem höchsten Zorne, und gänzlicher Verachtung zurückge-
wiesen, und kaum konnten die Gesandten das Völkerrecht vor
der Wuth der empörten serbischen Edeln schützen. Dennoch
zeigte sich auch Duschan nicht so thätig zu Cantacuzenos Gun-
sten, als dieser es erwartete; Mißtrauen auf der einen, Em-
pfindlichkeit darüber und Eigennutz auf der andern Seite,
trübte bald ihr Verhältniß. Es würde uns zu weit führen,
wollten wir umständlich erzählen, wie sich Beyder Interesse
immer wieder durchkreuzte, wie persönliche Zusammenkünfte
vergebens ihre Sache ausgleichen sollten, bis Cantacuzeno
endlich, der Abhängigkeit von dem Zaren, seiner Doppel-
züngigkeit müde, sich ganz von ihm losriß und mit den Tür-
ken ein unheilbringendes Bündniß schloß.
In Verlauf des nun entstehenden Krieges ward Mace-
donien eine serbische Provinz. Mit nicht geringerem Glücke
wendete Duschan seine Waffen wider Ungarn, machte Boß-
nien sich von Neuem unterthänig, und durchzog siegreich Dal-
matien. In Ragusa zeigte er sich großmüthig und freyge-
big mit reichen Geschenken, und die dankbare Stadt feyerte
das Andenken seines Besuches in mannichfachen Bildern.
Scardona und Clißa, die sich ihm norhgedrungen unter-
worfen, verkaufte er an die Venetianer. Um jedoch die Ge-
fahr des Sturmes, der ihn deßhalb von Ungarn bedrohte,
zu vermeiden, wendete er sich an den Pabst, welchen er durch
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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. XXII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/42>, abgerufen am 23.11.2024.
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