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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

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Wukaschin, der mit seiner Statthalterschaft, welche an
Seres gränzend, sich nördlich tief in das alte Serbien er-
streckte, zugleich den Titel Kralj, König, empfangen hatte,
erklärte sich anfänglich eben so wenig entschieden gegen den
Zaren. Aber ganz Serbien spaltete sich, als er mit einem
andern Haupkbewerber um die oberste Macht, Lasar Grebil-
janowitsch, in Fehde gerieth. Dieser hatte den nordöstlichen
Theil von Serbien inne, zu welchem die Matschwa gehört,
und welcher ehedem den Namen Sirmien geführt zu haben
scheint. Frömmigkeit und ritterliche Tapferkeit machten ihm
die Geistlichkeit und den ritterlichen Theil des Volkes gleich ge-
neigt. Den Krieg mit Wukaschin scheint er mit Hülfe der
Ungarn geführt zu haben; dennoch hatte er kein entscheiden-
des Resultat. König Wukaschin zerfiel hierauf mit der Zarin
Helene, gegen welche der griechische Kaiser mit türkischen
Hülfsvölkern ihm Beystand leistete. Kaum aber sah er, daß
das Glück in diesem Kampfe sich auf die Seite der Serben
neigte, als er sogleich wieder zurücktrat. Er bemächtigte sich
verrätherischer Weise der Person des Kaisers Matthäus Can-
tacuzeno, und lieferte ihn dem Gegner desselben, Johann
Paläologus, aus. Eben so verbrecherisch handelte er an sei-
nem Landesherrn Urosch. Dieser hatte, nachdem seine Gro-
ßen sich fast aller Provinzen bemächtigt, abwechselnd bei Lasar
und bei Wukaschin gelebt. Endlich ward das Gefühl seiner
entehrenden Lage in ihm mächtig genug, ihn zur Flucht nach
Ragusa zu bestimmen. Wukaschin erfuhr es, lockte ihn auf
die Jagd, und erschlug ihn eigenhändig mit seinem Streit-
kolben. (1368.)

So war das Geschlecht Nemanjas erloschen, mit ihm
schien das Reich untergehen zu sollen. Bereits hatte der Ban
von Boßnien die Fürstenthümer Setsk und Trebunien, (die
heutige Herzegowina ) von Serbien losgerissen. Die Türken

Wukaschin, der mit seiner Statthalterschaft, welche an
Seres gränzend, sich nördlich tief in das alte Serbien er-
streckte, zugleich den Titel Kralj, König, empfangen hatte,
erklärte sich anfänglich eben so wenig entschieden gegen den
Zaren. Aber ganz Serbien spaltete sich, als er mit einem
andern Haupkbewerber um die oberste Macht, Lasar Grebil-
janowitsch, in Fehde gerieth. Dieser hatte den nordöstlichen
Theil von Serbien inne, zu welchem die Matschwa gehört,
und welcher ehedem den Namen Sirmien geführt zu haben
scheint. Frömmigkeit und ritterliche Tapferkeit machten ihm
die Geistlichkeit und den ritterlichen Theil des Volkes gleich ge-
neigt. Den Krieg mit Wukaschin scheint er mit Hülfe der
Ungarn geführt zu haben; dennoch hatte er kein entscheiden-
des Resultat. König Wukaschin zerfiel hierauf mit der Zarin
Helene, gegen welche der griechische Kaiser mit türkischen
Hülfsvölkern ihm Beystand leistete. Kaum aber sah er, daß
das Glück in diesem Kampfe sich auf die Seite der Serben
neigte, als er sogleich wieder zurücktrat. Er bemächtigte sich
verrätherischer Weise der Person des Kaisers Matthäus Can-
tacuzeno, und lieferte ihn dem Gegner desselben, Johann
Paläologus, aus. Eben so verbrecherisch handelte er an sei-
nem Landesherrn Urosch. Dieser hatte, nachdem seine Gro-
ßen sich fast aller Provinzen bemächtigt, abwechselnd bei Lasar
und bei Wukaschin gelebt. Endlich ward das Gefühl seiner
entehrenden Lage in ihm mächtig genug, ihn zur Flucht nach
Ragusa zu bestimmen. Wukaschin erfuhr es, lockte ihn auf
die Jagd, und erschlug ihn eigenhändig mit seinem Streit-
kolben. (1368.)

So war das Geschlecht Nemanjas erloschen, mit ihm
schien das Reich untergehen zu sollen. Bereits hatte der Ban
von Boßnien die Fürstenthümer Setsk und Trebunien, (die
heutige Herzegowina ) von Serbien losgerissen. Die Türken

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[XXV/0045] Wukaschin, der mit seiner Statthalterschaft, welche an Seres gränzend, sich nördlich tief in das alte Serbien er- streckte, zugleich den Titel Kralj, König, empfangen hatte, erklärte sich anfänglich eben so wenig entschieden gegen den Zaren. Aber ganz Serbien spaltete sich, als er mit einem andern Haupkbewerber um die oberste Macht, Lasar Grebil- janowitsch, in Fehde gerieth. Dieser hatte den nordöstlichen Theil von Serbien inne, zu welchem die Matschwa gehört, und welcher ehedem den Namen Sirmien geführt zu haben scheint. Frömmigkeit und ritterliche Tapferkeit machten ihm die Geistlichkeit und den ritterlichen Theil des Volkes gleich ge- neigt. Den Krieg mit Wukaschin scheint er mit Hülfe der Ungarn geführt zu haben; dennoch hatte er kein entscheiden- des Resultat. König Wukaschin zerfiel hierauf mit der Zarin Helene, gegen welche der griechische Kaiser mit türkischen Hülfsvölkern ihm Beystand leistete. Kaum aber sah er, daß das Glück in diesem Kampfe sich auf die Seite der Serben neigte, als er sogleich wieder zurücktrat. Er bemächtigte sich verrätherischer Weise der Person des Kaisers Matthäus Can- tacuzeno, und lieferte ihn dem Gegner desselben, Johann Paläologus, aus. Eben so verbrecherisch handelte er an sei- nem Landesherrn Urosch. Dieser hatte, nachdem seine Gro- ßen sich fast aller Provinzen bemächtigt, abwechselnd bei Lasar und bei Wukaschin gelebt. Endlich ward das Gefühl seiner entehrenden Lage in ihm mächtig genug, ihn zur Flucht nach Ragusa zu bestimmen. Wukaschin erfuhr es, lockte ihn auf die Jagd, und erschlug ihn eigenhändig mit seinem Streit- kolben. (1368.) So war das Geschlecht Nemanjas erloschen, mit ihm schien das Reich untergehen zu sollen. Bereits hatte der Ban von Boßnien die Fürstenthümer Setsk und Trebunien, (die heutige Herzegowina ) von Serbien losgerissen. Die Türken

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Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. XXV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/45>, abgerufen am 23.11.2024.