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Der allerneuesten Europäischen Welt- und Staats-Geschichte II. Theil. Nr. XXXVIII, 20. Woche, Erfurt (Thüringen), 11. Mai 1744.

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alle Verbindnisse mit ihnen, ob sie schon noch so neu waren; er folgte
vielmehr seinen unveränderten Maaß-Regeln, die nur allein auf sein
Privat Interesse abzielten, und glaubte es sey genug belohnt, wenn
man sich erst vor ihn aufgeopffert, daß es am Ende hieß, man habe vor
die Wienerische Hoheit gearbeitet. Jn diesem Grad des Hochmuths,
wozu sie selbst durch ihre eigene starcke Beyhülffe binnen einem 12. Jäh-
rigen Krieg nicht wenig beygetragen; war er gantz aufgeblasen,
und ergriff wider die Republic selbst Gelegenheit, ihre Macht zu schwä-
chen, und die Versicherungen, unter welchen sie demselben die Nieder-
lande zugebracht, unter die Füsse zu treten. Und das ist die betrübte
Frucht alles dessen, was sie diesem Hofzu Gefallen gethan! Er richtete
in ihrer Nachbarschafft eine Handlung nach Jndien auf, welche die ihri-
ge unterdrücken solte. Er ließ sich auf ihre dießfalßige Vorstellung
nicht anders als mit Großthun und ungerechten abschläglichen Ant-
worten ein. Der Englische Hofvereinigte wegen seines Gemeinschaft-
lichen Handlungs-Vortheils, sein Anhalten vergeblich mit dem ihrigen,
mithin halffen seine Unterstützungen nichts. Und so trieb es der Wiene-
rische Hof mit ihnen immer fort, bis er sahe, daß sich Franckreich ihrer
Sache annahm. Damahls wurde mir von dem König, meinen Herrn,
aufgetragen, ihnen seine Hülfs-willige Hand anzubiethen; und dieses
waren meine ersten Geschäfte bey ihnen. Die vortrefflichen Glieder mit
denen ich die Ehre zu reden habe, werden es auch ihrem Gedächtniß nicht
entziehen können, daß Franckreichs Vermittelung das vornehmste, und
die eintzige Stütze alles dessen gewefen, was ihnen der Wienerische Hof
nachhero zugestanden hat. Die Ergreiffung dieses Mittels, ob es schon
gerecht genug, diente dennoch denenjenigen nur zu einer Gelegenheit, wel-
che nicht vertragen konten, daß sie ihre gröste Zuversicht in dem Beystand
der Crone des Königs, meines Herrn, setzten. Sie wurden mit Gewalt
in die Verbindungen gerissen, deren sie doch sonst Se. Maj. überhoben
hätte. Dieses ihr Verfahren konte der König, mein Herr, zwar nicht an-
ders, als mit Verdruß ansehen, änderte aber seine gute Meynung vor sie
dennoch im geringsten nicht; sondern beruhigten sich, daß viele unter ih-
ren klugen Republicanern alle die daraus entstehen könnenden Begeben-
heiten schon vorher sahen; und vor nöthig hielten, sich denen Mißbräu-
chen zu widersetzen, welche man etwa ihren sogenannten alten Alliirten
nachtheilig begehen würde. Der Wienerische Hof hat auch bey Voll-
streckung des damahls errichteten Tractats, den Geist der Ungerechtigkeit
und Hochmuths gegen sie gar nicht heimlich gehalten. Er zeigte sich eben
so schläfrig als wenig aufrichtig, bey der Erfüllung dessen, was er zu ihrem
Faveur versprochen. Man überlege, wie langsam er dran gieng, die

alle Verbindnisse mit ihnen, ob sie schon noch so neu waren; er folgte
vielmehr seinen unveränderten Maaß-Regeln, die nur allein auf sein
Privat Intereſſe abzielten, und glaubte es sey genug belohnt, wenn
man sich erst vor ihn aufgeopffert, daß es am Ende hieß, man habe vor
die Wienerische Hoheit gearbeitet. Jn diesem Grad des Hochmuths,
wozu sie selbst durch ihre eigene starcke Beyhülffe binnen einem 12. Jäh-
rigen Krieg nicht wenig beygetragen; war er gantz aufgeblasen,
und ergriff wider die Republic selbst Gelegenheit, ihre Macht zu schwä-
chen, und die Versicherungen, unter welchen sie demselben die Nieder-
lande zugebracht, unter die Füsse zu treten. Und das ist die betrübte
Frucht alles dessen, was sie diesem Hofzu Gefallen gethan! Er richtete
in ihrer Nachbarschafft eine Handlung nach Jndien auf, welche die ihri-
ge unterdrücken solte. Er ließ sich auf ihre dießfalßige Vorstellung
nicht anders als mit Großthun und ungerechten abschläglichen Ant-
worten ein. Der Englische Hofvereinigte wegen seines Gemeinschaft-
lichen Handlungs-Vortheils, sein Anhalten vergeblich mit dem ihrigen,
mithin halffen seine Unterstützungen nichts. Und so trieb es der Wiene-
rische Hof mit ihnen immer fort, bis er sahe, daß sich Franckreich ihrer
Sache annahm. Damahls wurde mir von dem König, meinen Herrn,
aufgetragen, ihnen seine Hülfs-willige Hand anzubiethen; und dieses
waren meine ersten Geschäfte bey ihnen. Die vortrefflichen Glieder mit
denen ich die Ehre zu reden habe, werden es auch ihrem Gedächtniß nicht
entziehen können, daß Franckreichs Vermittelung das vornehmste, und
die eintzige Stütze alles dessen gewefen, was ihnen der Wienerische Hof
nachhero zugestanden hat. Die Ergreiffung dieses Mittels, ob es schon
gerecht genug, diente dennoch denenjenigen nur zu einer Gelegenheit, wel-
che nicht vertragen konten, daß sie ihre gröste Zuversicht in dem Beystand
der Crone des Königs, meines Herrn, setzten. Sie wurden mit Gewalt
in die Verbindungen gerissen, deren sie doch sonst Se. Maj. überhoben
hätte. Dieses ihr Verfahren konte der König, mein Herr, zwar nicht an-
ders, als mit Verdruß ansehen, änderte aber seine gute Meynung vor sie
dennoch im geringsten nicht; sondern beruhigten sich, daß viele unter ih-
ren klugen Republicanern alle die daraus entstehen könnenden Begeben-
heiten schon vorher sahen; und vor nöthig hielten, sich denen Mißbräu-
chen zu widersetzen, welche man etwa ihren sogenannten alten Alliirten
nachtheilig begehen würde. Der Wienerische Hof hat auch bey Voll-
streckung des damahls errichteten Tractats, den Geist der Ungerechtigkeit
und Hochmuths gegen sie gar nicht heimlich gehalten. Er zeigte sich eben
so schläfrig als wenig aufrichtig, bey der Erfüllung dessen, was er zu ihrem
Faveur versprochen. Man überlege, wie langsam er dran gieng, die

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[301/0005] alle Verbindnisse mit ihnen, ob sie schon noch so neu waren; er folgte vielmehr seinen unveränderten Maaß-Regeln, die nur allein auf sein Privat Intereſſe abzielten, und glaubte es sey genug belohnt, wenn man sich erst vor ihn aufgeopffert, daß es am Ende hieß, man habe vor die Wienerische Hoheit gearbeitet. Jn diesem Grad des Hochmuths, wozu sie selbst durch ihre eigene starcke Beyhülffe binnen einem 12. Jäh- rigen Krieg nicht wenig beygetragen; war er gantz aufgeblasen, und ergriff wider die Republic selbst Gelegenheit, ihre Macht zu schwä- chen, und die Versicherungen, unter welchen sie demselben die Nieder- lande zugebracht, unter die Füsse zu treten. Und das ist die betrübte Frucht alles dessen, was sie diesem Hofzu Gefallen gethan! Er richtete in ihrer Nachbarschafft eine Handlung nach Jndien auf, welche die ihri- ge unterdrücken solte. Er ließ sich auf ihre dießfalßige Vorstellung nicht anders als mit Großthun und ungerechten abschläglichen Ant- worten ein. Der Englische Hofvereinigte wegen seines Gemeinschaft- lichen Handlungs-Vortheils, sein Anhalten vergeblich mit dem ihrigen, mithin halffen seine Unterstützungen nichts. Und so trieb es der Wiene- rische Hof mit ihnen immer fort, bis er sahe, daß sich Franckreich ihrer Sache annahm. Damahls wurde mir von dem König, meinen Herrn, aufgetragen, ihnen seine Hülfs-willige Hand anzubiethen; und dieses waren meine ersten Geschäfte bey ihnen. Die vortrefflichen Glieder mit denen ich die Ehre zu reden habe, werden es auch ihrem Gedächtniß nicht entziehen können, daß Franckreichs Vermittelung das vornehmste, und die eintzige Stütze alles dessen gewefen, was ihnen der Wienerische Hof nachhero zugestanden hat. Die Ergreiffung dieses Mittels, ob es schon gerecht genug, diente dennoch denenjenigen nur zu einer Gelegenheit, wel- che nicht vertragen konten, daß sie ihre gröste Zuversicht in dem Beystand der Crone des Königs, meines Herrn, setzten. Sie wurden mit Gewalt in die Verbindungen gerissen, deren sie doch sonst Se. Maj. überhoben hätte. Dieses ihr Verfahren konte der König, mein Herr, zwar nicht an- ders, als mit Verdruß ansehen, änderte aber seine gute Meynung vor sie dennoch im geringsten nicht; sondern beruhigten sich, daß viele unter ih- ren klugen Republicanern alle die daraus entstehen könnenden Begeben- heiten schon vorher sahen; und vor nöthig hielten, sich denen Mißbräu- chen zu widersetzen, welche man etwa ihren sogenannten alten Alliirten nachtheilig begehen würde. Der Wienerische Hof hat auch bey Voll- streckung des damahls errichteten Tractats, den Geist der Ungerechtigkeit und Hochmuths gegen sie gar nicht heimlich gehalten. Er zeigte sich eben so schläfrig als wenig aufrichtig, bey der Erfüllung dessen, was er zu ihrem Faveur versprochen. Man überlege, wie langsam er dran gieng, die

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Zitationshilfe: Der allerneuesten Europäischen Welt- und Staats-Geschichte II. Theil. Nr. XXXVIII, 20. Woche, Erfurt (Thüringen), 11. Mai 1744, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_weltgeschichte0238_1744/5>, abgerufen am 09.11.2024.