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Der allerneuesten Europäischen Welt- und Staats-Geschichte II. Theil. Nr. LXXII, 37. Woche, Erfurt (Thüringen), 11. September 1744.

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Zustand seiner Maj. hat sich fast wie ein Wunderwerck vollkommen
zur Besserung verändert. Denn nachdem sich ein sehr starcker Aus-
wurff und Schweiß eingefunden, haben sich die Kopff-Schmertzen,
und auch so zusagen alle andere Symptomata auf einmahl verlohren.
Kurtz, der König hat kein Fieber mehr, und die Besserung ist so groß,
daß sie alles, was man davon wünschen oder hoffen kan, übertrifft.
Sie werden belieben anzumercken, daß der Tag, an dem dieses
Schreiben datirt gewesen, der 8te Tag von des Königs Kranckheit ist.
Nun ist nur noch einige Furcht für den 9ten Tag übrig: und wir
warten heute auf Nachrichten mit einer Art von Hoffnung, die nicht
ohne alle Furcht ist. Gestern aber war die Freude davon gäntzlich frey:
und man hat noch niemahls diesen Affect in solcher Lebhafftigkeit
gesehen. Eines umarmete das andere vor Freuden: ja man würde
seinen ärgsten und grausamsten Feinde für Freuden Ehre
und Liebkosungen erwiesen haben. Man hat so gar observiret, daß
auch die, welche man an öffentlichen Orten, weil sie von dem gegen-
wärtigen Kriege andere Meinungen, als der gröste Theil der Nation,
geheget, nur Panduren und Oesterreicher genennet, eben sowohl,
wie die andern öffentlich geweinet, und von einer Art der bittersten
Wehmuth recht durchdrungen gewesen. Sehen Sie hier eine Pro-
be, wie zärtlich der König von seinen Unterthanen geliebet wird: wie-
wohl man dabey auch, ohne deswegen aufzuhören gut Frantzösisch-ge-
sinnet zu seyn, gar wohl hertzlich wünschen kan, daß der gegenwärtige
Krieg niemahls möchte Statt gefunden haben. Der Hertzog von
Orleans und der Graf von Charolois sind gestern früh auch nach
Metz von hier abgegangen. Das Parlament hat ingleichen einige
von seinen Mitgliedern dahin abgefertiget: von denen es Tag vor
Tag von des Königs Gesundheits-Zustand Nachricht erhält. Ja
die Stadt Paris hat solche Messures genommen, daß sie alle 3. Stun-
den davon Zeitungen haben kan. Wir wünschen von Hertzen, daß
keine andere, als höchst-angenehme, einlauffen mögen: Denn wir
lieben unsern König mehr, als uns selbst. Unterdessen läßt uns sein
noch munteres Temperament, nächst der göttlichen Güte, dermah-
len noch das Beste hoffen. Die 2. Medici, Herr Helvetius und von
Montie, sind den 14. auch nach Metz abgereiset ec. ec.

Zustand seiner Maj. hat sich fast wie ein Wunderwerck vollkommen
zur Besserung verändert. Denn nachdem sich ein sehr starcker Aus-
wurff und Schweiß eingefunden, haben sich die Kopff-Schmertzen,
und auch so zusagen alle andere Symptomata auf einmahl verlohren.
Kurtz, der König hat kein Fieber mehr, und die Besserung ist so groß,
daß sie alles, was man davon wünschen oder hoffen kan, übertrifft.
Sie werden belieben anzumercken, daß der Tag, an dem dieses
Schreiben datirt gewesen, der 8te Tag von des Königs Kranckheit ist.
Nun ist nur noch einige Furcht für den 9ten Tag übrig: und wir
warten heute auf Nachrichten mit einer Art von Hoffnung, die nicht
ohne alle Furcht ist. Gestern aber war die Freude davon gäntzlich frey:
und man hat noch niemahls diesen Affect in solcher Lebhafftigkeit
gesehen. Eines umarmete das andere vor Freuden: ja man würde
seinen ärgsten und grausamsten Feinde für Freuden Ehre
und Liebkosungen erwiesen haben. Man hat so gar observiret, daß
auch die, welche man an öffentlichen Orten, weil sie von dem gegen-
wärtigen Kriege andere Meinungen, als der gröste Theil der Nation,
geheget, nur Panduren und Oesterreicher genennet, eben sowohl,
wie die andern öffentlich geweinet, und von einer Art der bittersten
Wehmuth recht durchdrungen gewesen. Sehen Sie hier eine Pro-
be, wie zärtlich der König von seinen Unterthanen geliebet wird: wie-
wohl man dabey auch, ohne deswegen aufzuhören gut Frantzösisch-ge-
sinnet zu seyn, gar wohl hertzlich wünschen kan, daß der gegenwärtige
Krieg niemahls möchte Statt gefunden haben. Der Hertzog von
Orleans und der Graf von Charolois sind gestern früh auch nach
Metz von hier abgegangen. Das Parlament hat ingleichen einige
von seinen Mitgliedern dahin abgefertiget: von denen es Tag vor
Tag von des Königs Gesundheits-Zustand Nachricht erhält. Ja
die Stadt Paris hat solche Meſſures genommen, daß sie alle 3. Stun-
den davon Zeitungen haben kan. Wir wünschen von Hertzen, daß
keine andere, als höchst-angenehme, einlauffen mögen: Denn wir
lieben unsern König mehr, als uns selbst. Unterdessen läßt uns sein
noch munteres Temperament, nächst der göttlichen Güte, dermah-
len noch das Beste hoffen. Die 2. Medici, Herr Helvetius und von
Montie, sind den 14. auch nach Metz abgereiset ec. ec.

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[571/0003] Zustand seiner Maj. hat sich fast wie ein Wunderwerck vollkommen zur Besserung verändert. Denn nachdem sich ein sehr starcker Aus- wurff und Schweiß eingefunden, haben sich die Kopff-Schmertzen, und auch so zusagen alle andere Symptomata auf einmahl verlohren. Kurtz, der König hat kein Fieber mehr, und die Besserung ist so groß, daß sie alles, was man davon wünschen oder hoffen kan, übertrifft. Sie werden belieben anzumercken, daß der Tag, an dem dieses Schreiben datirt gewesen, der 8te Tag von des Königs Kranckheit ist. Nun ist nur noch einige Furcht für den 9ten Tag übrig: und wir warten heute auf Nachrichten mit einer Art von Hoffnung, die nicht ohne alle Furcht ist. Gestern aber war die Freude davon gäntzlich frey: und man hat noch niemahls diesen Affect in solcher Lebhafftigkeit gesehen. Eines umarmete das andere vor Freuden: ja man würde seinen ärgsten und grausamsten Feinde für Freuden Ehre und Liebkosungen erwiesen haben. Man hat so gar observiret, daß auch die, welche man an öffentlichen Orten, weil sie von dem gegen- wärtigen Kriege andere Meinungen, als der gröste Theil der Nation, geheget, nur Panduren und Oesterreicher genennet, eben sowohl, wie die andern öffentlich geweinet, und von einer Art der bittersten Wehmuth recht durchdrungen gewesen. Sehen Sie hier eine Pro- be, wie zärtlich der König von seinen Unterthanen geliebet wird: wie- wohl man dabey auch, ohne deswegen aufzuhören gut Frantzösisch-ge- sinnet zu seyn, gar wohl hertzlich wünschen kan, daß der gegenwärtige Krieg niemahls möchte Statt gefunden haben. Der Hertzog von Orleans und der Graf von Charolois sind gestern früh auch nach Metz von hier abgegangen. Das Parlament hat ingleichen einige von seinen Mitgliedern dahin abgefertiget: von denen es Tag vor Tag von des Königs Gesundheits-Zustand Nachricht erhält. Ja die Stadt Paris hat solche Meſſures genommen, daß sie alle 3. Stun- den davon Zeitungen haben kan. Wir wünschen von Hertzen, daß keine andere, als höchst-angenehme, einlauffen mögen: Denn wir lieben unsern König mehr, als uns selbst. Unterdessen läßt uns sein noch munteres Temperament, nächst der göttlichen Güte, dermah- len noch das Beste hoffen. Die 2. Medici, Herr Helvetius und von Montie, sind den 14. auch nach Metz abgereiset ec. ec.

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Zitationshilfe: Der allerneuesten Europäischen Welt- und Staats-Geschichte II. Theil. Nr. LXXII, 37. Woche, Erfurt (Thüringen), 11. September 1744, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_weltgeschichte0272_1744/3>, abgerufen am 09.11.2024.