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Wiener Zeitung. Nr. 248. [Wien], 17. Oktober 1850.

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Wiener [Abbildung] Zeitung.


>Nro 248Donnerstag, den 17. October1850.


[Beginn Spaltensatz]
Jnhalt.

Amtlicher Theil.

Nichtamtlicher Theil.

Oesterreich. Wien. ( Sitzung der Commission für die
Londoner Jndustrie=Ausstellung. Telegr. Privat=De-
peschen. )

Kronländer. ( Grundentlastung. ) Prag. ( Raufhän-
del. ) Lemberg. Von der Mur. Triest. ( Aufenthalt Sr.
kais. Hoheit des Erzherzogs Franz Carl. )

Deutschland. München. ( Vermischtes. ) -- Kassel.

Frankreich. Paris. ( Vermischtes. )

Großbritanien. London. ( Vermischtes. )

Belgien. Brüssel.

Rußland. St. Petersburg.

Beilage.



Amtlicher Theil.

Das am 9. October 1850 ausgegebene und versendete
CXXXII. Stück des allgemeinen Reichsgesetz= und Re-
gierungsblattes für das Kaiserthum Oesterreich, enthält
unter Nr. 374 das kaiserliche Patent vom 25. Septem-
ber 1850, wirksam für jene Kronländer, in welchen die
Verordnungen über die Durchführung der Grundentla-
stung bereits erlassen sind, mit Ausnahme von Tirol und
Vorarlberg, wodurch die Grundsätze festgestellt werden,
nach welchen bei der Leistung der Capitals=Entschädigung
für alle in Folge der Durchführung der Grundentlastung
aufgehobenen oder ablösbaren Bezüge vorzugehen ist:

Wir Franz Joseph der Erste, von Gottes
Gnaden Kaiser von Oesterreich; König von Hun-
garn und Böhmen, König der Lombardei und Ve-
nedigs, von Dalmatien, Croatien, Slavonien,
Galizien, Lodomerien und Jllyrien, König von
Jerusalem ; Erzherzog von Oesterreich; Groß-
herzog von Toscana und Krakau; Herzog von Loth-
ringen, von Salzburg, Steyer, Kärnthen, Krain
und der Bukowina; Großfürst von Siebenbürgen;
Markgraf von Mähren; Herzog von Ober= und
Nieder=Schlesien, von Modena, Parma, Piacenza
und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Te-
schen, Friaul, Ragusa und Zara; gefürsteter Graf
von Habsburg, von Tirol, von Kyburg, Görz
und Gradiska; Fürst von Trient und Brixen;
Markgraf von Ober= und Nieder=Lausitz und in
Jstrien; Graf von Hohenembs, Feldkirch, Bre-
genz, Sonnenberg ; Herr von Triest, von Cat-
taro und auf der Windischen Mark; Großwoiwod
der Woiwodschaft Serbien

haben über Antrag Unseres Ministerrathes nach Maß-
gabe des §. 87 der Reichsverfassung beschlossen und ver-
fügen, daß bei der Leistung der Capitals=Entschädigung
für alle, in Folge der Durchführung der Grundentla-
stung aufgehobenen oder ablösbaren Bezüge nach den fol-
genden Grundsätzen vorzugehen sei:

§. 1. Zur Leistung der Capitals=Entschädigung für
alle in Folge der Durchführung der Grundentlastung auf-
gehobenen oder ablösbaren Bezüge wird in jedem Kron-
lande ein eigener Entschädigungsfond errichtet.

§. 2. Dieser Fond wird gebildet:

a ) Aus den Einzahlungen, welche die Verpflichteten zu
Folge der erlassenen Gesetze und Vorschriften zur Be-
[Spaltenumbruch] richtigung des ihnen an der Entschädigung für die Be-
rechtigten obliegenden Antheils leisten.

b ) Aus denjenigen Landesfonden, die in den einzelnen
Kronländern zur Verwendung für die gedachte Ent-
schädigung bestimmt werden;

c ) aus den Steuerzuschlägen oder anderen Abgaben, die
in den verschiedenen Kronländern zu dem gedachten
Zwecke auf gesetzmäßigem Wege ausgeschrieben und
eingehoben werden;

d ) aus den Beträgen, die der Staatsschatz zur Voll-
führung der Grundentlastung vorschießt;

e ) aus den Beträgen, welche der Staatsschatz in Folge
der ihn unmittelbar treffenden Entschädigung für einige
Arten von Veränderungsgebühren dem Entschädigungs-
fonde zu zahlen hat.

§. 3. Bei der Leistung der Entschädigung für die auf-
gehobenen Urbarial= und Zehentschuldigkeiten sollen die
Rechte der Hypothekar=Gläubiger auf die in der gegen-
wärtigen Verordnung vorgeschriebene Art gewahrt und
zur Geltung gebracht werden.

§. 4. Jn dem Maße, in welchem die Zuerkennung
der Entschädigungs= oder Ablösungs=Capitalien fort-
schreitet, sollen über Verständigung der Grundentlastungs-
Landes- ( Ministerial= ) Commissionen von den Real=Jn-
stanzen der Güter, mit denen das Bezugsrecht auf die
aufgehobenen oder ablösbaren Leistungen verbunden ist,
alle diejenigen, denen ein Hypothekarrecht auf dem Gute
zusteht, unter Vorsetzung einer Frist von sechzig Tagen
zur Anmeldung ihrer Forderungen aufgefordert werden.

§. 5. Nach Ablauf der zur Anmeldung eingeräumten
Frist wird eine Tagsatzung bestimmt, zu welcher der
Eigenthümer des Gutes Alle, die eine Forderung ange-
meldet haben und ein Vertreter des Entschädigungsfondes
mit dem Beisatze vorzuladen sind, daß diejenigen Vorge-
ladenen, die ungeachtet der vor der Tagsatzung erfolgten
Zustellung der Vorladung selbst, oder durch einen Bevoll-
mächtigten zu erscheinen unterlassen, der Mehrheit der
Erschienenen werden beigezählt werden.

Das Gericht hat bei dieser Tagsatzung zwischen sämmt-
lichen erschienenen Parteien die Zustandebringung eines
Uebereinkommens darüber zu versuchen, welche Forderun-
gen auf die gebührende Entschädigung zu weisen seien,
und welche dagegen auf dem Gute selbst zu verbleiben
haben.

§. 6. Wird ein solches Uebereinkommen erzielt, so hat
dasselbe die Wirkungen eines gerichtlichen Vergleiches aus-
zuüben.

§. 7. Jst ein freiwilliges Uebereinkommen nicht zu
Stande gebracht worden, so hat das Gericht nach Anhö-
rung aller Theile zu entscheiden, welche Forderungen auf
das Entschädigungs=Capital gewiesen werden und welche
auf dem Grunde und Boden haftend zu verbleiben haben.

§. 8. Bei dieser Entscheidung hat als Grundsatz zu
gelten, daß die auf der Realität haftenden Forderungen,
die nicht ihrer Natur nach auf Grund und Boden haf-
tend bleiben müssen, so weit solche unter dem Capitals-
betrage der für die aufgelassenen Bezüge gebührenden
Entschädigung stehen, oder denselben gleichkommen, auf
die letztere gewiesen werden sollen, um dadurch Grund
und Boden von der Hypothekarbelastung in möglichst aus-
gedehntem Maße zu befreien.

§. 9. Uebersteigen die Schulden den Betrag der ge-
bührenden Entschädigung, so ist von denselben derjenige
Theil der in günstigster Priorität stehenden Forderungen
auf Grund und Boden zu belassen, um welchen die Ge-
sammtsumme der hypothecirten Schulden den Betrag der
Entschädigung überschreitet.

§. 10. Jst die Gesammtsumme der gedachten Schul-
den so bedeutend, daß der Mehrbetrag, um welchen die-
[Spaltenumbruch] selbe den Capitalsbetrag der Entschädigung überschreitet,
zwei Drittheile des Werthes -- den Grund und Bo-
den ohne die aufgelassenen Bezüge hat -- übersteigt, so
ist die Vertheilung der Schulden in folgender Ordnung
vorzunehmen:

a ) Auf dem Grunde haben die in günstigster Priorität
stehenden Forderungen bis zu dem Belaufe von zwei
Drittheilen von dessen Werthe zu verbleiben;

b ) auf das Capital der gebührenden Entschädigung werden
die in der Priorität unmittelbar auf jene unter a ) fol-
genden Forderungen bis zur Erschöpfung des gedach-
ten Capitals übertragen;

c ) erübrigen noch hypothecirte Forderungen, welche auf
dieses Capital nicht übertragen werden können, so
bleiben dieselben auf dem Grunde in ihrer Priorität
und schließen sich nach Ausscheidung jener unter b ) an
die unter a ) aufgeführten der Reihenfolge nach an.

§. 11. Jn den Fällen der §§. 9 und 10 haben jedoch
die in günstigerer Priorität stehenden Gläubiger gegen-
über der ihnen in der Priorität nachfolgenden, die Wahl,
ob sie mit ihren Forderungen ganz oder zum Theile auf
dem Grunde verbleiben oder dieselben auf das Capital
der Entschädigung wollen übertragen lassen.

§. 12. Bei der Ueberweisung hypothecirter Schulden
auf das Capital der Entschädigung sind die rückständigen
Zinsen in dem Maße, in welchem ihnen gleiche Priorität
mit dem Capitale zusteht, in Anschlag zu bringen.

§. 13. Die Forderungen, welche auf das Capital der
Entschädigung gewiesen werden, sind von dem Gute zu
löschen, und dagegen in die öffentlichen Bücher, die bei
der Verwaltungsbehörde des Entschädigungsfondes wer-
den errichtet werden, zu übertragen.

Der Gutseigenthümer hört dadurch auf, Schuldner
der übertragenen Schulden zu sein, und der Entschädi-
gungsfond tritt an die Stelle des bisherigen Schuldners.

§. 14. Jst die Liquidität einer Forderung, welche die
Reihenfolge zur Uebertragung auf das Capital der Ent-
schädigung nach den gegenwärtigen Grundsätzen zu treffen
hätte, oder die Größe einer solchen Forderung streitig, so
versucht das Gericht vor Allem, einen Vergleich zwischen
den streitenden Theilen zu vermitteln. Gelingt dieses nicht,
so wird einstweilen die Forderung oder der streitige Be-
trag derselben mit dem Vorbehalte der weiteren Austra-
gung auf das Capital der Entschädigung gewiesen und
den Parteien überlassen, ihren Streit im ordentlichen
Rechtswege zur Entscheidung zu bringen.

Nach dem Ergebnisse dieses abgesonderten Rechtsver-
fahrens wird, so ferne solches eine Aenderung in der ur-
sprünglich ausgesprochenen Ueberweisung der Forderun-
gen auf das Capital der Entschädigung begründet, diese
Aenderung von dem Gerichte über Einschreiten der Be-
theiligten nachträglich ausgesprochen.

§. 15. Gegen die Entscheidungen des Gerichtes über
die Ueberweisung von Schulden auf das Capital der Ent-
schädigung steht Jedem, der sich dadurch in seinen Rech-
ten gekränkt glaubt, der Recurs an das Obergericht, und
überhaupt die Ergreifung derjenigen Rechtsmittel zu, die
in dem Falle der richterlichen Ueberweisung der Hypo-
thekarschulden auf den Kaufpreis einer gerichtlich ver-
äußerten Realität und der Prioritätsfeststellung zwischen
diesen Schulden eingeräumt sind.

§. 16. Besondere Verordnungen werden für das Be-
nehmen der Realgerichtsbehörden bei den auf Grundlage
dieses Patentes vorzunehmenden Amtshandlungen ein
möglichst einfaches und kurzes Verfahren vorzeichnen.

Eben so werden besondere Verordnungen einfache und
feste Anhaltspuncte zur Bestimmung des Werthes der
Güter nach den Verhältnissen der einzelnen Kronländer
festsetzen.

[Ende Spaltensatz]
Wiener [Abbildung] Zeitung.


>Nro 248Donnerstag, den 17. October1850.


[Beginn Spaltensatz]
Jnhalt.

Amtlicher Theil.

Nichtamtlicher Theil.

Oesterreich. Wien. ( Sitzung der Commission für die
Londoner Jndustrie=Ausstellung. Telegr. Privat=De-
peschen. )

Kronländer. ( Grundentlastung. ) Prag. ( Raufhän-
del. ) Lemberg. Von der Mur. Triest. ( Aufenthalt Sr.
kais. Hoheit des Erzherzogs Franz Carl. )

Deutschland. München. ( Vermischtes. ) — Kassel.

Frankreich. Paris. ( Vermischtes. )

Großbritanien. London. ( Vermischtes. )

Belgien. Brüssel.

Rußland. St. Petersburg.

Beilage.



Amtlicher Theil.

Das am 9. October 1850 ausgegebene und versendete
CXXXII. Stück des allgemeinen Reichsgesetz= und Re-
gierungsblattes für das Kaiserthum Oesterreich, enthält
unter Nr. 374 das kaiserliche Patent vom 25. Septem-
ber 1850, wirksam für jene Kronländer, in welchen die
Verordnungen über die Durchführung der Grundentla-
stung bereits erlassen sind, mit Ausnahme von Tirol und
Vorarlberg, wodurch die Grundsätze festgestellt werden,
nach welchen bei der Leistung der Capitals=Entschädigung
für alle in Folge der Durchführung der Grundentlastung
aufgehobenen oder ablösbaren Bezüge vorzugehen ist:

Wir Franz Joseph der Erste, von Gottes
Gnaden Kaiser von Oesterreich; König von Hun-
garn und Böhmen, König der Lombardei und Ve-
nedigs, von Dalmatien, Croatien, Slavonien,
Galizien, Lodomerien und Jllyrien, König von
Jerusalem ; Erzherzog von Oesterreich; Groß-
herzog von Toscana und Krakau; Herzog von Loth-
ringen, von Salzburg, Steyer, Kärnthen, Krain
und der Bukowina; Großfürst von Siebenbürgen;
Markgraf von Mähren; Herzog von Ober= und
Nieder=Schlesien, von Modena, Parma, Piacenza
und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Te-
schen, Friaul, Ragusa und Zara; gefürsteter Graf
von Habsburg, von Tirol, von Kyburg, Görz
und Gradiska; Fürst von Trient und Brixen;
Markgraf von Ober= und Nieder=Lausitz und in
Jstrien; Graf von Hohenembs, Feldkirch, Bre-
genz, Sonnenberg ; Herr von Triest, von Cat-
taro und auf der Windischen Mark; Großwoiwod
der Woiwodschaft Serbien

haben über Antrag Unseres Ministerrathes nach Maß-
gabe des §. 87 der Reichsverfassung beschlossen und ver-
fügen, daß bei der Leistung der Capitals=Entschädigung
für alle, in Folge der Durchführung der Grundentla-
stung aufgehobenen oder ablösbaren Bezüge nach den fol-
genden Grundsätzen vorzugehen sei:

§. 1. Zur Leistung der Capitals=Entschädigung für
alle in Folge der Durchführung der Grundentlastung auf-
gehobenen oder ablösbaren Bezüge wird in jedem Kron-
lande ein eigener Entschädigungsfond errichtet.

§. 2. Dieser Fond wird gebildet:

a ) Aus den Einzahlungen, welche die Verpflichteten zu
Folge der erlassenen Gesetze und Vorschriften zur Be-
[Spaltenumbruch] richtigung des ihnen an der Entschädigung für die Be-
rechtigten obliegenden Antheils leisten.

b ) Aus denjenigen Landesfonden, die in den einzelnen
Kronländern zur Verwendung für die gedachte Ent-
schädigung bestimmt werden;

c ) aus den Steuerzuschlägen oder anderen Abgaben, die
in den verschiedenen Kronländern zu dem gedachten
Zwecke auf gesetzmäßigem Wege ausgeschrieben und
eingehoben werden;

d ) aus den Beträgen, die der Staatsschatz zur Voll-
führung der Grundentlastung vorschießt;

e ) aus den Beträgen, welche der Staatsschatz in Folge
der ihn unmittelbar treffenden Entschädigung für einige
Arten von Veränderungsgebühren dem Entschädigungs-
fonde zu zahlen hat.

§. 3. Bei der Leistung der Entschädigung für die auf-
gehobenen Urbarial= und Zehentschuldigkeiten sollen die
Rechte der Hypothekar=Gläubiger auf die in der gegen-
wärtigen Verordnung vorgeschriebene Art gewahrt und
zur Geltung gebracht werden.

§. 4. Jn dem Maße, in welchem die Zuerkennung
der Entschädigungs= oder Ablösungs=Capitalien fort-
schreitet, sollen über Verständigung der Grundentlastungs-
Landes- ( Ministerial= ) Commissionen von den Real=Jn-
stanzen der Güter, mit denen das Bezugsrecht auf die
aufgehobenen oder ablösbaren Leistungen verbunden ist,
alle diejenigen, denen ein Hypothekarrecht auf dem Gute
zusteht, unter Vorsetzung einer Frist von sechzig Tagen
zur Anmeldung ihrer Forderungen aufgefordert werden.

§. 5. Nach Ablauf der zur Anmeldung eingeräumten
Frist wird eine Tagsatzung bestimmt, zu welcher der
Eigenthümer des Gutes Alle, die eine Forderung ange-
meldet haben und ein Vertreter des Entschädigungsfondes
mit dem Beisatze vorzuladen sind, daß diejenigen Vorge-
ladenen, die ungeachtet der vor der Tagsatzung erfolgten
Zustellung der Vorladung selbst, oder durch einen Bevoll-
mächtigten zu erscheinen unterlassen, der Mehrheit der
Erschienenen werden beigezählt werden.

Das Gericht hat bei dieser Tagsatzung zwischen sämmt-
lichen erschienenen Parteien die Zustandebringung eines
Uebereinkommens darüber zu versuchen, welche Forderun-
gen auf die gebührende Entschädigung zu weisen seien,
und welche dagegen auf dem Gute selbst zu verbleiben
haben.

§. 6. Wird ein solches Uebereinkommen erzielt, so hat
dasselbe die Wirkungen eines gerichtlichen Vergleiches aus-
zuüben.

§. 7. Jst ein freiwilliges Uebereinkommen nicht zu
Stande gebracht worden, so hat das Gericht nach Anhö-
rung aller Theile zu entscheiden, welche Forderungen auf
das Entschädigungs=Capital gewiesen werden und welche
auf dem Grunde und Boden haftend zu verbleiben haben.

§. 8. Bei dieser Entscheidung hat als Grundsatz zu
gelten, daß die auf der Realität haftenden Forderungen,
die nicht ihrer Natur nach auf Grund und Boden haf-
tend bleiben müssen, so weit solche unter dem Capitals-
betrage der für die aufgelassenen Bezüge gebührenden
Entschädigung stehen, oder denselben gleichkommen, auf
die letztere gewiesen werden sollen, um dadurch Grund
und Boden von der Hypothekarbelastung in möglichst aus-
gedehntem Maße zu befreien.

§. 9. Uebersteigen die Schulden den Betrag der ge-
bührenden Entschädigung, so ist von denselben derjenige
Theil der in günstigster Priorität stehenden Forderungen
auf Grund und Boden zu belassen, um welchen die Ge-
sammtsumme der hypothecirten Schulden den Betrag der
Entschädigung überschreitet.

§. 10. Jst die Gesammtsumme der gedachten Schul-
den so bedeutend, daß der Mehrbetrag, um welchen die-
[Spaltenumbruch] selbe den Capitalsbetrag der Entschädigung überschreitet,
zwei Drittheile des Werthes — den Grund und Bo-
den ohne die aufgelassenen Bezüge hat — übersteigt, so
ist die Vertheilung der Schulden in folgender Ordnung
vorzunehmen:

a ) Auf dem Grunde haben die in günstigster Priorität
stehenden Forderungen bis zu dem Belaufe von zwei
Drittheilen von dessen Werthe zu verbleiben;

b ) auf das Capital der gebührenden Entschädigung werden
die in der Priorität unmittelbar auf jene unter a ) fol-
genden Forderungen bis zur Erschöpfung des gedach-
ten Capitals übertragen;

c ) erübrigen noch hypothecirte Forderungen, welche auf
dieses Capital nicht übertragen werden können, so
bleiben dieselben auf dem Grunde in ihrer Priorität
und schließen sich nach Ausscheidung jener unter b ) an
die unter a ) aufgeführten der Reihenfolge nach an.

§. 11. Jn den Fällen der §§. 9 und 10 haben jedoch
die in günstigerer Priorität stehenden Gläubiger gegen-
über der ihnen in der Priorität nachfolgenden, die Wahl,
ob sie mit ihren Forderungen ganz oder zum Theile auf
dem Grunde verbleiben oder dieselben auf das Capital
der Entschädigung wollen übertragen lassen.

§. 12. Bei der Ueberweisung hypothecirter Schulden
auf das Capital der Entschädigung sind die rückständigen
Zinsen in dem Maße, in welchem ihnen gleiche Priorität
mit dem Capitale zusteht, in Anschlag zu bringen.

§. 13. Die Forderungen, welche auf das Capital der
Entschädigung gewiesen werden, sind von dem Gute zu
löschen, und dagegen in die öffentlichen Bücher, die bei
der Verwaltungsbehörde des Entschädigungsfondes wer-
den errichtet werden, zu übertragen.

Der Gutseigenthümer hört dadurch auf, Schuldner
der übertragenen Schulden zu sein, und der Entschädi-
gungsfond tritt an die Stelle des bisherigen Schuldners.

§. 14. Jst die Liquidität einer Forderung, welche die
Reihenfolge zur Uebertragung auf das Capital der Ent-
schädigung nach den gegenwärtigen Grundsätzen zu treffen
hätte, oder die Größe einer solchen Forderung streitig, so
versucht das Gericht vor Allem, einen Vergleich zwischen
den streitenden Theilen zu vermitteln. Gelingt dieses nicht,
so wird einstweilen die Forderung oder der streitige Be-
trag derselben mit dem Vorbehalte der weiteren Austra-
gung auf das Capital der Entschädigung gewiesen und
den Parteien überlassen, ihren Streit im ordentlichen
Rechtswege zur Entscheidung zu bringen.

Nach dem Ergebnisse dieses abgesonderten Rechtsver-
fahrens wird, so ferne solches eine Aenderung in der ur-
sprünglich ausgesprochenen Ueberweisung der Forderun-
gen auf das Capital der Entschädigung begründet, diese
Aenderung von dem Gerichte über Einschreiten der Be-
theiligten nachträglich ausgesprochen.

§. 15. Gegen die Entscheidungen des Gerichtes über
die Ueberweisung von Schulden auf das Capital der Ent-
schädigung steht Jedem, der sich dadurch in seinen Rech-
ten gekränkt glaubt, der Recurs an das Obergericht, und
überhaupt die Ergreifung derjenigen Rechtsmittel zu, die
in dem Falle der richterlichen Ueberweisung der Hypo-
thekarschulden auf den Kaufpreis einer gerichtlich ver-
äußerten Realität und der Prioritätsfeststellung zwischen
diesen Schulden eingeräumt sind.

§. 16. Besondere Verordnungen werden für das Be-
nehmen der Realgerichtsbehörden bei den auf Grundlage
dieses Patentes vorzunehmenden Amtshandlungen ein
möglichst einfaches und kurzes Verfahren vorzeichnen.

Eben so werden besondere Verordnungen einfache und
feste Anhaltspuncte zur Bestimmung des Werthes der
Güter nach den Verhältnissen der einzelnen Kronländer
festsetzen.

[Ende Spaltensatz]
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[[3113]/0001] Wiener [Abbildung] Zeitung. >Nro 248Donnerstag, den 17. October1850. Jnhalt. Amtlicher Theil. Nichtamtlicher Theil. Oesterreich. Wien. ( Sitzung der Commission für die Londoner Jndustrie=Ausstellung. Telegr. Privat=De- peschen. ) Kronländer. ( Grundentlastung. ) Prag. ( Raufhän- del. ) Lemberg. Von der Mur. Triest. ( Aufenthalt Sr. kais. Hoheit des Erzherzogs Franz Carl. ) Deutschland. München. ( Vermischtes. ) — Kassel. Frankreich. Paris. ( Vermischtes. ) Großbritanien. London. ( Vermischtes. ) Belgien. Brüssel. Rußland. St. Petersburg. Beilage. Amtlicher Theil. Das am 9. October 1850 ausgegebene und versendete CXXXII. Stück des allgemeinen Reichsgesetz= und Re- gierungsblattes für das Kaiserthum Oesterreich, enthält unter Nr. 374 das kaiserliche Patent vom 25. Septem- ber 1850, wirksam für jene Kronländer, in welchen die Verordnungen über die Durchführung der Grundentla- stung bereits erlassen sind, mit Ausnahme von Tirol und Vorarlberg, wodurch die Grundsätze festgestellt werden, nach welchen bei der Leistung der Capitals=Entschädigung für alle in Folge der Durchführung der Grundentlastung aufgehobenen oder ablösbaren Bezüge vorzugehen ist: Wir Franz Joseph der Erste, von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich; König von Hun- garn und Böhmen, König der Lombardei und Ve- nedigs, von Dalmatien, Croatien, Slavonien, Galizien, Lodomerien und Jllyrien, König von Jerusalem ; Erzherzog von Oesterreich; Groß- herzog von Toscana und Krakau; Herzog von Loth- ringen, von Salzburg, Steyer, Kärnthen, Krain und der Bukowina; Großfürst von Siebenbürgen; Markgraf von Mähren; Herzog von Ober= und Nieder=Schlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Te- schen, Friaul, Ragusa und Zara; gefürsteter Graf von Habsburg, von Tirol, von Kyburg, Görz und Gradiska; Fürst von Trient und Brixen; Markgraf von Ober= und Nieder=Lausitz und in Jstrien; Graf von Hohenembs, Feldkirch, Bre- genz, Sonnenberg ; Herr von Triest, von Cat- taro und auf der Windischen Mark; Großwoiwod der Woiwodschaft Serbien haben über Antrag Unseres Ministerrathes nach Maß- gabe des §. 87 der Reichsverfassung beschlossen und ver- fügen, daß bei der Leistung der Capitals=Entschädigung für alle, in Folge der Durchführung der Grundentla- stung aufgehobenen oder ablösbaren Bezüge nach den fol- genden Grundsätzen vorzugehen sei: §. 1. Zur Leistung der Capitals=Entschädigung für alle in Folge der Durchführung der Grundentlastung auf- gehobenen oder ablösbaren Bezüge wird in jedem Kron- lande ein eigener Entschädigungsfond errichtet. §. 2. Dieser Fond wird gebildet: a ) Aus den Einzahlungen, welche die Verpflichteten zu Folge der erlassenen Gesetze und Vorschriften zur Be- richtigung des ihnen an der Entschädigung für die Be- rechtigten obliegenden Antheils leisten. b ) Aus denjenigen Landesfonden, die in den einzelnen Kronländern zur Verwendung für die gedachte Ent- schädigung bestimmt werden; c ) aus den Steuerzuschlägen oder anderen Abgaben, die in den verschiedenen Kronländern zu dem gedachten Zwecke auf gesetzmäßigem Wege ausgeschrieben und eingehoben werden; d ) aus den Beträgen, die der Staatsschatz zur Voll- führung der Grundentlastung vorschießt; e ) aus den Beträgen, welche der Staatsschatz in Folge der ihn unmittelbar treffenden Entschädigung für einige Arten von Veränderungsgebühren dem Entschädigungs- fonde zu zahlen hat. §. 3. Bei der Leistung der Entschädigung für die auf- gehobenen Urbarial= und Zehentschuldigkeiten sollen die Rechte der Hypothekar=Gläubiger auf die in der gegen- wärtigen Verordnung vorgeschriebene Art gewahrt und zur Geltung gebracht werden. §. 4. Jn dem Maße, in welchem die Zuerkennung der Entschädigungs= oder Ablösungs=Capitalien fort- schreitet, sollen über Verständigung der Grundentlastungs- Landes- ( Ministerial= ) Commissionen von den Real=Jn- stanzen der Güter, mit denen das Bezugsrecht auf die aufgehobenen oder ablösbaren Leistungen verbunden ist, alle diejenigen, denen ein Hypothekarrecht auf dem Gute zusteht, unter Vorsetzung einer Frist von sechzig Tagen zur Anmeldung ihrer Forderungen aufgefordert werden. §. 5. Nach Ablauf der zur Anmeldung eingeräumten Frist wird eine Tagsatzung bestimmt, zu welcher der Eigenthümer des Gutes Alle, die eine Forderung ange- meldet haben und ein Vertreter des Entschädigungsfondes mit dem Beisatze vorzuladen sind, daß diejenigen Vorge- ladenen, die ungeachtet der vor der Tagsatzung erfolgten Zustellung der Vorladung selbst, oder durch einen Bevoll- mächtigten zu erscheinen unterlassen, der Mehrheit der Erschienenen werden beigezählt werden. Das Gericht hat bei dieser Tagsatzung zwischen sämmt- lichen erschienenen Parteien die Zustandebringung eines Uebereinkommens darüber zu versuchen, welche Forderun- gen auf die gebührende Entschädigung zu weisen seien, und welche dagegen auf dem Gute selbst zu verbleiben haben. §. 6. Wird ein solches Uebereinkommen erzielt, so hat dasselbe die Wirkungen eines gerichtlichen Vergleiches aus- zuüben. §. 7. Jst ein freiwilliges Uebereinkommen nicht zu Stande gebracht worden, so hat das Gericht nach Anhö- rung aller Theile zu entscheiden, welche Forderungen auf das Entschädigungs=Capital gewiesen werden und welche auf dem Grunde und Boden haftend zu verbleiben haben. §. 8. Bei dieser Entscheidung hat als Grundsatz zu gelten, daß die auf der Realität haftenden Forderungen, die nicht ihrer Natur nach auf Grund und Boden haf- tend bleiben müssen, so weit solche unter dem Capitals- betrage der für die aufgelassenen Bezüge gebührenden Entschädigung stehen, oder denselben gleichkommen, auf die letztere gewiesen werden sollen, um dadurch Grund und Boden von der Hypothekarbelastung in möglichst aus- gedehntem Maße zu befreien. §. 9. Uebersteigen die Schulden den Betrag der ge- bührenden Entschädigung, so ist von denselben derjenige Theil der in günstigster Priorität stehenden Forderungen auf Grund und Boden zu belassen, um welchen die Ge- sammtsumme der hypothecirten Schulden den Betrag der Entschädigung überschreitet. §. 10. Jst die Gesammtsumme der gedachten Schul- den so bedeutend, daß der Mehrbetrag, um welchen die- selbe den Capitalsbetrag der Entschädigung überschreitet, zwei Drittheile des Werthes — den Grund und Bo- den ohne die aufgelassenen Bezüge hat — übersteigt, so ist die Vertheilung der Schulden in folgender Ordnung vorzunehmen: a ) Auf dem Grunde haben die in günstigster Priorität stehenden Forderungen bis zu dem Belaufe von zwei Drittheilen von dessen Werthe zu verbleiben; b ) auf das Capital der gebührenden Entschädigung werden die in der Priorität unmittelbar auf jene unter a ) fol- genden Forderungen bis zur Erschöpfung des gedach- ten Capitals übertragen; c ) erübrigen noch hypothecirte Forderungen, welche auf dieses Capital nicht übertragen werden können, so bleiben dieselben auf dem Grunde in ihrer Priorität und schließen sich nach Ausscheidung jener unter b ) an die unter a ) aufgeführten der Reihenfolge nach an. §. 11. Jn den Fällen der §§. 9 und 10 haben jedoch die in günstigerer Priorität stehenden Gläubiger gegen- über der ihnen in der Priorität nachfolgenden, die Wahl, ob sie mit ihren Forderungen ganz oder zum Theile auf dem Grunde verbleiben oder dieselben auf das Capital der Entschädigung wollen übertragen lassen. §. 12. Bei der Ueberweisung hypothecirter Schulden auf das Capital der Entschädigung sind die rückständigen Zinsen in dem Maße, in welchem ihnen gleiche Priorität mit dem Capitale zusteht, in Anschlag zu bringen. §. 13. Die Forderungen, welche auf das Capital der Entschädigung gewiesen werden, sind von dem Gute zu löschen, und dagegen in die öffentlichen Bücher, die bei der Verwaltungsbehörde des Entschädigungsfondes wer- den errichtet werden, zu übertragen. Der Gutseigenthümer hört dadurch auf, Schuldner der übertragenen Schulden zu sein, und der Entschädi- gungsfond tritt an die Stelle des bisherigen Schuldners. §. 14. Jst die Liquidität einer Forderung, welche die Reihenfolge zur Uebertragung auf das Capital der Ent- schädigung nach den gegenwärtigen Grundsätzen zu treffen hätte, oder die Größe einer solchen Forderung streitig, so versucht das Gericht vor Allem, einen Vergleich zwischen den streitenden Theilen zu vermitteln. Gelingt dieses nicht, so wird einstweilen die Forderung oder der streitige Be- trag derselben mit dem Vorbehalte der weiteren Austra- gung auf das Capital der Entschädigung gewiesen und den Parteien überlassen, ihren Streit im ordentlichen Rechtswege zur Entscheidung zu bringen. Nach dem Ergebnisse dieses abgesonderten Rechtsver- fahrens wird, so ferne solches eine Aenderung in der ur- sprünglich ausgesprochenen Ueberweisung der Forderun- gen auf das Capital der Entschädigung begründet, diese Aenderung von dem Gerichte über Einschreiten der Be- theiligten nachträglich ausgesprochen. §. 15. Gegen die Entscheidungen des Gerichtes über die Ueberweisung von Schulden auf das Capital der Ent- schädigung steht Jedem, der sich dadurch in seinen Rech- ten gekränkt glaubt, der Recurs an das Obergericht, und überhaupt die Ergreifung derjenigen Rechtsmittel zu, die in dem Falle der richterlichen Ueberweisung der Hypo- thekarschulden auf den Kaufpreis einer gerichtlich ver- äußerten Realität und der Prioritätsfeststellung zwischen diesen Schulden eingeräumt sind. §. 16. Besondere Verordnungen werden für das Be- nehmen der Realgerichtsbehörden bei den auf Grundlage dieses Patentes vorzunehmenden Amtshandlungen ein möglichst einfaches und kurzes Verfahren vorzeichnen. Eben so werden besondere Verordnungen einfache und feste Anhaltspuncte zur Bestimmung des Werthes der Güter nach den Verhältnissen der einzelnen Kronländer festsetzen.

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Zitationshilfe: Wiener Zeitung. Nr. 248. [Wien], 17. Oktober 1850, S. [3113]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_wiener248_1850/1>, abgerufen am 21.11.2024.