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Wiener Zeitung. Nr. 282. [Wien], 26. November 1850.

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[Beginn Spaltensatz] sisch=Schlesischen Eisenbahn für den Staat zur Bera-
thung angesetzt. Bekanntlich hat die zweite Kammer
diesen Gegenstand bereits berathen und dem von der
Staatsregierung mit der Sächsisch=Schlesischen Eisen-
bahngesellschaft abgeschlossenen Vertrage ohne Debatte
und einstimmig ihre Genehmigung ertheilt. Die Depu-
tation der ersten Kammer empfiehlt jetzt nicht nur diesem
Hauptantrage, sondern auch sämmtlichen Nebenanträ-
gen der jenseitigen Kammer allenthalben beizutreten.

Bevor die Deputation zu diesem ausführlich motivir-
ten Antrage gelangt ist, konnte sie nicht der gewichtigen
Einwendungen uneingedenk bleiben, welche bei der jüngst
in Frage gewesenen Erwerbung der Chemnitz=Risaer
Eisenbahn, gegen die Erwerbung von Privat=Eisenbah-
nen überhaupt von Seiten des Staates, erhoben worden
waren.

Es scheinen sich ihr diese Einwendungen sofort durch die
einzige Bemerkung widerlegen zu lassen, welche die Staats-
regierung gewisser Maßen an die Spitze ihrer Beweggründe
stellt, wenn sie erklärt: "es sei von Niemand zu verkennen,
wie wichtig es sei, wenn die, das Gedeihen des öffentlichen
und Privatverkehrs, mithin eines Theils der Wohlfahrt
Aller, so wesentlich bedingenden Anstalten, wie Eisenbah-
nen dies sind, von der Gesetzgebung und Verwaltung des
Staates unmittelbar abhängig seien, um den Zwecken
des Staates, d. i. dem Gemeinwohl, als ihrer höch-
sten und letzten Bestimmung, ausschließlich dienen zu
können."

Allein es glaubt die Deputation eben so von einer Kri-
tik dieser Motive, wie von einer sonstigen Widerlegung
der, nur das Princip der Erwerbung von Eisenbahnen
berührenden Bedenken und Einwendungen absehen zu kön-
nen, weil darüber, daß und wenn die Sächsisch=Schle-
sische Eisenbahn von dem Staate erworben werden könne
und solle, bereits in den Concessionsbedingungen und Sta-
tuten der Gesellschaft feste, im Einverständniß der Stände
getroffene Bestimmungen vereinbart worden, gegenwärtig
mithin darauf nicht wieder zurückgekommen werden kann,
und es sich jetzt nur um eine Anticipation der Erwer-
bung und deren Räthlichkeit handelt.

Sie weist sodann namentlich auch nach, daß die
Staatsregierung ihrer Verpflichtung, bei dem vorliegen-
den Geschäft vornehmlich das finanzielle Jnteresse des
Staats zu wahren, auf das vollkommenste genügt hat,
und spricht schließlich nach Erwägung aller Umstände die
Ueberzeugung aus, "daß gerade der gegenwärtige Zeit-
punct es sei, zu welchem allein das fragliche Geschäft
auf eine für beide Theile gleich günstige Weise zum
Abschluß gebracht werden könne, und daß, ließe man
denselben unbenutzt vorüber gehen, die Wiederkehr ei-
ner andern eben so vortheilhaften Gelegenheit hierzu
nicht wohl abzusehen wäre."

Die vorzüglichsten Vortheile des Ankaufs bestehen nach
Ansicht der Deputation im Wesentlichen darin, daß 1 )
die Bahn vollendet und gut gebaut ist, 2 ) deren Erwer-
bung weder ein Bau= noch Betriebs= Capital erheischt,
3 ) zum Ankauf nur ganz unbedeutende Geldmittel erfor-
derlich sind und sich 4 ) von dem Erkauf unbestreitbar eben
so mannichfache, wie wesentliche Vortheile für die Säch-
sisch=Böhmische Bahn und durch eine gemeinschaftliche
Regie beider Bahnlinien erwarten lassen.

Die Debalte eröffnete Professor Dr. Tuch mit der
Anziehung folgender Stelle des Deputations=Berichts:

"Es muß aber in dieser Hinsicht darauf hingewiesen
werden, daß, wenn nach Artikel 14 des zwischen der
königlich Sächsischen und der königlich Preußischen Re-
gierung unter dem 14. Juli 1843 errichteten Staats-
vertrages die letztere berechtigt ist, die innerhalb ihres
Gebiets gelegene Bahnstrecke ( von Reichenbach bis Gör-
litz ) erst nach Verlauf von 30 Jahren, nach Eröffnung
der Bahn gerechnet, gegen Erstattung des Anlage=Capi-
tals zu erwerben, diese Bestimmung allerdings in dem
jetzt eingetretenen Falle alterirt werden kann. Für den
Fall nämlich, daß die königlich Sächsische Regierung
veranlaßt sein sollte, das Eigenthum der Bahn von Dres-
den nach Görlitz früher zu erwerben und den Betrieb auf
selbiger für eigene Rechnung zu übernehmen, ist in dem
Artikel 18 des angezogenen Vertrags eine weitere Ver-
ständigung zwischen den contrahirenden Regierungen,
über die sich solchen Falls als nothwendig oder wünschens-
werth ergebende Modification der in den Artikeln 10 bis
17 enthaltenen Verabredungen vorbehalten worden, welche
die Möglichkeit einer frühern Erwerbung der betreffenden
Bahnstrecke für die königlich Preußische Regierung nicht
ausschließt."

Das Kammermitglied richtet alsdann hierauf bezüglich
die Anfrage an die Deputation, ob dieselbe im Stande
sei, über diesen Vorbehalt der Preußischen Regierung
nähere Aufklärungen zu geben, und falls dies geschehen
könne, trage er darauf an, daß die Sitzung in eine ge-
heime verwandelt werde. Nach einigen erwidernden Be-
merkungen des Referenten wurden, da der Antrag des
Professors Dr. Tuch zahlreiche Unterstützung gefunden
[Spaltenumbruch] hatte, die Gallerien geräumt und die Sitzung in eine ge-
heime verwandelt.

Dieselbe dauerte bis nach 3 / 4 2 Uhr, und da die öf-
fentliche Sitzung von da ab nicht wieder begann, so ist,
wie das "Dresd. J." bemerkt, anzunehmen, daß der Ge-
stand überhaupt in der geheimen Sitzung zur Erledigung
gekommen sein wird, obschon anderer Seits zu vermuthen
steht, daß die Abstimmung erst in der nächsten öffentli-
chen Sitzung zu bewerkstelligen sein dürfte.

Karlsruhe, 19. November. Jn der heutigen Si-
tzung der zweiten Kammer legt Prestinari zwei Commis-
sionsberichte über die Gesetzesentwürfe, den Kriegszustand
und das Standrecht betreffend, vor. Hägelin übergibt
seinen Bericht über Aufsuchung und Prüfung der seit dem
Landtage 1846 und theilweise früher erschienenen provi-
sorischen Gesetze und Verordnungen. Die Kammer be-
schließt wie bei Prestinaris Berichten den Vorausdruck.
Staatsrath Regenauer legt das außerordentliche Budget
für die Jahre 1850 und 1851 vor und stellt in Aussicht,
daß die Regierung schon in der nächsten Woche über den
dermaligen Stand der Finanzen und über die Beischaf-
fung von außerordentlichen Deckungsmitteln eine weitere
Vorlage machen werde. Durch Staatsrath Freiherrn v.
Marschall wird der Entwurf eines Wiesen=Culturgesetzes
übergeben, welchen die Kammer in die Abtheilungen ver-
weist. Metzger berichtet über einen Gesetzesentwurf, wo-
nach die Gemeinde Rineck, im Amtsbezirke Mosbach,
für aufgelöst erklärt wird, und beantragt dessen Annah-
me. Die Kammer nimmt, nachdem Schaaff von Mos-
bach der Regierung seinen Dank für ihre dahin bezügli-
che Verwendung und für die Unterstützung von 600 Rin-
ecker Auswanderern ausgesprochen, den Antrag ohne
weitere Debatten mit allen Stimmen gegen eine an.
Nachdem Hilbebrand über die an die Commission wie-
der zurückgewiesenen §§. 15 und 17 des Gesetzes, das
Vereins= und Versammlungsrecht betreffend, Bericht er-
stattet und deren Annahme in etwas veränderter Form
beantragt hatte, nimmt die Kammer das ganze Gesetz
in seiner nunmehrigen Fassung mit allen Stimmen gegen
drei an. -- Dennigs Bericht über das Budget des Eisen-
bahnbaues für 1850 und 1851 und die Nachweisungen
über die im Laufe der letzten Budgetsperiode vollzogenen
Arbeiten und deren Kosten kam sofort zur Berathung.
Die Commission stellte folgende Anträge: 1 ) die Nach-
weisungen über die Verwendungen bis 1. Jänner 1850
für den Bau der Badischen Hauptbahn im Betrage
von 23.040.430 fl. 46 kr. für gerechtfertigt zu er-
klären, den Gesammtaufwand für dieselbe mit 23 Mill.
552.033 fl. 56 kr. zu genehmigen und von dem Rest-
bedürfniß von 511.603 fl. 10 kr. die Summe von
499.603 fl. 10 kr. als Budgetsatz für die Jahre 1850
und 1851 zu bewilligen; 2 ) die Verwendungen für die
Zweigbahn nach Baden a ) für die Bahn mit 267.143 fl.
18 kr., b ) für die Station 151.931 fl. 12 kr., für die Zweig-
bahn von Friedrichsfeld nach Mannheim mit 261.059 fl.
2 kr., für Herstellung eines zweiten Geleises auf der
südlichen Bahnseite zwischen Heidelberg und Friedrichs-
feld mit 206.376 fl. 12 kr. als gerechtfertigt anzuerken-
nen. Diese Beträge als Gesammt=Aufwand in das Bud-
get aufzunehmen und die betreffenden Bauten für beendigt
und die frühern weitern Credite für erloschen zu erklären;
3 ) die Ausgaben bis 1. Jänner 1850 für Herstellung
eines zweiten Geleises zwischen Heidelberg und der süd-
lichen Landesgränze, ausschließlich der Verwaltungskosten,
im Betrage von 4.938.942 fl. 27 kr. für gerechtfertigt
zu erklären und den Gesammt=Aufwand mit 6.176.616 fl.
und das Restbedürfniß mit 1.237.673 fl. 33 kr. vorbe-
haltlich späterer Bewilligung, vor dem Ausbau der noch
rückständigen Strecken, vorläufig anzuerkennen. 4 ) Den
Ueberschlag über die Herstellungskosten des zweiten Ge-
leises zwischen Mannheim und Heidelberg mit 559.000 fl.
anzuerkennen, und diese Summe, vorbehaltlich späterer
Bewilligung, als Gesammt=Aufwand und Restbedürfniß
in das Budget vorläufig aufzunehmen. 5 ) Die Nachwei-
sungen über die Kosten für Erweiterung des Mannhei-
mer Bahnhofes, a ) für die Section 49.238 fl. 47 kr.,
b ) für die Station mit 181.486 fl. 29 kr. für gerechtfer-
tigt zu erklären und diese Summe als Gesammt=Aufwand
in das Budget aufzunehmen. 6 ) Den Gesammt=Aufwand
für Herstellung eines elektromagnetischen Telegraphen
längs der Badischen Bahn mit 41.050 fl. zu genehmi-
gen und das Restbedürfniß von 34.200 fl. als Budgetsatz für
1850 und 1851 zu bewilligen. 7 ) Die Nachweisungen über
die eigenen Einnahmen im Betrage von 1.221.118 fl.
24 kr. für gerechtfertigt zu erklären, den Gesammt Ueber-
schlag zu 1.414.587 fl. 51 kr., die Resteinnahme mit
193.469 fl. 27 kr. und den Budgetsatz für 1850 und 1851
mit 83.469 fl. 27 kr. zu genehmigen. 8 ) Die Nachweisun-
gen über die Kosten der Main=Neckar=Eisenbahn bis
zum 1. Jänner 1850 und zwar: die Ausgaben mit
3.615.676 fl. 4 kr., die eigenen Einnahmen mit 136.191 fl.
19 kr. für gerechtfertigt zu erklären und den Badischen
[Spaltenumbruch] Antheil an den Gesammtkosten mit 1.839.000 fl. zu ge-
nehmigen. Nebenbei beantragte die Commission noch
einen dahin gehenden Wunsch zu Protokoll: daß die Ei-
senbahnbauten und Betriebseinrichtungen nur auf das
absolut Nothwendige beschränkt werden möchten, was die
Regierung auch zusagte, und worauf sämmtliche Com-
missionsanträge von der Kammer nach kurzen Debatten
angenommen worden sind. -- Die Tagesordnung führt
zur Berathung des durch Kimmig erstatteten Berichtes
über das ordentliche, nachträgliche und außerordentliche
Budget der Postverwaltung für die Jahre 1850 und
1851, so wie über das ordentliche, außerordentliche und
nachträgliche Budget der Eisenbahnverwaltung für diesel-
ben Jahre. Jn ersterer Beziehung wird der Antrag ge-
stellt: a ) Für das ordentliche Budget: 1 ) die jährliche
Einnahme von 1.211.145 fl., 2 ) die jährliche Ausgabe
von 952.875 st.; b ) für das nachträgliche Budget: die
Einnahmen ( keine ) , die jährlichen Ausgaben mit 200 fl.;
c ) für das ordentliche Budget: Einnahmen ( keine ) , Aus-
gaben für 1850 1000 fl., für 1851 2000 fl. zu geneh-
migen. Jn letzterer Hinsicht beantragt die Commission die
Genehmigung der jährlichen Einnahme von 1.877.831 fl.
und der jährlichen Ausgaben im ordentlichen Budget mit
876.259 fl., im außerordentlichen Budget 9590 fl. und
im Nachtrage für 1850 10.500 fl., für 1851 17.775 fl.,
worauf die Kammer auch einging.

-- Das "Deutsche Volksblatt" veröffentlicht folgende
vom Linzer Katholikenverein beschlossene, von hier abge-
gangene Adresse an den Erzbischof Franzoni in der Ueber-
setzung:

    Hochwürdigster Erzbischof!

Da unsere heilige katholische Kirche, obgleich über den
ganzen Erdkreis verbreitet, einen Leib von Einem Geiste
beseelt bildet: so muß nothwendig, so oft einer unter den-
jenigen, welche die Kirche Gottes regieren, durch einen
hervortretenden Schlag des Schicksals betroffen, oder
durch Ruhm verherrlicht wird, die ganze Gesammtheit
der Gläubigen, welche Kenntniß dahon erhalten, durch
ein gemeinsames Gefühl der Freude oder der Trauer be-
wegt werden. Mit welchen Empfindungen wir daher die
tyrannische Gewalt Deiner Verfolger und Deine Leiden,
hochwürdigster Herr, vernommen, und anderer Seits wie
sehr wir Deine Standhaftigkeit und Deinen Starkmuth in
Vertheidigung der Rechte der Kirche und Deines hohen
Amtes bewundert haben, -- Alles dies ist schwer in
Worten auszusprechen. Sahen wir doch mit dem
höchsten Schmerze, wie wenig das Ansehen des Apo-
stolischen Stuhles und die Treue der Verträge von
den Ministern eines Königs in dieser Angelegenheit
geachtet wurde, und welche Strafen Dir auferlegt
wurden dafür, daß Du diesem Unrechte so muthig
entgegen tratest. Bald gingen aber die Feinde der Kirche,
welche zugleich Feinde des Rechtes sind, noch weiter: sie
wagten es sogar, in das Heiligthum rein kirchlicher An-
gelegenheiten einzudringen, und gegen Deine bischöfliche
Macht in Spendung der Sacramente ihre gewalt-
thätige Wuth zu richten. Aber auch so mitten in
diesem Unglücke hielten wir Dich nicht für unglück-
lich, ja vielmehr für beglückt, da ja Er, bei wel-
chem alle Wahrheit ist, Diejenigen selig preist, welche
der Gerechtigkeit wegen Verfolgung erleiden, weil
das Himmelreich ihnen zu Theil werde. Zugleich ha-
ben wir mitten in dem Schmerze, der uns tief be-
wegt, das feste Vertrauen, daß die Kirche selbst, ge-
gen welche alle diese Angriffe gerichtet wurden, reichli-
chen Gewinn daraus durch Deine Standhaftigkeit ziehen
werde. Dies war die Gesinnung, dies war die Ansicht
von uns Allen, die wir aus allen Theilen Deutschlands
als Abgesandte der Deutschen katholischen Vereine bei der
General=Versammlung zu Linz in Oesterreich vereinigt
waren. Heil Dir, hochwürdigster Kirchenfürst, ob Deiner
Tugend und Deiner Glaubenstreue! Mögst Du uns, die Du
durch Dein Beispiel auf dem Wege des Heiles bestärkt hast,
wir bitten Dich darum, durch Deinen bischöflichen Segen
auf demselben Wege bestärken. Freiburg im Breisgau,
den 9. November 1850. Jm Namen und aus Auftrag
u. s. w. H. v. Andlaw.

Ludwigsburg, 19. November. Heute Mittag
hielt Se. Majestät der König, in Begleitung Sr. k.
Hoheit des Kronprinzen und des Kriegs=Ministers, Gene-
ral=Lieutenant v. Miller Revue über unsere ganze Gar-
nison und wurde bei seinem Erscheinen von den Truppen
mit lebhaften Hoch's empfangen. Nach der Jnspection
ließ Se. Majestät die Remonte=Pferde sich vorführen und
zuletzt die sämmtlichen Truppen -- an 4000 Mann -- vor
sich defiliren.     ( L. T. )

Ulm, 19. November. Se. k. Hoheit der Prinz
Friedrich hat, gestern mit dem letzten Bahnzuge hier an-
gekommen, heute Früh 9 Uhr in der Friedrichsau eine
Jnspection der hier garnisonirenden Württembergischen
Truppen vorgenommen, und ist dann sogleich wieder nach
Stuttgart zurückgekehrt. Das hier verbreitete Gerücht
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] sisch=Schlesischen Eisenbahn für den Staat zur Bera-
thung angesetzt. Bekanntlich hat die zweite Kammer
diesen Gegenstand bereits berathen und dem von der
Staatsregierung mit der Sächsisch=Schlesischen Eisen-
bahngesellschaft abgeschlossenen Vertrage ohne Debatte
und einstimmig ihre Genehmigung ertheilt. Die Depu-
tation der ersten Kammer empfiehlt jetzt nicht nur diesem
Hauptantrage, sondern auch sämmtlichen Nebenanträ-
gen der jenseitigen Kammer allenthalben beizutreten.

Bevor die Deputation zu diesem ausführlich motivir-
ten Antrage gelangt ist, konnte sie nicht der gewichtigen
Einwendungen uneingedenk bleiben, welche bei der jüngst
in Frage gewesenen Erwerbung der Chemnitz=Risaer
Eisenbahn, gegen die Erwerbung von Privat=Eisenbah-
nen überhaupt von Seiten des Staates, erhoben worden
waren.

Es scheinen sich ihr diese Einwendungen sofort durch die
einzige Bemerkung widerlegen zu lassen, welche die Staats-
regierung gewisser Maßen an die Spitze ihrer Beweggründe
stellt, wenn sie erklärt: „es sei von Niemand zu verkennen,
wie wichtig es sei, wenn die, das Gedeihen des öffentlichen
und Privatverkehrs, mithin eines Theils der Wohlfahrt
Aller, so wesentlich bedingenden Anstalten, wie Eisenbah-
nen dies sind, von der Gesetzgebung und Verwaltung des
Staates unmittelbar abhängig seien, um den Zwecken
des Staates, d. i. dem Gemeinwohl, als ihrer höch-
sten und letzten Bestimmung, ausschließlich dienen zu
können.“

Allein es glaubt die Deputation eben so von einer Kri-
tik dieser Motive, wie von einer sonstigen Widerlegung
der, nur das Princip der Erwerbung von Eisenbahnen
berührenden Bedenken und Einwendungen absehen zu kön-
nen, weil darüber, daß und wenn die Sächsisch=Schle-
sische Eisenbahn von dem Staate erworben werden könne
und solle, bereits in den Concessionsbedingungen und Sta-
tuten der Gesellschaft feste, im Einverständniß der Stände
getroffene Bestimmungen vereinbart worden, gegenwärtig
mithin darauf nicht wieder zurückgekommen werden kann,
und es sich jetzt nur um eine Anticipation der Erwer-
bung und deren Räthlichkeit handelt.

Sie weist sodann namentlich auch nach, daß die
Staatsregierung ihrer Verpflichtung, bei dem vorliegen-
den Geschäft vornehmlich das finanzielle Jnteresse des
Staats zu wahren, auf das vollkommenste genügt hat,
und spricht schließlich nach Erwägung aller Umstände die
Ueberzeugung aus, „daß gerade der gegenwärtige Zeit-
punct es sei, zu welchem allein das fragliche Geschäft
auf eine für beide Theile gleich günstige Weise zum
Abschluß gebracht werden könne, und daß, ließe man
denselben unbenutzt vorüber gehen, die Wiederkehr ei-
ner andern eben so vortheilhaften Gelegenheit hierzu
nicht wohl abzusehen wäre.“

Die vorzüglichsten Vortheile des Ankaufs bestehen nach
Ansicht der Deputation im Wesentlichen darin, daß 1 )
die Bahn vollendet und gut gebaut ist, 2 ) deren Erwer-
bung weder ein Bau= noch Betriebs= Capital erheischt,
3 ) zum Ankauf nur ganz unbedeutende Geldmittel erfor-
derlich sind und sich 4 ) von dem Erkauf unbestreitbar eben
so mannichfache, wie wesentliche Vortheile für die Säch-
sisch=Böhmische Bahn und durch eine gemeinschaftliche
Regie beider Bahnlinien erwarten lassen.

Die Debalte eröffnete Professor Dr. Tuch mit der
Anziehung folgender Stelle des Deputations=Berichts:

„Es muß aber in dieser Hinsicht darauf hingewiesen
werden, daß, wenn nach Artikel 14 des zwischen der
königlich Sächsischen und der königlich Preußischen Re-
gierung unter dem 14. Juli 1843 errichteten Staats-
vertrages die letztere berechtigt ist, die innerhalb ihres
Gebiets gelegene Bahnstrecke ( von Reichenbach bis Gör-
litz ) erst nach Verlauf von 30 Jahren, nach Eröffnung
der Bahn gerechnet, gegen Erstattung des Anlage=Capi-
tals zu erwerben, diese Bestimmung allerdings in dem
jetzt eingetretenen Falle alterirt werden kann. Für den
Fall nämlich, daß die königlich Sächsische Regierung
veranlaßt sein sollte, das Eigenthum der Bahn von Dres-
den nach Görlitz früher zu erwerben und den Betrieb auf
selbiger für eigene Rechnung zu übernehmen, ist in dem
Artikel 18 des angezogenen Vertrags eine weitere Ver-
ständigung zwischen den contrahirenden Regierungen,
über die sich solchen Falls als nothwendig oder wünschens-
werth ergebende Modification der in den Artikeln 10 bis
17 enthaltenen Verabredungen vorbehalten worden, welche
die Möglichkeit einer frühern Erwerbung der betreffenden
Bahnstrecke für die königlich Preußische Regierung nicht
ausschließt.“

Das Kammermitglied richtet alsdann hierauf bezüglich
die Anfrage an die Deputation, ob dieselbe im Stande
sei, über diesen Vorbehalt der Preußischen Regierung
nähere Aufklärungen zu geben, und falls dies geschehen
könne, trage er darauf an, daß die Sitzung in eine ge-
heime verwandelt werde. Nach einigen erwidernden Be-
merkungen des Referenten wurden, da der Antrag des
Professors Dr. Tuch zahlreiche Unterstützung gefunden
[Spaltenumbruch] hatte, die Gallerien geräumt und die Sitzung in eine ge-
heime verwandelt.

Dieselbe dauerte bis nach 3 / 4 2 Uhr, und da die öf-
fentliche Sitzung von da ab nicht wieder begann, so ist,
wie das „Dresd. J.“ bemerkt, anzunehmen, daß der Ge-
stand überhaupt in der geheimen Sitzung zur Erledigung
gekommen sein wird, obschon anderer Seits zu vermuthen
steht, daß die Abstimmung erst in der nächsten öffentli-
chen Sitzung zu bewerkstelligen sein dürfte.

Karlsruhe, 19. November. Jn der heutigen Si-
tzung der zweiten Kammer legt Prestinari zwei Commis-
sionsberichte über die Gesetzesentwürfe, den Kriegszustand
und das Standrecht betreffend, vor. Hägelin übergibt
seinen Bericht über Aufsuchung und Prüfung der seit dem
Landtage 1846 und theilweise früher erschienenen provi-
sorischen Gesetze und Verordnungen. Die Kammer be-
schließt wie bei Prestinaris Berichten den Vorausdruck.
Staatsrath Regenauer legt das außerordentliche Budget
für die Jahre 1850 und 1851 vor und stellt in Aussicht,
daß die Regierung schon in der nächsten Woche über den
dermaligen Stand der Finanzen und über die Beischaf-
fung von außerordentlichen Deckungsmitteln eine weitere
Vorlage machen werde. Durch Staatsrath Freiherrn v.
Marschall wird der Entwurf eines Wiesen=Culturgesetzes
übergeben, welchen die Kammer in die Abtheilungen ver-
weist. Metzger berichtet über einen Gesetzesentwurf, wo-
nach die Gemeinde Rineck, im Amtsbezirke Mosbach,
für aufgelöst erklärt wird, und beantragt dessen Annah-
me. Die Kammer nimmt, nachdem Schaaff von Mos-
bach der Regierung seinen Dank für ihre dahin bezügli-
che Verwendung und für die Unterstützung von 600 Rin-
ecker Auswanderern ausgesprochen, den Antrag ohne
weitere Debatten mit allen Stimmen gegen eine an.
Nachdem Hilbebrand über die an die Commission wie-
der zurückgewiesenen §§. 15 und 17 des Gesetzes, das
Vereins= und Versammlungsrecht betreffend, Bericht er-
stattet und deren Annahme in etwas veränderter Form
beantragt hatte, nimmt die Kammer das ganze Gesetz
in seiner nunmehrigen Fassung mit allen Stimmen gegen
drei an. — Dennigs Bericht über das Budget des Eisen-
bahnbaues für 1850 und 1851 und die Nachweisungen
über die im Laufe der letzten Budgetsperiode vollzogenen
Arbeiten und deren Kosten kam sofort zur Berathung.
Die Commission stellte folgende Anträge: 1 ) die Nach-
weisungen über die Verwendungen bis 1. Jänner 1850
für den Bau der Badischen Hauptbahn im Betrage
von 23.040.430 fl. 46 kr. für gerechtfertigt zu er-
klären, den Gesammtaufwand für dieselbe mit 23 Mill.
552.033 fl. 56 kr. zu genehmigen und von dem Rest-
bedürfniß von 511.603 fl. 10 kr. die Summe von
499.603 fl. 10 kr. als Budgetsatz für die Jahre 1850
und 1851 zu bewilligen; 2 ) die Verwendungen für die
Zweigbahn nach Baden a ) für die Bahn mit 267.143 fl.
18 kr., b ) für die Station 151.931 fl. 12 kr., für die Zweig-
bahn von Friedrichsfeld nach Mannheim mit 261.059 fl.
2 kr., für Herstellung eines zweiten Geleises auf der
südlichen Bahnseite zwischen Heidelberg und Friedrichs-
feld mit 206.376 fl. 12 kr. als gerechtfertigt anzuerken-
nen. Diese Beträge als Gesammt=Aufwand in das Bud-
get aufzunehmen und die betreffenden Bauten für beendigt
und die frühern weitern Credite für erloschen zu erklären;
3 ) die Ausgaben bis 1. Jänner 1850 für Herstellung
eines zweiten Geleises zwischen Heidelberg und der süd-
lichen Landesgränze, ausschließlich der Verwaltungskosten,
im Betrage von 4.938.942 fl. 27 kr. für gerechtfertigt
zu erklären und den Gesammt=Aufwand mit 6.176.616 fl.
und das Restbedürfniß mit 1.237.673 fl. 33 kr. vorbe-
haltlich späterer Bewilligung, vor dem Ausbau der noch
rückständigen Strecken, vorläufig anzuerkennen. 4 ) Den
Ueberschlag über die Herstellungskosten des zweiten Ge-
leises zwischen Mannheim und Heidelberg mit 559.000 fl.
anzuerkennen, und diese Summe, vorbehaltlich späterer
Bewilligung, als Gesammt=Aufwand und Restbedürfniß
in das Budget vorläufig aufzunehmen. 5 ) Die Nachwei-
sungen über die Kosten für Erweiterung des Mannhei-
mer Bahnhofes, a ) für die Section 49.238 fl. 47 kr.,
b ) für die Station mit 181.486 fl. 29 kr. für gerechtfer-
tigt zu erklären und diese Summe als Gesammt=Aufwand
in das Budget aufzunehmen. 6 ) Den Gesammt=Aufwand
für Herstellung eines elektromagnetischen Telegraphen
längs der Badischen Bahn mit 41.050 fl. zu genehmi-
gen und das Restbedürfniß von 34.200 fl. als Budgetsatz für
1850 und 1851 zu bewilligen. 7 ) Die Nachweisungen über
die eigenen Einnahmen im Betrage von 1.221.118 fl.
24 kr. für gerechtfertigt zu erklären, den Gesammt Ueber-
schlag zu 1.414.587 fl. 51 kr., die Resteinnahme mit
193.469 fl. 27 kr. und den Budgetsatz für 1850 und 1851
mit 83.469 fl. 27 kr. zu genehmigen. 8 ) Die Nachweisun-
gen über die Kosten der Main=Neckar=Eisenbahn bis
zum 1. Jänner 1850 und zwar: die Ausgaben mit
3.615.676 fl. 4 kr., die eigenen Einnahmen mit 136.191 fl.
19 kr. für gerechtfertigt zu erklären und den Badischen
[Spaltenumbruch] Antheil an den Gesammtkosten mit 1.839.000 fl. zu ge-
nehmigen. Nebenbei beantragte die Commission noch
einen dahin gehenden Wunsch zu Protokoll: daß die Ei-
senbahnbauten und Betriebseinrichtungen nur auf das
absolut Nothwendige beschränkt werden möchten, was die
Regierung auch zusagte, und worauf sämmtliche Com-
missionsanträge von der Kammer nach kurzen Debatten
angenommen worden sind. — Die Tagesordnung führt
zur Berathung des durch Kimmig erstatteten Berichtes
über das ordentliche, nachträgliche und außerordentliche
Budget der Postverwaltung für die Jahre 1850 und
1851, so wie über das ordentliche, außerordentliche und
nachträgliche Budget der Eisenbahnverwaltung für diesel-
ben Jahre. Jn ersterer Beziehung wird der Antrag ge-
stellt: a ) Für das ordentliche Budget: 1 ) die jährliche
Einnahme von 1.211.145 fl., 2 ) die jährliche Ausgabe
von 952.875 st.; b ) für das nachträgliche Budget: die
Einnahmen ( keine ) , die jährlichen Ausgaben mit 200 fl.;
c ) für das ordentliche Budget: Einnahmen ( keine ) , Aus-
gaben für 1850 1000 fl., für 1851 2000 fl. zu geneh-
migen. Jn letzterer Hinsicht beantragt die Commission die
Genehmigung der jährlichen Einnahme von 1.877.831 fl.
und der jährlichen Ausgaben im ordentlichen Budget mit
876.259 fl., im außerordentlichen Budget 9590 fl. und
im Nachtrage für 1850 10.500 fl., für 1851 17.775 fl.,
worauf die Kammer auch einging.

— Das „Deutsche Volksblatt“ veröffentlicht folgende
vom Linzer Katholikenverein beschlossene, von hier abge-
gangene Adresse an den Erzbischof Franzoni in der Ueber-
setzung:

    Hochwürdigster Erzbischof!

Da unsere heilige katholische Kirche, obgleich über den
ganzen Erdkreis verbreitet, einen Leib von Einem Geiste
beseelt bildet: so muß nothwendig, so oft einer unter den-
jenigen, welche die Kirche Gottes regieren, durch einen
hervortretenden Schlag des Schicksals betroffen, oder
durch Ruhm verherrlicht wird, die ganze Gesammtheit
der Gläubigen, welche Kenntniß dahon erhalten, durch
ein gemeinsames Gefühl der Freude oder der Trauer be-
wegt werden. Mit welchen Empfindungen wir daher die
tyrannische Gewalt Deiner Verfolger und Deine Leiden,
hochwürdigster Herr, vernommen, und anderer Seits wie
sehr wir Deine Standhaftigkeit und Deinen Starkmuth in
Vertheidigung der Rechte der Kirche und Deines hohen
Amtes bewundert haben, — Alles dies ist schwer in
Worten auszusprechen. Sahen wir doch mit dem
höchsten Schmerze, wie wenig das Ansehen des Apo-
stolischen Stuhles und die Treue der Verträge von
den Ministern eines Königs in dieser Angelegenheit
geachtet wurde, und welche Strafen Dir auferlegt
wurden dafür, daß Du diesem Unrechte so muthig
entgegen tratest. Bald gingen aber die Feinde der Kirche,
welche zugleich Feinde des Rechtes sind, noch weiter: sie
wagten es sogar, in das Heiligthum rein kirchlicher An-
gelegenheiten einzudringen, und gegen Deine bischöfliche
Macht in Spendung der Sacramente ihre gewalt-
thätige Wuth zu richten. Aber auch so mitten in
diesem Unglücke hielten wir Dich nicht für unglück-
lich, ja vielmehr für beglückt, da ja Er, bei wel-
chem alle Wahrheit ist, Diejenigen selig preist, welche
der Gerechtigkeit wegen Verfolgung erleiden, weil
das Himmelreich ihnen zu Theil werde. Zugleich ha-
ben wir mitten in dem Schmerze, der uns tief be-
wegt, das feste Vertrauen, daß die Kirche selbst, ge-
gen welche alle diese Angriffe gerichtet wurden, reichli-
chen Gewinn daraus durch Deine Standhaftigkeit ziehen
werde. Dies war die Gesinnung, dies war die Ansicht
von uns Allen, die wir aus allen Theilen Deutschlands
als Abgesandte der Deutschen katholischen Vereine bei der
General=Versammlung zu Linz in Oesterreich vereinigt
waren. Heil Dir, hochwürdigster Kirchenfürst, ob Deiner
Tugend und Deiner Glaubenstreue! Mögst Du uns, die Du
durch Dein Beispiel auf dem Wege des Heiles bestärkt hast,
wir bitten Dich darum, durch Deinen bischöflichen Segen
auf demselben Wege bestärken. Freiburg im Breisgau,
den 9. November 1850. Jm Namen und aus Auftrag
u. s. w. H. v. Andlaw.

Ludwigsburg, 19. November. Heute Mittag
hielt Se. Majestät der König, in Begleitung Sr. k.
Hoheit des Kronprinzen und des Kriegs=Ministers, Gene-
ral=Lieutenant v. Miller Revue über unsere ganze Gar-
nison und wurde bei seinem Erscheinen von den Truppen
mit lebhaften Hoch's empfangen. Nach der Jnspection
ließ Se. Majestät die Remonte=Pferde sich vorführen und
zuletzt die sämmtlichen Truppen — an 4000 Mann — vor
sich defiliren.     ( L. T. )

Ulm, 19. November. Se. k. Hoheit der Prinz
Friedrich hat, gestern mit dem letzten Bahnzuge hier an-
gekommen, heute Früh 9 Uhr in der Friedrichsau eine
Jnspection der hier garnisonirenden Württembergischen
Truppen vorgenommen, und ist dann sogleich wieder nach
Stuttgart zurückgekehrt. Das hier verbreitete Gerücht
[Ende Spaltensatz]

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[3576/0004] 3576 sisch=Schlesischen Eisenbahn für den Staat zur Bera- thung angesetzt. Bekanntlich hat die zweite Kammer diesen Gegenstand bereits berathen und dem von der Staatsregierung mit der Sächsisch=Schlesischen Eisen- bahngesellschaft abgeschlossenen Vertrage ohne Debatte und einstimmig ihre Genehmigung ertheilt. Die Depu- tation der ersten Kammer empfiehlt jetzt nicht nur diesem Hauptantrage, sondern auch sämmtlichen Nebenanträ- gen der jenseitigen Kammer allenthalben beizutreten. Bevor die Deputation zu diesem ausführlich motivir- ten Antrage gelangt ist, konnte sie nicht der gewichtigen Einwendungen uneingedenk bleiben, welche bei der jüngst in Frage gewesenen Erwerbung der Chemnitz=Risaer Eisenbahn, gegen die Erwerbung von Privat=Eisenbah- nen überhaupt von Seiten des Staates, erhoben worden waren. Es scheinen sich ihr diese Einwendungen sofort durch die einzige Bemerkung widerlegen zu lassen, welche die Staats- regierung gewisser Maßen an die Spitze ihrer Beweggründe stellt, wenn sie erklärt: „es sei von Niemand zu verkennen, wie wichtig es sei, wenn die, das Gedeihen des öffentlichen und Privatverkehrs, mithin eines Theils der Wohlfahrt Aller, so wesentlich bedingenden Anstalten, wie Eisenbah- nen dies sind, von der Gesetzgebung und Verwaltung des Staates unmittelbar abhängig seien, um den Zwecken des Staates, d. i. dem Gemeinwohl, als ihrer höch- sten und letzten Bestimmung, ausschließlich dienen zu können.“ Allein es glaubt die Deputation eben so von einer Kri- tik dieser Motive, wie von einer sonstigen Widerlegung der, nur das Princip der Erwerbung von Eisenbahnen berührenden Bedenken und Einwendungen absehen zu kön- nen, weil darüber, daß und wenn die Sächsisch=Schle- sische Eisenbahn von dem Staate erworben werden könne und solle, bereits in den Concessionsbedingungen und Sta- tuten der Gesellschaft feste, im Einverständniß der Stände getroffene Bestimmungen vereinbart worden, gegenwärtig mithin darauf nicht wieder zurückgekommen werden kann, und es sich jetzt nur um eine Anticipation der Erwer- bung und deren Räthlichkeit handelt. Sie weist sodann namentlich auch nach, daß die Staatsregierung ihrer Verpflichtung, bei dem vorliegen- den Geschäft vornehmlich das finanzielle Jnteresse des Staats zu wahren, auf das vollkommenste genügt hat, und spricht schließlich nach Erwägung aller Umstände die Ueberzeugung aus, „daß gerade der gegenwärtige Zeit- punct es sei, zu welchem allein das fragliche Geschäft auf eine für beide Theile gleich günstige Weise zum Abschluß gebracht werden könne, und daß, ließe man denselben unbenutzt vorüber gehen, die Wiederkehr ei- ner andern eben so vortheilhaften Gelegenheit hierzu nicht wohl abzusehen wäre.“ Die vorzüglichsten Vortheile des Ankaufs bestehen nach Ansicht der Deputation im Wesentlichen darin, daß 1 ) die Bahn vollendet und gut gebaut ist, 2 ) deren Erwer- bung weder ein Bau= noch Betriebs= Capital erheischt, 3 ) zum Ankauf nur ganz unbedeutende Geldmittel erfor- derlich sind und sich 4 ) von dem Erkauf unbestreitbar eben so mannichfache, wie wesentliche Vortheile für die Säch- sisch=Böhmische Bahn und durch eine gemeinschaftliche Regie beider Bahnlinien erwarten lassen. Die Debalte eröffnete Professor Dr. Tuch mit der Anziehung folgender Stelle des Deputations=Berichts: „Es muß aber in dieser Hinsicht darauf hingewiesen werden, daß, wenn nach Artikel 14 des zwischen der königlich Sächsischen und der königlich Preußischen Re- gierung unter dem 14. Juli 1843 errichteten Staats- vertrages die letztere berechtigt ist, die innerhalb ihres Gebiets gelegene Bahnstrecke ( von Reichenbach bis Gör- litz ) erst nach Verlauf von 30 Jahren, nach Eröffnung der Bahn gerechnet, gegen Erstattung des Anlage=Capi- tals zu erwerben, diese Bestimmung allerdings in dem jetzt eingetretenen Falle alterirt werden kann. Für den Fall nämlich, daß die königlich Sächsische Regierung veranlaßt sein sollte, das Eigenthum der Bahn von Dres- den nach Görlitz früher zu erwerben und den Betrieb auf selbiger für eigene Rechnung zu übernehmen, ist in dem Artikel 18 des angezogenen Vertrags eine weitere Ver- ständigung zwischen den contrahirenden Regierungen, über die sich solchen Falls als nothwendig oder wünschens- werth ergebende Modification der in den Artikeln 10 bis 17 enthaltenen Verabredungen vorbehalten worden, welche die Möglichkeit einer frühern Erwerbung der betreffenden Bahnstrecke für die königlich Preußische Regierung nicht ausschließt.“ Das Kammermitglied richtet alsdann hierauf bezüglich die Anfrage an die Deputation, ob dieselbe im Stande sei, über diesen Vorbehalt der Preußischen Regierung nähere Aufklärungen zu geben, und falls dies geschehen könne, trage er darauf an, daß die Sitzung in eine ge- heime verwandelt werde. Nach einigen erwidernden Be- merkungen des Referenten wurden, da der Antrag des Professors Dr. Tuch zahlreiche Unterstützung gefunden hatte, die Gallerien geräumt und die Sitzung in eine ge- heime verwandelt. Dieselbe dauerte bis nach 3 / 4 2 Uhr, und da die öf- fentliche Sitzung von da ab nicht wieder begann, so ist, wie das „Dresd. J.“ bemerkt, anzunehmen, daß der Ge- stand überhaupt in der geheimen Sitzung zur Erledigung gekommen sein wird, obschon anderer Seits zu vermuthen steht, daß die Abstimmung erst in der nächsten öffentli- chen Sitzung zu bewerkstelligen sein dürfte. Karlsruhe, 19. November. Jn der heutigen Si- tzung der zweiten Kammer legt Prestinari zwei Commis- sionsberichte über die Gesetzesentwürfe, den Kriegszustand und das Standrecht betreffend, vor. Hägelin übergibt seinen Bericht über Aufsuchung und Prüfung der seit dem Landtage 1846 und theilweise früher erschienenen provi- sorischen Gesetze und Verordnungen. Die Kammer be- schließt wie bei Prestinaris Berichten den Vorausdruck. Staatsrath Regenauer legt das außerordentliche Budget für die Jahre 1850 und 1851 vor und stellt in Aussicht, daß die Regierung schon in der nächsten Woche über den dermaligen Stand der Finanzen und über die Beischaf- fung von außerordentlichen Deckungsmitteln eine weitere Vorlage machen werde. Durch Staatsrath Freiherrn v. Marschall wird der Entwurf eines Wiesen=Culturgesetzes übergeben, welchen die Kammer in die Abtheilungen ver- weist. Metzger berichtet über einen Gesetzesentwurf, wo- nach die Gemeinde Rineck, im Amtsbezirke Mosbach, für aufgelöst erklärt wird, und beantragt dessen Annah- me. Die Kammer nimmt, nachdem Schaaff von Mos- bach der Regierung seinen Dank für ihre dahin bezügli- che Verwendung und für die Unterstützung von 600 Rin- ecker Auswanderern ausgesprochen, den Antrag ohne weitere Debatten mit allen Stimmen gegen eine an. Nachdem Hilbebrand über die an die Commission wie- der zurückgewiesenen §§. 15 und 17 des Gesetzes, das Vereins= und Versammlungsrecht betreffend, Bericht er- stattet und deren Annahme in etwas veränderter Form beantragt hatte, nimmt die Kammer das ganze Gesetz in seiner nunmehrigen Fassung mit allen Stimmen gegen drei an. — Dennigs Bericht über das Budget des Eisen- bahnbaues für 1850 und 1851 und die Nachweisungen über die im Laufe der letzten Budgetsperiode vollzogenen Arbeiten und deren Kosten kam sofort zur Berathung. Die Commission stellte folgende Anträge: 1 ) die Nach- weisungen über die Verwendungen bis 1. Jänner 1850 für den Bau der Badischen Hauptbahn im Betrage von 23.040.430 fl. 46 kr. für gerechtfertigt zu er- klären, den Gesammtaufwand für dieselbe mit 23 Mill. 552.033 fl. 56 kr. zu genehmigen und von dem Rest- bedürfniß von 511.603 fl. 10 kr. die Summe von 499.603 fl. 10 kr. als Budgetsatz für die Jahre 1850 und 1851 zu bewilligen; 2 ) die Verwendungen für die Zweigbahn nach Baden a ) für die Bahn mit 267.143 fl. 18 kr., b ) für die Station 151.931 fl. 12 kr., für die Zweig- bahn von Friedrichsfeld nach Mannheim mit 261.059 fl. 2 kr., für Herstellung eines zweiten Geleises auf der südlichen Bahnseite zwischen Heidelberg und Friedrichs- feld mit 206.376 fl. 12 kr. als gerechtfertigt anzuerken- nen. Diese Beträge als Gesammt=Aufwand in das Bud- get aufzunehmen und die betreffenden Bauten für beendigt und die frühern weitern Credite für erloschen zu erklären; 3 ) die Ausgaben bis 1. Jänner 1850 für Herstellung eines zweiten Geleises zwischen Heidelberg und der süd- lichen Landesgränze, ausschließlich der Verwaltungskosten, im Betrage von 4.938.942 fl. 27 kr. für gerechtfertigt zu erklären und den Gesammt=Aufwand mit 6.176.616 fl. und das Restbedürfniß mit 1.237.673 fl. 33 kr. vorbe- haltlich späterer Bewilligung, vor dem Ausbau der noch rückständigen Strecken, vorläufig anzuerkennen. 4 ) Den Ueberschlag über die Herstellungskosten des zweiten Ge- leises zwischen Mannheim und Heidelberg mit 559.000 fl. anzuerkennen, und diese Summe, vorbehaltlich späterer Bewilligung, als Gesammt=Aufwand und Restbedürfniß in das Budget vorläufig aufzunehmen. 5 ) Die Nachwei- sungen über die Kosten für Erweiterung des Mannhei- mer Bahnhofes, a ) für die Section 49.238 fl. 47 kr., b ) für die Station mit 181.486 fl. 29 kr. für gerechtfer- tigt zu erklären und diese Summe als Gesammt=Aufwand in das Budget aufzunehmen. 6 ) Den Gesammt=Aufwand für Herstellung eines elektromagnetischen Telegraphen längs der Badischen Bahn mit 41.050 fl. zu genehmi- gen und das Restbedürfniß von 34.200 fl. als Budgetsatz für 1850 und 1851 zu bewilligen. 7 ) Die Nachweisungen über die eigenen Einnahmen im Betrage von 1.221.118 fl. 24 kr. für gerechtfertigt zu erklären, den Gesammt Ueber- schlag zu 1.414.587 fl. 51 kr., die Resteinnahme mit 193.469 fl. 27 kr. und den Budgetsatz für 1850 und 1851 mit 83.469 fl. 27 kr. zu genehmigen. 8 ) Die Nachweisun- gen über die Kosten der Main=Neckar=Eisenbahn bis zum 1. Jänner 1850 und zwar: die Ausgaben mit 3.615.676 fl. 4 kr., die eigenen Einnahmen mit 136.191 fl. 19 kr. für gerechtfertigt zu erklären und den Badischen Antheil an den Gesammtkosten mit 1.839.000 fl. zu ge- nehmigen. Nebenbei beantragte die Commission noch einen dahin gehenden Wunsch zu Protokoll: daß die Ei- senbahnbauten und Betriebseinrichtungen nur auf das absolut Nothwendige beschränkt werden möchten, was die Regierung auch zusagte, und worauf sämmtliche Com- missionsanträge von der Kammer nach kurzen Debatten angenommen worden sind. — Die Tagesordnung führt zur Berathung des durch Kimmig erstatteten Berichtes über das ordentliche, nachträgliche und außerordentliche Budget der Postverwaltung für die Jahre 1850 und 1851, so wie über das ordentliche, außerordentliche und nachträgliche Budget der Eisenbahnverwaltung für diesel- ben Jahre. Jn ersterer Beziehung wird der Antrag ge- stellt: a ) Für das ordentliche Budget: 1 ) die jährliche Einnahme von 1.211.145 fl., 2 ) die jährliche Ausgabe von 952.875 st.; b ) für das nachträgliche Budget: die Einnahmen ( keine ) , die jährlichen Ausgaben mit 200 fl.; c ) für das ordentliche Budget: Einnahmen ( keine ) , Aus- gaben für 1850 1000 fl., für 1851 2000 fl. zu geneh- migen. Jn letzterer Hinsicht beantragt die Commission die Genehmigung der jährlichen Einnahme von 1.877.831 fl. und der jährlichen Ausgaben im ordentlichen Budget mit 876.259 fl., im außerordentlichen Budget 9590 fl. und im Nachtrage für 1850 10.500 fl., für 1851 17.775 fl., worauf die Kammer auch einging. — Das „Deutsche Volksblatt“ veröffentlicht folgende vom Linzer Katholikenverein beschlossene, von hier abge- gangene Adresse an den Erzbischof Franzoni in der Ueber- setzung: Hochwürdigster Erzbischof! Da unsere heilige katholische Kirche, obgleich über den ganzen Erdkreis verbreitet, einen Leib von Einem Geiste beseelt bildet: so muß nothwendig, so oft einer unter den- jenigen, welche die Kirche Gottes regieren, durch einen hervortretenden Schlag des Schicksals betroffen, oder durch Ruhm verherrlicht wird, die ganze Gesammtheit der Gläubigen, welche Kenntniß dahon erhalten, durch ein gemeinsames Gefühl der Freude oder der Trauer be- wegt werden. Mit welchen Empfindungen wir daher die tyrannische Gewalt Deiner Verfolger und Deine Leiden, hochwürdigster Herr, vernommen, und anderer Seits wie sehr wir Deine Standhaftigkeit und Deinen Starkmuth in Vertheidigung der Rechte der Kirche und Deines hohen Amtes bewundert haben, — Alles dies ist schwer in Worten auszusprechen. Sahen wir doch mit dem höchsten Schmerze, wie wenig das Ansehen des Apo- stolischen Stuhles und die Treue der Verträge von den Ministern eines Königs in dieser Angelegenheit geachtet wurde, und welche Strafen Dir auferlegt wurden dafür, daß Du diesem Unrechte so muthig entgegen tratest. Bald gingen aber die Feinde der Kirche, welche zugleich Feinde des Rechtes sind, noch weiter: sie wagten es sogar, in das Heiligthum rein kirchlicher An- gelegenheiten einzudringen, und gegen Deine bischöfliche Macht in Spendung der Sacramente ihre gewalt- thätige Wuth zu richten. Aber auch so mitten in diesem Unglücke hielten wir Dich nicht für unglück- lich, ja vielmehr für beglückt, da ja Er, bei wel- chem alle Wahrheit ist, Diejenigen selig preist, welche der Gerechtigkeit wegen Verfolgung erleiden, weil das Himmelreich ihnen zu Theil werde. Zugleich ha- ben wir mitten in dem Schmerze, der uns tief be- wegt, das feste Vertrauen, daß die Kirche selbst, ge- gen welche alle diese Angriffe gerichtet wurden, reichli- chen Gewinn daraus durch Deine Standhaftigkeit ziehen werde. Dies war die Gesinnung, dies war die Ansicht von uns Allen, die wir aus allen Theilen Deutschlands als Abgesandte der Deutschen katholischen Vereine bei der General=Versammlung zu Linz in Oesterreich vereinigt waren. Heil Dir, hochwürdigster Kirchenfürst, ob Deiner Tugend und Deiner Glaubenstreue! Mögst Du uns, die Du durch Dein Beispiel auf dem Wege des Heiles bestärkt hast, wir bitten Dich darum, durch Deinen bischöflichen Segen auf demselben Wege bestärken. Freiburg im Breisgau, den 9. November 1850. Jm Namen und aus Auftrag u. s. w. H. v. Andlaw. Ludwigsburg, 19. November. Heute Mittag hielt Se. Majestät der König, in Begleitung Sr. k. Hoheit des Kronprinzen und des Kriegs=Ministers, Gene- ral=Lieutenant v. Miller Revue über unsere ganze Gar- nison und wurde bei seinem Erscheinen von den Truppen mit lebhaften Hoch's empfangen. Nach der Jnspection ließ Se. Majestät die Remonte=Pferde sich vorführen und zuletzt die sämmtlichen Truppen — an 4000 Mann — vor sich defiliren. ( L. T. ) Ulm, 19. November. Se. k. Hoheit der Prinz Friedrich hat, gestern mit dem letzten Bahnzuge hier an- gekommen, heute Früh 9 Uhr in der Friedrichsau eine Jnspection der hier garnisonirenden Württembergischen Truppen vorgenommen, und ist dann sogleich wieder nach Stuttgart zurückgekehrt. Das hier verbreitete Gerücht

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Zitationshilfe: Wiener Zeitung. Nr. 282. [Wien], 26. November 1850, S. 3576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_wiener282_1850/4>, abgerufen am 21.11.2024.