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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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Mienen und Gebehrden, gleichsam als hätte
jeder ein unsichtbares Werkzeug in Händen,
womit er eifrig arbeite. Zugleich ließ sich
eine sanfte, aber tief bewegende Musik in
der Luft hören, die von den im Saale sich
wunderlich durcheinander schlingenden Ster¬
nen, und den übrigen sonderbaren Bewegun¬
gen zu entstehen schien. Die Sterne schwan¬
gen sich, bald langsam, bald schnell, in be¬
ständig veränderten Linien umher, und bil¬
deten, nach dem Gange der Musik, die Fi¬
guren der Blätter auf das kunstreichste
nach. Die Musik wechselte, wie die Bilder
auf dem Tische, unaufhörlich, und so wun¬
derlich und hart auch die Übergänge nicht
selten waren, so schien doch nur Ein einfa¬
ches Thema das Ganze zu verbinden. Mit
einer unglaublichen Leichtigkeit flogen die
Sterne den Bildern nach. Sie waren bald
alle in Einer großen Verschlingung, bald

Mienen und Gebehrden, gleichſam als hätte
jeder ein unſichtbares Werkzeug in Händen,
womit er eifrig arbeite. Zugleich ließ ſich
eine ſanfte, aber tief bewegende Muſik in
der Luft hören, die von den im Saale ſich
wunderlich durcheinander ſchlingenden Ster¬
nen, und den übrigen ſonderbaren Bewegun¬
gen zu entſtehen ſchien. Die Sterne ſchwan¬
gen ſich, bald langſam, bald ſchnell, in be¬
ſtändig veränderten Linien umher, und bil¬
deten, nach dem Gange der Muſik, die Fi¬
guren der Blätter auf das kunſtreichſte
nach. Die Muſik wechſelte, wie die Bilder
auf dem Tiſche, unaufhörlich, und ſo wun¬
derlich und hart auch die Übergänge nicht
ſelten waren, ſo ſchien doch nur Ein einfa¬
ches Thema das Ganze zu verbinden. Mit
einer unglaublichen Leichtigkeit flogen die
Sterne den Bildern nach. Sie waren bald
alle in Einer großen Verſchlingung, bald

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[276/0284] Mienen und Gebehrden, gleichſam als hätte jeder ein unſichtbares Werkzeug in Händen, womit er eifrig arbeite. Zugleich ließ ſich eine ſanfte, aber tief bewegende Muſik in der Luft hören, die von den im Saale ſich wunderlich durcheinander ſchlingenden Ster¬ nen, und den übrigen ſonderbaren Bewegun¬ gen zu entſtehen ſchien. Die Sterne ſchwan¬ gen ſich, bald langſam, bald ſchnell, in be¬ ſtändig veränderten Linien umher, und bil¬ deten, nach dem Gange der Muſik, die Fi¬ guren der Blätter auf das kunſtreichſte nach. Die Muſik wechſelte, wie die Bilder auf dem Tiſche, unaufhörlich, und ſo wun¬ derlich und hart auch die Übergänge nicht ſelten waren, ſo ſchien doch nur Ein einfa¬ ches Thema das Ganze zu verbinden. Mit einer unglaublichen Leichtigkeit flogen die Sterne den Bildern nach. Sie waren bald alle in Einer großen Verſchlingung, bald

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/284>, abgerufen am 21.11.2024.