Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

kommen. Von allen Seiten strömten seine
Diener herzu, deren seltsame Gestalten und
Trachten Ginnistan unendlich ergötzten, und
den tapfern Eros nicht erschreckten. Erstere
grüßte ihre alten Bekannten, und alle er¬
schienen vor ihr mit neuer Stärke und in der
ganzen Herrlichkeit ihrer Naturen. Der un¬
gestüme Geist der Flut folgte der sanften
Ebbe. Die alten Orkane legten sich an die
klopfende Brust der heißen leidenschaftlichen
Erdbeben. Die zärtlichen Regenschauer sa¬
hen sich nach dem bunten Bogen um,
der von der Sonne, die ihn mehr anzieht,
entfernt, bleich da stand. Der rauhe Donner
schalt über die Thorheiten der Blitze, hinter
den unzähligen Wolken hervor, die mit tau¬
send Reizen dastanden und die feurigen
Jünglinge lockten. Die beyden lieblichen
Schwestern, Morgen und Abend, freuten sich
vorzüglich über die beyden Ankömmlinge.

kommen. Von allen Seiten ſtrömten ſeine
Diener herzu, deren ſeltſame Geſtalten und
Trachten Ginniſtan unendlich ergötzten, und
den tapfern Eros nicht erſchreckten. Erſtere
grüßte ihre alten Bekannten, und alle er¬
ſchienen vor ihr mit neuer Stärke und in der
ganzen Herrlichkeit ihrer Naturen. Der un¬
geſtüme Geiſt der Flut folgte der ſanften
Ebbe. Die alten Orkane legten ſich an die
klopfende Bruſt der heißen leidenſchaftlichen
Erdbeben. Die zärtlichen Regenſchauer ſa¬
hen ſich nach dem bunten Bogen um,
der von der Sonne, die ihn mehr anzieht,
entfernt, bleich da ſtand. Der rauhe Donner
ſchalt über die Thorheiten der Blitze, hinter
den unzähligen Wolken hervor, die mit tau¬
ſend Reizen daſtanden und die feurigen
Jünglinge lockten. Die beyden lieblichen
Schweſtern, Morgen und Abend, freuten ſich
vorzüglich über die beyden Ankömmlinge.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0298" n="290"/>
kommen. Von allen Seiten &#x017F;trömten &#x017F;eine<lb/>
Diener herzu, deren &#x017F;elt&#x017F;ame Ge&#x017F;talten und<lb/>
Trachten Ginni&#x017F;tan unendlich ergötzten, und<lb/>
den tapfern Eros nicht er&#x017F;chreckten. Er&#x017F;tere<lb/>
grüßte ihre alten Bekannten, und alle er¬<lb/>
&#x017F;chienen vor ihr mit neuer Stärke und in der<lb/>
ganzen Herrlichkeit ihrer Naturen. Der un¬<lb/>
ge&#x017F;tüme Gei&#x017F;t der Flut folgte der &#x017F;anften<lb/>
Ebbe. Die alten Orkane legten &#x017F;ich an die<lb/>
klopfende Bru&#x017F;t der heißen leiden&#x017F;chaftlichen<lb/>
Erdbeben. Die zärtlichen Regen&#x017F;chauer &#x017F;<lb/>
hen &#x017F;ich nach dem bunten Bogen um,<lb/>
der von der Sonne, die ihn mehr anzieht,<lb/>
entfernt, bleich da &#x017F;tand. Der rauhe Donner<lb/>
&#x017F;chalt über die Thorheiten der Blitze, hinter<lb/>
den unzähligen Wolken hervor, die mit tau¬<lb/>
&#x017F;end Reizen da&#x017F;tanden und die feurigen<lb/>
Jünglinge lockten. Die beyden lieblichen<lb/>
Schwe&#x017F;tern, Morgen und Abend, freuten &#x017F;ich<lb/>
vorzüglich über die beyden Ankömmlinge.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[290/0298] kommen. Von allen Seiten ſtrömten ſeine Diener herzu, deren ſeltſame Geſtalten und Trachten Ginniſtan unendlich ergötzten, und den tapfern Eros nicht erſchreckten. Erſtere grüßte ihre alten Bekannten, und alle er¬ ſchienen vor ihr mit neuer Stärke und in der ganzen Herrlichkeit ihrer Naturen. Der un¬ geſtüme Geiſt der Flut folgte der ſanften Ebbe. Die alten Orkane legten ſich an die klopfende Bruſt der heißen leidenſchaftlichen Erdbeben. Die zärtlichen Regenſchauer ſa¬ hen ſich nach dem bunten Bogen um, der von der Sonne, die ihn mehr anzieht, entfernt, bleich da ſtand. Der rauhe Donner ſchalt über die Thorheiten der Blitze, hinter den unzähligen Wolken hervor, die mit tau¬ ſend Reizen daſtanden und die feurigen Jünglinge lockten. Die beyden lieblichen Schweſtern, Morgen und Abend, freuten ſich vorzüglich über die beyden Ankömmlinge.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/298
Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/298>, abgerufen am 21.11.2024.