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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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spann. Fabel raffte einen Arm voll Fäden
zusammen, nahm Wocken und Spindel, und
hüpfte singend in die Kammer. Sie sah
durch die Öffnung hinaus, und erblickte das
Sternbild des Phönixes. Froh über das
glückliche Zeichen fing sie an lustig zu spin¬
nen, ließ die Kammerthür ein wenig offen,
und sang halbleise:

Erwacht in euren Zellen,
Ihr Kinder alter Zeit;
Laßt eure Ruhestellen,
Der Morgen ist nicht weit.
Ich spinne eure Fäden
In Einen Faden ein;
Aus ist die Zeit der Fehden.
Ein Leben sollt' ihr seyn.
Ein jeder lebt in Allen,
Und All' in Jedem auch.

ſpann. Fabel raffte einen Arm voll Fäden
zuſammen, nahm Wocken und Spindel, und
hüpfte ſingend in die Kammer. Sie ſah
durch die Öffnung hinaus, und erblickte das
Sternbild des Phönixes. Froh über das
glückliche Zeichen fing ſie an luſtig zu ſpin¬
nen, ließ die Kammerthür ein wenig offen,
und ſang halbleiſe:

Erwacht in euren Zellen,
Ihr Kinder alter Zeit;
Laßt eure Ruheſtellen,
Der Morgen iſt nicht weit.
Ich ſpinne eure Fäden
In Einen Faden ein;
Aus iſt die Zeit der Fehden.
Ein Leben ſollt' ihr ſeyn.
Ein jeder lebt in Allen,
Und All' in Jedem auch.
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[302/0310] ſpann. Fabel raffte einen Arm voll Fäden zuſammen, nahm Wocken und Spindel, und hüpfte ſingend in die Kammer. Sie ſah durch die Öffnung hinaus, und erblickte das Sternbild des Phönixes. Froh über das glückliche Zeichen fing ſie an luſtig zu ſpin¬ nen, ließ die Kammerthür ein wenig offen, und ſang halbleiſe: Erwacht in euren Zellen, Ihr Kinder alter Zeit; Laßt eure Ruheſtellen, Der Morgen iſt nicht weit. Ich ſpinne eure Fäden In Einen Faden ein; Aus iſt die Zeit der Fehden. Ein Leben ſollt' ihr ſeyn. Ein jeder lebt in Allen, Und All' in Jedem auch.

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/310>, abgerufen am 21.11.2024.