lebendiger und sinnvoller gewesen seyn, als heut zu Tage. Wirkungen, die jetzt kaum noch die Thiere zu bemerken scheinen, und die Menschen eigentlich allein noch empfin¬ den und genießen, bewegten damals leblose Körper; und so war es möglich, daß kunst¬ reiche Menschen allein Dinge möglich mach¬ ten und Erscheinungen hervorbrachten, die uns jetzt völlig unglaublich und fabelhaft dünken. So sollen vor uralten Zeiten in den Ländern des jetzigen Griechischen Kaiser¬ thums, wie uns Reisende berichtet, die diese Sagen noch dort unter dem gemeinen Volke angetroffen haben, Dichter gewesen seyn, die durch den seltsamen Klang wunderbarer Werkzeuge das geheime Leben der Wälder, die in den Stämmen verborgenen Geister aufgeweckt, in wüsten, verödeten Gegenden den todten Pflanzensaamen erregt, und blüh¬ ende Gärten hervorgerufen, grausame Thiere
lebendiger und ſinnvoller geweſen ſeyn, als heut zu Tage. Wirkungen, die jetzt kaum noch die Thiere zu bemerken ſcheinen, und die Menſchen eigentlich allein noch empfin¬ den und genießen, bewegten damals lebloſe Körper; und ſo war es möglich, daß kunſt¬ reiche Menſchen allein Dinge möglich mach¬ ten und Erſcheinungen hervorbrachten, die uns jetzt völlig unglaublich und fabelhaft dünken. So ſollen vor uralten Zeiten in den Ländern des jetzigen Griechiſchen Kaiſer¬ thums, wie uns Reiſende berichtet, die dieſe Sagen noch dort unter dem gemeinen Volke angetroffen haben, Dichter geweſen ſeyn, die durch den ſeltſamen Klang wunderbarer Werkzeuge das geheime Leben der Wälder, die in den Stämmen verborgenen Geiſter aufgeweckt, in wüſten, verödeten Gegenden den todten Pflanzenſaamen erregt, und blüh¬ ende Gärten hervorgerufen, grauſame Thiere
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0061"n="53"/>
lebendiger und ſinnvoller geweſen ſeyn, als<lb/>
heut zu Tage. Wirkungen, die jetzt kaum<lb/>
noch die Thiere zu bemerken ſcheinen, und<lb/>
die Menſchen eigentlich allein noch empfin¬<lb/>
den und genießen, bewegten damals lebloſe<lb/>
Körper; und ſo war es möglich, daß kunſt¬<lb/>
reiche Menſchen allein Dinge möglich mach¬<lb/>
ten und Erſcheinungen hervorbrachten, die<lb/>
uns jetzt völlig unglaublich und fabelhaft<lb/>
dünken. So ſollen vor uralten Zeiten in<lb/>
den Ländern des jetzigen Griechiſchen Kaiſer¬<lb/>
thums, wie uns Reiſende berichtet, die dieſe<lb/>
Sagen noch dort unter dem gemeinen Volke<lb/>
angetroffen haben, Dichter geweſen ſeyn, die<lb/>
durch den ſeltſamen Klang wunderbarer<lb/>
Werkzeuge das geheime Leben der Wälder,<lb/>
die in den Stämmen verborgenen Geiſter<lb/>
aufgeweckt, in wüſten, verödeten Gegenden<lb/>
den todten Pflanzenſaamen erregt, und blüh¬<lb/>
ende Gärten hervorgerufen, grauſame Thiere<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[53/0061]
lebendiger und ſinnvoller geweſen ſeyn, als
heut zu Tage. Wirkungen, die jetzt kaum
noch die Thiere zu bemerken ſcheinen, und
die Menſchen eigentlich allein noch empfin¬
den und genießen, bewegten damals lebloſe
Körper; und ſo war es möglich, daß kunſt¬
reiche Menſchen allein Dinge möglich mach¬
ten und Erſcheinungen hervorbrachten, die
uns jetzt völlig unglaublich und fabelhaft
dünken. So ſollen vor uralten Zeiten in
den Ländern des jetzigen Griechiſchen Kaiſer¬
thums, wie uns Reiſende berichtet, die dieſe
Sagen noch dort unter dem gemeinen Volke
angetroffen haben, Dichter geweſen ſeyn, die
durch den ſeltſamen Klang wunderbarer
Werkzeuge das geheime Leben der Wälder,
die in den Stämmen verborgenen Geiſter
aufgeweckt, in wüſten, verödeten Gegenden
den todten Pflanzenſaamen erregt, und blüh¬
ende Gärten hervorgerufen, grauſame Thiere
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/61>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.