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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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rung von dem Alten empfangen. Sie weinte
nachher oft in der Einsamkeit, wenn sie ih¬
res traurigen Vaters gedachte: doch verbarg
sie ihren Kummer vor ihrem Geliebten, und
sagte es nur dem Alten, der sie freundlich
tröstete, und ihr die nahe Rückkehr zu ihrem
Vater vorstellte.

Unterdeß war man am Hofe in große
Bestürzung gerathen, als Abends die Prin¬
zessin vermißt wurde. Der König war ganz
außer sich, und schickte überall Leute aus,
sie zu suchen. Kein Mensch wußte sich ihr
Verschwinden zu erklären. Keinem kam ein
heimliches Liebesverständniß in die Gedan¬
ken, und so ahndete man keine Entführung,
da ohnedies kein Mensch weiter fehlte. Auch
nicht zu der entferntesten Vermuthung war
Grund da. Die ausgeschickten Boten kamen
unverrichteter Sache zurück, und der König
fiel in tiefe Traurigkeit. Nur wenn Abends

rung von dem Alten empfangen. Sie weinte
nachher oft in der Einſamkeit, wenn ſie ih¬
res traurigen Vaters gedachte: doch verbarg
ſie ihren Kummer vor ihrem Geliebten, und
ſagte es nur dem Alten, der ſie freundlich
tröſtete, und ihr die nahe Rückkehr zu ihrem
Vater vorſtellte.

Unterdeß war man am Hofe in große
Beſtürzung gerathen, als Abends die Prin¬
zeſſin vermißt wurde. Der König war ganz
außer ſich, und ſchickte überall Leute aus,
ſie zu ſuchen. Kein Menſch wußte ſich ihr
Verſchwinden zu erklären. Keinem kam ein
heimliches Liebesverſtändniß in die Gedan¬
ken, und ſo ahndete man keine Entführung,
da ohnedies kein Menſch weiter fehlte. Auch
nicht zu der entfernteſten Vermuthung war
Grund da. Die ausgeſchickten Boten kamen
unverrichteter Sache zurück, und der König
fiel in tiefe Traurigkeit. Nur wenn Abends

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[87/0095] rung von dem Alten empfangen. Sie weinte nachher oft in der Einſamkeit, wenn ſie ih¬ res traurigen Vaters gedachte: doch verbarg ſie ihren Kummer vor ihrem Geliebten, und ſagte es nur dem Alten, der ſie freundlich tröſtete, und ihr die nahe Rückkehr zu ihrem Vater vorſtellte. Unterdeß war man am Hofe in große Beſtürzung gerathen, als Abends die Prin¬ zeſſin vermißt wurde. Der König war ganz außer ſich, und ſchickte überall Leute aus, ſie zu ſuchen. Kein Menſch wußte ſich ihr Verſchwinden zu erklären. Keinem kam ein heimliches Liebesverſtändniß in die Gedan¬ ken, und ſo ahndete man keine Entführung, da ohnedies kein Menſch weiter fehlte. Auch nicht zu der entfernteſten Vermuthung war Grund da. Die ausgeſchickten Boten kamen unverrichteter Sache zurück, und der König fiel in tiefe Traurigkeit. Nur wenn Abends

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/95>, abgerufen am 23.11.2024.