Nyland, Petrus: Schauplatz Irdischer Geschöpffe. Bd. 1. Osnabrück, 1687.gerechnet haben. Zu Prag die Haupt-Stadt in Böhemen siehet man noch heutiges Tages eine Gedenck-Taffel/ worauff 79. absonderliche Völcker gezehlet werden / welche die schlavonische Sprache reden. Weswegen der Käyser Carolus der vierdte seinen Reichs-Fürsten und Edelen/ nicht ohne erhebliche Ursach/ die schlavonische Sprach so hoch recommendirt hat/ und geboten ihre Kinder darinnen unterweisen zu lassen. Die Böhemer seyn an Art und Sitten von der Teutschen Nation wenig unterschieden; Man findet unter ihnen/ gleich wie an vielen Orten in Teutschland gebäruchlich ist/ viel Leibeigene/ und seyn die Wittiben und Kinder bey Absterben eines sothanen Haußvatters gehalten ihre Freyheit vor eine sichere summa Geldes von ihren Lands-Herrn oder Edelen zu kauffen/ und zu fordern/ so fern sie in den vorigen Leib-Eigenthumb und Gütern verbleiben wollen. Die Böhemer rühmen sehr/ und halten sich gargroß mit ihren schwären wolschmeckenden Bier/ dafür sie nicht leicht den Wein begehren. Der gemeine Land-Mann nimbt den Ackerbaw/ und Hopffen-Garten/ mit Fleiß in acht; Auff die Jagt seyn sie auch wohl abgerichtet/ und bringen die abgestreiffte Felle in grosser Menge in den Städten zu kauffe/ welche damit / wie auch mit den Hopffen/ Leinwad und Bergwercken grossen Handel treiben. Die alten Böhemen seyn Götzendiener gewesen/ und haben ihre Abgötter mit besondern Nahmen unterschieden/ als Suantewitz/ daß ist/ heilig Liecht/ und diesen hielten sie vor den obersten Gott. Zernebog/ daß ist/ schwartze Gott / und Juderbog, daß ist/ morgen Gott. Im Jahr. 995. seyn sie zu dem Christlichen Glauben gebracht/ und haben sich unter den Gehorsam der römischen Kirchen begeben. Im Jahr 1408. seyn die Schrifften Johannis Wicklefs/ eines Engeländers / wieder die römischen Kirchen auß Liecht kommen/ und zu Prag auff der hohen Schul unter den Gelehrten venrilirt worden. Alhie hat sich Johannes Hus als ein grosser Vorfechter derselben offenbahret/ wodurch grosse Streitigkeiten entstanden. Dieser Johannes Hus hat einen grossen Beyfall und Zulauff so wohl der Gelahrten als der gemeinen Leute bekommen/ und seyn nach seinen Nahmen Hussiten genennet worden/ woher in Teutschland dieß folgende Sprichwort entstanden. Ein Schwab ein Schwetzer; Ein Böhm ein Ketzer. gerechnet haben. Zu Prag die Haupt-Stadt in Böhemen siehet man noch heutiges Tages eine Gedenck-Taffel/ worauff 79. absonderliche Völcker gezehlet werden / welche die schlavonische Sprache reden. Weswegen der Käyser Carolus der vierdte seinen Reichs-Fürsten und Edelen/ nicht ohne erhebliche Ursach/ die schlavonische Sprach so hoch recommendirt hat/ und geboten ihre Kinder darinnen unterweisen zu lassen. Die Böhemer seyn an Art und Sitten von der Teutschen Nation wenig unterschieden; Man findet unter ihnen/ gleich wie an vielen Orten in Teutschland gebäruchlich ist/ viel Leibeigene/ und seyn die Wittiben und Kinder bey Absterben eines sothanen Haußvatters gehalten ihre Freyheit vor eine sichere summa Geldes von ihren Lands-Herrn oder Edelen zu kauffen/ und zu fordern/ so fern sie in den vorigen Leib-Eigenthumb und Gütern verbleiben wollen. Die Böhemer rühmen sehr/ und halten sich gargroß mit ihren schwären wolschmeckenden Bier/ dafür sie nicht leicht den Wein begehren. Der gemeine Land-Mann nimbt den Ackerbaw/ und Hopffen-Garten/ mit Fleiß in acht; Auff die Jagt seyn sie auch wohl abgerichtet/ und bringen die abgestreiffte Felle in grosser Menge in den Städten zu kauffe/ welche damit / wie auch mit den Hopffen/ Leinwad und Bergwercken grossen Handel treiben. Die alten Böhemen seyn Götzendiener gewesen/ und haben ihre Abgötter mit besondern Nahmen unterschieden/ als Suantewitz/ daß ist/ heilig Liecht/ und diesen hielten sie vor den obersten Gott. Zernebog/ daß ist/ schwartze Gott / und Juderbog, daß ist/ morgen Gott. Im Jahr. 995. seyn sie zu dem Christlichen Glauben gebracht/ und haben sich unter den Gehorsam der römischen Kirchen begeben. Im Jahr 1408. seyn die Schrifften Johannis Wicklefs/ eines Engeländers / wieder die römischen Kirchen auß Liecht kom̃en/ und zu Prag auff der hohen Schul unter den Gelehrten venrilirt worden. Alhie hat sich Johannes Hus als ein grosser Vorfechter derselben offenbahret/ wodurch grosse Streitigkeiten entstanden. Dieser Johannes Hus hat einen grossen Beyfall und Zulauff so wohl der Gelahrten als der gemeinen Leute bekommen/ und seyn nach seinen Nahmen Hussiten genennet worden/ woher in Teutschland dieß folgende Sprichwort entstanden. Ein Schwab ein Schwetzer; Ein Böhm ein Ketzer. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0102" n="90"/> gerechnet haben. Zu Prag die Haupt-Stadt in Böhemen siehet man noch heutiges Tages eine Gedenck-Taffel/ worauff 79. absonderliche Völcker gezehlet werden / welche die schlavonische Sprache reden. Weswegen der Käyser Carolus der vierdte seinen Reichs-Fürsten und Edelen/ nicht ohne erhebliche Ursach/ die schlavonische Sprach so hoch recommendirt hat/ und geboten ihre Kinder darinnen unterweisen zu lassen.</p> <p>Die Böhemer seyn an Art und Sitten von der Teutschen Nation wenig unterschieden; Man findet unter ihnen/ gleich wie an vielen Orten in Teutschland gebäruchlich ist/ viel Leibeigene/ und seyn die Wittiben und Kinder bey Absterben eines sothanen Haußvatters gehalten ihre Freyheit vor eine sichere summa Geldes von ihren Lands-Herrn oder Edelen zu kauffen/ und zu fordern/ so fern sie in den vorigen Leib-Eigenthumb und Gütern verbleiben wollen.</p> <p>Die Böhemer rühmen sehr/ und halten sich gargroß mit ihren schwären wolschmeckenden Bier/ dafür sie nicht leicht den Wein begehren.</p> <p>Der gemeine Land-Mann nimbt den Ackerbaw/ und Hopffen-Garten/ mit Fleiß in acht; Auff die Jagt seyn sie auch wohl abgerichtet/ und bringen die abgestreiffte Felle in grosser Menge in den Städten zu kauffe/ welche damit / wie auch mit den Hopffen/ Leinwad und Bergwercken grossen Handel treiben.</p> <p>Die alten Böhemen seyn Götzendiener gewesen/ und haben ihre Abgötter mit besondern Nahmen unterschieden/ als Suantewitz/ daß ist/ heilig Liecht/ und diesen hielten sie vor den obersten Gott. Zernebog/ daß ist/ schwartze Gott / und Juderbog, daß ist/ morgen Gott. Im Jahr. 995. seyn sie zu dem Christlichen Glauben gebracht/ und haben sich unter den Gehorsam der römischen Kirchen begeben. Im Jahr 1408. seyn die Schrifften Johannis Wicklefs/ eines Engeländers / wieder die römischen Kirchen auß Liecht kom̃en/ und zu Prag auff der hohen Schul unter den Gelehrten venrilirt worden. Alhie hat sich Johannes Hus als ein grosser Vorfechter derselben offenbahret/ wodurch grosse Streitigkeiten entstanden. Dieser Johannes Hus hat einen grossen Beyfall und Zulauff so wohl der Gelahrten als der gemeinen Leute bekommen/ und seyn nach seinen Nahmen Hussiten genennet worden/ woher in Teutschland dieß folgende Sprichwort entstanden. Ein Schwab ein Schwetzer; Ein Böhm ein Ketzer.</p> </div> </body> </text> </TEI> [90/0102]
gerechnet haben. Zu Prag die Haupt-Stadt in Böhemen siehet man noch heutiges Tages eine Gedenck-Taffel/ worauff 79. absonderliche Völcker gezehlet werden / welche die schlavonische Sprache reden. Weswegen der Käyser Carolus der vierdte seinen Reichs-Fürsten und Edelen/ nicht ohne erhebliche Ursach/ die schlavonische Sprach so hoch recommendirt hat/ und geboten ihre Kinder darinnen unterweisen zu lassen.
Die Böhemer seyn an Art und Sitten von der Teutschen Nation wenig unterschieden; Man findet unter ihnen/ gleich wie an vielen Orten in Teutschland gebäruchlich ist/ viel Leibeigene/ und seyn die Wittiben und Kinder bey Absterben eines sothanen Haußvatters gehalten ihre Freyheit vor eine sichere summa Geldes von ihren Lands-Herrn oder Edelen zu kauffen/ und zu fordern/ so fern sie in den vorigen Leib-Eigenthumb und Gütern verbleiben wollen.
Die Böhemer rühmen sehr/ und halten sich gargroß mit ihren schwären wolschmeckenden Bier/ dafür sie nicht leicht den Wein begehren.
Der gemeine Land-Mann nimbt den Ackerbaw/ und Hopffen-Garten/ mit Fleiß in acht; Auff die Jagt seyn sie auch wohl abgerichtet/ und bringen die abgestreiffte Felle in grosser Menge in den Städten zu kauffe/ welche damit / wie auch mit den Hopffen/ Leinwad und Bergwercken grossen Handel treiben.
Die alten Böhemen seyn Götzendiener gewesen/ und haben ihre Abgötter mit besondern Nahmen unterschieden/ als Suantewitz/ daß ist/ heilig Liecht/ und diesen hielten sie vor den obersten Gott. Zernebog/ daß ist/ schwartze Gott / und Juderbog, daß ist/ morgen Gott. Im Jahr. 995. seyn sie zu dem Christlichen Glauben gebracht/ und haben sich unter den Gehorsam der römischen Kirchen begeben. Im Jahr 1408. seyn die Schrifften Johannis Wicklefs/ eines Engeländers / wieder die römischen Kirchen auß Liecht kom̃en/ und zu Prag auff der hohen Schul unter den Gelehrten venrilirt worden. Alhie hat sich Johannes Hus als ein grosser Vorfechter derselben offenbahret/ wodurch grosse Streitigkeiten entstanden. Dieser Johannes Hus hat einen grossen Beyfall und Zulauff so wohl der Gelahrten als der gemeinen Leute bekommen/ und seyn nach seinen Nahmen Hussiten genennet worden/ woher in Teutschland dieß folgende Sprichwort entstanden. Ein Schwab ein Schwetzer; Ein Böhm ein Ketzer.
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