Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Der berühmte Ertz-Dieb und Strassen-Räuber Cartouche. Leipzig, 1722.

Bild:
<< vorherige Seite

[Abbildung]

FRanckreich, das berühmteste und angenehmste König-
reich in Europa, ist einige Jahre her von dem Gipf-
pfel seiner Glückseligkeit in den größten Verfall ge-
rathen. Die schwehren Kriege Ludwigs des XIV.
haben den Grund zu diesem Unglück gelegt. Durch
die Würckungen der berüchtigten Constitutions-Af-
faire
ist das gute Vertrauen unter denen Einwohnern verschwunden und
hingegen Mißtrauen und Widerwillen an dessen Stelle getreten. Al-
les ist darüber in Verwirrung gerathen. Auf die Missisippische Zaube-
rey ist der betrüg- und schädliche Actien-Handel gefolget, wodurch 10.
Arme reich und 1000. Reiche arm, das gantze Land aber in unaus-
sprechliches Elend gesetzet worden. Diejenigen Provintzien, so von die-
sem Ubel am weitesten entfernet gewesen, hat hierauf die entsetzliche
Seuche der Pestilentz ergriffen, welche bißher nicht eher zu wütten auf-
gehöret, als biß sie nichts weiter zu verletzen gefunden, und diejenigen,
so noch nicht dadurch überfallen worden, in euserste Furcht setzet. Bey
diesen hefftigen Plagen ist alles in gröste Confusion und Bestürtzung ge-
rathen, welches sich die Boßheit dergestalt zu Nutze zu machen gewust,
daß sie im Trüben zu fischen gesuchet. Weil man aber nicht gleich im
Stande gewesen, derselben gehörigen Einhalt zu thun, so ist das Land da-
durch in noch grösseres Unglück verfallen und bißher eine rechte Räuber-
Mörder- und Diebs-Grube gewesen, dergestalt, daß die Reisenden, ja
in Häusern selbst die Einwohner nicht mehr recht sicher gewesen. Unter
diesem Gottlosen Gesindel hat sich sonderlich einer, Nahmens Claude
Cartouche,
von Geburth ein Pariser, durch Ausübung seiner verdamm-
lichen Profession sehr berühmt gemacht. Jn Franckreich selbst hat man

in
A 2

[Abbildung]

FRanckreich, das beruͤhmteſte und angenehmſte Koͤnig-
reich in Europa, iſt einige Jahre her von dem Gipf-
pfel ſeiner Gluͤckſeligkeit in den groͤßten Verfall ge-
rathen. Die ſchwehren Kriege Ludwigs des XIV.
haben den Grund zu dieſem Ungluͤck gelegt. Durch
die Wuͤrckungen der beruͤchtigten Conſtitutions-Af-
faire
iſt das gute Vertrauen unter denen Einwohnern verſchwunden und
hingegen Mißtrauen und Widerwillen an deſſen Stelle getreten. Al-
les iſt daruͤber in Verwirrung gerathen. Auf die Miſſiſippiſche Zaube-
rey iſt der betruͤg- und ſchaͤdliche Actien-Handel gefolget, wodurch 10.
Arme reich und 1000. Reiche arm, das gantze Land aber in unaus-
ſprechliches Elend geſetzet worden. Diejenigen Provintzien, ſo von die-
ſem Ubel am weiteſten entfernet geweſen, hat hierauf die entſetzliche
Seuche der Peſtilentz ergriffen, welche bißher nicht eher zu wuͤtten auf-
gehoͤret, als biß ſie nichts weiter zu verletzen gefunden, und diejenigen,
ſo noch nicht dadurch uͤberfallen worden, in euſerſte Furcht ſetzet. Bey
dieſen hefftigen Plagen iſt alles in groͤſte Confuſion und Beſtuͤrtzung ge-
rathen, welches ſich die Boßheit dergeſtalt zu Nutze zu machen gewuſt,
daß ſie im Truͤben zu fiſchen geſuchet. Weil man aber nicht gleich im
Stande geweſen, derſelben gehoͤrigen Einhalt zu thun, ſo iſt das Land da-
durch in noch groͤſſeres Ungluͤck verfallen und bißher eine rechte Raͤuber-
Moͤrder- und Diebs-Grube geweſen, dergeſtalt, daß die Reiſenden, ja
in Haͤuſern ſelbſt die Einwohner nicht mehr recht ſicher geweſen. Unter
dieſem Gottloſen Geſindel hat ſich ſonderlich einer, Nahmens Claude
Cartouche,
von Geburth ein Pariſer, durch Ausuͤbung ſeiner verdamm-
lichen Profeſſion ſehr beruͤhmt gemacht. Jn Franckreich ſelbſt hat man

in
A 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0009" n="[3]"/>
        <figure/>
        <p><hi rendition="#in">F</hi>Ranckreich, das beru&#x0364;hmte&#x017F;te und angenehm&#x017F;te Ko&#x0364;nig-<lb/>
reich in Europa, i&#x017F;t einige Jahre her von dem Gipf-<lb/>
pfel &#x017F;einer Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit in den gro&#x0364;ßten Verfall ge-<lb/>
rathen. Die &#x017F;chwehren Kriege Ludwigs des <hi rendition="#aq">XIV.</hi><lb/>
haben den Grund zu die&#x017F;em Unglu&#x0364;ck gelegt. Durch<lb/>
die Wu&#x0364;rckungen der beru&#x0364;chtigten <hi rendition="#aq">Con&#x017F;titutions-Af-<lb/>
faire</hi> i&#x017F;t das gute Vertrauen unter denen Einwohnern ver&#x017F;chwunden und<lb/>
hingegen Mißtrauen und Widerwillen an de&#x017F;&#x017F;en Stelle getreten. Al-<lb/>
les i&#x017F;t daru&#x0364;ber in Verwirrung gerathen. Auf die <hi rendition="#aq">Mi&#x017F;&#x017F;i&#x017F;ippi</hi>&#x017F;che Zaube-<lb/>
rey i&#x017F;t der betru&#x0364;g- und &#x017F;cha&#x0364;dliche <hi rendition="#aq">Acti</hi>en-Handel gefolget, wodurch 10.<lb/>
Arme reich und 1000. Reiche arm, das gantze Land aber in unaus-<lb/>
&#x017F;prechliches Elend ge&#x017F;etzet worden. Diejenigen Provintzien, &#x017F;o von die-<lb/>
&#x017F;em Ubel am weite&#x017F;ten entfernet gewe&#x017F;en, hat hierauf die ent&#x017F;etzliche<lb/>
Seuche der Pe&#x017F;tilentz ergriffen, welche bißher nicht eher zu wu&#x0364;tten auf-<lb/>
geho&#x0364;ret, als biß &#x017F;ie nichts weiter zu verletzen gefunden, und diejenigen,<lb/>
&#x017F;o noch nicht dadurch u&#x0364;berfallen worden, in eu&#x017F;er&#x017F;te Furcht &#x017F;etzet. Bey<lb/>
die&#x017F;en hefftigen Plagen i&#x017F;t alles in gro&#x0364;&#x017F;te <hi rendition="#aq">Confu&#x017F;ion</hi> und Be&#x017F;tu&#x0364;rtzung ge-<lb/>
rathen, welches &#x017F;ich die Boßheit derge&#x017F;talt zu Nutze zu machen gewu&#x017F;t,<lb/>
daß &#x017F;ie im Tru&#x0364;ben zu fi&#x017F;chen ge&#x017F;uchet. Weil man aber nicht gleich im<lb/>
Stande gewe&#x017F;en, der&#x017F;elben geho&#x0364;rigen Einhalt zu thun, &#x017F;o i&#x017F;t das Land da-<lb/>
durch in noch gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;eres Unglu&#x0364;ck verfallen und bißher eine rechte Ra&#x0364;uber-<lb/>
Mo&#x0364;rder- und Diebs-Grube gewe&#x017F;en, derge&#x017F;talt, daß die Rei&#x017F;enden, ja<lb/>
in Ha&#x0364;u&#x017F;ern &#x017F;elb&#x017F;t die Einwohner nicht mehr recht &#x017F;icher gewe&#x017F;en. Unter<lb/>
die&#x017F;em Gottlo&#x017F;en Ge&#x017F;indel hat &#x017F;ich &#x017F;onderlich einer, Nahmens <hi rendition="#aq">Claude<lb/>
Cartouche,</hi> von Geburth ein Pari&#x017F;er, durch Ausu&#x0364;bung &#x017F;einer verdamm-<lb/>
lichen <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;ion</hi> &#x017F;ehr beru&#x0364;hmt gemacht. Jn Franckreich &#x017F;elb&#x017F;t hat man<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 2</fw><fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[3]/0009] [Abbildung] FRanckreich, das beruͤhmteſte und angenehmſte Koͤnig- reich in Europa, iſt einige Jahre her von dem Gipf- pfel ſeiner Gluͤckſeligkeit in den groͤßten Verfall ge- rathen. Die ſchwehren Kriege Ludwigs des XIV. haben den Grund zu dieſem Ungluͤck gelegt. Durch die Wuͤrckungen der beruͤchtigten Conſtitutions-Af- faire iſt das gute Vertrauen unter denen Einwohnern verſchwunden und hingegen Mißtrauen und Widerwillen an deſſen Stelle getreten. Al- les iſt daruͤber in Verwirrung gerathen. Auf die Miſſiſippiſche Zaube- rey iſt der betruͤg- und ſchaͤdliche Actien-Handel gefolget, wodurch 10. Arme reich und 1000. Reiche arm, das gantze Land aber in unaus- ſprechliches Elend geſetzet worden. Diejenigen Provintzien, ſo von die- ſem Ubel am weiteſten entfernet geweſen, hat hierauf die entſetzliche Seuche der Peſtilentz ergriffen, welche bißher nicht eher zu wuͤtten auf- gehoͤret, als biß ſie nichts weiter zu verletzen gefunden, und diejenigen, ſo noch nicht dadurch uͤberfallen worden, in euſerſte Furcht ſetzet. Bey dieſen hefftigen Plagen iſt alles in groͤſte Confuſion und Beſtuͤrtzung ge- rathen, welches ſich die Boßheit dergeſtalt zu Nutze zu machen gewuſt, daß ſie im Truͤben zu fiſchen geſuchet. Weil man aber nicht gleich im Stande geweſen, derſelben gehoͤrigen Einhalt zu thun, ſo iſt das Land da- durch in noch groͤſſeres Ungluͤck verfallen und bißher eine rechte Raͤuber- Moͤrder- und Diebs-Grube geweſen, dergeſtalt, daß die Reiſenden, ja in Haͤuſern ſelbſt die Einwohner nicht mehr recht ſicher geweſen. Unter dieſem Gottloſen Geſindel hat ſich ſonderlich einer, Nahmens Claude Cartouche, von Geburth ein Pariſer, durch Ausuͤbung ſeiner verdamm- lichen Profeſſion ſehr beruͤhmt gemacht. Jn Franckreich ſelbſt hat man in A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/oa_cartouche_1722
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/oa_cartouche_1722/9
Zitationshilfe: [N. N.]: Der berühmte Ertz-Dieb und Strassen-Räuber Cartouche. Leipzig, 1722, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oa_cartouche_1722/9>, abgerufen am 29.04.2024.