Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892.Am 29. Juni 1891, abends nach 6 Uhr wurde in Xanten a./Rh. der etwa fünfjährige Katholikenknabe Jean Hegemann, Sohn des ehrsamen Schreiners Hegemann, ermordet und entblutet in dem Kuhstalle des Stadtverordneten Küppers aufgefunden, nachdem mehrere einwandsfreie Zeugen um 10 Uhr vormittags übereinstimmend gesehen gehabt, wie ihn die alte Frau des mittelbar angrenzenden Schächters und Vorbeters Wolf Buschoff eigenhändig in ihren Laden gezogen hatte. Sofort bezichtigte die öffentliche Meinung sie und ihren Mann unterschiedslos der Thäterschaft. Nichtsdestoweniger aber nahmen die überaus lau vorgehenden Clever Behörden Anstand, durch schleunige Haussuchungen und durch Festnahme der Verdächtigen dem Andrängen der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Man beschränkte sich vielmehr auf Ansuchen der Judenschaft darauf, nach Wochen den Crefelder Polizeikommissar Vorhülsdong - und nachdem es nicht gelungen, den Verdacht von Buschoff etwa auf einen Christen abzuleiten - den Berliner Königlichen Kriminalkommissar Wolff auf den Thatort zu entsenden, um die Juden von dem dringenden Verdacht der Thäterschaft zu entlasten. Letzterer schritt indessen nach wochenlangem rastlosen Forschen zur Dingfestmachung der Familie Buschoff. Am heiligen Christabend wurde dieselbe indessen ungeachtet des vorliegenden vernichtenden Belastungsmaterials außer Verfolgung und auf freien Fuß gesetzt. Sämtliche Judenblätter, voran die "Jüdische Presse", hatten diesen "Sieg" ihren Lesern per Privattelegramm zur Kenntnis gebracht. Am 29. Juni 1891, abends nach 6 Uhr wurde in Xanten a./Rh. der etwa fünfjährige Katholikenknabe Jean Hegemann, Sohn des ehrsamen Schreiners Hegemann, ermordet und entblutet in dem Kuhstalle des Stadtverordneten Küppers aufgefunden, nachdem mehrere einwandsfreie Zeugen um 10 Uhr vormittags übereinstimmend gesehen gehabt, wie ihn die alte Frau des mittelbar angrenzenden Schächters und Vorbeters Wolf Buschoff eigenhändig in ihren Laden gezogen hatte. Sofort bezichtigte die öffentliche Meinung sie und ihren Mann unterschiedslos der Thäterschaft. Nichtsdestoweniger aber nahmen die überaus lau vorgehenden Clever Behörden Anstand, durch schleunige Haussuchungen und durch Festnahme der Verdächtigen dem Andrängen der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Man beschränkte sich vielmehr auf Ansuchen der Judenschaft darauf, nach Wochen den Crefelder Polizeikommissar Vorhülsdong – und nachdem es nicht gelungen, den Verdacht von Buschoff etwa auf einen Christen abzuleiten – den Berliner Königlichen Kriminalkommissar Wolff auf den Thatort zu entsenden, um die Juden von dem dringenden Verdacht der Thäterschaft zu entlasten. Letzterer schritt indessen nach wochenlangem rastlosen Forschen zur Dingfestmachung der Familie Buschoff. Am heiligen Christabend wurde dieselbe indessen ungeachtet des vorliegenden vernichtenden Belastungsmaterials außer Verfolgung und auf freien Fuß gesetzt. Sämtliche Judenblätter, voran die „Jüdische Presse“, hatten diesen „Sieg“ ihren Lesern per Privattelegramm zur Kenntnis gebracht. <TEI> <text> <pb facs="#f0003"/> <body> <div n="1"> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p><hi rendition="#in">A</hi>m 29. Juni 1891, abends nach 6 Uhr wurde in Xanten a./Rh. der etwa fünfjährige Katholikenknabe Jean Hegemann, Sohn des ehrsamen Schreiners Hegemann, ermordet und entblutet in dem Kuhstalle des Stadtverordneten Küppers aufgefunden, nachdem mehrere einwandsfreie Zeugen um 10 Uhr vormittags übereinstimmend gesehen gehabt, wie ihn die alte Frau des mittelbar angrenzenden Schächters und Vorbeters Wolf Buschoff eigenhändig in ihren Laden gezogen hatte. Sofort bezichtigte die öffentliche Meinung sie und ihren Mann unterschiedslos der Thäterschaft. Nichtsdestoweniger aber nahmen die überaus lau vorgehenden Clever Behörden Anstand, durch schleunige Haussuchungen und durch Festnahme der Verdächtigen dem Andrängen der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Man beschränkte sich vielmehr auf Ansuchen der Judenschaft darauf, nach Wochen den Crefelder Polizeikommissar Vorhülsdong – und nachdem es nicht gelungen, den Verdacht von Buschoff etwa auf einen Christen abzuleiten – den Berliner Königlichen Kriminalkommissar Wolff auf den Thatort zu entsenden, um die Juden von dem dringenden Verdacht der Thäterschaft zu entlasten. Letzterer schritt indessen nach wochenlangem rastlosen Forschen zur Dingfestmachung der Familie Buschoff. Am heiligen Christabend wurde dieselbe indessen ungeachtet des vorliegenden vernichtenden Belastungsmaterials außer Verfolgung und auf freien Fuß gesetzt. Sämtliche Judenblätter, voran die „<hi rendition="#g">Jüdische Presse</hi>“, hatten diesen „Sieg“ ihren Lesern per Privattelegramm zur Kenntnis gebracht.</p> </div> </body> </text> </TEI> [0003]
Am 29. Juni 1891, abends nach 6 Uhr wurde in Xanten a./Rh. der etwa fünfjährige Katholikenknabe Jean Hegemann, Sohn des ehrsamen Schreiners Hegemann, ermordet und entblutet in dem Kuhstalle des Stadtverordneten Küppers aufgefunden, nachdem mehrere einwandsfreie Zeugen um 10 Uhr vormittags übereinstimmend gesehen gehabt, wie ihn die alte Frau des mittelbar angrenzenden Schächters und Vorbeters Wolf Buschoff eigenhändig in ihren Laden gezogen hatte. Sofort bezichtigte die öffentliche Meinung sie und ihren Mann unterschiedslos der Thäterschaft. Nichtsdestoweniger aber nahmen die überaus lau vorgehenden Clever Behörden Anstand, durch schleunige Haussuchungen und durch Festnahme der Verdächtigen dem Andrängen der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Man beschränkte sich vielmehr auf Ansuchen der Judenschaft darauf, nach Wochen den Crefelder Polizeikommissar Vorhülsdong – und nachdem es nicht gelungen, den Verdacht von Buschoff etwa auf einen Christen abzuleiten – den Berliner Königlichen Kriminalkommissar Wolff auf den Thatort zu entsenden, um die Juden von dem dringenden Verdacht der Thäterschaft zu entlasten. Letzterer schritt indessen nach wochenlangem rastlosen Forschen zur Dingfestmachung der Familie Buschoff. Am heiligen Christabend wurde dieselbe indessen ungeachtet des vorliegenden vernichtenden Belastungsmaterials außer Verfolgung und auf freien Fuß gesetzt. Sämtliche Judenblätter, voran die „Jüdische Presse“, hatten diesen „Sieg“ ihren Lesern per Privattelegramm zur Kenntnis gebracht.
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