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Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892.

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ein gewisses Mißtrauen gegen die bei der Untersuchung zunächst beteiligten Behörden besteht, und zum anderen, daß die öffentliche Meinung an Ort und Stelle den Schlächter Buschoff nahezu allgemein für den Thäter hält. Das erwähnte Mißtrauen ist bedauerlich; eine ausreichende Unterlage scheint uns dasselbe nicht zu haben. Was sollte die Staatsanwaltschaft und die beteiligten richterlichen Behörden bestimmen, in dieser grausigen Sache nicht mit aller Gewissenhaftigkeit nach dem Schuldigen zu suchen? Die Volksstimme ist noch kein juristischer Beweis, und ohne einen solchen läßt sich nichts machen. Nach unsern Erkundigungen liegt die Sache so: irgend eine andere Thäterschaft als die des Schlächters Buschoff kommt nach dem bisherigen Verlauf der Untersuchung nicht in Frage. Gegen Buschoff liegen Indizien vor, welche ja auch die zeitweise Verhaftung desselben veranlaßt haben, aber diese Indizien scheinen nicht stark genug zu sein, um ein gerichtliches Vorgehen zu ermöglichen. Man kann nur wünschen, daß die Wiederaufnahme der Untersuchung zu einem sichern Ergebnis oder wenigstens zu einer gewissen Beruhigung der öffentlichen Meinung führen werde."

Fürwahr es hieße Zeit und Papier verthun, wollte man solchen haltlosen Erwägungen eine Widerlegung widmen. Man merkt eben aus jedem Wort die Absicht heraus, den bedrohten Juden als Schildhalter zu dienen und die vorgebrachten Thatsachen auf den Kopf zu stellen. Also die "Wiederaufnahme der Untersuchung" durch Herrn Brixius sollte an sich schon hinreichen, in der öffentlichen Meinung eine gewisse Beruhigung herbeizuführen? Mit Recht benutzt die "Neue Deutsche Ztg." diesen Umstand zu folgender treffender Apostrophierung des Justizministers:

"Wie wir in parlamentarischen Kreisen zuverlässig erfahren, werden die Abgeordneten Fritzen und Stöcker in Sachen Buschoff die Staatsregierung bei der Besprechung des Justizetats interpellieren. Auf die Antwort des Justizministers ist man hier aus naheliegenden Gründen sehr gespannt. Herr von Schelling weiß nur zu gut, daß man sich im Centrum und bei den Konservativen durch eine oberflächliche, ausweichende Erklärung nicht abfertigen lassen wird. Daß es

ein gewisses Mißtrauen gegen die bei der Untersuchung zunächst beteiligten Behörden besteht, und zum anderen, daß die öffentliche Meinung an Ort und Stelle den Schlächter Buschoff nahezu allgemein für den Thäter hält. Das erwähnte Mißtrauen ist bedauerlich; eine ausreichende Unterlage scheint uns dasselbe nicht zu haben. Was sollte die Staatsanwaltschaft und die beteiligten richterlichen Behörden bestimmen, in dieser grausigen Sache nicht mit aller Gewissenhaftigkeit nach dem Schuldigen zu suchen? Die Volksstimme ist noch kein juristischer Beweis, und ohne einen solchen läßt sich nichts machen. Nach unsern Erkundigungen liegt die Sache so: irgend eine andere Thäterschaft als die des Schlächters Buschoff kommt nach dem bisherigen Verlauf der Untersuchung nicht in Frage. Gegen Buschoff liegen Indizien vor, welche ja auch die zeitweise Verhaftung desselben veranlaßt haben, aber diese Indizien scheinen nicht stark genug zu sein, um ein gerichtliches Vorgehen zu ermöglichen. Man kann nur wünschen, daß die Wiederaufnahme der Untersuchung zu einem sichern Ergebnis oder wenigstens zu einer gewissen Beruhigung der öffentlichen Meinung führen werde.“

Fürwahr es hieße Zeit und Papier verthun, wollte man solchen haltlosen Erwägungen eine Widerlegung widmen. Man merkt eben aus jedem Wort die Absicht heraus, den bedrohten Juden als Schildhalter zu dienen und die vorgebrachten Thatsachen auf den Kopf zu stellen. Also die „Wiederaufnahme der Untersuchung“ durch Herrn Brixius sollte an sich schon hinreichen, in der öffentlichen Meinung eine gewisse Beruhigung herbeizuführen? Mit Recht benutzt die „Neue Deutsche Ztg.“ diesen Umstand zu folgender treffender Apostrophierung des Justizministers:

„Wie wir in parlamentarischen Kreisen zuverlässig erfahren, werden die Abgeordneten Fritzen und Stöcker in Sachen Buschoff die Staatsregierung bei der Besprechung des Justizetats interpellieren. Auf die Antwort des Justizministers ist man hier aus naheliegenden Gründen sehr gespannt. Herr von Schelling weiß nur zu gut, daß man sich im Centrum und bei den Konservativen durch eine oberflächliche, ausweichende Erklärung nicht abfertigen lassen wird. Daß es

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[36/0036] ein gewisses Mißtrauen gegen die bei der Untersuchung zunächst beteiligten Behörden besteht, und zum anderen, daß die öffentliche Meinung an Ort und Stelle den Schlächter Buschoff nahezu allgemein für den Thäter hält. Das erwähnte Mißtrauen ist bedauerlich; eine ausreichende Unterlage scheint uns dasselbe nicht zu haben. Was sollte die Staatsanwaltschaft und die beteiligten richterlichen Behörden bestimmen, in dieser grausigen Sache nicht mit aller Gewissenhaftigkeit nach dem Schuldigen zu suchen? Die Volksstimme ist noch kein juristischer Beweis, und ohne einen solchen läßt sich nichts machen. Nach unsern Erkundigungen liegt die Sache so: irgend eine andere Thäterschaft als die des Schlächters Buschoff kommt nach dem bisherigen Verlauf der Untersuchung nicht in Frage. Gegen Buschoff liegen Indizien vor, welche ja auch die zeitweise Verhaftung desselben veranlaßt haben, aber diese Indizien scheinen nicht stark genug zu sein, um ein gerichtliches Vorgehen zu ermöglichen. Man kann nur wünschen, daß die Wiederaufnahme der Untersuchung zu einem sichern Ergebnis oder wenigstens zu einer gewissen Beruhigung der öffentlichen Meinung führen werde.“ Fürwahr es hieße Zeit und Papier verthun, wollte man solchen haltlosen Erwägungen eine Widerlegung widmen. Man merkt eben aus jedem Wort die Absicht heraus, den bedrohten Juden als Schildhalter zu dienen und die vorgebrachten Thatsachen auf den Kopf zu stellen. Also die „Wiederaufnahme der Untersuchung“ durch Herrn Brixius sollte an sich schon hinreichen, in der öffentlichen Meinung eine gewisse Beruhigung herbeizuführen? Mit Recht benutzt die „Neue Deutsche Ztg.“ diesen Umstand zu folgender treffender Apostrophierung des Justizministers: „Wie wir in parlamentarischen Kreisen zuverlässig erfahren, werden die Abgeordneten Fritzen und Stöcker in Sachen Buschoff die Staatsregierung bei der Besprechung des Justizetats interpellieren. Auf die Antwort des Justizministers ist man hier aus naheliegenden Gründen sehr gespannt. Herr von Schelling weiß nur zu gut, daß man sich im Centrum und bei den Konservativen durch eine oberflächliche, ausweichende Erklärung nicht abfertigen lassen wird. Daß es

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Zitationshilfe: Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oberwinder_buschoff_1892/36>, abgerufen am 24.11.2024.