Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Mögten doch alle Eltern (denn auf sie kommt es doch wirklich dabei an) die Wichtigkeit dieser Regel recht beherzigen! Mögten sie es doch einsehen, daß sie die Grundlage der ganzen künftigen Glückseligkeit ihrer Kinder ist! Mögten sie es doch begreifen, daß aus einem elenden, zerknickten, gelähmten und verzärteltem Kinde kein thätiger, froher und glücklicher Mensch werden kann! Mögten sie guten Willen und Muth genug haben, sich von den vielen Vorurtheilen, die so oft und so laut beklagt worden sind, los zu reißen! Mögten sie Muth genug haben, die übergroße Zärtlichkeit gegen ihre geliebten Kleinen, die im Grunde Schwäche ist, in eine vernünftige Liebe zu verwandeln! O wie manche unvorsichtige Güte, wie manche grausame Wohlthat würden sie ihnen weniger erzeigen! Wie gern würden sie ihnen diese und jene sinnliche Behaglichkeit versagen, die sie zwar jetzt mit dankbarem Lächeln annehmen, aber für die sie in der Folge ihnen unmöglich danken können, wann sie einst unter einer Last von Leiden seufzen, ja, wann sie dem Laster dienen müssen, weil sie zur Tugend keine Kraft hatten. Freilich werden noch manche Kinder den Saamen zur Kränklichkeit, Weichlichkeit und Wollust mit auf die Welt bringen,

Mögten doch alle Eltern (denn auf sie kommt es doch wirklich dabei an) die Wichtigkeit dieser Regel recht beherzigen! Mögten sie es doch einsehen, daß sie die Grundlage der ganzen künftigen Glückseligkeit ihrer Kinder ist! Mögten sie es doch begreifen, daß aus einem elenden, zerknickten, gelähmten und verzärteltem Kinde kein thätiger, froher und glücklicher Mensch werden kann! Mögten sie guten Willen und Muth genug haben, sich von den vielen Vorurtheilen, die so oft und so laut beklagt worden sind, los zu reißen! Mögten sie Muth genug haben, die übergroße Zärtlichkeit gegen ihre geliebten Kleinen, die im Grunde Schwäche ist, in eine vernünftige Liebe zu verwandeln! O wie manche unvorsichtige Güte, wie manche grausame Wohlthat würden sie ihnen weniger erzeigen! Wie gern würden sie ihnen diese und jene sinnliche Behaglichkeit versagen, die sie zwar jetzt mit dankbarem Lächeln annehmen, aber für die sie in der Folge ihnen unmöglich danken können, wann sie einst unter einer Last von Leiden seufzen, ja, wann sie dem Laster dienen müssen, weil sie zur Tugend keine Kraft hatten. Freilich werden noch manche Kinder den Saamen zur Kränklichkeit, Weichlichkeit und Wollust mit auf die Welt bringen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0129" n="130"/>
          <p> Mögten doch alle Eltern (denn auf sie kommt es doch wirklich dabei an) die Wichtigkeit dieser Regel recht beherzigen! Mögten sie es doch einsehen, daß sie die Grundlage der ganzen künftigen Glückseligkeit ihrer Kinder ist! Mögten sie es doch begreifen, daß aus einem elenden, zerknickten, gelähmten und verzärteltem Kinde kein thätiger, froher und glücklicher Mensch werden kann! Mögten sie guten Willen und Muth genug haben, sich von den vielen Vorurtheilen, die so oft und so laut beklagt worden sind, los zu reißen! Mögten sie Muth genug haben, die übergroße Zärtlichkeit gegen ihre geliebten Kleinen, die im Grunde Schwäche ist, in eine vernünftige Liebe zu verwandeln! O wie manche unvorsichtige Güte, wie manche grausame Wohlthat würden sie ihnen weniger erzeigen! Wie gern würden sie ihnen diese und jene sinnliche Behaglichkeit versagen, die sie zwar jetzt mit dankbarem Lächeln annehmen, aber für die sie in der Folge ihnen unmöglich danken können, wann sie einst unter einer Last von Leiden seufzen, ja, wann sie dem Laster dienen müssen, weil sie zur Tugend keine Kraft hatten. Freilich werden noch manche Kinder den Saamen zur Kränklichkeit, Weichlichkeit und Wollust mit auf die Welt bringen,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0129] Mögten doch alle Eltern (denn auf sie kommt es doch wirklich dabei an) die Wichtigkeit dieser Regel recht beherzigen! Mögten sie es doch einsehen, daß sie die Grundlage der ganzen künftigen Glückseligkeit ihrer Kinder ist! Mögten sie es doch begreifen, daß aus einem elenden, zerknickten, gelähmten und verzärteltem Kinde kein thätiger, froher und glücklicher Mensch werden kann! Mögten sie guten Willen und Muth genug haben, sich von den vielen Vorurtheilen, die so oft und so laut beklagt worden sind, los zu reißen! Mögten sie Muth genug haben, die übergroße Zärtlichkeit gegen ihre geliebten Kleinen, die im Grunde Schwäche ist, in eine vernünftige Liebe zu verwandeln! O wie manche unvorsichtige Güte, wie manche grausame Wohlthat würden sie ihnen weniger erzeigen! Wie gern würden sie ihnen diese und jene sinnliche Behaglichkeit versagen, die sie zwar jetzt mit dankbarem Lächeln annehmen, aber für die sie in der Folge ihnen unmöglich danken können, wann sie einst unter einer Last von Leiden seufzen, ja, wann sie dem Laster dienen müssen, weil sie zur Tugend keine Kraft hatten. Freilich werden noch manche Kinder den Saamen zur Kränklichkeit, Weichlichkeit und Wollust mit auf die Welt bringen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-05T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-05T10:30:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-05T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Bindestriche werden nicht als =, sondern als - transkribiert.
  • Das Anführungszeichen „ wird am Ende eines Zitats als “ transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/129
Zitationshilfe: Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/129>, abgerufen am 24.11.2024.