Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.wechseln kann. Man lasse sie an jedem auch für sie nützlichen Unterrichte, der den Verstand aufklärt und das Herz bessert, mit Theil nehmen, und Nähen, Spinnen, Stricken, etc. sey ihre Erholungsarbeit.*) Dies ist doch nicht das einzige, was für sie bestimmt ist, oder für das sie bestimmt wären. Man erlaube es ihnen auch, daß sie sich mit der Natur beschäftigen, im Freien arbeiten, Gewächse warten, Federvieh füttern. Das zerstreuet ihren Geist. Die übertriebene Eingezogenheit ist ihnen bei einem leeren Kopf und bei der vorzüglichen Stärke der Einbildungskraft und Empfindungen, die sie haben, eine Veranlaßung zu süßen Schwärmereien der Liebe. Sie erregt Ahndungen und Gefühle davon in ihnen und stimmt die Einbildungskraft für Gegenstände, durch die leicht ein körperlicher Reiz in ihnen aufgeweckt wird. Alles, woran sie da denken, ist ihnen gefährlicher, als was sie in der Welt sehen und hören. Man feßle sie *) Vornemlich lasse man sie früh an allen häuslichen Geschäften, welche mit Körperbewegung und Körperanstrengung verbunden sind, fleißig Antheil nehmen. Dies sey ihr Hauptwerk, das Lernen und die feinern Arbeiten ihre Erholung. Campe.
wechseln kann. Man lasse sie an jedem auch für sie nützlichen Unterrichte, der den Verstand aufklärt und das Herz bessert, mit Theil nehmen, und Nähen, Spinnen, Stricken, etc. sey ihre Erholungsarbeit.*) Dies ist doch nicht das einzige, was für sie bestimmt ist, oder für das sie bestimmt wären. Man erlaube es ihnen auch, daß sie sich mit der Natur beschäftigen, im Freien arbeiten, Gewächse warten, Federvieh füttern. Das zerstreuet ihren Geist. Die übertriebene Eingezogenheit ist ihnen bei einem leeren Kopf und bei der vorzüglichen Stärke der Einbildungskraft und Empfindungen, die sie haben, eine Veranlaßung zu süßen Schwärmereien der Liebe. Sie erregt Ahndungen und Gefühle davon in ihnen und stimmt die Einbildungskraft für Gegenstände, durch die leicht ein körperlicher Reiz in ihnen aufgeweckt wird. Alles, woran sie da denken, ist ihnen gefährlicher, als was sie in der Welt sehen und hören. Man feßle sie *) Vornemlich lasse man sie früh an allen häuslichen Geschäften, welche mit Körperbewegung und Körperanstrengung verbunden sind, fleißig Antheil nehmen. Dies sey ihr Hauptwerk, das Lernen und die feinern Arbeiten ihre Erholung. Campe.
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wechseln kann. Man lasse sie an jedem auch für sie nützlichen Unterrichte, der den Verstand aufklärt und das Herz bessert, mit Theil nehmen, und Nähen, Spinnen, Stricken, etc. sey ihre Erholungsarbeit. *) Dies ist doch nicht das einzige, was für sie bestimmt ist, oder für das sie bestimmt wären. Man erlaube es ihnen auch, daß sie sich mit der Natur beschäftigen, im Freien arbeiten, Gewächse warten, Federvieh füttern. Das zerstreuet ihren Geist. Die übertriebene Eingezogenheit ist ihnen bei einem leeren Kopf und bei der vorzüglichen Stärke der Einbildungskraft und Empfindungen, die sie haben, eine Veranlaßung zu süßen Schwärmereien der Liebe. Sie erregt Ahndungen und Gefühle davon in ihnen und stimmt die Einbildungskraft für Gegenstände, durch die leicht ein körperlicher Reiz in ihnen aufgeweckt wird. Alles, woran sie da denken, ist ihnen gefährlicher, als was sie in der Welt sehen und hören. Man feßle sie
*) Vornemlich lasse man sie früh an allen häuslichen Geschäften, welche mit Körperbewegung und Körperanstrengung verbunden sind, fleißig Antheil nehmen. Dies sey ihr Hauptwerk, das Lernen und die feinern Arbeiten ihre Erholung. Campe.
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Zitationshilfe: | Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/137>, abgerufen am 16.02.2025. |