Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.Gedenkt man sich überhaupt nur den starken Trieb, der in der menschlichen Natur liegt, und von dessen Misbrauch hier die Rede ist, und die vielfachen Gelegenheiten und Veranlaßungen in der Welt, ihn zu reizen und zu befriedigen, so kann man es sich leicht begreiflich machen, daß kein Laster so allgemein herrschend ist, als Unkeuschheit, und daß dies aller Wahrscheinlichkeit nach das erste seyn werde, worauf eine nicht sorgfältig erzogene Jugend, sobald sie sich im Besitz einer völligen Freiheit sieht, gerathen wird. Man braucht dazu nicht viele Erfahrungen gehabt zu haben, wenn man nur je auf sich selbst acht gegeben hat. 3. Gefahr und schädliche Folgen desselben. Von der Gefahr und den schädlichen Folgen dieses Lasters wird man durch einiges vernünftiges Nachdenken sich auch leicht überzeugen können. Man bedenke nur erstlich, wie wenig dauerhafte Freuden der auf der Welt haben muß, der sich einer Leidenschaft bis zur Ausschweifung überläßt. Er mag sich in den Augenblicken des sinnlichen Genusses noch so glücklich fühlen, so sind Gedenkt man sich überhaupt nur den starken Trieb, der in der menschlichen Natur liegt, und von dessen Misbrauch hier die Rede ist, und die vielfachen Gelegenheiten und Veranlaßungen in der Welt, ihn zu reizen und zu befriedigen, so kann man es sich leicht begreiflich machen, daß kein Laster so allgemein herrschend ist, als Unkeuschheit, und daß dies aller Wahrscheinlichkeit nach das erste seyn werde, worauf eine nicht sorgfältig erzogene Jugend, sobald sie sich im Besitz einer völligen Freiheit sieht, gerathen wird. Man braucht dazu nicht viele Erfahrungen gehabt zu haben, wenn man nur je auf sich selbst acht gegeben hat. 3. Gefahr und schädliche Folgen desselben. Von der Gefahr und den schädlichen Folgen dieses Lasters wird man durch einiges vernünftiges Nachdenken sich auch leicht überzeugen können. Man bedenke nur erstlich, wie wenig dauerhafte Freuden der auf der Welt haben muß, der sich einer Leidenschaft bis zur Ausschweifung überläßt. Er mag sich in den Augenblicken des sinnlichen Genusses noch so glücklich fühlen, so sind <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0015" n="16"/> <p> Gedenkt man sich überhaupt nur den starken Trieb, der in der menschlichen Natur liegt, und von dessen Misbrauch hier die Rede ist, und die vielfachen Gelegenheiten und Veranlaßungen in der Welt, ihn zu reizen und zu befriedigen, so kann man es sich leicht begreiflich machen, daß kein Laster so allgemein herrschend ist, als Unkeuschheit, und daß dies aller Wahrscheinlichkeit nach das erste seyn werde, worauf eine nicht sorgfältig erzogene Jugend, sobald sie sich im Besitz einer völligen Freiheit sieht, gerathen wird. Man braucht dazu nicht viele Erfahrungen gehabt zu haben, wenn man nur je auf sich selbst acht gegeben hat.</p> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">3.<lb/> Gefahr und schädliche Folgen desselben.</hi> </head><lb/> <p>Von der Gefahr und den schädlichen Folgen dieses Lasters wird man durch einiges vernünftiges Nachdenken sich auch leicht überzeugen können.</p> <p>Man bedenke nur erstlich, wie wenig dauerhafte Freuden der auf der Welt haben muß, der sich einer Leidenschaft bis zur Ausschweifung überläßt. Er mag sich in den Augenblicken des sinnlichen Genusses noch so glücklich fühlen, so sind </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0015]
Gedenkt man sich überhaupt nur den starken Trieb, der in der menschlichen Natur liegt, und von dessen Misbrauch hier die Rede ist, und die vielfachen Gelegenheiten und Veranlaßungen in der Welt, ihn zu reizen und zu befriedigen, so kann man es sich leicht begreiflich machen, daß kein Laster so allgemein herrschend ist, als Unkeuschheit, und daß dies aller Wahrscheinlichkeit nach das erste seyn werde, worauf eine nicht sorgfältig erzogene Jugend, sobald sie sich im Besitz einer völligen Freiheit sieht, gerathen wird. Man braucht dazu nicht viele Erfahrungen gehabt zu haben, wenn man nur je auf sich selbst acht gegeben hat.
3.
Gefahr und schädliche Folgen desselben.
Von der Gefahr und den schädlichen Folgen dieses Lasters wird man durch einiges vernünftiges Nachdenken sich auch leicht überzeugen können.
Man bedenke nur erstlich, wie wenig dauerhafte Freuden der auf der Welt haben muß, der sich einer Leidenschaft bis zur Ausschweifung überläßt. Er mag sich in den Augenblicken des sinnlichen Genusses noch so glücklich fühlen, so sind
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-05T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-05T10:30:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-05T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |