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Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.

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Ueberhaupt sind hier mancherlei Verfahrungsarten möglich, die sich nach dem besonderen Gemüthscharackter der Kinder bestimmen lassen. Bei allen aber ist es der Klugheit gemäß, sich liebreich und vertraulich, nicht drohend und abschreckend zu bezeigen. Wird dies in Acht genommen, so ist es nicht wahrscheinlich, daß das Kind eine Unwahrheit sagen werde, es müßte denn seyn, daß es schon vor der Strafbarkeit dieses Lasters überzeugt, oder durch einen Verführer ermahnt wäre, es zu verheimlichen, welches sich aber nur als selten gedenken läßt. Und selbst in diesem Falle wüßte ich nicht, ob ein sonst gutgeartetes Kind Eltern und Erzieher, die es liebte, hintergehen würde.

Jch will aber den Fall einer äußersten Verstockung und Bosheit annehmen, so ist es doch nicht abzusetzen, daß Härte und Drohungen ein freiwilliges Geständniß bewürken solten. Es wird also auch schwerlich eine freiwillige Entschließung, von dem Laster abzustehen, erfolgen.

Auch läßt sich dieses Betragen nicht mit dem sanften und rührenden Tone, den man nachher annehmen muß, zusammen vereinigen; das Einzige, was man hier, meinem Gefühl nach, bei überwiegenden Vermuthungsgründen und doch

Ueberhaupt sind hier mancherlei Verfahrungsarten möglich, die sich nach dem besonderen Gemüthscharackter der Kinder bestimmen lassen. Bei allen aber ist es der Klugheit gemäß, sich liebreich und vertraulich, nicht drohend und abschreckend zu bezeigen. Wird dies in Acht genommen, so ist es nicht wahrscheinlich, daß das Kind eine Unwahrheit sagen werde, es müßte denn seyn, daß es schon vor der Strafbarkeit dieses Lasters überzeugt, oder durch einen Verführer ermahnt wäre, es zu verheimlichen, welches sich aber nur als selten gedenken läßt. Und selbst in diesem Falle wüßte ich nicht, ob ein sonst gutgeartetes Kind Eltern und Erzieher, die es liebte, hintergehen würde.

Jch will aber den Fall einer äußersten Verstockung und Bosheit annehmen, so ist es doch nicht abzusetzen, daß Härte und Drohungen ein freiwilliges Geständniß bewürken solten. Es wird also auch schwerlich eine freiwillige Entschließung, von dem Laster abzustehen, erfolgen.

Auch läßt sich dieses Betragen nicht mit dem sanften und rührenden Tone, den man nachher annehmen muß, zusammen vereinigen; das Einzige, was man hier, meinem Gefühl nach, bei überwiegenden Vermuthungsgründen und doch

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[169/0168] Ueberhaupt sind hier mancherlei Verfahrungsarten möglich, die sich nach dem besonderen Gemüthscharackter der Kinder bestimmen lassen. Bei allen aber ist es der Klugheit gemäß, sich liebreich und vertraulich, nicht drohend und abschreckend zu bezeigen. Wird dies in Acht genommen, so ist es nicht wahrscheinlich, daß das Kind eine Unwahrheit sagen werde, es müßte denn seyn, daß es schon vor der Strafbarkeit dieses Lasters überzeugt, oder durch einen Verführer ermahnt wäre, es zu verheimlichen, welches sich aber nur als selten gedenken läßt. Und selbst in diesem Falle wüßte ich nicht, ob ein sonst gutgeartetes Kind Eltern und Erzieher, die es liebte, hintergehen würde. Jch will aber den Fall einer äußersten Verstockung und Bosheit annehmen, so ist es doch nicht abzusetzen, daß Härte und Drohungen ein freiwilliges Geständniß bewürken solten. Es wird also auch schwerlich eine freiwillige Entschließung, von dem Laster abzustehen, erfolgen. Auch läßt sich dieses Betragen nicht mit dem sanften und rührenden Tone, den man nachher annehmen muß, zusammen vereinigen; das Einzige, was man hier, meinem Gefühl nach, bei überwiegenden Vermuthungsgründen und doch

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Zitationshilfe: Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/168>, abgerufen am 21.11.2024.