Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.solchen Sprung machen? Man gebe auch nur Acht auf die Jugend, wie bereitwillig und empfänglich sie für einen jeden Unterricht ist, den sie fassen kann. Man wird sich daraus überzeugen, daß die Trägheit beim gewöhnlichen Religionsunterrichte, worüber so oft geklagt wird, keiner natürlichen Abneigung gegen das Gute, sondern dem Mangel deutlicher Begriffe zuzuschreiben ist. Man lehre sie nur zuerst das, was sie begreifen können; dies ist der einzige Weg, ihnen auch das ehrwürdig zu machen, was sie nicht begreifen können. So frühe als möglich führe man Kinder an, in der Natur die bewundernswürdige Ordnung, die weisen Mittel und Endzwecke zu bemerken. Man gehe hiebei immer von Dingen aus, die ihnen bekannt sind und für sie einen Werth haben. Je öfter man sich darüber mit ihnen unterhält, je geläufiger werden ihnen Vorstellungen von der Weisheit und Güte Gottes. Diese Vorstellungen führen immer auch die edelsten Bewegungsgründe zur Tugend mit sich. Dabei stelle man es ihnen lebhaft vor, daß es strafbare Undankbarkeit sey, den weisen Endzwecken Gottes entgegen zu handeln. Jede muthwillige Zerstörung in der Natur, jede Zernichtung auch des kleinsten Wurms ohne Nutzen solchen Sprung machen? Man gebe auch nur Acht auf die Jugend, wie bereitwillig und empfänglich sie für einen jeden Unterricht ist, den sie fassen kann. Man wird sich daraus überzeugen, daß die Trägheit beim gewöhnlichen Religionsunterrichte, worüber so oft geklagt wird, keiner natürlichen Abneigung gegen das Gute, sondern dem Mangel deutlicher Begriffe zuzuschreiben ist. Man lehre sie nur zuerst das, was sie begreifen können; dies ist der einzige Weg, ihnen auch das ehrwürdig zu machen, was sie nicht begreifen können. So frühe als möglich führe man Kinder an, in der Natur die bewundernswürdige Ordnung, die weisen Mittel und Endzwecke zu bemerken. Man gehe hiebei immer von Dingen aus, die ihnen bekannt sind und für sie einen Werth haben. Je öfter man sich darüber mit ihnen unterhält, je geläufiger werden ihnen Vorstellungen von der Weisheit und Güte Gottes. Diese Vorstellungen führen immer auch die edelsten Bewegungsgründe zur Tugend mit sich. Dabei stelle man es ihnen lebhaft vor, daß es strafbare Undankbarkeit sey, den weisen Endzwecken Gottes entgegen zu handeln. Jede muthwillige Zerstörung in der Natur, jede Zernichtung auch des kleinsten Wurms ohne Nutzen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0262" n="263"/> solchen Sprung machen? Man gebe auch nur Acht auf die Jugend, wie bereitwillig und empfänglich sie für einen jeden Unterricht ist, den sie fassen kann. Man wird sich daraus überzeugen, daß die Trägheit beim gewöhnlichen Religionsunterrichte, worüber so oft geklagt wird, keiner natürlichen Abneigung gegen das Gute, sondern dem Mangel deutlicher Begriffe zuzuschreiben ist. Man lehre sie nur zuerst das, was sie begreifen können; dies ist der einzige Weg, ihnen auch das ehrwürdig zu machen, was sie nicht begreifen können. So frühe als möglich führe man Kinder an, in der Natur die bewundernswürdige Ordnung, die weisen Mittel und Endzwecke zu bemerken. Man gehe hiebei immer von Dingen aus, die ihnen bekannt sind und für sie einen Werth haben. Je öfter man sich darüber mit ihnen unterhält, je geläufiger werden ihnen Vorstellungen von der Weisheit und Güte Gottes. Diese Vorstellungen führen immer auch die edelsten Bewegungsgründe zur Tugend mit sich. Dabei stelle man es ihnen lebhaft vor, daß es strafbare Undankbarkeit sey, den weisen Endzwecken Gottes entgegen zu handeln. Jede muthwillige Zerstörung in der Natur, jede Zernichtung auch des kleinsten Wurms ohne Nutzen </p> </div> </body> </text> </TEI> [263/0262]
solchen Sprung machen? Man gebe auch nur Acht auf die Jugend, wie bereitwillig und empfänglich sie für einen jeden Unterricht ist, den sie fassen kann. Man wird sich daraus überzeugen, daß die Trägheit beim gewöhnlichen Religionsunterrichte, worüber so oft geklagt wird, keiner natürlichen Abneigung gegen das Gute, sondern dem Mangel deutlicher Begriffe zuzuschreiben ist. Man lehre sie nur zuerst das, was sie begreifen können; dies ist der einzige Weg, ihnen auch das ehrwürdig zu machen, was sie nicht begreifen können. So frühe als möglich führe man Kinder an, in der Natur die bewundernswürdige Ordnung, die weisen Mittel und Endzwecke zu bemerken. Man gehe hiebei immer von Dingen aus, die ihnen bekannt sind und für sie einen Werth haben. Je öfter man sich darüber mit ihnen unterhält, je geläufiger werden ihnen Vorstellungen von der Weisheit und Güte Gottes. Diese Vorstellungen führen immer auch die edelsten Bewegungsgründe zur Tugend mit sich. Dabei stelle man es ihnen lebhaft vor, daß es strafbare Undankbarkeit sey, den weisen Endzwecken Gottes entgegen zu handeln. Jede muthwillige Zerstörung in der Natur, jede Zernichtung auch des kleinsten Wurms ohne Nutzen
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