Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.3. Wende man dieses auf den Menschen an. Ehe aber dieser letzte Schritt geschehen kann, muß die Jugend auch den Unterschied der beiden Geschlechter hier kennen lernen. Jch kann nicht glauben, daß jemand es unschicklich finden wird, auch hier geradezu zu gehen und sie durch den Augenschein zu belehren. Jede Zurückhaltung, jede ängstliche Beschreibung würde offenbar die Sache verderben. Man weiß es auch ohnehin genug, wie neugierig die Jugend, besonders die etwas erwachsene, in diesem Punkt ist, und was sie oft für seltsame Wege und Mittel wählt, den natürlichen Unterschied des andern Geschlechts kennen zulernen. Man kann sicher glauben, daß jede Entdeckung, die sie für sich machen, ihrer schon erhitzten Einbildungskraft immer mehr Nahrung verschaffen und also ihrer Unschuld gefährlich werden wird. Schon aus diesem Grunde wäre es rathsam, ihnen zuvorzukommen, und der erwähnte Unterricht macht es ohnehin nothwendig. Wider die Schaamhaftigkeit würde es indessen freilich seyn, wenn man freie Entblößungen des einen Geschlechts gegen das andere zulassen wollte. Und wissen soll doch der Knabe, wie ein weiblicher Körper gebildet 3. Wende man dieses auf den Menschen an. Ehe aber dieser letzte Schritt geschehen kann, muß die Jugend auch den Unterschied der beiden Geschlechter hier kennen lernen. Jch kann nicht glauben, daß jemand es unschicklich finden wird, auch hier geradezu zu gehen und sie durch den Augenschein zu belehren. Jede Zurückhaltung, jede ängstliche Beschreibung würde offenbar die Sache verderben. Man weiß es auch ohnehin genug, wie neugierig die Jugend, besonders die etwas erwachsene, in diesem Punkt ist, und was sie oft für seltsame Wege und Mittel wählt, den natürlichen Unterschied des andern Geschlechts kennen zulernen. Man kann sicher glauben, daß jede Entdeckung, die sie für sich machen, ihrer schon erhitzten Einbildungskraft immer mehr Nahrung verschaffen und also ihrer Unschuld gefährlich werden wird. Schon aus diesem Grunde wäre es rathsam, ihnen zuvorzukommen, und der erwähnte Unterricht macht es ohnehin nothwendig. Wider die Schaamhaftigkeit würde es indessen freilich seyn, wenn man freie Entblößungen des einen Geschlechts gegen das andere zulassen wollte. Und wissen soll doch der Knabe, wie ein weiblicher Körper gebildet <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0271" n="272"/> <p> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#et">3. Wende man dieses auf den Menschen an.</hi> </hi> </p> <p>Ehe aber dieser letzte Schritt geschehen kann, muß die Jugend auch den Unterschied der beiden Geschlechter hier kennen lernen. Jch kann nicht glauben, daß jemand es unschicklich finden wird, auch hier geradezu zu gehen und sie durch den Augenschein zu belehren. Jede Zurückhaltung, jede ängstliche Beschreibung würde offenbar die Sache verderben. Man weiß es auch ohnehin genug, wie neugierig die Jugend, besonders die etwas erwachsene, in diesem Punkt ist, und was sie oft für seltsame Wege und Mittel wählt, den natürlichen Unterschied des andern Geschlechts kennen zulernen. Man kann sicher glauben, daß jede Entdeckung, die sie für sich machen, ihrer schon erhitzten Einbildungskraft immer mehr Nahrung verschaffen und also ihrer Unschuld gefährlich werden wird. Schon aus diesem Grunde wäre es rathsam, ihnen zuvorzukommen, und der erwähnte Unterricht macht es ohnehin nothwendig. Wider die Schaamhaftigkeit würde es indessen freilich seyn, wenn man freie Entblößungen des einen Geschlechts gegen das andere zulassen wollte. Und wissen soll doch der Knabe, wie ein weiblicher Körper gebildet </p> </div> </body> </text> </TEI> [272/0271]
3. Wende man dieses auf den Menschen an.
Ehe aber dieser letzte Schritt geschehen kann, muß die Jugend auch den Unterschied der beiden Geschlechter hier kennen lernen. Jch kann nicht glauben, daß jemand es unschicklich finden wird, auch hier geradezu zu gehen und sie durch den Augenschein zu belehren. Jede Zurückhaltung, jede ängstliche Beschreibung würde offenbar die Sache verderben. Man weiß es auch ohnehin genug, wie neugierig die Jugend, besonders die etwas erwachsene, in diesem Punkt ist, und was sie oft für seltsame Wege und Mittel wählt, den natürlichen Unterschied des andern Geschlechts kennen zulernen. Man kann sicher glauben, daß jede Entdeckung, die sie für sich machen, ihrer schon erhitzten Einbildungskraft immer mehr Nahrung verschaffen und also ihrer Unschuld gefährlich werden wird. Schon aus diesem Grunde wäre es rathsam, ihnen zuvorzukommen, und der erwähnte Unterricht macht es ohnehin nothwendig. Wider die Schaamhaftigkeit würde es indessen freilich seyn, wenn man freie Entblößungen des einen Geschlechts gegen das andere zulassen wollte. Und wissen soll doch der Knabe, wie ein weiblicher Körper gebildet
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