Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.Die Beispiele, die ich zu eines jeden Belehrung aus eigener Erfahrung mittheilen kann, sind folgende: 1) Vor etwan acht Jahren wurde ein junger Mensch auf die Akademie geschickt. Er war das einzige Kind seiner Eltern und von allen wegen seines guten Gemüths geliebt. Er war ein halbes Jahr da gewesen, als die Eltern Nachricht bekamen, daß er krank sey. Lange konnten sie die Ursache seiner Krankheit nicht erfahren, bis endlich das Uebel so gefährlich ward, daß an keine Verheimlichung mehr zu denken war. Er schrieb nun selbst in einem beinahe verzweiflungsvollen Ton, daß er das Unglück gehabt hätte, sowol in das Laster der Selbstschwächung zu verfallen, als auch sich mit unzüchtigen Weibspersonen abzugeben und dadurch mit der garstigsten Krankheit befallen zu werden. Sein Uebel sey unheilbar, weil er sich zu spät an den Arzt gewendet hätte. Es wurde auch wirklich so gefährlich, daß nur kaum sein Leben durch einen Schnitt, der ihn auf erbärmliche Art verstümmelte und auf alles eheliche Glück Verzicht zu thun nöthigte, gerettet werden konnte. Seine Mutter starb ein Jahr darauf aus Gram und Betrübniß. Die Beispiele, die ich zu eines jeden Belehrung aus eigener Erfahrung mittheilen kann, sind folgende: 1) Vor etwan acht Jahren wurde ein junger Mensch auf die Akademie geschickt. Er war das einzige Kind seiner Eltern und von allen wegen seines guten Gemüths geliebt. Er war ein halbes Jahr da gewesen, als die Eltern Nachricht bekamen, daß er krank sey. Lange konnten sie die Ursache seiner Krankheit nicht erfahren, bis endlich das Uebel so gefährlich ward, daß an keine Verheimlichung mehr zu denken war. Er schrieb nun selbst in einem beinahe verzweiflungsvollen Ton, daß er das Unglück gehabt hätte, sowol in das Laster der Selbstschwächung zu verfallen, als auch sich mit unzüchtigen Weibspersonen abzugeben und dadurch mit der garstigsten Krankheit befallen zu werden. Sein Uebel sey unheilbar, weil er sich zu spät an den Arzt gewendet hätte. Es wurde auch wirklich so gefährlich, daß nur kaum sein Leben durch einen Schnitt, der ihn auf erbärmliche Art verstümmelte und auf alles eheliche Glück Verzicht zu thun nöthigte, gerettet werden konnte. Seine Mutter starb ein Jahr darauf aus Gram und Betrübniß. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0031" n="32"/> <p> Die Beispiele, die ich zu eines jeden Belehrung aus eigener Erfahrung mittheilen kann, sind folgende:</p> <p>1) Vor etwan acht Jahren wurde ein junger Mensch auf die Akademie geschickt. Er war das einzige Kind seiner Eltern und von allen wegen seines guten Gemüths geliebt. Er war ein halbes Jahr da gewesen, als die Eltern Nachricht bekamen, daß er krank sey. Lange konnten sie die Ursache seiner Krankheit nicht erfahren, bis endlich das Uebel so gefährlich ward, daß an keine Verheimlichung mehr zu denken war. Er schrieb nun selbst in einem beinahe verzweiflungsvollen Ton, daß er das Unglück gehabt hätte, sowol in das Laster der Selbstschwächung zu verfallen, als auch sich mit unzüchtigen Weibspersonen abzugeben und dadurch mit der garstigsten Krankheit befallen zu werden. Sein Uebel sey unheilbar, weil er sich zu spät an den Arzt gewendet hätte. Es wurde auch wirklich so gefährlich, daß nur kaum sein Leben durch einen Schnitt, der ihn auf erbärmliche Art verstümmelte und auf alles eheliche Glück Verzicht zu thun nöthigte, gerettet werden konnte. Seine Mutter starb ein Jahr darauf aus Gram und Betrübniß.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [32/0031]
Die Beispiele, die ich zu eines jeden Belehrung aus eigener Erfahrung mittheilen kann, sind folgende:
1) Vor etwan acht Jahren wurde ein junger Mensch auf die Akademie geschickt. Er war das einzige Kind seiner Eltern und von allen wegen seines guten Gemüths geliebt. Er war ein halbes Jahr da gewesen, als die Eltern Nachricht bekamen, daß er krank sey. Lange konnten sie die Ursache seiner Krankheit nicht erfahren, bis endlich das Uebel so gefährlich ward, daß an keine Verheimlichung mehr zu denken war. Er schrieb nun selbst in einem beinahe verzweiflungsvollen Ton, daß er das Unglück gehabt hätte, sowol in das Laster der Selbstschwächung zu verfallen, als auch sich mit unzüchtigen Weibspersonen abzugeben und dadurch mit der garstigsten Krankheit befallen zu werden. Sein Uebel sey unheilbar, weil er sich zu spät an den Arzt gewendet hätte. Es wurde auch wirklich so gefährlich, daß nur kaum sein Leben durch einen Schnitt, der ihn auf erbärmliche Art verstümmelte und auf alles eheliche Glück Verzicht zu thun nöthigte, gerettet werden konnte. Seine Mutter starb ein Jahr darauf aus Gram und Betrübniß.
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