Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787.Ein Mädchen G. wurde mit der Selbstschändung bekannt, weil es sich angewöhnt hatte, ihr Nähzeug an das Knie zu befestigen, und dabei, um die Arbeit dem Gesichte näher zu bringen, die Schenkel über einander zu schlagen. Sie reizte sich in dieser Stellung durch mehr oder minder heftige Bewegungen, nachdem sie es nöthig fand, sich vor andern zu verbergen, wobei sie indessen immer fort nähte, bis sie nachher, bei dem vermehrten Trieb dazu, manche andre Befriedigungsarten erfand, die ich nicht anführen mag, weil es diese ekle Materie ohne Nutzen verlängert und überdies nicht zu den veranlaßenden Umständen gehört. Man kann nun freilich solche einzelne Veranlaßungen nicht gleich universalisiren. Viele können an die nemliche Stellung sich gewöhnt haben, ohne dadurch Selbstschänder geworden zu seyn; indessen ist hier ein Fall, wo es gar nicht schaden kann, wenn man es thut. Die sehr nahe Möglichkeit, daß unter gleichen Umständen auch ein gleicher Erfolg statt finden könne, ist doch immer bei einer so wichtigen Sache etwas, das beherzigt zu werden verdient. Aus diesen wenigen Beispielen erhellet doch so viel, daß es nur weniger Berührungen be- Ein Mädchen G. wurde mit der Selbstschändung bekannt, weil es sich angewöhnt hatte, ihr Nähzeug an das Knie zu befestigen, und dabei, um die Arbeit dem Gesichte näher zu bringen, die Schenkel über einander zu schlagen. Sie reizte sich in dieser Stellung durch mehr oder minder heftige Bewegungen, nachdem sie es nöthig fand, sich vor andern zu verbergen, wobei sie indessen immer fort nähte, bis sie nachher, bei dem vermehrten Trieb dazu, manche andre Befriedigungsarten erfand, die ich nicht anführen mag, weil es diese ekle Materie ohne Nutzen verlängert und überdies nicht zu den veranlaßenden Umständen gehört. Man kann nun freilich solche einzelne Veranlaßungen nicht gleich universalisiren. Viele können an die nemliche Stellung sich gewöhnt haben, ohne dadurch Selbstschänder geworden zu seyn; indessen ist hier ein Fall, wo es gar nicht schaden kann, wenn man es thut. Die sehr nahe Möglichkeit, daß unter gleichen Umständen auch ein gleicher Erfolg statt finden könne, ist doch immer bei einer so wichtigen Sache etwas, das beherzigt zu werden verdient. Aus diesen wenigen Beispielen erhellet doch so viel, daß es nur weniger Berührungen be- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <pb facs="#f0098" n="99"/> <p> Ein Mädchen G. wurde mit der Selbstschändung bekannt, weil es sich angewöhnt hatte, ihr Nähzeug an das Knie zu befestigen, und dabei, um die Arbeit dem Gesichte näher zu bringen, die Schenkel über einander zu schlagen. Sie reizte sich in dieser Stellung durch mehr oder minder heftige Bewegungen, nachdem sie es nöthig fand, sich vor andern zu verbergen, wobei sie indessen immer fort nähte, bis sie nachher, bei dem vermehrten Trieb dazu, manche andre Befriedigungsarten erfand, die ich nicht anführen mag, weil es diese ekle Materie ohne Nutzen verlängert und überdies nicht zu den veranlaßenden Umständen gehört.</p> <p>Man kann nun freilich solche einzelne Veranlaßungen nicht gleich universalisiren. Viele können an die nemliche Stellung sich gewöhnt haben, ohne dadurch Selbstschänder geworden zu seyn; indessen ist hier ein Fall, wo es gar nicht schaden kann, wenn man es thut. Die sehr nahe Möglichkeit, daß unter gleichen Umständen auch ein gleicher Erfolg statt finden könne, ist doch immer bei einer so wichtigen Sache etwas, das beherzigt zu werden verdient.</p> <p>Aus diesen wenigen Beispielen erhellet doch so viel, daß es nur weniger Berührungen be- </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [99/0098]
Ein Mädchen G. wurde mit der Selbstschändung bekannt, weil es sich angewöhnt hatte, ihr Nähzeug an das Knie zu befestigen, und dabei, um die Arbeit dem Gesichte näher zu bringen, die Schenkel über einander zu schlagen. Sie reizte sich in dieser Stellung durch mehr oder minder heftige Bewegungen, nachdem sie es nöthig fand, sich vor andern zu verbergen, wobei sie indessen immer fort nähte, bis sie nachher, bei dem vermehrten Trieb dazu, manche andre Befriedigungsarten erfand, die ich nicht anführen mag, weil es diese ekle Materie ohne Nutzen verlängert und überdies nicht zu den veranlaßenden Umständen gehört.
Man kann nun freilich solche einzelne Veranlaßungen nicht gleich universalisiren. Viele können an die nemliche Stellung sich gewöhnt haben, ohne dadurch Selbstschänder geworden zu seyn; indessen ist hier ein Fall, wo es gar nicht schaden kann, wenn man es thut. Die sehr nahe Möglichkeit, daß unter gleichen Umständen auch ein gleicher Erfolg statt finden könne, ist doch immer bei einer so wichtigen Sache etwas, das beherzigt zu werden verdient.
Aus diesen wenigen Beispielen erhellet doch so viel, daß es nur weniger Berührungen be-
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Zitationshilfe: | Oest, Johann Friedrich: Versuch einer Beantwortung der pädagogischen Frage: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Leib und Seele verwüstenden Laster der Unzucht überhaupt, und der Selbstschwächung insonderheit verwahren, oder, wofern sie schon davon angesteckt waren, wie man sie davon heilen könne? Wien, 1787, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_kinder_1787/98>, abgerufen am 16.07.2024. |