Oest, Johann Friedrich: Nöthige Belehrung und Warnung für Jüngling und solche Knaben. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens: von einer Gesellschaft practischer Erzieher, Bd. 6. Wolfenbüttel, 1787. S. 293-434zu lassen wußte. Er sahe dann in seiner verwirrten Einbildungskraft allerhand Erscheinungen und Schreckgestalten und rief mit kläglicher Stimme um Hülfe. Es half nichts, daß man ihm dies auszureden suchte. Ja er ängstigte sich sogar noch mehr, wenn ihn jemand anredete, oder sich ihm nur in der Dunkelheit näherte. Unter diesen Umständen fand der Prediger es für rathsam, ihn nicht länger in seinem Hause zu behalten; denn er mußte fürchten, daß Wilhelm entweder sich selbst, oder einem andern einmal ein Unglück anthäte. Er schrieb also an die Eltern desselben und meldete ihnen die traurige Nachricht; zugleich auch die Ursache von Wilhelms Krankheit. Tiefer hätten die armen Eltern nicht gebeugt werden können, als durch diese Nachricht. Sie konnten sich auch nach der traurigen Beschreibung von ihrem Sohne nicht entschließen, ihn zu sehen, oder wieder zu sich zu nehmen. Es wurden daher Anstalten gemacht, daß er nach einer entlegenen Stadt gebracht wurde, wo seine Familie unbekannt war, und wo er niemanden, als sich selbst, zur Last und Schande seyn konnte. Da wurde er in den Pesthof gesetzt, welches ein Ort ist, wo unheilbare, mit allerlei schauderhaften Zufällen zu lassen wußte. Er sahe dann in seiner verwirrten Einbildungskraft allerhand Erscheinungen und Schreckgestalten und rief mit kläglicher Stimme um Hülfe. Es half nichts, daß man ihm dies auszureden suchte. Ja er ängstigte sich sogar noch mehr, wenn ihn jemand anredete, oder sich ihm nur in der Dunkelheit näherte. Unter diesen Umständen fand der Prediger es für rathsam, ihn nicht länger in seinem Hause zu behalten; denn er mußte fürchten, daß Wilhelm entweder sich selbst, oder einem andern einmal ein Unglück anthäte. Er schrieb also an die Eltern desselben und meldete ihnen die traurige Nachricht; zugleich auch die Ursache von Wilhelms Krankheit. Tiefer hätten die armen Eltern nicht gebeugt werden können, als durch diese Nachricht. Sie konnten sich auch nach der traurigen Beschreibung von ihrem Sohne nicht entschließen, ihn zu sehen, oder wieder zu sich zu nehmen. Es wurden daher Anstalten gemacht, daß er nach einer entlegenen Stadt gebracht wurde, wo seine Familie unbekannt war, und wo er niemanden, als sich selbst, zur Last und Schande seyn konnte. Da wurde er in den Pesthof gesetzt, welches ein Ort ist, wo unheilbare, mit allerlei schauderhaften Zufällen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0021" n="313"/> zu lassen wußte. Er sahe dann in seiner verwirrten Einbildungskraft allerhand Erscheinungen und Schreckgestalten und rief mit kläglicher Stimme um Hülfe. Es half nichts, daß man ihm dies auszureden suchte. Ja er ängstigte sich sogar noch mehr, wenn ihn jemand anredete, oder sich ihm nur in der Dunkelheit näherte.</p> <p>Unter diesen Umständen fand der Prediger es für rathsam, ihn nicht länger in seinem Hause zu behalten; denn er mußte fürchten, daß Wilhelm entweder sich selbst, oder einem andern einmal ein Unglück anthäte. Er schrieb also an die Eltern desselben und meldete ihnen die traurige Nachricht; zugleich auch die Ursache von Wilhelms Krankheit.</p> <p>Tiefer hätten die armen Eltern nicht gebeugt werden können, als durch diese Nachricht. Sie konnten sich auch nach der traurigen Beschreibung von ihrem Sohne nicht entschließen, ihn zu sehen, oder wieder zu sich zu nehmen. Es wurden daher Anstalten gemacht, daß er nach einer entlegenen Stadt gebracht wurde, wo seine Familie unbekannt war, und wo er niemanden, als sich selbst, zur Last und Schande seyn konnte. Da wurde er in den Pesthof gesetzt, welches ein Ort ist, wo unheilbare, mit allerlei schauderhaften Zufällen </p> </div> </body> </text> </TEI> [313/0021]
zu lassen wußte. Er sahe dann in seiner verwirrten Einbildungskraft allerhand Erscheinungen und Schreckgestalten und rief mit kläglicher Stimme um Hülfe. Es half nichts, daß man ihm dies auszureden suchte. Ja er ängstigte sich sogar noch mehr, wenn ihn jemand anredete, oder sich ihm nur in der Dunkelheit näherte.
Unter diesen Umständen fand der Prediger es für rathsam, ihn nicht länger in seinem Hause zu behalten; denn er mußte fürchten, daß Wilhelm entweder sich selbst, oder einem andern einmal ein Unglück anthäte. Er schrieb also an die Eltern desselben und meldete ihnen die traurige Nachricht; zugleich auch die Ursache von Wilhelms Krankheit.
Tiefer hätten die armen Eltern nicht gebeugt werden können, als durch diese Nachricht. Sie konnten sich auch nach der traurigen Beschreibung von ihrem Sohne nicht entschließen, ihn zu sehen, oder wieder zu sich zu nehmen. Es wurden daher Anstalten gemacht, daß er nach einer entlegenen Stadt gebracht wurde, wo seine Familie unbekannt war, und wo er niemanden, als sich selbst, zur Last und Schande seyn konnte. Da wurde er in den Pesthof gesetzt, welches ein Ort ist, wo unheilbare, mit allerlei schauderhaften Zufällen
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