Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Oest, Johann Friedrich: Nöthige Belehrung und Warnung für Jüngling und solche Knaben. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens: von einer Gesellschaft practischer Erzieher, Bd. 6. Wolfenbüttel, 1787. S. 293-434

Bild:
<< vorherige Seite

Daß der Geschlechtstrieb sich erst im erwachsenen Alter einfinden muß, hat auch eine sehr weise Ursache. Jch habe vorher von Zeugungssäften bei dem männlichen Alter geredet, in welchen gleichsam die zeugende oder hervorbringende Kraft enthalten ist. Diese Zeugungssäfte erfordern die sorgfältigste Zubereitung der Natur, in der sie durch nichts gestört werden muß. So lange aber der Mensch noch nicht seinen Wachsthum und seine völlige Stärke erreicht hat, kann die Natur jene Zubereitung nicht übernehmen, weil sie noch mit der Ausbildung des Körpers zu thun hat und dazu alle ihre Kräfte gebrauchen muß. Sie beobachtet, weil sie eine göttliche Einrichtung ist, die größte Ordnung, und würde immer lauter gesunde, schöne und vollkommene Menschen bilden, wenn sie niemals in ihrem Geschäft gestört würde.

Die Zubereitung der Zeugungssäfte verschiebt sie also bis ins erwachsene Alter, wo sie diese Arbeit allein und mit dem größten Fleiß betreiben kann. Dann hat auch der Mensch erst die Fähigkeit zur Fortpflanzung, oder das Zeugungsvermögen, weil alsdann die Natur die inneren und äußeren Theile, die dazu erfordert werden, ganz vollendet hat.

Daß der Geschlechtstrieb sich erst im erwachsenen Alter einfinden muß, hat auch eine sehr weise Ursache. Jch habe vorher von Zeugungssäften bei dem männlichen Alter geredet, in welchen gleichsam die zeugende oder hervorbringende Kraft enthalten ist. Diese Zeugungssäfte erfordern die sorgfältigste Zubereitung der Natur, in der sie durch nichts gestört werden muß. So lange aber der Mensch noch nicht seinen Wachsthum und seine völlige Stärke erreicht hat, kann die Natur jene Zubereitung nicht übernehmen, weil sie noch mit der Ausbildung des Körpers zu thun hat und dazu alle ihre Kräfte gebrauchen muß. Sie beobachtet, weil sie eine göttliche Einrichtung ist, die größte Ordnung, und würde immer lauter gesunde, schöne und vollkommene Menschen bilden, wenn sie niemals in ihrem Geschäft gestört würde.

Die Zubereitung der Zeugungssäfte verschiebt sie also bis ins erwachsene Alter, wo sie diese Arbeit allein und mit dem größten Fleiß betreiben kann. Dann hat auch der Mensch erst die Fähigkeit zur Fortpflanzung, oder das Zeugungsvermögen, weil alsdann die Natur die inneren und äußeren Theile, die dazu erfordert werden, ganz vollendet hat.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0038" n="330"/>
        <p> Daß der Geschlechtstrieb sich erst im erwachsenen Alter einfinden muß, hat auch eine sehr weise Ursache. Jch habe vorher von Zeugungssäften bei dem männlichen Alter geredet, in welchen gleichsam die zeugende oder hervorbringende Kraft enthalten ist. Diese Zeugungssäfte erfordern die sorgfältigste Zubereitung der Natur, in der sie durch nichts gestört werden muß. So lange aber der Mensch noch nicht seinen Wachsthum und seine völlige Stärke erreicht hat, kann die Natur jene Zubereitung nicht übernehmen, weil sie noch mit der Ausbildung des Körpers zu thun hat und dazu alle ihre Kräfte gebrauchen muß. Sie beobachtet, weil sie eine göttliche Einrichtung ist, die größte Ordnung, und würde immer lauter gesunde, schöne und vollkommene Menschen bilden, wenn sie niemals in ihrem Geschäft gestört würde.</p>
        <p>Die Zubereitung der Zeugungssäfte verschiebt sie also bis ins erwachsene Alter, wo sie diese Arbeit allein und mit dem größten Fleiß betreiben kann. Dann hat auch der Mensch erst die Fähigkeit zur Fortpflanzung, oder das Zeugungsvermögen, weil alsdann die Natur die inneren und äußeren Theile, die dazu erfordert werden, ganz vollendet hat.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0038] Daß der Geschlechtstrieb sich erst im erwachsenen Alter einfinden muß, hat auch eine sehr weise Ursache. Jch habe vorher von Zeugungssäften bei dem männlichen Alter geredet, in welchen gleichsam die zeugende oder hervorbringende Kraft enthalten ist. Diese Zeugungssäfte erfordern die sorgfältigste Zubereitung der Natur, in der sie durch nichts gestört werden muß. So lange aber der Mensch noch nicht seinen Wachsthum und seine völlige Stärke erreicht hat, kann die Natur jene Zubereitung nicht übernehmen, weil sie noch mit der Ausbildung des Körpers zu thun hat und dazu alle ihre Kräfte gebrauchen muß. Sie beobachtet, weil sie eine göttliche Einrichtung ist, die größte Ordnung, und würde immer lauter gesunde, schöne und vollkommene Menschen bilden, wenn sie niemals in ihrem Geschäft gestört würde. Die Zubereitung der Zeugungssäfte verschiebt sie also bis ins erwachsene Alter, wo sie diese Arbeit allein und mit dem größten Fleiß betreiben kann. Dann hat auch der Mensch erst die Fähigkeit zur Fortpflanzung, oder das Zeugungsvermögen, weil alsdann die Natur die inneren und äußeren Theile, die dazu erfordert werden, ganz vollendet hat.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-18T07:52:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-06-18T07:52:44Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-18T07:52:44Z)

Weitere Informationen:

Als Grundlage dienen die Wikisource-Editionsrichtlinien.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/oest_knaben_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/oest_knaben_1787/38
Zitationshilfe: Oest, Johann Friedrich: Nöthige Belehrung und Warnung für Jüngling und solche Knaben. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens: von einer Gesellschaft practischer Erzieher, Bd. 6. Wolfenbüttel, 1787. S. 293-434, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_knaben_1787/38>, abgerufen am 21.11.2024.